Delirium

By InVivereVeritas

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„Also, nur damit wir uns beide richtig verstehen: Ich besorge deinem Vater den Job und als Gegenleistung gehö... More

1. Kapitel *
2. Kapitel
3. Kapitel *
IV
V
6. Kapitel *
7. Kapitel
VIII
IX
10. Kapitel
11. Kapitel *
XII
XIII
14. Kapitel
15. Kapitel *
XVI
XVII
18. Kapitel
19. Kapitel *
XX
XXI
22. Kapitel
23. Kapitel
XXIV
XXV
26. Kapitel
27. Kapitel
XXIX
30. Kapitel
31. Kapitel
XXXII
XXXIII
34. Kapitel
35. Kapitel
XXXVI
XXXVII
38. Kapitel
39. Kapitel
XL
XLI
42. Kapitel *
43. Kapitel *
XLIV
XLV
46. Kapitel
47. Kapitel
XLVIII
XLIX
50. Kapitel
51. Kapitel
LII
LIII
54. Kapitel
Danke

XXVIII

468 36 82
By InVivereVeritas

Es war eine Sache Liam bei mir zuhause zu sehen, aber eine ganz andere ihn dabei zu erwischen wie er Barbie mit meiner kleinen Schwester und Dad spielte. Leider verflog meine Belustigung in dem Moment, als mir wieder einfiel warum er hier war. Nicht aus Freundlichkeit, nicht aus Langeweile, sondern um mich abzuholen, damit ich meinem Teil der Abmachung nachkam. Zwei Tage reichten definitiv nicht aus um mich genug zu sammeln und darauf vorzubereiten, zumindest auf Emotionaler Ebene. Sobald wir das Haus verließen ließ ich Liam's Hand los und fragte mich, wie ich das Auto hatte übersehen können, hier standen zumindest selten Autos mit 2000ner Baujahr auswärts, außer es waren Cop's. Vermutlich war ich einfach zu sehr in Gedanken gewesen.

Liam öffnete mir die Tür und ich ließ mich auf die weichen Ledersitze nieder. Meine Güte, das Auto roch sogar noch neu und nach reich. Letztes Mal hatte ich gar nicht darauf geachtet, allerdings hatte ich da auch andere Probleme um die ich mich kümmern musste, allem voran nicht zu erbrechen. Hätte ich es doch mal getan, dann würde das Auto wenigstens nicht mehr so ekelig neu riechen. Aber diese Lederapplikationen sahen wirklich schick aus, da konnte man wirklich nichts anderes behaupten. „Ihr habt doch ein Auto, warum konntest du dann nicht fahren?", fragte Liam, der sich gerade anschnallte. „Nicht dass es ein Problem wäre.", fügte er noch schnell hinzu.

„Ich hab keinen Führerschein.", antwortete ich Schulterzuckend und Liam drehte entgeistert den Kopf zu mir.

„Wieso das denn nicht?"

„Falls es dir nicht aufgefallen ist, wir haben bei weitem nicht die finanziellen Mittel wie ihr es habt und es gab wichtigere Dinge die bezahlt werden mussten." Zum Beispiel die Ärzte für Amber, aber das verschwieg ich. Liam schien nicht zu wissen was er sagen sollte, stattdessen startete er den Motor und fuhr los, während ich aus dem Fenster schaute. Die Landschaft zog an mir vorbei und im Augenwinkel bekam ich mit, wie Liam den Radiosender durch wechselte. Als ‚The Clash- Should I stay or should I go' anklang, schrie ich entzückt auf und schlug seine Hand weg. „So you gotta let meee know, Should I stay or Should I go?", sang ich leise mit und wippte im Takt mit den Kopf mit. Liam hob kommentarlos die Augenbraue, dann drehte er das Lied lauter. Mein Dad hörte früher ständig solche Musik und weil ich damit aufgewachsen war, liebte ich sie genau so sehr. Mein Geschmack war also nicht unbedingt zeitgemäß, aber das störte mich nicht. Sie erinnerte mich an Zeiten wo ich nur die Sorgen eines Kindes hatte, oder wo ich viel mehr noch ein Kind war. Damals hatte ich nicht gewusst, dass diese Zeiten vorbei gingen. Trotzdem führte es noch heute dazu, dass ich mich entspannte.

Wir erreichten das Valley, die Gegend der Reichen und Schönen. Man erkannte sofort den Unterschied zu unserer Gegend: der Rasen war gepflegt und nicht so vertrocknet wie bei uns, die Straßen waren ausgebaut und die Grundstücke waren so groß wie ein Block von uns. Alles hier schrie nach Wohlstand, dafür sah ich aber nirgendwo Kinder spielen oder Nachbarn die sich locker miteinander unterhielten. Ich begann mich zu fragen ob es wirklich besser war, hier zu leben als bei uns und versuchte mir vorzustellen wie es gewesen wäre hier aufzuwachsen. Glücklicher wäre ich sicher nicht geworden, wenn ich mir Liam oder Kyle ansah, die zwar Sorgenfrei erschienen, aber sicherlich keine Ahnung hatten was es hieß zu verzichten oder Verantwortung für sich zu übernehmen. Wenn man immer bekam was man wollte, lernte man nicht das zu schätzen, was man schon besaß. Wir passierten die Kreuzung wo er mich Sonntagmorgens aufgelesen hatte und ich musste an der Erinnerung daran schmunzeln. Was für ein verrückter Tag es gewesen war. Liam schaute mich an und hielt an dem Straßenrand. Verwirrt sah ich zu, wie er sich abschnallte und mich musterte. In seinen Augen lag das Aufleuchten einer Idee, was mir Unbehagen bereitete, denn seine Ideen waren selten gut.

„Steig aus.", kommandierte er und stieg ebenfalls aus. Langsam kam ich seiner Aufforderung nach und Millionen Horrorszenarien tauchten in meinem Kopf auf, angefangen davon wie mich die Bäume wieder jagen würden bis zu einem verlassenen Haus indem man meine Schreie nicht mehr hören würde. Wobei, die wohnten hier so weit auseinander, das traf auf jedes Haus hier zu.

„Was hast du vor?"

Wild grinste er mich an und wirkte damit jünger als sonst. „Wir üben das Fahren. Los, setzt dich auf die Fahrerseite, wir haben nicht den ganzen Abend Zeit."

„Sag mal spinnst du? Weißt du wie teuer das Auto ist und du willst mich, die die noch nie gefahren ist in ihrem Leben, das Auto fahren lassen?" Er grinste unbeirrt weiter, während er nickte. Vielleicht hatte er ein Schlaganfall oder so. „Was ist verkehrt mit dir gelaufen?" Er war verrückt, ganz eindeutig. Der Verrückte schien ungeduldig zu werden, denn er schob mich zur Fahrerseite.

„Ava, glaub mir du kannst nichts verkehrt machen, das ist ein Automatikwagen. Du musst nur lenken und Gas geben. Und in der Viertel Meile wirst du schon niemanden töten." Entspannt drückte er mich in der Sitz und rannte zur anderen Seite, ehe er sich dort nieder ließ. Er deutete auf verschiedene Knöpfe, aber ich war viel zu Aufgeregt um überhaupt zuzuhören. Freudige Erregung durchflutete mich, als ich das Leder unter meinen Händen spürte. Ich würde tatsächlich fahren! Dad ließ mich nicht einmal seine Schrottkiste fahren, weil er Angst hatte und der Audi war sicher das 25fache Wert. „Konzentration Hastings!" Liam schnippte vor meinen Augen und schuldbewusst lächelte ich ihn an. „Also zuerst musst du den Sitz passend einstellen, an der Seite sind Knöpfe wo du ihn verschieben kannst." Ich tat wie geheißen und sanft schob sich der Sitz in eine passende Position. „Gut, jetzt musst du den Rückspiegel einstellen und zwar so, dass du das Rückfenster komplett überblicken kannst." Er wartete kurz. „Gut, die Seitenspiegel stellen sich automatisch ein, aber du solltest kontrollieren, ob die beide Türgriffe und die Straße sehen kannst."

Ich schaute schnell in beide Spiegel und erkannte tatsächlich die Griffe. Das war ja cool! „Kann ich, und jetzt?"

„Jetzt schnallst du dich erst an. Dann drückst du den Power Knopf." Der Motor unter mir surrte und ich spürte die Power die von ihm ausging. „Schön, du hast erfolgreich den Wagen angemacht. So, linker Fuß muss links abgestellt werden, die Pedale links ist die Bremse, die bitte nur sachte treten, rechts ist das Gaspedal." Probehalber tippte ich kurz beide an. „Und jetzt auf die Bremse treten und bei der Schaltung" er deutete auf den Hebel in der Mitte. „D einlegen." Ich folgte der Anweisung und die Anzeige hinter dem Lenkrad leuchtete rot auf, ehe sich Tacho, Tankzustand und Drehzahlmesser einstellten. Von wegen ich hätte keine Ahnung von Autos. „Jetzt drückst du ganz leicht das Gaspedal und hältst das Lenkrad fest."

Natürlich trat ich voll durch, nur um erschrocken die Bremse durch den Unterboden zu drücken. Der Wagen machte einen Sprung und Liam hielt sich am Armaturenbrett fest. „Was an ganz leicht war jetzt nicht verständlich?", fragte er, während ich versuchte mein Herz zu beruhigen. Gut, das war nicht sehr gut. Diesmal gewarnt, berührte ich das Pedal ganz leicht und der Wagen rollte vorwärts. Begeistert klatschte ich in meine Hände. „HÄNDE AN DAS LENKRAD!", fauchte Liam und in Sekundenschnelle hatte ich wieder alles unter Kontrolle. Gemächlich ließen wir die Kreuzung hinter uns.

„Ich glaube, ich habe den Dreh raus.", verkündete ich stolz, ohne den Blick von der Straße abzuwenden.

„Und ich glaube wir haben noch nicht einmal fünf Meter geschafft. Liebe Güte Ava, ein bisschen mehr Gas kannst du schon geben, es geht hier nur gerade aus." Na gut, wenn er meinte. Ich erhöhte mein Tempo und die Tachonadel sprang auf 10 M/pH. Erschrocken über mein hohes Tempo, trat ich wieder auf die Bremse und der Wagen kam ruckartig zum stehen. Liam klatschte sich die Hand vor die Stirn, aber bevor er mich wieder zusammenstauchen konnte, fuhr ich schon an. Es stellte sich heraus, dass 10 M/pH tatsächlich nicht schnell waren, eine Joggerin überholte und ich könnte schwören das Liam tiefer in seinem Sitz versank, als er sie sah. Mutig drückte ich noch ein Stück tiefer und das Auto reagierte sofort. „Super Ava, jetzt kann uns keine Oma mit Rollator einholen.", kommentierte er trocken, aber ich ignorierte ihn einfach.

*

Wir überstanden den Weg ohne weitere Schäden, außer einer kurzen Krisensituation als ich durch das Tor fahren wollte und einen kleinen Panikanfall hatte, weil ich mir sicher war, dass das Auto da nicht durch passte. Es passte. Es hätte auch für einen Panzer gepasst, aber ich war ja noch ein Anfänger. Liam dirigierte mich zu einem leeren Parkplatz, wo ich auch nur zwei Plätze benötigte. Ein Hoch auf mich an dieser Stelle. Ich schaltete den Wagen aus und fiel Liam draußen um den Hals. Erst da merkte ich wieder, wer er eigentlich war und ließ meine Arme wieder fallen. Er bedachte mich mit einem merkwürdigen Blick, den ich nicht ganz einordnen konnte, dann holte er meinen Rucksack aus dem Audi. Ich räusperte mich verlegen. „Danke Liam, das war wirklich eine außergewöhnliche Erfahrung."

„Das kann man wohl so sagen.", meinte er leise und ich hatte das Gefühl, er empfand die Erfahrung nicht so positiv wie ich. Dabei fand ich mich eigentlich ganz passabel. Er schulterte sich meine Tasche über und ging zu dem Haus. Das Auto schloss er nicht ab, was mich irritierte, denn wenn man das bei uns nicht machen würde, hätte man kein Auto mehr. Aber anscheinend war das wieder einer unserer Unterschiede.

Das Haus wirkte genau so steril wie beim letzten Mal, also hatte sich mein betrunkenes Ich nicht geirrt. Immerhin war auf mich verlass. Alles hier war Weiß, egal wo man hinsah: Weiß. Zwischen durch standen merkwürdige Skulpturen und die Szenerie erinnerte eher an einem Museum als an einem Zuhause. Ein Mann mittleren Alters trat hinter der Treppe hervor und die Gemeinsamkeiten mit Liam waren kaum zu übersehen, außer das Liam die grauen Haare fehlten und weniger wiegen musste. Ein abschätzender Blick lag in seinen Augen, als er zu uns kam. Mr. Jefferson war jemand, der alleine durch sein auftreten beeindruckend war. „Du bist bestimmt die Nachhilfe."

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