Schweigend saß ich neben Zayn beim Frühstück. Ich aß ein Brötchen mit köstlicher Erdbeermarmelade, doch selbst die konnte mich heute nicht begeistern. Meine Laune hatte den absoluten Tiefpunkt erreicht. Wir frühstückten im Essenssaal des Hotels alle beisammen an einem großem weiß eingedecktem Tisch. Der Duft von bunten Blumen, die vor uns in einer hübschen Vase blühten, erfüllte den Raum. Selbst ein paar Sonnenstrahlen schafften es durchs Fenster. Niemand sagte etwas bis auf Niall und Harry. Sie diskutierten gerade aufgeregt, ob Porsche oder doch Ferrari das bessere Auto wäre. Ich hörte schon lange nicht mehr zu, obwohl ihre Disskussion anfangs wirklich sehr interessant gewesen war.
"Kannst du mir mal bitte die Butter geben?" fragte Zayn höflich.
"Mhm." Mit einem leichten Nicken reichte ich sie ihm herüber.
"Danke."
Ich war immer noch stink sauer auf ihn, dass war keine Frage. Ich hatte heute Nacht kein Auge zumachen können. Wie viele Geheimnisse hatte er wohl noch vor mir? Ob ich ihm wohl überhaupt noch wieder vertrauen konnte? Schon meinem Ex-Freund, Josh, konnte ich damals nicht trauen. Ich errinerte mich noch genau an den Moment, in dem ich das andere Mädchen in seinem Bett fand. Es war als ramme mir jemand einen Dolch in Brust. Und diese Wunde verheilte erst nach sehr langer Zeit. Er hatte mir wochenlang etwas vorgemacht. Genau, wie Zayn. Es hatte ewig gedauert bis ich einen Jungen wieder in mein Herz schließen konnte. Und dieser hatte mein Vertrauen das zweite mal missbraucht.
Ich hatte mich an der Milchkanne festgeguckt, die mein Gesicht lustig verzerrt widerspiegelte. Aber ich starrte sie einfach weiter in Gedanken an und nahm abwesend einen weiteren Bissen vom Brötchen.
Zayn hatte also etwas mit Josh gemeinsam. Nein, ich konnte die beiden nicht vergleichen. Zwischen ihnen lagen Welten. Ich hatte Josh nie im Ansatz so sehr geliebt wie Zayn. Zayn war ein viel besser Mensch als er. Josh hatte mir vorgegaukelt er liebe mich und dabei ein anderes Mädchen nach dem anderen gehabt. Josh hatte sich niemals für sein Verhalten entschuldigt. Doch trotzdem hatte Zayns kleines Geheimnis alles verändert. Ich konnte trotzalldem nicht von ihm loslassen, auch wenn er vielleicht ein Mörder war. Ich musste nocheinmal dringend mit ihm reden, doch im Moment konnte ich ihm noch immer nicht in die Augen sehen.
Als wir fertig mit essen waren, machten Selina, Louis, Zayn und ich uns auf die Suche nach Mindless. Nachdem die anderen gestern Abend erfolglos von ihrer Streife zurückkamen, waren wir heute dran. Viel lieber hätte ich mir mit Selina nur einen Film angesehen, so wie früher an unseren typischen Mädelsabenden. Gespräche über die süßesten Jungs und jede Menge Naschzeug, das wir im Nu wegputzten.
Noch dazu war ich heute absolut nicht gesprächig, ich schwieg wie ein Grab. Als ich vorschlug mit Selina zusammen zu suchen, waren die Jungs allerdings nicht einverstanden. Sie sahen es als zu gefährlich an und alleine los zu lassen. Also fuhr Selina bei Louis mit und ich bei Zayn. Wir nahmen den Ford Mustang von Niall und machten uns auf den Weg in die volle Stadt. Wir beschlossen etwas weiter am Stadtrand anzufangen, also parkten wir auf einem etwas abgelegeneren Parkplatz und stiegen zusammen aus. Es war erst 8 Uhr morgens und trotzdem waren an diesem Sonntag schon eine Menge Leute unterwegs. Wir zogen uns die Kapuzen tief ins Gesicht, sodass uns niemand erkennen konnte. Es war ziemlich frisch geworden. Zayn und ich wechselten die ganze Zeit über kein Wort miteinander. Ich hasste diese Eiszeit zwischen uns, aber es war wie es war. Wachsam hielt ich nach mir bekannten grimmigen Gesichtern, der Gangmitglieder, während die Sonne sich durch die dicken Wolken kämpfte.
Wir gingen an der Hauptstraße vorbei und bogen in eine der kleineren Gassen hinein. Es begann leicht zu Tröpfeln und ein eisiger Wind blies mir die Haare aus dem Gesicht. Das Wetter passte bestens zu unserer Situation - und der Beziehung zwischen mir und Zayn. Kalt, grau, eisig und stürmisch. Doch Sonnenschein wäre mir sichtlich lieber gewesen. Ich versuchte mich an Trevors Wagen zu erinnern oder wenigstens an einen von den Fahrzeugen, die sie nutzten. Verschleppt hatten sie mich in einem riesigen Cadillac Escalade mit dunkel getönten Scheiben, damit auch niemand sehen konnte, wer in dem Wagen saß. Und sonst? Ich kannte nur den silbernen Dodge Charger von Trevor.
Als hätte Louis meine Gedanken gelesen sagte er: "Vergesst nicht, wir suchen nach dem roten Porsche Carrera von Brian, einem silbernen Dodge Charger von Trevor oder dem dunkelblauen Pick-up von Kian."
Ich kuschelte mich tiefer in meine Jacke und zog die Ärmel über die Hände. Was für ein grausiger Tag. Wir gelangten auf einen kleinen Markt, am Rande parkten ein paar weitere Autos, aber keines der gesuchten. Wir achteten auf Auffahrten und offene Garagen, Parkplätze und Hintergärten aber nichts. Wir fanden absolut nichts.
Nach etwa einer Stunde in der wir ununterbrochen wachsam durch die Stadt gelaufen waren, hielten wir vor einem kleinen Café. Wir waren schon völlig durchnässt und kalt. Also wollten wir uns drinnen etwas aufwärmen.
Zayn war so freundlich und hielt jedem die schwere Tür auf. Immer noch ein echter Gentleman. Als ich nach Selina und Louis durchgehen wollte, warf ich noch einen prüfenden Blick über meine rechte Schulter. Mir war aus dem Augenwinkel ein knallrotes Auto aufgefallen. Und tatsächlich. Der Porsche hielt etwas weiter von uns entfernt und parkte versteckt hinter einem großen LKW. Blitzartig blickte ich mich zu Zayn um. Der hatte meinen Blick bemerkt und sah kritisch in die Richtung des Porsches. Seine Augenbrauen verengten sich.
"Warte hier." meinte er und ließ die Cafétür sanft zufallen. Er zog die Waffe unter seinem grauen Shirt hervor und ging in großen, zielstrebigen Schritten auf den Wagen zu. Ich konnte nichts mehr dagegen einwenden geschweige denn protestieren, denn er war schon weg. Ich schlung vor Kälte die Arme um meinen Körper und biss nervös auf meine Unterlippe. Wenn ihm jetzt etwas passiert... Sollte ich vielleicht mitgehen zur Sicherheit? Aber was konnte ich schon groß gegen solche gewaltigen Männer tun, wenn sie und angriffen? Ich war ihnen immerhin deutlich unterlegen! Obwohl, Zayn hatte mich auch mit einer Waffe für den Notfall ausgerüstet. Mit der konnte ich ihn mit Sicherheit verteidigen. So wütend ich auch gerade auf ihn war, ich konnte ihn doch trotzdem nicht alleine lassen! Zögernd folgte ich ihm über den Parkplatz. Er war bereits hinter dem Laster verschwunden. Meine Schritte wurden schneller genau wie mein Atem. Was wenn es wirklich Brian war und sie ihm eine Falle stellten? Was wenn sie ihn jetzt erschossen? Plötzlich rannte ich so schell ich konnte und machte kurz neben dem LKW halt. Vorsichtig schaute ich um die Ecke. Es war niemand mehr im Wagen. Zayn schaute gerade durch das Fenster auf der Fahrrerseite, trat dann einen Schritt zurück und betrachete das Modell genaustens. Er überlegte noch einen Moment zögernd, schien aber nicht besonders in Alarmbereitschaft mehr zu sein. Dann bemerkte er mich.
"Fehlalarm, das ist nicht Brians Wagen." brummte er und steckte die Pistole zurürck unter sein Shirt. Ich atmete einmal erleichtert aus und wir gingen zusammen zurück zum Café.
Alles war in einem saftig grünen Ton gehalten, der überall wiederzufinden war. An den Wänden, an den Lampen, die Theke sowie Tische. Es erinnerte mich total an den Frühling. Außerdem war es mollig warm hier drinne. Louis und Selina hatten bereits einen süßen Tisch in der Ecke gefunden und sich auf die beiden gepolsterten Stühle gesetzt. Sie hatten genau mir und Zayn Platz auf der Sitzbank gelassen. Ich warf einen Blick auf die Speisekarte. Ich hatte keinen großen Appetit auf Kuchen oder Eis, also entschied ich mich für einen einfachen Cappuccino. Die Bedienung erschien schon nach wenigen Minuten mit einem Zettel in der Hand. Es war eine recht hüsche junge Frau, mit langen schwarzen Haaren. Ihr Blick fiel sofort auf Zayn und blieb wahrhaftig völlig an ihm kleben. "Guten Tag, was hätten sie denn gerne?"
Selina übernahm das Wort "Einmal einen Milchkaffeee und einmal einen Expresso. Und ihr?"
"Ich nehme auch einen Expresso." meinte Zayn und schenkte der Kellnerin ein freundliches Lächeln.
Deren Lächeln wurde breiter und breiter, schließlich sogar zu einem Grinsen. Sie schrieb sich alles auf ihren Zettel und sah dann wieder hoch. Direkt in Zayns Augen, wir anderen schienen sie gar nicht zu interessieren. Auch Zayn hielt ihrem Blick stand. War das jetzt nur aus Höflichkeit oder gehörte das schon zu flirten? Ich konnte es nicht genau sagen, aber all das machte mich nurnoch saurer. Hallo, ich war auch noch daneben? Das galt für Zayn sowie diese Kellnerin!
Dann schaute Zayn mit dem selben freundlichen Ausdruck auf dem Gesicht zu mir. "Und was möchtest du Louise?"
Klarheit! Gedanken lesen können! Oder einfach nur das alles wieder in Ordnung sei.
Irgendwie ärgerte mich es, dass er mich genauso ansah wie diese Bedienung. Wieso konnte mich die Eifersucht nicht wenigstens in Ruhe lassen, wenn zwischen mir und meinem Freund gerade Eiszeit herrschte?
Grimmig schaute ich zu der jungen Frau. "Einen Cappuccino, bitte."
"Alles klar." sie schob den Zettelblock zurück in ihre schwarze Rocktasche und verließ den Tisch. Ich konnte deutlich beobachten, dass sie Zayn hinter dem Tresen immernoch musterte. Ich konnte mich an keinen Tag erinnern, an dem ich jemals so schlecht draufgewesen war. Verdammte Eifersucht.