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By TheFallenComrade

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"Monatelang sagte ich mir, ich würde es alleine schaffen, aber das tue ich nicht. Ich brauche Hilfe. Ich habe... More

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Im Andenken an die Toten vom 21.04.17

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By TheFallenComrade

Howdy Kameraden

Ich bitte euch, für einen Moment alles stehen und liegen zu lassen.
Wenn es nicht für mich ist, dann wenigstens für diejenigen, denen ich das Kapitel widme.

Denn diesem eher spontanen und daher wahrscheinlich auch etwas kürzeren Special liegen die jüngsten Ereignisse zugrunde, die mich persönlich sehr erschüttert haben. Aber seht selbst.

In meinem Nachwort werde ich mich übrigens noch einmal dazu äußern.

》《

IM ANDENKEN AN DIE TOTEN VOM 21.04.17

There's a hope that's waiting for you in the dark
You should know you're beautiful just the way you are
And you don't have to change a thing, the world could change its heart
No scars to your beautiful, we're stars and we're beautiful

Leise hörte ich Melanie auf dem Beifahrersitz neben mir mitsummen, die Musik spielte leise vor sich her und erfüllte das Auto mit einer friedlichen Stimmung. Wir waren auf dem Weg von meinen Eltern zurück nach hause, Sofia schlief seelenruhig in ihrer Babyschale auf dem Rücksitz. Ich war der Meinung, sagen zu können, dass es mir in dem Moment wirklich gut ging. Was bei meinen Eltern aufgewühlt worden war, hatte sich wieder gelegt. Aus meinem Kopf hatte ich jegliche Gedanken an alles verbannt, was sich nicht im Hier und Jetzt abspielte, und ich fühlte mich entspannt. Mir kam es beinahe vor wie eine vollkommen heile Welt. Eine Welt, wie ich sie mir wünschte.

Oh-oh, oh-oh-oh,
oh-oh-oh-oh, oh-oh-oh
And you don't have to change a thing, the world could -

Dann stoppte die Musik.

Melanie hörte verwundert auf zu summen.

"Was ist denn jetzt los?" In ihrer Stimme lag Ratlosigkeit.

Ich wandte den Blick für eine Sekunde von der Straße ab und sah zu dem Radio. "Keine Ahnung...irgendeine Unterbrechung", vermutete ich und drehte die Lautstärke hoch. Der Radiosprecher hatte bereits zu reden begonnen.

"...neuste Meldungen aus der afghanischen Provinz Balch. Am gestrigen Abend erfolgte der bislang wahrscheinlich schlimmste Angriff der Taliban auf eine Militärbasis in Afghanistan - und das, obwohl die Gegend lange Zeit als vergleichsweise ruhig galt. Den bisherigen Angaben zufolge sollen 140 Soldaten ums Leben gekommen sein, 160 weitere wurden verletzt."

Beinahe unverzüglich trat ich auf die Bremse, das Auto hielt mit einem Ruck. Melanie entfuhr ein erschrockener Laut, als der Gurt in ihre Schulter schnitt. "THOMAS!", stieß sie aus, und hinter mir fing Sofia an zu schreien. Keinem von beidem kam meine Beachtung zuteil, und ich realisierte auch nicht wirklich, dass Mel ihren Gurt löste und sich nach hinten zu unserer Tochter drehte. Meine Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem Mann, dessen Worte aus der Lautsprecheranlage kamen.

"Der Anschlag ereignete sich während des Freitagsgebets. Es sollen 10 Kämpfer der Taliban beteiligt gewesen sein, welche offenbar Armeeuniformen getragen und gefälschte Ausweispapiere bei sich gehabt haben sollen. Demnach gelang es ihnen, mit Militärfahrzeugen vorzufahren und sich Zutritt zu einem Armeestützpunkt im Norden Afghanistans zu verschaffen.

Das sogenannte Camp Shaheen stellt die Kaserne des 209. Armeekorps der Afghanen dar. Es befindet sich nahe der Provinzhauptstadt Masar-e Scharif und liegt nur wenige Kilometer entfernt von dem größten Feldlager der Bundeswehr, dem Camp Marmal."

Mein Magen zog sich zusammen, als ich den Namen des Camps hörte, in dem ich mich vor nicht allzu langer Zeit noch selbst aufgehalten hatte, und ich umfasste das Lenkrad ein wenig fester. Meine Knöchel färbten sich weiß und eiferten so meinem Gesicht nach, dem vor Schreck jegliche Farbe entwichen war.

"Argh, Tom! Sie hat gerade erst geschlafen, und du hättest uns alle umbri-"

Melanie stockte.

Sie hatte sich wieder auf ihren Sitz sinken lassen und bemerkte zu spät, in welchen Zustand mich die Nachrichten versetzten. Jetzt legte sie mir eine Hand auf den Unterarm. "I...ist alles in Ordnung bei dir?"

Ich reagierte nicht.

Mein Blick war starr auf das Radio gerichtet, und diese Tatsache ließ Melanie nun allem Anschein nach auch genauer hinhören, denn sie zog die Hand zurück und ließ sich endgültig in ihren Sitz sinken.

"Es halten sich gelegentlich auch Deutsche dort auf...", krächzte ich. "Sie schulen afghanische Soldaten. Ich kenne zwei, die waren vor einigen Wochen erst dort."

Der Radiosprecher ließ mich verstummen.

"Im Zuge der Ausbildungsmission helfen deutsche Soldaten im Camp Shaheen bei der Beratung und dabei, afghanische Truppen aus- und weiterzubilden. Ihnen ist ein kleiner Bereich in der Kaserne zugeteilt, welcher von dem afghanischen Teil des Lagers abgetrennt ist. Dieser kleine Stützpunkt ist ständig bewacht. Zu dem Zeitpunkt des Anschlags sollen allerdings keine Bundeswehr-Angehörigen im Camp gewesen sein. Der Angriff kam den deutschen Soldaten dennoch gefährlich nahe."

Melanie hob die Hand an den Mund. Ich konnte nicht sagen, ob sie das aus Fassungslosigkeit tat, oder ob sie einfach nur abwartete. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem.

"Er zeigt, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan zunehmends verschlechtert. Die Taliban erklärten, vier ihrer Kämpfer hätten früher als Soldaten auf dem Militärstützpunkt gedient und daher gute Ortskenntnisse gehabt. Alle zehn Angreifer starben im Gefecht oder sprengten sich selbst in die Luft. Der Nachrichtenagentur Reuters wurde gemeldet, der Anschlag sei eine Vergeltungsmaßnahme für die Tötung mehrerer hochrangiger Taliban in Nordafghanistan gewesen. Sein Ausmaß von 140 Toten wurde allerdings erst später ersichtlich, als alle Gefechte zum Erliegen gekommen waren. Angela Merkel ließ bereits eine Kondolenznote an den afghanischen Präsidenten telegrafieren. Mehr zu dem Thema sobald es weitere Neuigkeiten gibt."

Und die Musik setzte wieder ein, aber nur ein Satz blieb mir im Gedächtnis.

The world could change its heart.

Die Welt sollte besser ihr Herz ändern.

》《

Soviel zu dem, was ich aus den Medien erfahren habe. Sollte sich etwas an den Informationen ändern, werde ich es auch hier aktualisieren, und selbstverständlich kann ich nicht garantieren, dass alles 100%ig der Wahrheit entspricht. Ich kann nur das weitergeben, das ich gesehen und gelesen habe. Meine Quellen werde ich auch unten noch einmal verlinken.

Mich hat es zutiefst entsetzt, als ich von dem Anschlag gehört habe. Mit diesem Sonderkapitel möchte ich all denjenigen meine Anteilnahme aussprechen, die unter den Folgen leiden.

Angehörige, welche am Freitagabend einen geliebten Menschen verloren haben.

Verletzte, deren Leben sich maßgeblich verändern wird.

Gefallene, die mit dem höchsten Preis - ihrem Leben - bezahlt haben.

Sie werden das hier nicht sehen, das ist mir bewusst. Aber viele ihrer Staatsbürger sind hier nach Deutschland gekommen, auf der Suche nach Hilfe. 

An jeden, der das hier liest, auch wenn es nicht viele sein werden: Bitte nehmt euch einen Augenblick Zeit, um die Verluste zu gedenken. Es ist egal, welche Religion, Nationalität, Hautfarbe oder Herkunft ein Mensch hat. Wir sind alle gleich.

Niemand sollte so ein tragisches Unglück miterleben müssen.

In stiller Trauer

》TheFallenComrade《

》《

》Quellen《

http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-mindestens-140-tote-soldaten-bei-taliban-angriff-a-1144367.html

https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-angriff-fuenfzig-tote-103.html


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