Rivalry | Teen Wolf [#1] ✔

By wort_kotze

41.4K 1.6K 325

Ivy ist stets ein normales Mädchen. Wenn man denn von ihrem kleinem Geheimnis absieht: Sie ist eine Werwölfin... More

Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Fünfzehn
Sechszehn
Siebzehn
Achtzehn
Epilog
Kurze Info
Zweiter Teil

Vierzehn

972 49 10
By wort_kotze


Vierzehn



Schlafen ist eine merkwürdige Sache.
Träumen ist noch viel merkwürdiger.

Ich habe schon oft Studien darüber gelesen, doch schlau bin ich dennoch nie darauf geworden.
Es heißt, dass man in seinen Träumen die Geschehnisse des vergangenen Tages verarbeitet.

Was bei mir in diesem Fall kein schönes Erlebnis ist.
Und ich verarbeite offenkundig nicht nur die Erlebnisse des vergangenen Tages, sondern die der letzten Wochen – all diese schrecklichen Angriffe. Immer und immer wieder.

Es ist wohl durchaus wahr, dass man generell viel im Schlaf verarbeitet.
Anders könnte ich mir die vielen Albträume nicht erklären, oder die schrecklichen Bilder, die mich plagen. Die Vorstellung, die Angst, das Leute, die mir nah stehen, einfach kaltblütig getötet werden. Meine Familie. Brett. Liam.

Und das was nach dem Aufwachen am ausschlaggebendste ist, ist das ganze Blut, das geflossen ist.
Ich bin perplex, wie in einer Trance, kann mich nicht rühren.



Ich zucke immer wieder erschrocken, verschwitzt und mit rasendem Herzen aus dem Schlaf auf.
Doch wenigstens kann ich wieder normal atmen und der fürchterliche Schmerz ist beinahe vollständig vergangen.
Ich blinzle in die Dunkelheit und spüre eine warme Hand über meiner eigenen liegen.
Unwillkürlich muss ich lächeln, als ich meinen Vater erkenne, der sich einen Stuhl heran gezogen hat.
Sein Kopf ist zur Seite geneigt. Die blonden Haare hängen ihm zum Teil im Gesicht.
Er schläft so seelenruhig, dass ich fast neidisch bin.
Ein paar Sekunden lausche ich seinem Atem und stelle erleichtert fest, das ich mich nur durch seine Anwesenheit sofort etwas sicherer fühle.

Ich ziehe meine Hand nicht aus seiner, sondern schließe lediglich die Augen.

Ich probiere all diese grausamen Dinge hinter meinen Lidern zu verdrängen.

Es funktioniert nicht.
Denn mein Schlaf ist weder ruhig, noch in irgendwie fern erholsam.
Aber immerhin dämmere ich ein wenig weg.




-



Als ich das nächste Mal aus einem vernebelten und brutalen, einschüchterndem Traum aufwache, ist die Sonne schon aufgegangen. Durch die teilweise verhangenen Fenster scheint sie hinein.
Mich langsam aufsetzend, streiche ich mir über das feuchte Gesicht.
Die blonden Haare kleben mir in der Stirn.

Ich sehe mich um – wie aus Paranoia heraus.
Mein Dad sitzt immer noch auf dem viel zu kleinen und wohl auch ziemlich ungemütlichen Stuhl.
Während ich die Beine von der Liege baumeln lasse, bemerke ich das der Bruch meines Beines und auch die Schusswunden geheilt zu sein scheinen.
Leise und tief atme ich durch. Die Kugeln waren also nicht in Eisenhut getränkt.

Selbst wenn der Schmerz nicht mehr da ist, fühlt sich mein Körper merkwürdig schwer an.
Ich brauche dringend eine Dusche und muss Liam sehen, unbedingt.
Ich muss mich vergewissern, dass es ihm gut geht, oder ob über Nacht irgendetwas passiert ist. Das schwere Schlucken bleibt mir im Halse stecken.

Ohne das ich es will, oder kontrollieren kann, beginnen meine Finger zu zittern. Die mittlerweile schon immer beständige Unruhe durchfährt mich.
Das Rascheln von Stoff lässt mich den Blick heben und zu meinem Vater herüber sehen.
Leise grummelnd setzt er sich auf und streckt sich.

„Guten Morgen.", sage ich leise.

„Morgen.", kommt es von ihm, während er sich aufrichtet.

Meine Vermutung das der Stuhl verdammt unbequem zum Schlafen ist, scheint sich zu bestätigen, denn sein Nacken knackt, als er ihn zur Seite dreht.
Auch ich stehe langsam auf.

„Nein, nein!", kommt es streng von Jolene.

Die Rothaarige kommt mit schnellen und energischen Schritten ins Zimmer.

Fragend hebe ich den Blick.
Da jeglicher Widerstand sowieso zwecklos ist, lasse ich mich direkt wieder auf die Liege sinken.

„Ich will nur kontrollieren, ob alles gut ist."

„Mir geht es gut.", beteuere ich. „Ich bin geheilt."

Weil ich wieder mal eine Menge Glück hatte, denke ich.


Mit jedem Angriff bekomme ich mehr das Gefühl, als hätte ich wirklich einen Schutzengel.


„Lass mich trotzdem nach gucken."

Nun ist ihr Tonfall fast hart, wie ein Befehl.

Diese ganze Sache, die hier vor sich geht, nimmt natürlich auch Jolene mit.
Zwar steht sie nicht selbst auf der Liste, aber mit den Nachwirkungen von dieser hat auch sie zu kämpfen. Ihre Haut ist noch blasser, als generell schon.
Ständig wirkt sie, als würde sie über irgendetwas nachgrübeln.

Ich nicke also lediglich, ehe ich den kaputten Pullover etwas hochziehe, damit die Abgesandte einen Blick darauf werfen kann.

Wenn das so weiter geht, werde ich bald wirklich keine guten Klamotten mehr übrig haben.
Oder ich bin nicht mehr lange genug am Leben, um sie zu tragen.

Dieser Gedanke lässt mich schwer schlucken.

„Okay.", antwortet Jolene, die Lippen nachdenklich zusammen gepresst.

„Alles sieht so weit so gut aus."

Auch wenn das eigentlich schon klar war, nicke ich. Mir ein müdes Lächeln abringend, stehe ich nun endgültig auf.

„Wo sind die Anderen?", frage ich schließlich.

„Deine Mom ist in der Küche...", erklärt Jolene.

„Wilson, Cressida und Oscar sind nach Hause gegangen."

Ich nicke schweigend und folge meinem Dad und unserer Abgesandten in die ziemlich geräumige Küche. Als wir hineinkommen, sehe ich meine Mutter an die Küchenzeile gelehnt stehen. Ihr braunes Haar hängt ihr im Gesicht. Sie verbirgt die Augen hinter ihrer Hand.
Die Erschöpfung ist kaum zu übersehen.
Es macht mich traurig, meine Mutter so fertig zu sehen.

„Bist du okay, Amelie?", spricht Dad sie an.

Mom zuckt zusammen und hebt ruckartig den Blick, so als wäre sie tatsächlich im Stehen eingeschlafen.

„Hmm?"

Als ihre braunen Augen zu mir herüber blicken, lächelt sie.

Innerhalb von Sekunden ist sie wieder bei sich und schließt mich fest in die Arme.

„Geht es dir gut?", fragt sie mich.

Sanft lächle ich, fühle mich aber noch immer fertig.

„Ja."

Mom küsst mich auf den Kopf, ehe sie mich daraufhin noch viel fester in den Arm nimmt.

„Ich bin so froh."

Erschöpft jedoch glücklich lächelt sie.
Kurz ist es still.
Anschließend nimmt auch Dad mich fest in den Arm.

„Ich glaube, wir sollten nach Hause gehen und alle noch ordentlich schlafen – in unseren Betten.", schlägt mein Dad vor.


An sich wohl eine gute Idee, aber wenn wir alle ganz realistisch sind, wohl etwas schwer in die Tat umzusetzen.
Denn es ist mehr als offensichtlich, das wir alle kein Auge schließen können, ohne fürchten zu müssen, das irgendetwas passiert.
Wenn dieser Benefactor nicht mehr da ist, werden wir alle hoffentlich in Ruhe schlafen können.
Generell hoffe ich, dass all dieser Horror bald ein Ende haben wird.
Doch je länger und öfter ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher wirkt es auf mich.
Ich kann ein Seufzen nicht länger unterdrücken.



_


Gemeinsam brechen wir auf.
Mich interessiert es um ehrlich zu sein kein Stück, das die Schule heute für mich ins Wasser fallen wird.

Zu Hause angekommen, lasse ich mich fest von Cressida in den Arm nehmen. Außerdem habe ich mein Handy wieder.
Bevor ich auf der Veranda angegriffen wurde, habe ich es in meinem Zimmer liegen gelassen.

Mehrere verpasste Anrufe von Liam werden mir angezeigt, was mich irgendwie lächeln lässt.
Mich auf den Rücken fallen lassend, wähle ich seine Nummer.
Es klingelt ziemlich lange, bis er abnimmt.

„Ivy.", sagt er.

Ich glaube einen Hauch der Erleichterung in seiner Stimme zu hören.

„Hey, Liam.", begrüße ich ihn. „Geht es dir gut?"

Es ist merkwürdig, doch mein Herz beginnt wieder wie wild zu rasen.

„Du fragst mich?"

Er klingt beinahe überrascht über meine Frage, was mich nur noch weiter dazu bringt, wie ein kompletter Idiot zu grinsen.

„Du bist diejenige, die gerade angeschossen wurde."


„Mir geht es gut.", sage ich leise.

Einfach aufzuspringen, mich aufzurappeln und so schnell es geht zur Beacon Hills High School zu sprinten, ist ein schon fast peinlich großes Bedürfnis.
Am liebsten würde ich direkt losstürmen.

„Ich bin erleichtert.", kommt es nun von ihm.

Der Dunkelblodne klingt erleichtert.
Still lächle ich vor mich hin.

Wie ist es überhaupt möglich in kürztester Zeit so etwas für jemanden zu empfinden?


Und dann auch noch in einer solch schlimmen Zeit?

Ein paar Sekunden lang herrscht Stille zwischen uns.

„Können wir uns bald sehen?"

Ich meine ein Lächeln aus seiner Stimme herauszuhören.

„Heute Abend?", schlage ich vor.


„Oder heute Nachmittag?"


„Gut.", stimmt er zu. „Ich schreibe dir."

„Okay."


Damit ist unser Gespräch beendet.
Noch immer trage ich dieses bescheuerte, fast verlegene Lächeln auf den Lippen – ohne das ich etwas dagegen tun kann.
Ich schließe die Augen, lausche dem Schlag meines Herzens, bevor ich mich aufrichte, das Handy aufs Bett feuere und mein Zimmer verlasse.

Ich nehme eine heiße Dusche und zu guter Letzt schlüpfe ich unter meine dicke Bettdecke.
Bevor ich irgendwie in einen oberflächlichen Halbschlaf falle, machen wir noch ein Treffen aus.


16 Uhr, bei Liam zu Hause – so wie eigentlich immer bis jetzt, denn das ist einer der wenigen sicher wirkenden Orte.




-

Wenn auch etwas angespannt durchquere ich die untere Etage unsere Hauses und spähe nacheinander in alle Zimmer.

„Mom? Dad?"

Sie sitzen beide im Wohnzimmer, sich leise unterhaltend.

„Ich...ich würde gern zu...zu...-"

Gar etwas unbeholfen verschränke ich meine Finger ineinander.

„...deinem Freund gehen?", beendet Mom meinen Satz.

Sie hat ein freches Lächeln auf den Lippen.
Mir auf die Unterlippe beißend, nicke ich.

„Wenn das für euch okay ist?"

Meine Eltern tauschen einen Blick.
Dann richtet Dad sich auf, kommt rasch zu mir herüber.
Ich folge seinen Bewegungen mit einem fragendem Ausdruck auf Gesicht.

„Ungern.", sagt er ruhig.

„Aber wenn du versprichst, das du auf dich Acht gibst, ist es okay."

„Und wenn irgendetwas ist, rufst du sofort an.", setzt meine Mom dazu.

Ich lächle.

„Versprochen."

Mein Dad drückt mir einen Kuss auf den Scheitel.
Doch irgendetwas bringt mich dazu, ihn fest zu umarmen. Ich klammere mich schier an ihn.

„Ich habe dich lieb.", raune ich.

„Ich dich auch.", erwidert er.

Und nachdem ich mich auch von Mom verabschiedet habe, mache ich mich auf den Weg zu dem unglaublich süßen Liam Dunbar.
Ich bin froh, das meine Eltern es ähnlich sehen wie ich.
Oscar hat mir nicht vorzuschreiben, mit wem ich mich treffe.
Selbst wenn er unser 'ach so heiliger Alpha' ist.



_


Ich klingle an der Tür der Familie Dunbar.
Es ist Liams Mutter, die mir die Tür öffnet.
Die Blondine schenkt mir ein nettes, erfreutes Lächeln. Sie ist sehr nett.

„Ivy, hallo.", begrüßt sie mich..

„Schön, dich wieder zu sehen."

„Ja, mich freut es auch."

Das ist der Moment, in dem Liam schnellen Schrittes die Treppe runter kommt und seine Mutter auffordernd ansieht.

„Okaaay Mom, danke.", meint er.

Liams Mutter grinst breit.
Auch ich muss beinahe schmunzeln, spüre jedoch ganz deutlich, wie meine Wangen sich beinahe erröten.
Anschließend wendet sie sich ab.
Ein breites, jedoch fast bedrücktes Lächeln huscht über die Lippen des dunkelblonden Jungens.

„Hey.", lächle ich.

Seine schönen blauen Augen scheinen sich beinahe in meine zu bohren.
Kurz mustern wir uns, können unser Lachen jedoch nicht länger zurück lachen. Liam legt seine Arme um mich.
Mein Herz rast wie wild.
Mir wird ganz warm. So wie eigentlich immer in seiner Gegenwart.

Ich bin glücklich, dass er nicht sauer auf mich ist, wegen Brett.

Liams Hände fahren über meinen Rücken. Ich lehne mich dicht an ihn. Mein Gesicht ist nah seines Halses. Kaum das wir uns losgelassen habe, schließt er die Haustür und greift nach meiner Hand.

„Komm, wir gehen hoch."

Hand in Hand stolpern wir die Treppe nach oben.
Der Dunkelblonde schließt die Tür, ehe ich mich ruckartig an sich zieht. Ein leises Lachen entkommt mir. Die Hände an meiner Hüfte küsst er mich. Ich erwidere den Kuss.
Ein warmes Kribbeln breitet sich in meinem Magen aus.
Seine Berührungen lassen meine Haut prickeln.
Ich schließe die Hände um seinen Nacken, ziehe ihn dichter an mich.

„Ich bin so froh, dass es dir gut geht.", haucht er dicht an meine Lippen.

„Ich auch."

Unsere Lippen treffen sich erneut, wenn auch nicht mehr so zaghaft und fast zurück haltend, wie zuvor. Ich spüre wie mir Röte in die Wangen schießt, als ich merke, wie Liams Hände sich zögernd auf meinen Hintern legen.
Doch irgendwie muss ich lächeln.
Liam tut das Gleiche : Frech grinst er mich an. Seine blauen Augen strahlen mir entgegen.
Mein Herz springt auf und ab.
Ich fühle mich, als würde ich unter Strom stehen.
Sanft lehnt er seine Stirn an meine.

„Was?", grinse ich ihm nur ebenso frech entgegen.

Leise lacht er.

„Du bist unglaublich hübsch."

Wenn das noch nicht längst der Fall ist, bin ich sicher jetzt knallrot, unglaublich verlegen.

„Danke.", wispere ich, den Abstand zwischen uns abermals überbrückend.


Der Kuss wird leidenschaftlicher – mit jeder Sekunde, mit jeder Berührung.
Meine Hände sind in seinen weichen Haaren. Mir ist so unglaublich heiß. Ich kann kaum atmen.
Liam zieht mich fester an sich, ehe er mich langsam aber sicher in Richtung des Bettes drückt.
Mein Herz schlägt wie verrückt.

Das hier kommt mir fast unpassend vor, bei allem was so passiert.

Doch ich sollte weiterhin probieren, jede Sekunde dieses Lebens auszukosten, richtig?


Vor allem da Liams Nähe sich so unglaublich sicher anfühlt.
Ich fühle mich geborgen.

„Ivy?", wispert er, in dem Moment, in dem ich rücklings aufs Bett falle und gar etwas nervös lache.


„Ja?"

Aufrichtig sehe ich ihm entgegen.

„Ist alles okay?"


Nickend lächle ich. Ich kann gar nicht anders.

„Und bei dir?"

Er nickt ebenfalls. Mit einem Lächeln ist er nun über mir.
Wir sehen einander in die Augen, sind dicht bei einander.

Es ist merkwürdig, wie die Spannung zwischen uns beinahe greifbar ist.
Der Dunkelblonde beugt sich zu mir. Seine Lippen treffen warm und weich auf meine. Auch sein Herz höre ich schnell schlagen.

Noch nie habe ich mich mit irgendjemanden so dermaßen gut gefühlt.

Brett ist mir ein guter Freund, mein bester Freund, aber etwas derartiges gab es in Bezug auf ihn noch nie.

Liams Hand streicht über meine Rippen.
Ich zucke zusammen, als würde ich einen Schmerz erwarten, der überhaupt nicht existiert, oder zu spüren ist.
Forschend und besorgt sieht er mir entgegen.
Er wirkt beunruhigt.

„Habe ich dir weh getan?"

Ich schüttle den Kopf.

„Nein, nein. Es tut nicht weh...", weise ich es schnell ab.


„Es ist nur die Stelle, an der ich getroffen wurde."

„Tut mir leid.", flüstert er.

Ich lächle ehrlich.

„Es ist alles gut."


Ein paar Minuten später spüre ich wie Liam mein T – Shirt ein wenig hoch schiebt.
Einen Moment lang scheine ich keine Luft einatmen zu kommen. Ich bin wohl wieder knallrot wie eine Tomate. Er streicht mit seinen Fingern so zaghaft über meine Rippen, das die Berührung kaum spürbar ist.

Auch wenn ich Angst habe, das ich ihm nicht gefallen könnte, lächle ich peinlich berührt, ehe ich ihn erneut küsse.
Seine Finger sind unglaublich warm und kribbelig auf meiner relativ kühlen Haut.
Ich streiche über seine muskulöse Brust.
Es fühlt sich an, als hätte ich einen Schwarm Bienen, die in meinem Innerem umher schwirren.
Und selbst wenn wir beide kaum genug davon kriegen können, uns zu küssen und zu berühren, gehen wir schlussendlich nicht weiter als das.
Worüber ich zugegebenermaßen schon erleichtert bin, weil ich mit jeder Sekunde nervöser und nervöser wurde.
Ich bin schüchtern wie eh und je.

Wir liegen da – komplett angezogen. Von hinten hat Liam die Arme um mich legt. Sein Kinn liegt auf meiner Schulter, während meine Hände sich um seine schließen.

„Wie...wie fühlst du dich jetzt wegen der Berserker?", frage ich fast widerstrebend.

Er zögert, doch dann antwortet er mir erstaunlich aufrichtig, was mich irgendwie lächeln lässt.
Auch wenn dieses Lächeln einen bitteren Geschmack mit sich zieht.

„Ich...muss viel zu oft daran denken – ohne das ich es will. Und...ich bekomme irgendwie Panik."

Ich spüre seinen warmen Atem an meinem Ohr.
Rasch drehe ich mich so um, das ich ihm in die Augen sehen kann.

„Ich bin sicher, dass du damit klar kommen wirst."

Ich probiere es mit einem leichten Lächeln.

„Aber es wird wohl Zeit brauchen."

Er lächelt ebenfalls, bevor er mir einen Kuss auf die Nasenspitze drückt.
Ich lache, als er mich genau ansieht.

„Danke."

Es ist so wundervoll, Zeit mit ihm zu verbringen.
Ich liebe jede einzelne Sekunde davon.
Und jedes mal wenn ich mit ihm zusammen bin, oder an ihn denke, wird alles so flatterig. Meine Gedärme scheinen sich plötzlich alle zu einem riesig großen Flummi zusammen zu ziehen.

„Ich...ich...habe dich so verdammt...gern.", plappere ich meine Gedanken aus.

Anschließend kneife ich für einen Moment die Augen zusammen, denn ich realisiere das tatsächlich laut gesagt habe.
Doch Liam grinst mir lediglich mit weißen Zähnen entgegen.
Seine Haare stehen ihm ganz zerzaust und wirr vom Kopf ab.
Seine Augen strahlen in einem klaren blau, so wie immer.

„Ich dich auch.", meint er dann.

Ich küsse ihn auf die Wange.
Wir schmiegen uns wieder aneinander, und genießen einfach zusammen und kuschelnd die ruhige Zeit.




_

Nur wenige Stunden später mache ich mich in der dämmernden Dunkelheit auf den Weg nach Hause, nach dem ich mich nur schwer von Liam verabschieden konnte.
Doch das sich irgendjemand um mich sorgt, will ich nicht provozieren, deswegen ist es das Beste, wenn ich mich zeitig auf dem Weg nach Hause mache.

Dennoch begleitet mich dieses merkwürdige, angespannte schwere Gefühl, als würde irgendetwas passieren. Und ganz sagen warum kann ich nicht.


Im Dauerlauf und so schnell ich kann, mache ich mich auf den Weg.
Völlig außer Atem komme ich zu Hause an.
Rasch begrüße ich alle, auch meinen Onkel, der mich mit mürrischem Blick mustert.
Ich tue so, als würde ich es nicht bemerken,

Ich gebe das zwar nicht gern zu, aber Bretts Vermutung, das ich Liams Geruch aufgenommen habe, ist wohl wahr.

Da ich Cressida nirgends gesehen habe, mache ich mich auf dem Weg zu ihr nach oben.
Ich klopfe an ihre Zimmertür.

„Ja?", ertönt die Stimme meiner Cousine.

„Hey."

Ich stecke den Kopf ins Zimmer.

Ich sehe der Blondine entgegen, die noch immer völlig fertig von ihrer Trauer ist. Doch immerhin hat se schon wieder eine recht rosige Farbe im Gesicht.

„Hast du Lust, einen Film zu gucken, oder so was?", versuche ich es mit einem Lächeln.

Zu meiner Überraschung und Begeisterung nickt sie.

„Gern."

Die Blondine richtet sich auf, folgt mir in mein Zimmer.

Wie schon so oft setzen wir uns neben einander ins Bett, kuscheln uns ein und gucken irgendeine Romanze. Das war schon immer irgendwie unser Ding.
Ich kann mir wohl keine bessere Cousine, oder bessere Freundin als sie wünschen.
Zwar habe ich oft probiert, mich mit irgendwelchen Mädchen anzufreunden, aber das artete zu oft in ermüdende und nervige Zickenkriege aus – außer mit Cressey.

Während wir den Film gucken, schmunzelt Cressida an einigen Stellen tatsächlich ab und an, was meiner Meinung nach ein wirklich gutes Zeichen ist.
Manchmal reden wir leise.
Allgemein sitzen wir einfach im Dunklen und verbringen Zeit, so wir es früher auch immer getan haben. Und ich fühle mich dabei wirklich erstaunlich gut.

Ich kann nicht genau sagen wann, aber ich versinke in einem relativ ruhigem Schlaf.




_



Vier laute Knalle, die meinem Gefühl nach das ganze Haus erzittern lassen, lassen mich ruckartig aus meinem überraschend festen Schlaf hochfahren.
Ich reiße die Augen auf.
Mein Herz rast sofort wie wild.
Ich kann kaum atmen, denn unglaublich dichte, graue Nebelschwaden rauben mir die Luft.
Schwer atmend rapple ich mich neben Cousine auf.
Hand in Hand und völlig geistesgegenwärtig stürmen wir aus meinem Zimmer.

„Feuer!", kreischt Cressida.

Ich bin so geschockt, das ich im Flur kaum einen Fuß vor den anderen setzen kann.
Während meine Cousine weint und schluchzt, kann ich all das kaum realisieren. Ich bin wie gelähmt. Dichte Flammen steigen uns entgegen.

„Wilson!", kommt es instinktiv von uns beiden.

Doch glücklicherweise entdecke ich seinen blonden Haarkopf durch den dicken Rauch aufblitzen.
Ein unklarer Schrei dringt mir in die Ohren.

Was sollen wir denn jetzt tun?

Angst fährt mir den Rücken herunter.
Meine Nackenhaare stellen sich auf. Und Cressida packt mich einfach, reißt mich so fest mit sich, dass es weh tut.
Mein Herz rast. Ich kann nicht atmen, sondern nur husten.
Halb rennend, halb stolpern überwinden wir die Treppe.
Ein lautstarker, jedoch augenblicklich erstickter Schrei verlässt meine Lippen, als ich am lodernden Treppensatz das Gleichgewicht verliere.
Mein Herz rast.

Nur Dank Cressey , die mich auf die Beine zieht, komme ich voran.
Nur ihretwegen wird meine Haut nicht von dem aggressiven Feuer versengt.
Mein Husten wird so heftig, dass ich nicht drum herum komme, zu würgen.

Die Haustür ist so nah und doch so verdammt fern.
Das Feuer züngelt sich durch das gesamte Haus, frisst es langsam aber sicher vollkommen auf.
Mittlerweile schluchze auch ich heftig.
Hustend und taumelnd probieren wir die Tür zu erreichen.

„Ivy!", höre ich schließlich die laute jedoch undeutliche Stimme meines Vaters.


Meine Panik wird immer größer, doch ich halte inne.

„Dad!", brülle ich, gefolgt von einem heftigen Hustenanfall, so das ich mich vor Schmerz schüttle.

„Komm!"

Panisch sehe ich meinen Vater an; sehe wie seine großen Augen mir entgegen starren.
Ich kann ihn durch die graue Rauchwand kaum mehr erkennen.

„Daddy, bitte!", kreische ich.

Er macht einen Satz durch die Flammen, schafft es zu uns.

Das Feuer ist überall.
Der Rauch ist so dicht, das ich ohne meine Cousine komplett blind wäre – trotz meiner Wolfssinne.

Wir machen ein paar Schritte.
Mein Herz scheint in meinen Ohren zu pochen. Es rauscht unglaublich laut.

„Los!", sagt ihr Dad laut.

Ich mache einen riesigen Satz. Cressida ist genau hinter mir.
Ich sehe hinter mich – mit großen Augen. Tränen brennen darin.
Denn in dem Moment, in dem mein Dad ebenfalls zu uns kommen will, werden wir voneinannder getrennt.
Mein Ärmel fängt Feuer.
Ich schreie auf. Innerhalb von Sekunden schlagen sich die Flammen in meine Haut, versenken sie. Cressida packt mich hart, stößt mich vom Treppensatz, sodass ich aus der größten Gefahrenzone heraus komme. Ich kriege all das kaum mit.
Schreiend vor Schmerz gehe ich zu Boden.
Ich ziehe die kühle Luft tief ein und aus.

Doch kaum das Cressida das Feuer an mir erstickt hat, bin ich schon wieder auf den schwankenden Beinen.

Wo ist Dad?, schießt es mir durch den Kopf.

Ich halte den Atem an.
Mein Herz scheint nicht zu schlagen.
Stattdessen pocht es laut in meinen Ohren.
Mein ganzer Körper brennt wie Feuer.

Mein Herz zerbricht in tausend Teile, als ich einen verzweifelten Schrei meines Vaters höre. Die Decke stürzt herunter.
Ich stürme nach vorne. Blindlinks in Richtung der Flammen.

Warum zum Teufel hilft ihm denn niemand?

„Dad!", kreische ich so dermaßen laut, das es eher wie ein Krächzen klingt.

Es kratzt schmerzhaft in meiner Kehle.

„Dad!"

Alle haben es raus geschafft.


Gerade als ich kurz davor bin, das Feuer zu erreichen, um Dad nur irgendwie zu helfen, spüre ich die starken Arme von Onkels, die mich zurück halten.

„Lass mich los!", schreie ich wieder und wieder, lauter und lauter.

„Dad!"

Mein Herz rast.
Ich versuche mich heftig von Oscar loszumachen.
Ich trete nach ihm, versuche mich aus seinem Griff zu wenden, doch er ist zu eisern.
Dicke Tränen verschleiern meine Sicht.
Überrumpelnde Verzweiflung durchströmt mich.

„Du kannst das nicht tun, Ivy!", kommt es deutlich, jedoch ebenfalls komplett verzweifelt von Oscar.

„Dad, bitte!", kreische ich. „Lass mich los, verdammt, lass mich los!"

Ich schreie und weine, bis ich keine Stimme mehr habe.
Ich zittere heftig. Meine Beine sind plötzlich weich, doch ich kann mich einfach nicht losreißen.


„Dad!"


In den Armen meines Onkels sinke ich auf die Knie.
Ich sacke in mir selbst zusammen, während das gequälte Brüllen meines Vaters in Mitten der Flammen verhallt und meine letzte Hoffnung stirbt.

Ich weine, zittere heftig, ohne meinen eigenen Schmerz zu fühlen.
Hustend und wimmernd, beobachte ich das Feuer all meine Kindheitserinnerung, all unser Hab und Gut und einen der liebsten Menschen in meinem Leben verschlingt.
Ich schreie noch immer.
Ich schluchze und flehe.

Die Übelkeit und der Schwindel kommen so plötzlich, das ich nichts gegen die eiskalte Dunkelheit tun kann, die mich urplötzlich umgibt.
Denn auf einmal wirkt es so, als hätte nicht mehr einen Sinn.
Überhaupt nichts.


__



Ivy wird in den nächsten Kapiteln übrigens so was wie eine Veränderung in ihren Charakter machen, hehe :D  Zumindest ein wenig
Und ich hoffe, dass euch die Geschichte vielleicht noch ein bisschen gefällt, auch wenn ich immer so lange brauche (tut mir leid)
Weiterhin würde ich mich über Kommentare freuen!

Continue Reading

You'll Also Like

176K 4.4K 40
Sie die Zwillingsschwester von Elena ... Er der verspielte, Ur-Psychopath.... Was spricht dafür und dagegen
1.3M 45.4K 68
*ABGESCHLOSSEN* ☾ ERSTES BUCH DER " a mate's call " SERIE ☾ Aramis. Jeder fürchtet ihn. Kalt und Herzlos. Ein Monster von einem Werwolf. Ein v...
8.3K 250 18
Das einzige was ihr half, war Hydras Kontrolle über sie, welche sie von ihren Schmerzen befreite. Doch was ist, wenn sie erfährt wie es ist ohne dies...
6K 394 29
3 Jahre sind nach der Schlacht vergangen und neue Zeiten sind in der Karibik angebrochen! Jack und Kate begeben sich auf ein neues Abenteuer: sie wol...