born to die ✘ the hunger game...

By TheDarkFlame

34.7K 1.7K 1K

BORN TO DIE. ❝BUT WHAT IF THE MONSTERS COME?❞ i used to ask my sister, when i was a little girl. she lo... More

Cαтo & Clove - Borɴ To Dιe.
PROLOG: Lιɢнт Iɴ Tнe Dαrĸɴeѕѕ.
♯Cнαpтer O1 ~ Oɴce Upoɴ A Tιмe.
♯Cнαpтer O2 ~ Welcoмe To My Lιғe.
♯Cнαpтer O3 ~ Tнe Deαdly Decιѕιoɴ.
♯Cнαpтer O4 ~ Beιɴɢ Hυɴтed Aт Nιɢнт.
♯Cнαpтer O5 ~ Tнe Gιrl Iɴ Tнe Mιrror.
♯Cнαpтer O6 ~ Tнe Reαpιɴɢ Dαy.
♯Cнαpтer O7 ~ Oɴ Tнe Edɢe Oғ Teαrѕ.
♯Cнαpтer O8 ~ New Allιeѕ Aɴd New Eɴeмιeѕ.
♯Cнαpтer O9 ~ Toмorrow Wιll Be Kιɴder.
♯Cнαpтer 1O ~ All We Hαd Iѕ Tαĸeɴ Awαy Froм Uѕ.
♯Cнαpтer 11 ~ Eɴтerιɴɢ Tнe Cαpιтol.
♯Cнαpтer 12 ~ Tнe вoy wнo αlwαyѕ lαυɢнed.
♯Cнαpтer 13 ~ Soмe ѕмαll dιѕpυтeѕ wιтн yoυr ғrιeɴdѕ.
♯Cнαpтer 14 ~ Lιĸe A Grecιαɴ Goddeѕѕ.
♯Cнαpтer 15 ~ Tнe Deer Wιтн Tнe Goldeɴ Aɴтlerѕ.
♯Cнαpтer 16 ~ Welcoмe тo тнe Freαĸѕнow.
♯Cнαpтer 17 ~ Mαy Tнe Oddѕ Be Ever Iɴ Yoυr Fαvor.
♯Cнαpтer 18 ~ Tнere Wιll Be Hope Aѕ Loɴɢ Aѕ Yoυ Sтιll Dreαмιɴɢ.
♯Cнαpтer 19 ~ See Yoυ Jυѕт Tнe Wαy Yoυ Reαlly Are.
♯Cнαpтer 2O ~ Tнe Sтαr Croѕѕed Loverѕ Froм Dιѕтrιcт Two I
♯Cнαpтer 21 ~ Tнe Sтαr Croѕѕed Loverѕ Froм Dιѕтrιcт Two II
♯Cнαpтer 22 ~ Dreαм Awαy Froм Tнe Preѕeɴт.
♯Cнαpтer 23 ~ Plαyιɴɢ Hιde αɴd Seeĸ.
♯Cнαpтer 24 ~ Helpғυl Advιceѕ Aɴd Lαѕт Iɴѕтrυcтιoɴѕ.
♯Cнαpтer 25 ~ Trαιɴιɴɢ Hoυrѕ Aɴd Dιғғιcυlт Iмpedιмeɴтѕ I
♯Cнαpтer 26 ~ Trαιɴιɴɢ Hoυrѕ Aɴd Dιғғιcυlт Iмpedιмeɴтѕ II
♯Cнαpтer 27 ~ Tнe Uɴeхpecтed Iɴтerroɢαтιoɴ.
♯Cнαpтer 28 ~ Wнeɴ Teαrdropѕ Tυrɴ To Aѕнeѕ I
♯Cнαpтer 29 ~ Wнeɴ Teαrdropѕ Tυrɴ To Aѕнeѕ II
♯Cнαpтer 3O ~ Wнeɴ Teαrdropѕ Tυrɴ To Sɴowғlαĸeѕ.
♯Cнαpтer 31 ~ I Doɴ'т Wαɴт To Dιe So Yoυɴɢ.
♯Cнαpтer 32 ~ Soмeтнιɴɢ Sтrαɴɢe Iѕ Goιɴɢ Oɴ Here.
♯Cнαpтer 33 ~ We Are A Teαм.
♯Cнαpтer 34 ~ Trιcĸѕ Aɴd Tнreαтѕ.
♯Cнαpтer 35 ~ Fυɴ Iɴ Gαмeѕ.
♯Cнαpтer 36 ~ Heαrтғelт Syмpαтнy.
♯Cнαpтer 37 ~ Iт'ѕ Sυcн A Crυel World, Iѕɴ'т Iт?
♯Cнαpтer 38 ~ Teαrѕ, Cнrιѕтмαѕ αɴd Uɴιcorɴ Cαĸe.
♯Cнαpтer 39 ~ Oɴe Moмeɴт ιɴ Tιмe.
♯Cнαpтer 4O ~ Tнαт Tнιɴɢ αвoυт New Yeαrѕ Eve.
♯Cнαpтer 41 ~ Reαl ... Or Noт Reαl?
♯Cнαpтer 42 ~ Solvιɴɢ Tнe Pυzzle.
♯Cнαpтer 44 ~ Trυѕт Aɴd Dιѕтrυѕт.
| 45. COUNTDOWN
| 46. DEMONS
| 47. PRIVATE SESSIONS
| 48. DRESSES AND SCORES
| 49. HOW TO BE MYSELF
| 50. THE GIRL ON FIRE
| 51. UNTIL MIDNIGHT
| 52. STAY WITH ME
STRANGE LANDS.
| 53. ALMOST LOVER
| 54. SIXTY SECONDS
| 55. FIRST KILLS
| 56. LITTLE BIRD
| 57. FAKE LOVE
| 58. ALLIES
| 59. SILENT NIGHT
| 60. LAST CHRISTMAS
| 61. KINGDOM OF ISOLATION
| 62. LOVERBOY
| 63. THE CAREERS
| 64. FIRE AND BLOOD
| 65. DEADLY SMOKE
| 66. ALIVE AND WELL
| 67. GOLDEN CAGE
| 68. MIDNIGHT TERRORS
| 69. SILK HEART
| 70. THE HUNT
| 71. MIDNIGHT MEMORIES
| 72. TRACKER JACKERS
| 73. HALLUCINATIONS
| 74. FROZEN
| 75. SHATTER ME
| 76. LET IT GO

♯Cнαpтer 43 ~ Mιdɴιɢнт Coɴverѕαтιoɴѕ.

203 17 4
By TheDarkFlame

Fʀᴏʜᴇ Osᴛᴇʀɴ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!

Ich muss gestehen, ich habe nicht mit einem so frühen Update gerechnet, als ich das letzte Kapitel veröffentlicht habe - aber irgendwie plagte mich der Gedanke, nach den letzten Weihnachtskapiteln, Geburtstagskapiteln und Silvesterkapiteln kein Osterkapitel zu haben.

Also habe ich mich - trotz zahlreicher Ausflüge in der letzten Woche - aufgerafft, und in Windeseile Kapitel 43 gezaubert - ich hoffe natürlich, es gefällt Euch.

Übrigens: Noch etwa zehn Kapitel, und wir kommen zu Part zwei dieser Story - wo ich dann auch ein bisschen am Design arbeiten werde.

Wie immer möchte ich nun allen danken, die mich seit dem letzten Wochenende unterstützt haben: Melina_1000, AnnixEspinosax, camrenfenty, July112, TheDarkTemptation, BlackGirlNumber1, SinemPeace, snowbellexx und (mit einem breiten Lächeln und einem »welcome back« shirt: Nakita_Herondale. Ich bin so froh, dass Du wieder zurück bist <3)

Und nun wünsche ich Euch von ganzem Herzen: Einen schönen Sonntag, ein wunderbares Osterfest, und: Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ! Eυre Zoey <3

• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

♯Cнαpтer 43 ~ Mιdɴιɢнт Coɴverѕαтιoɴѕ.

❝don't walk behind me, i may not lead. dont walk in front of me, i may not follow. just walk beside me and be my friend.❞

• ✘ • ✘ • ✘ •

»CLOVE, das ist doch total verrückt! Wenn wir erwischt werden-«

»Dann sag ich ihnen, es war meine Idee! Okay? Und jetzt hör auf zu jammern, und beeil dich«, zischte ich über meine Schulter hinweg einem sehr lustlos wirkenden Cato zu, der sich bemühte, möglichst leise den Flur unserer Etage hinunter zu schleichen.

»Es war ja auch deine Idee«, grummelte er missmutig vor sich hin, die Hände lustlos in den Taschen seiner Schlafhose vergraben.

Ich verdrehte genervt die Augen und lief weiter, ohne mich noch einmal umzusehen.

Die wenigen Lichter, die zu beiden Seiten des Ganges angebracht worden waren, warfen unheimliche Schatten an die hohen Wände, und als ich in der Ferne endlich das gläserne Gerüst des Fahrstuhls aufblitzen sah, atmete ich erleichtert auf.

Noch nie war mir unser Flur so lang vorgekommen.

Hastig joggte ich auf den Aufzug zu, dessen Türen sich, kaum, dass ich vor ihnen stand, geräuschlos öffneten, und schlüpfte hinein.

Und dann wartete ich.

Ich wartete eine ganze Weile - Sekunden, Minuten, keine Ahnung.

Im Aufzug schien es von Atemzug zu Atemzug kälter zu werden.

Ungeduldig trommelten meine Finger auf das Tastaturenbrett.

Tastete Cato die Wände ab, um auch ja nichts falsch zu machen? Oder machte er vielleicht möglichst kleine Schritte, um niemanden aufzuwecken? So vorsichtig war er doch aber sonst nie!

Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, bog Cato endlich um die Ecke, und sprang zu mir in den Fahrstuhl.

»Wird auch Zeit«, murrte ich, und ließ meine Hand auf die »eins« sausen.

Schweigend warteten wir darauf, dass die Türen sich wieder schlossen, und das Gefährt sich hinabsenkte.

Nervös umschlang ich mit den Händen meine Tallie; ein schwacher Versuch, mich vor der klirrenden Kälte zu schützen, die meinen Körper befiel.

Unter dem Satinmorgenmantel aus fließendem Gold trug ich meine altbewährten Schlafklamotten, die ich ins Herz geschlossen hatte, seit ich zum ersten Mal in den Kleiderschrank gespäht hatte: Eine weiße Schlafshorts, übersät mit hellblauen Sternchen, und ein dazu passendes Shirt, mit einem supersüßen Teddybär drauf.

Ja, ich hatte eine Schwäche für süße Teddys.

Und nein, das ließ mich jetzt weder kitschig, noch mädchenhaft erscheinen.

Teddys waren nun mal süß.

Und Punkt.

Der Fahrstuhl glitt auf.

Innerhalb von Sekunden schien die Luft um uns herum noch mehr abzukühlen, und Cato zog sich seinen dunkelblauen Kaschmirmorgenmantel fester um die Schultern.

»Es ist furchtbar kalt hier. Haben sie auf dieser Etage etwa keine Heizung?«

Er klang gerade so, als wäre es meine Schuld, dass es plötzlich so eisig war.

»Psst«, zischte ich, und bedeutete ihm, auszusteigen.

Cato gehorchte grummelnd, und ich kämpfte mühsam dagegen an, ein drittes Mal mit den Augen zu rollen.

Kaum hatte er erfahren, dass wir Marvel und Glimmer aufsuchen würden - wozu wir natürlich mein kuschlig warmes Zimmer verlassen mussten - war sein Enthusiasmus für Verschwörungstheorien verflogen, und er hatte sich stattdessen lieber aufs Herumnörgeln konzentriert.

»Wieso können wir nicht einfach ...«

Es fing schon wieder an.

Frustriert stieß ich die Luft aus, bevor ich wortlos an ihm vorbeimarschierte, den Flur der ersten Etage entlang.

Gerade hatte ich einen Fuß auf den altrosa Boden gesetzt, da entschlüpfte meinen Lippen ein ehrfürchtiges Seufzen.

Alles war silbern.

Alles glänzte.

Alles sah aus, als wäre es in flüssiges Sternenlicht getaucht.

Wände aus Diamanten.

Türen aus Glas.

Jetzt, wo alles dunkel war, und nur die vielen elfenhaften Lichter den Weg beleuchteten, wirkte die Umgebung noch magischer und eindrucksvoller als bei meinem ersten Besuch.

Es war wunderschön.

Und einschüchternd.

So einschüchternd, dass selbst Cato für ein paar Minuten die Klappe hielt.

Ungefähr so lang, bis wir vor Glimmers Zimmertür angekommen waren, und er wieder anfing.

»Vielleicht sollten wir-«

»Wirst du wohl leise sein?«, flüsterte ich aufgebracht, und deutete warnend auf die anderen Schlafzimmertüren, die den Flur schmückten. »Ich glaube nämlich nicht, dass die Mentoren aus Distrikt eins äußerst begeistert wären, wenn wir sie und ihre Tribute aus ihrem Schönheitsschlaf reißen.«

»Okay, okay«, gab Cato murrend zurück, und hob (ebenfalls ziemlich genervt) die Hände, bevor sein Blick zu Marvels Zimmertür glitt.

Er seufzte. »Ich geh, und weck ihn auf.«

Nicht sonderlich behutsam öffnete er die Tür, und verschwand.

Ich dagegen, machte mich - wesentlich leiser - daran, die andere Zimmertür aufzudrücken, und auf Zehenspitzen in den dahinter liegenden Raum zu schleichen.

Sofort hörte ich Glimmers gleichmäßige Atemzüge; ein Zeichen dafür, dass sie noch tief und fest schlief. Halb hatte ich gehofft, Cato hätte sie aufgeweckt - nur deswegen, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich sie aus einem Albtraum holen könnte, sollte sie sich in einem befinden. »Mit der Bettdecke ersticken« schien mir in Anbetracht ihrer Persönlichkeit eine schlechte Idee.

Leise huschte ich näher an das riesige Bett, das direkt vor die deckenhohen Fenster gestellt worden war.

Bunte Lichter fielen auf eine schlanke Gestalt mit goldenem Haar, die die Decke von sich geworfen hatte, und deren Kopf inmitten unzähliger Kissen plötzlich ganz klein wirkte.

Ich trat noch ein Stückchen näher, die Arme verschränkt, meinen nachlässig geflochtenen Zopf über die Schulter geworfen.

»Glimmer?«, flüsterte ich leise.

Keine Reaktion.

Tiefe Atemzüge, ein leises Schnarchen.

Der Geruch von Pfirsichcreme und Vanillekerzen stieg mir in die Nase, während ich die Person betrachtete, die vor mir auf dem Prinzessinenbett schlummerte.

Sie wirkte so friedlich.

Die blonden Haare in leichten Wellen um ihr Gesicht verteilt, die Augen geschlossen, den Köper in einen rosafarbenen Morgenmantel samt schwarzem Spitzenbody gehüllt.

Sie sah aus, wie ein Model in einer Kampagnenwerbung.

Doch als ich genauer hinschaute, den Kopf schief legte, sah ich das feine Runzeln ihrer Stirn, das leichte Verziehen der vollen Lippen, und die Hand, die unruhig über die Bettdecke wanderte.

Ich rüttelte an ihrem Arm.

Anders als Cato, versuchte sie nicht, nach mir zu schlagen, sondern drehte sich einfach auf die andere Seite.

Ein Zeichen dafür, dass sie in einem Albtraum gefangen war?

Oder schlief sie vielleicht einfach nur? 

Verkniffen bohrte ich meine Fingernägel in ihre Schulter, hoffte, dass sie aufgrund des dadurch entstehenden Schmerzes aufwachte.

Doch nichts.

Glimmers Hände versuchten zwar, mich irgendwie abzuschütteln, aber das war's dann auch schon.

Ich seufzte entnervt, griff dann kurz entschlossen nach einem ihrer Kissen, und zog es weg.

Kaum hatte ihr Gehirn den plötzlichen Höhenunterschied registriert, flogen ihre Augen auf, und mit einem Satz hatte sie sich aufgerichtet, die zitternden Hände erhoben, als wolle sie mich angreifen.

Ich sah sie stumm an.

Falls sie überrascht war, mich in ihrem Zimmer vorzufinden, so ließ sie es sich zumindest nicht anmerken.

Noch immer schweigend, gab ich ihr das Kissen zurück.

Glimmer schien sichtlich verwirrt - zu Recht - und wusste augenscheinlich nicht, was sie sagen sollte.

Da waren wir dann schon zu zweit.

Als sich ihr Atem wieder beruhigt hatte, sah sie mich an.

»Wieso bist du hier?«

»Du hattest einen Albtraum«, sagte ich, einfach darauf hoffend, damit Recht zu behalten.

Glimmer nickte langsam.

»Ja.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern. Dünn und zerbrechlich, wie Herbstblätter, die zu Boden fielen, darauf hoffend, dass niemand sie mit seinen Füßen zertrat. »Aber das erklärt noch gar nichts.«

»Stimmt«, sagte ich nickend.

Glimmer zog daraufhin eine perfekt gezupfte Augenbraue nach oben.

Sie wusste, dass ich ihr etwas verheimlichte.

Sie wusste, dass ich versuchte, sie hinzuhalten.

Sie wusste es, aber sie sagte nichts.

Stattdessen verbarg sie ihre Verwirrung hinter einer Maske aus Gleichgültigkeit, und ordnete betont langsam ihre verwuschelten Haare.

Wir schwiegen.

Sie spielte mein Spiel mit - für den Moment.

Irgendwann jedoch, richtete sie ihre smaragdenen Augen entschlossen auf mich, und ich wusste, dass meine Zeit auf Cato und Marvel zu warten, vorbei war.

Sie wollte Antworten, sofort.

Und ehrlich gesagt hatte sie die auch verdient, wo ich schon uneingeladen in ihr Zimmer eingedrungen war, und dann auch noch versucht hatte, sie hinzuhalten.

»Woher weißt du das - das mit dem Albtraum, meine ich?«

Glimmers Stimme klang nun um einiges fester als zuvor.

Gerade wollte ich seufzend zu einer Erklärung ansetzen, als plötzlich die Zimmertür an die Wand flog.

Nun, dafür, dass sie zur Hälfte aus Glas bestand, war ich überrascht, dass sie nicht sofort entzweibrach.

Vor Selbstbewusstsein strotzend marschierte Cato hinein, den Morgenmantel achtlos in der Hand zerknüllt. Er begrüßte Glimmer - die jetzt sichtlich um Fassung rang - mit einem knappen Nicken; für mich hatte er dagegen ein herablassendes Lächeln übrig.

Ich verdrehte genervt die Augen.

Seine plötzlichen Stimmungsumschwünge schafften es jedes Mal aufs Neue, mich zu überraschen - manchmal positiv, oft negativ.

Hinter ihm kam Marvel ins Zimmer geschlurft, eine ungeöffnete Cola in der Hand, mit der er sich die Stirn kühlte.

Ich hätte ihm gern gesagt, dass seine Jogginghose gerade dabei war, sich zu verabschieden, doch anhand seines aschfahlen Gesichts und den rot geränderten Augen überlegte ich es mir prompt anders.

»Ging's nicht ein bisschen leiser?«, fuhr ich stattdessen meinen Distriktpartner an.

»Sicher, aber vor allem ging's auch noch ein bisschen lauter«, höhnte er und schenkte mir ein weiteres arrogantes Lächeln.

Nur unter einem gewaltigen Aufgebot der Beherrschung schluckte ich die Beleidigung hinunter, die mir auf der Zunge lag, und wandte mich lieber wieder Marvel zu, der mit einem dramatischen Stöhnen auf Glimmers Bett zusammengebrochen war.

Erst da realisierte ich, wie mies es ihm tatsächlich ging.

Nicht nur wirkte er deutlich übermüdet; sein weinrotes Unterhemd schien komplett durchgeschwitzt, seine Arme zitterten, die Haare waren ein einziges Chaos, seine Haut wurde von unschönen Kissenfalten entstellt ... und waren das etwa Schluchzer, die da gerade aus ihm hervorbrachen?

Ich konnte zwar nicht viel erkennen, da Marvel das Gesicht in Glimmers Bettdecke vergraben hatte, aber sein Oberkörper hob und senkte sich hektisch, und die dumpfen Laute, die er in unregelmäßigen Abständen ausstieß, klangen verdächtig danach, als wäre er soeben in Tränen ausgebrochen.

Mir brach das Herz, und meine Augen füllten sich ebenfalls mit Wasser.

Was war nur gesehenen, dass ausgerechnet Marvel - der fröhliche, stets positiv denkende Marvel - so dermaßen die Fassung verlor?

Mein Blick schnellte zu Glimmer.

Ihrem Gesicht war jegliche Farbe entwichen, und auf ihren Zügen lag eine Mischung aus Mitleid und Entsetzen, als sie auf ihren Distriktpartner zukrabbelte und ihn in eine feste Umarmung zog.

Marvel weinte leise an ihrer Schulter, während sie ihm den Rücken tätschelte, und beruhigende Worte in die Dunkelheit flüsterte.

Catos Miene war unlesbar, doch seinem deutlich hörbaren Schlucken zufolge, ließ ihn die Situation nicht so kalt, wie er vielleicht tat.

Gern wäre ich ebenfalls für Marvel dagewesen, doch verspürte ich plötzlich eine ungewohnte Scheu.

Glimmer und er kannten sich seit Jahren - Marvel und ich hatten uns vor wenigen Tagen das erste Mal getroffen.

Und, obwohl wir uns auf Anhieb gut verstanden hatten; obwohl ich ihn inzwischen als Freund einstufte, so wusste ich in jenem Augenblick nicht, wie ich mich verhalten sollte.

Wollte er, dass ich ihn in Ruhe ließ, oder wollte er, dass ich ihm eine Schulter zum Anlehnen bot?

Ich wusste es nicht, und bevor ich etwas falsch machte, tat ich lieber gar nichts.

Außer nachzudenken.

Irgendetwas hatte Marvel tief verletzt.

Ihm Angst gemacht.

Er wirkte vollkommen durcheinander; war gar nicht mehr er selbst.

War vielleicht ein Albtraum schuld daran?

Doch wie sollte ich dieses Thema anschneiden, wenn er so völlig außer sich wirkte? Wie konnte ich ihn ansehen; ihm ernsthafte Fragen stellen, wenn seine Augen tränennass waren, und mein Herz vor Mitleid fast überquoll?

»Was ist passiert, Kumpel?«, versuchte es Cato fünf Minuten später, als klar wurde, dass niemand sonst etwas sagen würde.

Marvel hob den Kopf. Sein Gesicht war knallig rot, ob vor Scham oder vor Anstrengung, ich wusste es nicht.

»Ich - ich hatte einen furchtbaren Traum«, stammelte er kleinlaut, in der Annahme, wir würden ihn verspotten, weil er sich wegen eines Traumes so aufregte.

Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen.

Ich hatte es gewusst.

»Das ist okay, Marvel, ehrlich. Wir all hatten heute Nacht schreckliche Träume«, beruhigte ich ihn.

Entgegen meines vorherigen Entschlusses, ihm Raum zu lassen, drückte ich ihm nun die Schulter, als Zeichen, dass ich für ihn da war, ihn unterstützte.

Marvel sah mich verwirrt an.

»Wirklich?«

Ich nickte.

Cato bewegte sich irgendwo zu meiner Rechten, auch er rückte näher an Marvel heran.

»Wirklich. Du bist nicht der Einzige, dem's deswegen beschissen geht. Und du musst dir auch keine Sogen machen, was wir über dich denken würden. Okay?«

Marvel nickte mit gesenktem Kopf, und holte rasselnd Luft.

»Aber - was bedeutet das?«

Ich richtete mich auf.

Das war immerhin sowas wie mein Stichwort.

»Deswegen sind wir hier. Wir ... also ...«

Angesichts der zwei neugierigen Augenpaare, die nun auf mir lasteten, wurde ich plötzlich unsicher, und verlor den Faden.

Zum Glück sprang mir Cato zur Seite, und führte meine Erklärung fort.

»Ein paar Szenen dieser Albträume kamen uns bekannt vor. Clove erinnerte sich, in der Nacht nach dem Empfangsbankett ebenfalls von solchen Dingen geträumt zu haben. Ihr vielleicht auch?«

Marvel nickte schwach.

Glimmer hatte ihm inzwischen seine Cola entkorkt, und Marvel stürzte das süße Getränk regelrecht hinunter.

»Ja, ich - ich kann mich noch daran erinnern«, sagte er langsam. »In dieser Nacht hab ich Glimmer geweckt und wir sind zu euch ins Zimmer. Wir beide hatten Albträume und danach kein große Lust, wieder einzuschlafen.«

Wir alle nickten; etwas, das wir nur zu gut verstehen konnten.

Marvel richtete seinen Blick auf Cato.

»Mann, ich weiß echt nicht, was noch passiert wäre, hättest du mich nicht geweckt. Wenn ich so schon total ausflippe, was hätte ich erst getan, wenn ...«

»Denken wir doch am besten gar nicht daran«, sprang ich ein, und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.

Glimmer hatte die ganze Zeit über kaum ein Wort verloren, doch als ich ihr einen prüfenden Blick zuwarf, war ihre Miene größtenteils neutral, und ich konnte nichts Verdächtiges feststellen.

Sie schien einfach nur noch geschockt von Marvels Zusammenbruch.

Das konnte ich ihr nicht verdenken; auch ich war definitiv nicht darauf vorbereitet gewesen.

»Findet ihr es nicht auch seltsam, dass wir alle zu exakt der gleichen Zeit einen Albtraum hatten?«

»Doch«, meinte Glimmer leise.

Ich war überrascht, dass sie plötzlich das Wort ergriff, aber vielleicht hatte mein fragender Blick sie auch provoziert.

Marvel nickte bestätigend, und nahm noch einen großen Schluck Cola.

»Okay, uns fiel auf, dass-«

Cato unterbrach mich.

Ungewohnt ernst betrachtete er unsere Verbündeten, die ahnungslos zurückstarrten.

Okay, Marvel starrte ahnungslos in die Runde; Glimmer dagegen schien recht geübt darin, ihre wahren Gefühle vor uns zu verbergen; momentan hatte sie den Kopf schief gelegt, und wirkte einfach nur ungeduldig.

»Seid ihr euch sicher, dass ihr das überhaupt wissen wollt? Es könnte gefährlich sein; hier handelt es sich um etwas, dass das Kapitol ... vor uns verheimlicht hat. Sowas wie eine Verschwörung - falls unsere Theorie stimmt. Ihr könntet in Gefahr geraten. Wenn sie davon erfahren ... Seid ihr euch absolut sicher, dass ihr das hören wollt?«

Er prüfte sie ebenfalls.

Wir beide waren plötzlich paranoid.

Paranoid, dass Glimmer und Marvel etwas sagen würden - ob beabsichtigt oder nicht. Aber wer würde ihnen schon zuhören? Tribute hatten keine Stimme im Kapitol, wir unterlagen, wie jeder andere auch der Macht der Regierung. Es sei denn, man verschaffte sich eine ...

»Könnte kaum schlimmer kommen. In wenigen Tagen kratzen wir vermutlich sowieso ab«, meinte Marvel brüsk und zuckte mit den Achseln.

Hatte er Catos Motive erkannt, und war deswegen plötzlich so kratzbürstig?

Glimmer zog die Knie an die Brust, hüllte sich fester in ihren Morgenmantel.

»Erzählt uns einfach alles. Wir können mit der Wahrheit umgehen.«

Auch mit ihr hatte dieser Albtraum etwas gemacht; sie wirkte argwöhnisch, abgeklärt, beinahe kühl.

»Seid euch da lieber nicht so sicher«, brummte Cato leise, doch ich ignorierte ihn, und fing an zu erzählen.

Und während des Gesprächs - während wir über Akademien, Simulationen, Gefahren und Albträume redeten, stellte sich heraus, dass niemand von uns wirklich mit der Wahrheit umgehen konnte.

Schweigend hockten wir auf Glimmers Bett.

Die Wahrheit schien uns noch immer undenkbar - das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass das alles verdammt gut zusammenpasste. Und auch noch überraschend logisch klang.

Ich könnte natürlich auch völlig daneben liegen - aber irgendwie glaubte ich das nicht.

Denn genau so hätte ich das Kapitol von vornherein eingeschätzt - uns leiden lassen, uns testen ... Machte im Grunde ja nichts mehr aus, da wir alle sowieso sterben würden. Und da jede Ressource bestmöglich genutzt werden sollte ...

Wieso also keine Tests an jungen Menschen durchführen, die bald das Zeitliche segnen würden?

Präsident Snow hasste Verschwendungen. Dies betonte er immerhin in fast jeder Ansprache - früher fand ich immer, es besaß einen kranken Sinn für Humor, jedes Jahr dreiundzwanzig Jugendliche in den Tod zu schicken, und das keine Verschwendung zu nennen.

Später wurde mir dann mitgeteilt, dass es das geringstmögliche Opfer für den Verrat unserer Vorfahren wäre. Nicht, dass das meine Meinung großartig geändert hätte.

Nun, Testpersonen waren wahrscheinlich schwer zu finden - wer wollte sich diesem Grauen schon freiwillig aussetzen? Aber todgeweihte Tribute? Wer sollte schon davon erfahren? Wer würde uns Gehör schenken?

Würde es überhaupt irgendjemanden interessieren?

Immerhin hatten Marvel und Glimmer mich nicht für völlig verrückt erklärt, als ich mit meiner Theorie um die Ecke gekommen war.

Im Gegenteil, beide schienen auch noch absolut überzeugt.

Ich hustete.

Mein Mund war staubtrocken.

Zu viele Fragen hatte ich beantworten müssen; zu oft hatte ich mich selbst unterbrochen, und laut über verschiedene Möglichkeiten nachgedacht, eine absurder als die andere.

Das Schweigen breitete sich ungehindert weiter im Raum aus.

Mein Blick schwenkte kurz umher.

Glimmer spielte mit einem Zipfel ihres Morgenmantels.

Cato starrte tiefsinnig auf die pinkfarbene Bettwäsche.

Marvel hielt sich die leere Flasche Cola an den Kopf, und kämpfte gegen den Schlaf an.

»Was sollen wir jetzt tun?«

Wir alle wussten nicht, was wir Marvel darauf antworten sollten.

Wir alle hatten Mühe, die Augen offen zu halten.

Oder generell, nachzudenken.

Mein Blick begegnete Catos stark geröteten Augen. Er brauchte wohl dringend eine Portion Schlaf, weswegen ich ihn auch nicht zurückhielt, als er es sich gemeinsam mit Marvel auf Glimmers riesiger Couch bequem machte.

Blieben nur noch wir Mädels.

»Was können wir denn tun?«, griff ich Marvels Frage wieder auf.

Glimmer entfernte die Hände vom Saum ihres Morgenmantels und starrte nachdenklich aus dem Fenster. »Nichts, fürchte ich. Hätten wir gar nicht erst davon erfahren, dann ... dann fiele es uns wahrscheinlich leichter. So müssen wir eben ganz genau aufpassen. Wie wir in nächster Zeit reagieren, was wir tun ... Dass sich keiner verplappert.«

Dabei glitt ihr Blick bedeutungsvoll zu den Jungs hinüber, die sich nun flüsternd unterhielten.

Ich nickte.

»Wäre es also besser gewesen, ich hätte mir gar keine Gedanken darüber gemacht? Habe ich ...«

Jetzt alles nur noch schlimmer gemacht?

Ich sprach es zwar nicht aus, doch Glimmer schien meine Gedanken zu erahnen, denn ihre Miene wurde augenblicklich weicher. Wann immer sie mich ansah, spürte ich eine innerliche Zerrissenheit - ihre, meine, völlig egal. Manchmal betrachtete sie mich als eine Art Freundin - eine Vertrauensperson, der sie alles erzählen konnte; in anderen Augenblicken sah sie mich an, als müsse sie mich beschützen; als wäre ich zu klein, zu schwach ... als könnte ich mich nicht selbst verteidigen, wenn es darauf ankam.

Sie sorgte sich um mich.

Ich wollte ihr sagen, dass ich es nicht brauchte; ihren Schutz nicht brauchte, doch ich wollte sie nicht vor den Kopf stoßen - und ... ich war klein.

Verglichen mit Cato und Marvel (und ja, selbst mit Glimmer, die einen ausgebildeten Trainer in einer Minute zu Boden gerungen hatte) war ich vielleicht auch ... schwach.

So ungern ich mir das eingestehen wollte.

Vielleicht brauchte ich ihren Schutz wirklich.

Vielleicht sollte ich dankbar sein, statt mich unwürdig zu fühlen.

»Nein. Nein, du ... bitte, mach dir keine Vorwürfe. Ich - klar, es wäre leichter, aber damit meine ich nicht, dass es auch besser wäre. Ich meine - niemand weiß so wirklich, wie es hinter den Kulissen der Spiele zugeht, wir alle kennen nur die Version, von der sie wollen, dass wir sie sehen. Im Grunde ist es immer besser, zu wissen, was vorgeht - genau zu wissen, woran man ist. Von daher ... war es schon ganz gut. Nur blöd, dass wir offenbar viel zu unkreativ sind, aus diesen Informationen irgendwas Gescheites zu basteln.«

Sie kicherte glockenhell.

Ein so reiner, klarer Laut, dass sich meine Mundwinkel ebenfalls leicht nach oben verzogen.

»Glaubst du, jemand hat das schon mal herausgefunden? Jemand von den anderen?«

Ich zuckte mit den Achseln.

»Keine Ahnung. Wenn ja, dann sind sie jetzt wahrscheinlich tot. Kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sie jemanden am Leben lassen, der davon weiß. Das wäre ein zu großes Risiko. Du weißt doch, wie oft die Spielmacher zufällig ein paar Gefahren auf ahnungslose Tribute loslassen - wer weiß schon den wahren Grund für diese Handlungen. Wer weiß, was diese Tribute getan haben. Vielleicht etwas, das sie nicht durften - oder aber, sie haben etwas erfahren, was sie nicht erfahren sollten.«

Glimmer nickte langsam.

»Nun, wir sind sicher nicht so dumm, jemandem davon zu erzählen - oder?«

Dafür, dass es im Grunde eine Aussage sein sollte, ähnelte es zu sehr einer Frage.

Nicht, dass ich ihr das übel nahm.

Ich selbst war ebenfalls hin und hergerissen.

»Na ja, ich könnte es Viola erzählen ... aber ich habe Angst, dass sie dadurch in Gefahr gerät. Dass sie es irgendwie rauskriegen, dass sie etwas Dummes tut ...«

Ich blickte auf.

Schon wieder dieses Lächeln.

Verständnisvoll, mitfühlend, besorgt.

»Immer besorgt um andere, hm? Niemals um dich selbst. Du bist wirklich anders.«

»Anders?«

Meinte sie das als Beleidigung?

Ich zog die Nase kraus.

Glimmer lachte. »Nein, nein, gut anders. Nicht so ... blutrünstig und gemein, wie die Tribute aus zwei immer vorgeben zu sein. Du bist mitfühlend. Treu. Du sorgst dich um andere, und es ist dir egal, ob du dabei auf der Strecke bleibst. Das ist ... seltsam. Zumindest in einer Welt wie dieser, wo jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Aber es ist ... es ist tröstlich zu wissen, dass es - solche Menschen wie dich gibt. Jemanden, der von Grund auf gut ist. Klingt das dämlich? Zu kitschig? Bin ich etwa sentimental geworden?«

Ich schüttelte lachend den Kopf. »Nein. Du - dass andere mich so sehen, ist mir nie bewusst geworden. Ich fühle mich - geschmeichelt, ehrlich. Aber du - du bist auch anders. Lieb. Witzig. Loyal. Und ... für jemanden aus Distrikt eins hast du ganz schön viel in deinem hübschen Köpfchen.«

Glimmer legte den Kopf schräg.

»Du findest mich wirklich hübsch

Ich sah sie an, als wäre sie soeben verrückt geworden.

»Äh, ja? Noch nie in einen Spiegel geschaut?Jeder weiß, dass du wunderschön bist.«

Wie konnte sie das nicht sehen?

»Menschen sehen immer nur das Äußere. Sie reduzieren dich darauf. Ich weiß, was für eine Wirkung ich auf andere haben kann. Aber ich bilde mir nichts darauf ein. Innere Werte sind das, was wirklich zählt. Glaub mir, jemand kann noch so gut aussehen; wenn sein Herz vom Bösen zerfressen ist, dann ... Es ist - es ist grauenhaft«, flüsterte sie leise.

Binnen weniger Sekunden hatte sich ihre ganze Erscheinung verändert.

Ihre Hände zitterten, das Gesicht war bleich, ihre Lippe bebte, und ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Ihre Haltung war nicht länger selbstsicher, ihr Lächeln nicht unbeschwert; ihr Rücken war gekrümmt, als würde sie auf einen Schlag warten, und ihre Hände verkrallten sich in der Bettdecke, voller Angst und grauenhafter Erwartung.

Ich schluckte, und hielt es für besser, rasch das Thema zu wechseln.

Ich wollte - nein, ich konnte - ich hatte keinen Schimmer, was Glimmer durchgemacht hatte - aber ich wollte sie nicht bedrängen. Nicht daran erinnern.

I̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶k̶̶e̶̶n̶̶n̶̶e̶̶ ̶̶d̶̶i̶̶e̶̶s̶̶e̶̶ ̶̶H̶̶a̶̶l̶̶t̶̶u̶̶n̶̶g̶̶.̶̶

»Ich frage mich ... was sie damit bezwecken. Was genau sie testen wollen. Offenbar geben sie uns diese Drogen nur, wenn etwas wirklich Wichtiges ansteht. Die Nacht vor dem ersten Trainingstag. Die Nacht vor den Einzeltrainings. Bestimmt kommt diese Aktion vor den Interviews auch noch mal - wenn nicht, dann wenigstens vor der Arena. Ich frage mich ... wie sie es uns verabreichen. Und ob sie sich dabei einfach nur einen Spaß erlauben. Oder es ist wirklich so, wie Cato erzählt hat - sie wollen uns schwächen, damit wir alle die gleichen Chancen haben«, plapperte ich hastig, stolperte über die Worte, die aus meinem Mund flüchteten, ohne wirklich zu wissen, was ich da soeben von mir gegeben hatte.

Glimmer schien sich nun wieder gefasst zu haben. Zumindest die Tränen waren verschwunden.

»Das ist sicher ein guter Grund. Aber vielleicht - ich weiß nicht. Ich denke, es könnte durchaus noch mehr dahinter stecken.«

»Was denn?«

»Zum Beispiel, dass sie etwas entwickeln. Anhand unserer Reaktionen, anhand der bisherigen Versuche. So etwas wie ... wie eine Waffe. Keine Ahnung, ich denke, es würde zu ihnen passen, oder? Die scheinen hier auf alles, absolut alles vorbereitet zu sein. Und eine mentale Waffe wäre ungemein wertvoll, weil keiner ihr entkommen kann. Viel wirkungsvoller als Soldaten. Wirkungsvoller als Friedenswächter. Denn wenn alle in ihren eigenen Albträumen gefangen sind, wer kümmert sich dann noch darum, was in Panem falsch läuft?«

»Tun das denn jetzt überhaupt welche?«

»Nun, viele Leute hassen das Kapitol. Ist ja auch verständlich. Niemand wird es dir auf der Straße ins Gesicht schreien, vor allem nicht in unseren Distrikten, wo wir doch vom Leid der anderen profitieren sollen. Aber ... Immer wieder kommt es zu Aufständen. Man hört es in den Nachrichten - natürlich getarnt als Unfälle. Unfälle, von denen selbst die unantastbaren Sieger nicht verschont bleiben. Unfälle. Ein hübsches Wort, ausgeschmückt mit Bildern von Explosionen, Lawinen, Säureregen, Überflutungen, Hungersnöten, Epidemien und Feuerstürmen. So viele Unfälle, weil das Klima seit den Kriegen verrückt spielt. Plausibel. Und so viele Menschen, wie dabei getötet werden ... Sicher, es gibt Naturkatastrophen, das bezweifle ich gar nicht. Aber nicht alle Unfälle entsprechen natürlichen Ursachen. Sie sind immer eine gute Art, so viele Rebellen wie möglich zu eliminieren. Lass die Welt glauben, es war ein Unfall - ein Erdrutsch, eine Lawine, eine Flut. Eine Razzia in der Menge. Irgendetwas, damit sich die Bevölkerung keine Hoffnungen macht, aber dennoch weiter in Angst lebt. Und in Schuld. Denn es waren unsere Vorfahren, die die Kriege führten; unsere Vorfahren, die die Umwelt zerstörten; unsere Vorfahren, wegen denen wir nun von diesen Naturereignissen heimgesucht werden. Ich bin mit meiner Meinung sicher nicht allein. Aber sie dürfen unter keinen Umständen zeigen, dass es noch Menschen gibt, die sich zur Wehr setzen. Denn das würde ihre Illusion von Dankbarkeit und Frieden zerstören.«

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Glimmers Meinung war so vollkommen ... durchdacht. Unglaublich logisch. So viele Zusammenhänge, die sie miteinander verknüpft hatte, und alles ergab einen Sinn.

Und trotzdem wussten wir immer noch nicht, was wir mit all dem anfangen sollten.

»Also wir ... sagen wir's trotzdem keinem? Denn wenn das, was du sagst, wahr ist - und es klingt jedenfalls plausibel - dann ... dann sollte es keiner wissen. Damit wir niemanden in Gefahr bringen. Damit niemandem ein ... Unfall zustößt.«

Glimmer nickte. »Vielleicht besser so. Es sei denn ...«

»Es sei denn?«

»Vielleicht ... sollte ich es Thor sagen?«

Ich fiel fast aus allen Wolken.

»Auf gar keinen Fall! Hast du vergessen, wer er ist? Für wen er arbeitet? Hast du vergessen, wie er dich behandelt hat, als er dachte, du hättest-«

»Natürlich nicht! Hältst du mich wirklich für so dämlich?«

Nein.

̶J̶̶a̶̶.̶̶ ̶̶W̶̶e̶̶i̶̶l̶̶ ̶̶d̶̶u̶̶ ̶̶G̶̶e̶̶f̶̶ü̶̶h̶̶l̶̶e̶̶ ̶̶f̶̶ü̶̶r̶̶ ̶̶i̶̶h̶̶n̶̶ ̶̶h̶̶a̶̶s̶̶t̶̶.̶̶ ̶

»Ich dachte nur ... Ach, ich weiß nicht. Ich dachte, er könnte uns vielleicht helfen, etwas herauszufinden. Er kennt die Hintergründe, und er scheint ebenfalls nicht allzu begeistert vom Kapitol, und da dachte ich eben - Vergiss es, es war dämlich.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Nicht wirklich. Es war - es war ja eine gute Idee. Nur ... du spielst da ohnehin schon ein ziemlich gefährliches Spiel, und - ich weiß einfach nicht, ob du ihm vertrauen kannst.«

Glimmer stieß frustriert die Luft aus, und schmiss sich in die Kissen hinter ihr. »Ich auch nicht. Ich - wenn wir miteinander sprechen, dann denke ich, dass ich ihm durchaus vertrauen kann - Heilige Scheiße, oft tue ich es sogar - doch dann, wenn ich darüber nachdenke, dann ... na ja, du hast es ja gesagt. Er arbeitet für sie. Und selbst wenn er uns nicht verrät, je mehr Leute wir einweihen, umso mehr Leute bringen wir in Gefahr. Und ich will ihn nicht in Gefahr bringen.«

Den letzten Satz nuschelte sie scheinbar verlegen in ihre Haare hinein.

Wir schwiegen.

»Also ... war's das jetzt? Wir unternehmen gar nichts?«

Glimmer schien gleichermaßen frustriert und enttäuscht.

Das konnte ich nachempfinden; mir ging es in etwa ähnlich.

»Was können wir denn schon tun? Wir können es niemandem erzählen, wir haben keine richtigen Beweise, niemandem dem wir hier vertrauen können-«

»Ich vertraue dir«, unterbrach mich Glimmer, und sah mich mit schief gelegtem Kopf prüfend an.

̶S̶̶o̶̶l̶̶l̶̶t̶̶e̶̶s̶̶t̶̶ ̶̶d̶̶u̶̶ ̶̶n̶̶i̶̶c̶̶h̶̶t̶̶.̶̶ ̶̶

̶̶I̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶v̶̶e̶̶r̶̶t̶̶r̶̶a̶̶u̶̶e̶̶ ̶̶d̶̶i̶̶r̶̶ ̶̶a̶̶u̶̶c̶̶h̶̶.̶̶ ̶̶

̶̶S̶̶o̶̶l̶̶l̶̶t̶̶e̶̶ ̶̶i̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶a̶̶u̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶n̶̶i̶̶c̶̶h̶̶t̶̶.̶̶

»Noch besser. Alles für ein paar gute Quoten. Wenn wir viele Sponsoren abkriegen, leben wir vielleicht ein bisschen länger. Also streng dich an, auf die Jungs kann ich nämlich nicht zählen.«

Ich leider auch nicht.

Die beiden waren inzwischen dazu übergangen, sich ein Schnarchduell zu liefern.

Glimmer und ich tauschten einen bedeutungsvollen Blick.

»Schätze, es ist Schlafenszeit«, meinte sie dann gähnend und fuhr sich durch die blonden Haare.

Mir fiel auf, dass wir bezüglich unseres Problems noch immer keine Lösung gefunden hatten. Ich fühlte mich deswegen äußerst unzufrieden.

Da hatte ich schon alle Puzzleteile zusammengesetzt, und jetzt fiel uns nichts ein, das uns weiterhelfen könnte?

Aber vielleicht waren wir auch alle viel zu erschöpft, um über sowas nachzudenken.

Und im Endeffekt, was brachte es schon?

Nichts.

Rein gar nichts.

Wir würden draufgehen. Und wenn schon nicht wir alle, dann drei von uns auf jeden Fall.

Ein Geheimnis mehr, was wir mit in unser Grab nahmen - was machte es schon?

Ich wollte aufstehen und Glimmer eine gute Nacht wünschen, als eben jene schläfrig versuchte, meine Hand zu erwischen - dieser Versuch war nicht gerade von Erfolg gekrönt; offenbar hielt sie mich für den Plüschhasen zu ihrer Linken.

»Wo willst du denn hin?«

»Ähm - in mein Zimmer?«

»Wieso? Cato schläft doch auch hier. Und ich hab echt kein Problem, dass du mit in meinem Bett schläfst. Oder auf der Couch. Aber es ist nur noch die neben Marvel frei, und der spricht häufig im Schlaf. Und sabbert. Würde ich jetzt nicht empfehlen.«

Es war überraschend, dass ich den Sinn ihrer Sätze verstand, wo sie doch die Hälfte der Worte in ihr Kissen nuschelte.

Seufzend beäugte ich den Traum von einem Himmelbett.

»Und du schnarchst ganz sicher nicht?«

»Doch«, murmelte Glimmer und grinste selbstgefällig.

»Na perfekt«, gab ich sarkastisch zurück, schob die schwere Satindecke zur Seite, und krabbelte aufs Bett. Sogleich wollte Glimmer ihren Arm um mich schlingen.

Okay, auf meinem Shirt mochte ein plüschiger Teddy aufgedruckt sein; das hieß allerdings nicht, dass ich nun ihr Kuscheltier war!

»Na, na, vergiss es. Geh doch zu Thor, wenn du kuscheln willst.«

Entschlossen entfernte ich ihren Arm von meinem Oberkörper.

Sofort riss Glimmer die Augen auf, starrte mich entgeistert an, und warf dann wütend eins ihrer flauschigen Kissen nach mir. Ich duckte mich, und es segelte knapp über meinen Kopf hinweg.

»Du blöde - ich - ich will ja gar nicht - Thor und ich sind-«

»Was - nur Freunde?«, warf ich grinsend ein. »Dass du auf ihn stehst, hat jetzt auch der Letzte mitgekriegt-«

»Na und? Lass mich doch!«, giftete sie und drehte sich würdevoll auf die andere Seite des Bettes.

Ihr Schweigen sprach Bände.

»Ist es dumm?«, fragte sie nach einer Weile, als ich schon fast eingeschlafen war.

»Was denn?«

Sie drehte sich wieder herum. Auf ihrem Gesicht lag ein nachdenklicher Ausdruck, und mit den weit aufgerissenen Augen, dem unsicheren Blick, und den feinen Runzeln auf ihrer Stirn wirkte sie unglaublich jung - nicht, dass ich ihr das mitgeteilt hätte.

»Dass ich - dass ich ihn mag?«

Ich lachte.

»Klar ist es dumm. Aber ich bin kaum in der Position, dir diesbezüglich Vorwürfe zu machen«, bemerkte ich trocken, mit einem schnellen Blick auf Cato.

»Da hast du wohl recht.«

»Glimmer?«, fragte ich nach einer Weile, fast befürchtend, sie wäre schon eingeschlafen.

»Hm?«

»Ich vertraue dir auch.«

»Ich weiß.«

Es klang, als würde sie grinsen.

Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und kuschelte mich tiefer in die Kissen.

Sie fühlten sich an wie Seide.

Vielleicht war es auch Seide.

S̶̶o̶̶ ̶̶e̶̶i̶̶n̶̶e̶̶ ̶̶V̶̶e̶̶r̶̶s̶̶c̶̶h̶̶w̶̶e̶̶n̶̶d̶̶u̶̶n̶̶g̶̶.̶̶

»Du weißt auch immer alles, hm?«

Glimmer gähnte.

»Nicht alles. Aber viel. Schlaf gut, Clove.«

Ich spürte, wie sie die Decke fester um ihren Köper wickelte - womit sie mir die Hälfte wegzog.

Dennoch lächelte ich. Die zweite Pyjamaparty in so wenigen Tagen, und doch hatte sich plötzlich alles verändert. Waren wir letztes Mal noch zickig aufeinander losgegangen, teilten wir uns nun eine Bettdecke und sprachen von Vertrauen. Unglaublich.

U̶̶n̶̶d̶̶ ̶̶s̶̶o̶̶ ̶̶d̶̶u̶̶m̶̶m̶̶.̶̶ ̶̶

»Clove?«

»Ja?«

»Lass dir morgen nichts anmerken.«

Obwohl Glimmers Stimme schläfrig klang, verstand ich die eindeutige Warnung, die darin mitschwang.

Ich schluckte schwer und nickte.

»Du auch nicht.«

Sie nickte ebenfalls, gähnte, und drehte sich dann wieder auf ihre Seite des Bettes.

Binnen Sekunden war sie einschlafen.

Ich beneidete sie.

Catos und Marvels Schnarcher schienen von Minute zu Minute lauter zu werden.

Ich starrte in die Dunkelheit, sah aus den Augenwinkeln, wie es im Zimmer heller und heller wurde; wie das Licht der Morgensonne sich auf den silbernen Hochhäusern gegenüber spiegelte, in meinem Kopf ein Meer aus Schreien und unbeantworteten Fragen.

• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Ich wünsche Euch allen Frohe Ostern! Dieses Kapitel ist nur für Euch ♥

Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯2: Der externe Link zeigt das Outfit, das Clove zum Schlafen trägt.

Continue Reading

You'll Also Like

33.1K 5K 117
Informationen zu Kpop und allem drum und dran Start: 01.01.2024 Ende: ? ➪ Sollte ich Fehler machen, zum Beispiel einen Namen falsch schreiben, eine...
32K 1.7K 74
Naruto wird für ein Verbrechen verurteilt was er nicht begannen hat. Am Rande seines Todes wird er von Akatsuki gerettet. Können sie es schaffen Naru...
47.6K 1.3K 6
Louis Tomlinson wohnt allein in seinem Haus und hat sich eigentlich ganz gut in seinem Leben eingerichtet. Er ist zufrieden. Bis er merkt, dass ihm d...
137K 7.3K 61
Bonten x Y/N Y/N's Leben war bis jetzt nur Traumatisch und schrecklich. Die meiste Zeit ihres Lebens funktioniert sie nur, aber Leben konnte man es n...