Delirium

Per InVivereVeritas

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„Also, nur damit wir uns beide richtig verstehen: Ich besorge deinem Vater den Job und als Gegenleistung gehö... Més

1. Kapitel *
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IV
V
6. Kapitel *
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VIII
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XII
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XXIV
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XXIX
30. Kapitel
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XXXII
XXXIII
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XL
XLI
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43. Kapitel *
XLIV
XLV
46. Kapitel
47. Kapitel
XLVIII
XLIX
50. Kapitel
51. Kapitel
LII
LIII
54. Kapitel
Danke

XIII

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Per InVivereVeritas

Amber wurde von den Geräten entfernt und die Schwester fuhr sie mit einem Rollstuhl auf den Parkplatz zu Dads MG. Seit wir den Raum verlassen hatten sprach keiner ein Wort. Jeder hing seinen Gedanken nach und auch meine kreisten weiterhin um das Thema der Versicherungen. Trotzdem musste ich einsehen, dass es kein Sinn machte nachts um 4 Uhr mit Alkohol im Blut und übermüdet darüber nach zu denken, denn dabei würde eh nichts Vernünftiges bei raus kommen. Dad trug Amber in den Wagen, Dave setzte sich nach vorne, denn es war klar, dass ich bei ihr bleiben würde. Ich aber drehte mich zu der Schwester um mich für alles zu bedanken, doch bevor ich etwas sagen konnte drückte sie mir ein Blister Tabletten in die Hand. Ich schaute auf die Medikamente und dann wieder in ihr ründliches Gesicht.

„Schmerzmittel sind teuer. Sie soll täglich eine nehmen, die sind Nierenschonend. Und hier" Sie reichte mir mehrere Flyer. „sind Ernährungstipps. Wichtig ist Salzarme Kost." Sprachlos sah ich sie an.

„Danke!", zu mehr war ich nicht fähig, aber es schien als würde sie verstehen, denn sie nickte mir zu, drehte sich um und ging mit dem Rollstuhl zurück. Ich umrundete unser Auto und ließ mich hinten neben Amber nieder. Die Kleine lehnte ihren Kopf gegen das Fenster und hatte die Augen geschlossen. Sachte strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht was sie zum lächeln brachte. „Fahren wir nach Hause?", fragte sie mit verschlafender Stimme. Hatte sie das so schnell vergessen? Die Schmerzmittel mussten stärker sein als ich gedachte hatte.

„Ja."

„Gut.", zufrieden legte sie ihre Hand in meine und ich drückte sie sachte. Dad startete den Motor, der zunächst röchelte, aber schließlich doch anging. Dann fuhr er von dem Parkplatz Richtung Heimat.

Keiner sprach ein Wort während wir vor unserem Haus parkten und Dad Amber aus dem Auto trug. Dave ging vor um die Tür zu öffnen und ich folgte ihm. Es war schwer einzuschätzen was in seinem Kopf vorging, denn wenn Dave Sorgen hatte verschloss er sich. Also wartete ich bis die beiden anderen im Haus waren, dann lief ich die Treppe hoch. Vor der Tür wartete ich und klopfte. Dave antwortete nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Gut, dann eben die direkte Art und Weise. Die Klinke gab dem Druck nach und schwang karrend auf. „Geh weg!"

Ich atmete ein und ging rein. Dave saß auf seinem Bett und wandte mir den Rücken zu. Die Ellebogen auf den Oberschenkeln abgestützt, versteckte er sein Gesicht hinter den Händen. „Nicht bevor wir geredet haben."

Dave sprang auf und drehte sich wütend zu mir um. „Worüber sollen wir denn reden? Amber geht es immer schlechter und wir können nichts machen. Du warst nicht da, du hast sie nicht gesehen wie sie da lag und sich nicht mehr bewegte." Dave trat auf mich zu „Du hast nicht gehört wie sie geschrien hat, als ihr der Katheter gelegt wurde. Du. Warst. Nicht. Da." Bei dem letzten Satz schlug er bei jedem Wort gegen meine Brust. Ich stand still, ließ seine Wörter über mich ergehen, denn ich wusste das er ein Ventil brauchte. „Warum muss denn ausgerechnet sie krank sein? Warum kannst du nicht da liegen?" Es tat weh das zu Hören, denn wie oft hatte ich mir die selbe Frage gestellt. „Und das nur weil Dad zu dämlich ist ein Job zu finden. Weißt du was die Leute in der Schule immer sagen wenn ich mit alten Klamotten dahin gehe? Dass der Almosensammler wieder da ist. Der mit der Streberin als Schwester. Der der nichts hinbekommt. Der, der im Unterricht nicht mitkommt und dessen Schwester das aber alles schon viel früher konnte." Seine Stimme bröckelte und er rang Verzweifelt um Fassung. „Der ohne Freunde. Der Freak. Ich kann das nicht mehr. Gott, warum kannst du nicht einfach normal sein? Warum kann Amber nicht Gesund sein? Warum müssen wir in diesen verdreckten Loch bei Dad sein? Ich hasse euch!"

Er schluchzte auf, die Fäuste lagen kraftlos an seiner Seite. Ich machte ein Schritt auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. Die Schultern zuckten, die ersten Tränen fielen. Dann umarmte er mich und fing Hemmungslos an zu weinen. Dave tat mir leid, ich wünschte ich hätte früher bemerkt wie unglücklich er eigentlich war. Sachte strich ich über seinen Rücken. Ich weiß nicht wie lange wir so standen, aber irgendwann wurde das schluchzend weniger. „Ich hab solche Angst Ava." Mein kleiner Bruder schniefte

„Ich weiß, die habe ich auch."

Freudlos lachte er auf. „Als ob du vor irgendetwas Angst hättest. Du bist doch die die immer einen Plan hat und die alles im Griff behält. Ohne dich wären wir hier komplett am Arsch. Wie soll das erst laufen wenn du aufs Collage gehst?"

Ich löste mich und schaute ihm in die rot unterlaufenen Augen. „Dave, nur weil ich dann nicht mehr hier lebe, heißt das nicht, dass ich nie wieder kommen werde oder nicht mehr für dich da sein werde." Ich umfasste sein Gesicht und strich eine Träne weg. „Ich werde immer für dich da sein, du bist mein Bruder."

Später lag ich im Bett und lauschte Amber's regelmäßigen Atemzügen. Dad hatte sich schon vor einer Stunde hingelegt und Dave hatte ich nach unserem Gespräch nicht mehr gesehen. Der Mond schien durch das Fenster und Amber sah in diesem Licht wie eine Elfe aus. Heute war es knapp gewesen, die Anzeichen waren vorher da, doch ich hatte sie ignoriert. Allgemein schien ich gut darin geworden zu sein meine Augen zu verschließen. Dave hatte schon länger Probleme in der Schule und kam mit dem Stoff nicht hinterher, das war nichts neues. Nur hatte ich keine Ahnung, wie ich das noch schaffen sollte, wenn ich die Schichten im Sage aufstockte, was ich zwangsläufig musste um die Krankenhausrechnung zu bezahlen. Meine Gedanken wurden von dem öffnen der Tür unterbrochen. Dave huschte herein, in seiner Hand seine Decke und sein Teddy. Leise schlich er zu Amber und setzte ihr den Bären ins Bett. Dann kam er auf Zehnspitzen zu mir. „Kann ich bei dir schlafen?", fragte er leise.

Statt einer Antwort rutschte ich zur Seite um ihn Platz zu machen. Dave legte sich auf den freigewordenen Platz und ich legte meinen Arm um ihn. „Was ist denn mit Mr. Bear?"

„Sie braucht ihn mehr als ich." Dave drehte sich zu mir. „Weißt du Avi, da ist die Wut in mir und ich weiß das es ungerecht ist, aber ich kann nichts dagegen machen." Ich strich über sein Gesicht, näher würde er einer Entschuldigung nicht kommen und das musste er auch nicht. Denn wenn ich etwas verstehen konnte, dann war es seine Wut.

„Du hast jedes Recht wütend zu sein, mach dir deswegen keine Vorwürfe. Ich bin es auch." Seine Augen weitenden sich, das Mondlicht spiegelte sich in dem weißen seines Auges wieder.

„Du?!" Ich zuckte mit den Schultern. Dave öffnete seinen Mund, nur um ihn wieder zu schließen. Schließlich drehte er sich um und kuschelte sich an mich. „Ich hab dich lieb Ava.", nuschelte er, während er die Decke fester um sich zog.

„Ich dich auch Davie." Murmelte ich und küsste seine Haare. Dave sollte sich mit 14 Jahren nicht mit solchen Problemen herumschlagen müssen. Manchmal war es so leicht zu vergessen, dass Dave im Endeffekt noch ein Kind war. Mein kleiner Bruder, der Nachts in mein Bett geschlichen kam, weil er nicht schlafen konnte. Mein kleiner Bruder, der mich auch brauchte.

*

Das Geräusch einer knarrenden Tür die sich öffnete ließ mich aufwachen. Meine Augen brauchten ein Moment um sich an die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen, zu gewöhnen. Dad's Konturen wurden schärfer und ich erkannte das Lächeln im seinen Gesicht. Dave schlief ruhig neben mir, Amber hatte sich Nachts zur Wand gedreht und man hörte ihr regelmäßiges Atmen.

„Wie lange ist das schon her?", flüsterte Dad. Ich grinste. „Ich habe die Bewerbung fertig, kannst du sie dir angucken?" Ich lächelte ihn an und sah auf die Uhr. 11 Uhr, das war eine ungewöhnlich späte Zeit für mich, allerdings war es auch eine ungewöhnliche Nacht. Vorsichtig schlüpfte ich unter der Decke weg, nur um möglichst leise das Bett zu verlassen. Ich zuckte zusammen, als die kalte Holzdiele unter mir knatschte. Erschrocken hielt ich inne und versicherte mich, dass keiner der beiden geweckt wurde. Dann folgte ich auf Zehnspitzen Dad aus meinem Zimmer und wir gingen nach unten. „Ich mache dir Frühstück.", sagte Dad und verschwand in die Küche. Töpfe klapperten, Dad fluchte und ich war mehr als unsicher ob es eine gute Idee war, Dad alleine zu lassen.

Dad und die Küche standen in ein sehr Widerspenstigen Verhältnis zu einander: Es lief mal gut, mal brauchten wir eine neue Mikrowelle. Unsicher nahm ich vor dem Laptop Platz. Als immer noch nichts knallte, fing ich an seine Bewerbung durchzuschauen. Sie wies einige Fehler auf, aber das überraschte mich nicht, denn Dad war eher ein Macher als ein Denker. Schnell korrigierte ich einige Aussagen und schrieb sie um. Trotzdem würde es schwierig werden, dass Dad den Job bekam. Liams ‚Angebot' kam mir in den Sinn, sofern man es als solchen bezeichnen konnte. Es war abstoßend, erniedrigend und in jeder Hinsicht unverschämt. Meine Abneigung gegen ihn stieg dadurch um ein vielfaches, im Endeffekt aber passte es aber zu ihm. Aber wenn er wirklich sein Wort hielt und Dad den Job bekam, dann wäre Amber am besten geholfen und wir hätten einige Sorgen weniger. Aber konnte ich das wirklich? Konnte ich wirklich mit jemanden schlafen, für den ich nichts als Verachtung über hatte und mich dann noch im Spiegel anschauen? 3 Monate konnten eine Lange Zeit sein.

Aber Amber hatte keine Zeit mehr. Meine Gedanken kreisten weiter, die Bewerbung hatte ich längst vergessen. Erst als Dad mit Pancakes zu mir kam, hörte ich auf darüber nachzudenken. Gott ich zog das doch nicht wirklich in Erwägung? Dad ließ sich gegenüber von mir nieder und schob mir ein Teller zu. „Und?", fragte er gespannt.

Ich nahm den Teller und klappte den Laptop zu. „Ganz gut, habe ein paar Sachen berichtig, aber im gesamten echt gut." Dad strahlte mich freudig an. Meine Eltern waren noch ziemlich jung, Dad war gerade fertig mit der Highschool und Mum kam in das letzte Jahr als sie erfuhren, dass sie schwanger war mit mir. Ich glaube die beiden waren nie bereit dafür Eltern zu sein, Dad war selbst ein Kind und Mum hatte ganz andere Pläne mit ihrem Leben. Stattdessen saß sie zuhause und hatte ein Baby zu versorgen während Dad nicht auf das Collage ging, sondern direkt das Arbeiten anfing um uns zu ernähren. Ich hatte schnell gelernt auf eigenen Beinen zu stehen und wenig Erwartungen an meine Eltern zu haben. Nicht das sie mich nicht liebten, aber sie waren für Kinder nicht gemacht. Klar nach Dave hatten sie so eine Ahnung wie das Spiel lief, aber verstanden hatten sie es bis heute nicht. Mum war nicht mehr da und Dad heillos überfordert. Manchmal kam es mir vor, als wäre er das Kind und ich die Mutter. „Ich gehe nachher zu Apotheke um die Medikamente abzuholen." Er nickte und eine grau durchzogene Strähne fiel in sein Gesicht.

„Alles klar, ich halte hier die Stellung." Diesmal nickte ich und schweigend aßen wir weiter. Wir sprachen nicht über das was letzte Nacht passiert ist. Darüber zu sprechen würde es real machen und Dad lebte lieber in einer Illusion statt in der Realität. Mein Handy klingelte in meiner Tasche. Ich hatte sie gestern wohl vergessen auszuräumen.

Wie geht es Amber?- Jake

Ganz ok, sie schläft. Ich hole nachher die Medikamente ab und dann sehen wir weiter.- Ava

Soll ich dich fahren?- Jake

Mein Herz schlug unwillkürlich schneller. Hastig schrieb ich zurück. Quatsch, dass konnte ich so nicht schreiben. Mein Finger drückte die löschen Taste und ich fing von vorne an.

Das wäre nett, wann könntest du denn?- Ava

In einer halben Stunde hole ich dich ab.-Jake

Weißt du denn wo ich wohne?- Ava

Ich weiß vieles ;) – Jake

Woher wusste er wo ich wohne? In einer halben Stunde, also um 12 Uhr. „Was grinst du denn so? Hat das was mit dem jungen Mann von gestern zu tun?" Die Neugierde war nicht zu überhören. Ich streckte Dad die Zunge raus und er hob mahnend den Finger. „Junges Fräulein, so aber nicht."

Ich schnaubte. „Ernsthaft Dad? Ich schreibe unsere Steuererklärung," Dad drehte aber gespielt den Kopf zur Seite und hob seine Nase hoch. Lange hielt er das nicht aber aus und wir verfielen in Lachen. Manchmal war ich überrascht wie leicht es sein konnte.

Continua llegint

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