Der Schüler erzählte, was auf dem Astronomieturm passiert war und die anderen Anwesenden ergänzten die Geschehnisse mit ihren eigenen Erlebnissen. Anscheinen war Severus in seinem Büro gewesen, als Filius ihn holen gekommen war. Er musste ihn geschockt haben und hatte dann zu den Schülerinnen, die vor seiner Tür wache gestanden haben, gesagt, Filius bräuchte ihre Hilfe und er würde Amina benachrichtigen. Das erklärte auch, warum keiner nach ihr gesucht hatte. Danach sei er ungehindert in den Turm gelangt, hatte Albus getötet und war mit Malfoy und den anderen zusammen geflohen. Davor hatte er wohl noch etwas gerufen. Die Erzählungen endeten als Potter sagte: „Er hat es ist vorbei gerufen. Er hatte getan, was er tun wollte." Amina setzte sich auf das Bett und hörte für einige Sekunden dem Gesang des Phönix zu. Der Plan schien problemlos aufgegangen zu sein. Plötzlich schlug die Tür auf und Molly und Arthur stürmten in den Raum. Amina zuckte erschrocken zusammen und Nymphadora, die noch neben dem Bett gesessen hatte, stand schnell auf und machte den Weasleys Platz.
„Alles in Ordnung?", fragte Remus sie leise von der Seite. Amina schüttelte den Kopf. Severus hatte sie zurückgelassen. „Und woher sollen wir wissen, dass wir ihr vertrauen können? Sie könnte uns anlügen, wie ihr Lover es auch getan hat.", fragte Sirius in die Runde und zeigte dabei abfällig auf Amina. Sie konnte seine Skepsis nachvollziehen, doch im Moment ging sie ihr nur auf die Nerven. Sie wühlte kurz in einer ihrer Hosentaschen und warf ihm dann einen Ring zu. Den Ring, der sie als Großmeisterin kennzeichnete. „Was ist das?", fragte Sirius misstrauisch, nachdem er ihn einige Sekunden gemustert hatte. „Ein Ring, Black. Wenn du nichts damit anzufangen weißt, dann gib ihn jemanden, der etwas von dieser Welt versteht.", antwortete sie mit ihrer üblichen monotonen Stimme. Sie hatte keine Kraft mehr zu diskutieren. Sirius schimpfte kurz und gab den Ring an Minerva weiter, die überrascht quickte, als sie ihn erkannte. Amina hatte ihr vor einigen Wochen verschiedene Alchemistensymbole erklärt, die Minerva in einem Buch über Verwandlung gefunden hatte. Darunter war auch das Symbol auf ihrem Ring.
„Ist das Ihrer?", fragte sie zur Sicherheit. Amina nickte. „Ziehen Sie ihn bitte an." Minerva stand auf und gab ihr den Ring zurück. Ohne zu zögern, zog Amina den Ring über ihren Finger. „Was hat das zu bedeuten?", fragte Nymphadora interessiert. „Das ist der Ring des Großmeisters für die alchemistische Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Er kann nur von jemandem mit diesem Titel getragen werden.", erklärte Remus, der anscheinend ebenfalls wusste, was der Ring beweisen konnte. „Na und? Warum ist es wichtig welchen Titel sie trägt?", fragte Sirius gereizt. „Um Großmeisterin zu werden, müssen einige Gesinnungsrituale vollzogen werden. Nur jemand der mit den Idealen der Alchemistengilde übereinstimmt und frei von jeder gedanklichen Manipulation ist, kann diesen Titel tragen. Ich kann nicht zu den Todessern gehören, sonst wäre ich nicht Großmeisterin geworden.", antwortete Amina.
Ihre Unterhaltung wurde durch eine Lautstarke Auseinandersetzung zwischen Molly und ihrer zukünftigen Schwiegertochter unterbrochen. Amina legte sich wieder hin, als die Aufmerksamkeit nicht mehr auf ihr lag. Sie starrte an die Decke und dachte darüber nach, wie es jetzt für sie weiter gehen sollte. Als erstes würde sie mit Minerva sprechen müssen. Und sie musste New informieren. Bess war erst am Vortag mit einem Brief von ihm zurückgekehrt. Sie konnte sie also zu ihm schicken. Hibou war gerade bei Olympe. Diese würde bestimmt über den Orden informiert werden. Dann würde sie in ihr Anwesen zurückkehren oder in eines der sichereren Häuser. In Hogwarts wollte sie nicht bleiben. Da fiel ihr Aberforth an. Sie würde auch mit ihm sprechen müssen. Er war neben Severus der Einzige, der von ihrer engsten Familie noch übrig war.
Sie bemerkte am Rande, wie Minerva mit Potter den Raum verließ. Die Weasleys waren mit ihrem ältesten Sohn beschäftigt, der anscheinend von Fenrir angegriffen worden war. Remus und Sirius unterhielten sich noch mit Granger und den beiden jüngsten Weasleys. Ein plötzliches Gewicht auf Aminas Matratze ließ sie aufsehen. „Fawkes.", flüsterte sie als sie den Phönix sah. Sie richtete sich wieder auf und sah dem Phönix in die traurigen Augen. Dieser kam über die Decke auf sie zugelaufen. Als sein Schnabel nur wenige Zentimeter von ihrer Nase entfernt war, neigte er den Kopf und schmiegte ihn an Aminas Wange. Sie hob ihre Arme und nahm den trauenden Phönix in eine Umarmung. Der Vogel rutschte noch näher zu ihr und so saßen sie gemeinsam da. Mensch und Phönix.
Sie wusste nicht, wie lange sie so dasaßen, aber irgendwann übermannte sie die Müdigkeit und sie schlief ein.
Als sie das nächste Mal wach wurde war das erste, was sie sah das goldene Gefieder von Fawkes, der sich auf das Bettende gesetzt hatte, wie auf eine Vogelstange. Es wunderte sie ein wenig, dass er immernoch da war, wo Albus es doch nicht mehr war. „Sie sind wach.", hörte sie Poppy die zu ihr geeilt kam. Unter dem misstrauischen Blick von Fawkes gab die Heilerin ihr ein Glas Wasser und überprüfte geschäftig ihre Temperatur. „Ihnen scheint nichts zu fehlen. Was auch immer das für ein Trank war, Nebenwirkungen scheint es keine zu geben." Die Hexe wirkte zufrieden. Sie brachte ihr Frühstück.
Als Amina fertig war kam die Heilerin wieder zu ihr. „Wenn Sie wollen, dürfen Sie gehen. Vor der Tür warten einige Mitglieder des Ordens auf Sie." Amina nickte und richtete sich vorsichtig auf. Sie weitete ihre Legilimentik auf ihren normalen Radius. Vor dem Krankenflügel hatten sich Sirius und Alastor positioniert. Sie verzog das Gesicht. Auf beide verspürte sie keine Lust, doch sie konnte nicht ewig bleiben. Sie stand auf und richtete sich ihre Kleidung. Dann lief sie zu Fawkes und strich ihm über das Gefieder. „Was wirst du jetzt tun, mein Freund?", fragte sie ihn leise. Der Phönix gibt einen kurzen laut von sich und drückt dann seinen Kopf an ihre Schulter. Sie schmunzelte gerührt. „Wenn du dir das wirklich antun willst, halte ich dich nicht davon ab.", sagte sie und lief dann Richtung Tür. Fawkes sprang von seiner improvisierten Vogelstange und folgte ihr. Als die die Tür des Krankenflügels öffnete, richteten sich sofort die Blicke der beiden Ordensmitglieder auf sie.
„Ah, du bist wach.", stelle Alastor fest. „Offensichtlich.", antwortete sie und schloss die Tür, nachdem der Phönix den Raum ebenfalls verlassen hatte. „Ist das jetzt deiner?", fragte Sirius und zeigte auf den goldenen Vogel. „Fawkes gehör niemandem. Das hat er auch noch nie. Er ist da, wo er sein will und er bleib, wenn er es für richtig hält.", antwortete sie ihm, was der Phönix mit einigem melodischen Tönen bestätigte. „Von mir aus. Deinen Zauberstab." Alastor streckte ihr auffordernd seine Hand entgegen. „Warum?", fragte sie misstrauisch zurück. „Weil wir dich nicht gehen lassen können. Du weißt zu viel und solange wir bei dir nicht sicher sein könne, dass der Trank nicht mehr wirkt und Snape dir nicht noch andere Befehle gegeben hat, wirst du in unserem Gewahrsam bleiben.", erklärte Alastor. „Ihr gebt mir Hausarrest?", fragte sie ungläubig. „Wenn du es so nennen willst.", bestätigte Sirius. Er hielt angriffsbereit seinen Zauberstab in der Hand. Amina seufzte genervt und ließ ihren Zauberstab aus der Tasche schießen. Sie fing ihn und überreichte ihn Alastor.
„Gut, komm mit." Der alte Auror lief voraus und sie mit Fawkes hinterher. Sirius folgte ihnen. Vor ihren Räumlichkeiten blieben sie stehen. Alastor öffnete die Tür und sie traten ein. Der Phönix sprang auf ihren Schreibtisch, während die beiden Männer das Zimmer in Augenschein nahmen. Sirius blieb vor dem großen Spiegel stehen. „Der ist magisch. Was kann er?" Er sah sie misstrauisch an. „Labor", sagte Amina und sofort erschien das Bild ihres Labors im Kerker in dem Spiegel. „Eine Art Kristallkugel?", fragte Alastor. „Nein, ein Transportmittel. Es verbindet dieses Büro mit unserem Labor und Severus' und Albus' Büros.", erklärte sie ihnen, das, was sie mit den anderen beiden abgesprochen hatte. „Funktioniert es auch aus Hogwarts raus?", fragte Sirius mit argwöhnischem Blick. „Nein. Die Schutzzauber sind zu mächtig und die Spiegel sind speziell hergestellt und verzaubert. Ich habe ein Zertifikat dafür, falls ihr das auch noch sehen wollt." „Wollen wir.", kam die Antwort von Alastor. Amina lief zu ihrem Schreibtisch und holte das Zertifikat heraus. Sie reichte es dem ehemaligen Auror. Dieser las er sich aufmerksam durch. „Sie sagt die Wahrheit. Der Spiegel kommt raus.", bestimmte er. Amina versuchte gar nicht erst zu widersprechen. Es hätte sowieso keinen Sinn gehabt.
Sie untersuchten auch noch den Rest ihrer Räumlichkeiten. „Ist das nicht mein Buch?", fragte Sirius, als er sich das Bücherregal genauer ansah und zeigte auf eines der Bücher, die Amina ihm vor zwei Jahren entwendet hatte. Sie war erstaunt, dass er es tatsächlich wiedererkannte. „Nicht, dass ich wüsste. Vielleicht haben wir ja dasselbe Buch?", antwortete sie monoton. Ihr Blick wanderte durch die Räumlichkeiten. Sie suchte nach irgendetwas, was Severus für sie zurückgelassen hatte, doch es schien, als hätte er alle seine Sachen mitgenommen. Nur seine Möbel waren noch da. Traurig sah Amina auf den schwarzen Sessel, auf dem er immer gesessen hatte.
Eine Stunde später hatten die beiden Männer alles untersucht und einige Zauber gesprochen. Danach hatten sie alle Zutaten für die Zaubertränke und ihre Experimente, sowie den Spiegel auf dem Büro entfernt und hatten sie allein gelassen. Ob sie vergessen hatten, dass sie mit Hilfe von Fawkes trotzdem würde fliehen können, wenn sie es darauf anlegen wollte? Der Phönix war zwischenzeitlich verschwunden und tauchte erst wieder auf, als Alastor und Sirius die Tür hinter sich verschlossen und versigelt hatten. Mit dem Phönix tauchte auch seine Sitzstange mit dem Teller darunter auf, die sie immer in Albus' Büro gesehen hatte. Amina musste schmunzeln. Offensichtlich war der Phönix jetzt bei ihr eingezogen. Sie setzte sich auf ihr Sofa und nahm ihr Medaillon in die Hand.
Severus hatte sich noch nicht gemeldet. Ob es ihm wohl gut ging? Sollte sie ihn fragen? Sie spürte ihren Ring ihn ihrem Herzen. Anscheinend hatte Severus die Verbindung wieder hergestellt, die er am Abend zuvor unterdrückt hatte. „Wenn du das Medaillon in der Hand hältst, sehe ich deine Gedanken.", erschien die silberne Schrift in dem Schmuckstück. Amina stöhnte genervt von sich selbst auf. Das hatte sie vor lauter Sorge vergessen. „Mir geht es gut." Erschien eine neue Schrift. Sie glaubte ihm nicht ganz, denn sie konnte auch seine Trauer in ihrem Herzen spürten. „Der Dunkle Lord ist zufrieden." Amina atmete erleichtert auf. „Wie geht es dir?", fragte Severus. „Es geht. Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich sauer auf euch beide bin.", antwortete sie ihn.
„Es tut mir leid.", war die einzige Antwort. „Das spüre ich." Sie machte eine kurze Pause. „Sie haben mich eingesperrt." „Du solltest noch eine Weile bei ihnen bleiben." „Wie lange?" „Bis ich dich holen komme." „In Ordnung. Denkst du, wir sollten Minerva einweihen?" „Ja, daran sollen wir festhalten." Severus und sie hatten schon in den Osterferien beschlossen die Verwandlungslehrerin nach Albus' Tod in dessen Pläne einzuweihen. Sie würde ihnen ein wenig den Rücken freihalten können. Außerdem hatte die Ältere bereits an Halloween bemerkt, dass etwas vor sich ging, in das auch Albus eingeweiht war. Albus hatten sie von diesen Plänen vorsorglich nichts erzählt. Er wäre vermutlich nicht einverstanden gewesen. „Pass auf dich auf.", sendete sie ihm zu. „Das werde ich."