Die restlichen Weihnachtsferien stellten sich für Severus und Amina wenig entspannend heraus. Die Zeit vor Weihnachten stellen sie unentwegt verschiedene Dinge für den Orden her. Am Heiligabend waren sie dann bei den Malfoys eingeladen. Amina musste schlucken, als sie den Saloon betraten. Vor einem Jahr hatte sie in diesem ihren Ex-Freund foltern müssen. Ein Ereignis das ihr schon einige Alpträume verschafft hatte. Nach dem Essen konnte Amina Narzissa noch dazu überreden dem Zauberstabmacher im Keller einen Besuch abstatten zu dürfen.
„Amina, was...was machen Sie denn hier?", fragte der Zauberstabmacher nachdem sie die Tür zu seiner Zelle geöffnet hatte. „Ich versichere mich, dass es Ihnen gut geht.", antwortete sie ihm leise, damit man sie von der Treppe aus nicht hören konnte. Narzissa stand am noch immer am oberen Treppenabsatz. „Sie gehören zu denen?" Der Zauberstabmacher sah sie entsetzt an. „Sie kennen meinen Zauberstab, Garrick. Er folgt mir immernoch. Vertrauen Sie bitte darauf.", antwortete sie ihm so kryptisch, wie möglich. Der alte Zauberer schien einige Sekunden darüber nachzudenken, bevor er nickte. „Dann habe ich es Ihnen zu verdanken, ein richtiges Bett zu haben und nicht hungern zu müssen?", fragte er. „Mehr konnte ich leider nicht für Sie tun.", bestätigte sie. Sie war froh, dass er in einem guten körperlichen Zustand war.
Narzissa hatte ihr Versprechen also gehalten. Trotzdem war sich Amina nicht sicher, ob er die Gefangenschaft bei den Malfoys überleben würde. „Sie müssen vorsichtig sein.", warnte Garrick sie. Sie nickte. „Das bin ich, keine Sorge. Ich hoffe Sie werden das hier überleben." Er lachte hoffnungslos. „Daran glaube ich schon länger nicht mehr. Amina Sie haben mich doch mal nach diesen Echosteinen gefragt-" Er sah sie mit wachen Augen an. Sie nickte. „Ich würde Ihnen jetzt gerne die Zutaten geben." „Sie müssen das nicht tun.", erinnerte sie ihn. „Ich will es aber. So geht wenigstens mein Wissen nicht verloren. Bitte Amina, tuen Sie mir diesen Gefallen." Sie sah ihm einige Sekunden lang in die silbernen Augen, dann nickte sie geschlagen.
Die Weihnachtsfeiertage verbrachten sie in diesem Jahr, wie sonst auch, in ihrem Labor. Dieses Mal stellten sie allerdings weitere Spiegel her, anstatt an etwas Neuem zu forschen. Außerdem nutzten Sie die Gelegenheit, um einen Kessel des Imperius-Tranks herzustellen, den Sie vor einigen Jahren schon einmal hergestellt hatten. Sie wussten nicht, ob sie ihn jemals brauchen würden, aber ihnen erschien es Ratsam etwas davon bei sich zu tragen.
Die zweite Ferienwoche verbrachten sie dann damit die restlichen Häuser und Wohnungen in Irland herzurichten und mit den letzten verbleibenden in Großbritannien anzufangen. Außerdem nutzten sie zwei Tage, um mit nicht genehmigten Portschlüsseln ins Ausland zu reisen, damit sie dort die Spiegel in den bereits fertigen Zufluchten anzubringen konnten.
Das neue Jahr fing mit genauso viel Arbeit an, wie es aufgehört hatte. Erst Ende Januar fanden Severus und Amina einen Samstag, an dem sich sie von ihren Verpflichtungen lösen konnten. Sie hatten sich vorgenommen einen einzigen Tag nichts herzustellen oder irgendwelche andere Arbeiten zu machen. Nur einen einzigen Tag. Schon am frühen Morgen beschlossen sie deshalb gemeinsam über die Ländereien zu spazieren. „Das wird bestimmt ein schöner Tag.", stellte Amina mit dem Blick gen Osten fest, wo gerade die Sonne anfing, aufzugehen. „Stimmt. Für Januar ist es auch relativ warm." Severus ließ seinen Blick über die Ländereien wandern. Sie waren in der Nähe der Peitschenden Weide, die sich träge und blattlos regte.
Sie liefen noch einige Minuten, bis Amina einen ihr sehr vertrauten Geist wahrnahm. „Albus kommt auf uns zu.", informierte sie Severus und blieb stehen, um nach ihrem Urgroßonkel Ausschau zu halten. Dieser kam in einem giftgrünen Umhang mit schwarzen Runen darauf den Berg hinunter. „Guten Morgen, meine Lieben. Ihr seid schon früh unterwegs.", stellte Albus fest, als er bei ihnen ankam. „Ja, wir haben uns für einen Morgenspaziergang entschieden.", antwortete Amina ihm. „Sehr schön, darf ich mich vielleicht auf ein paar Meter anschließen?", fragte der Schulleiter sie vergnügt. „Natürlich.", antwortete Severus ihm und zu dritt liefen sie weiter. Irgendwann fing Albus an, sie nach dem Unterricht zu fragen und auch, wie sich Potter im Moment so anstellte.
Nach einiger Zeit seilte Amina sich von den beiden Männern ab, um zu den Hippogreifen zu gehen, die friedlich auf ihrer Weide dösten. Wie sie es von Hagrid gelernt hatte, verbäugte sie sich vor Federflügel, welcher sie neugierig musterte und dann die Verbeugung erwiderte. Sie schmunzelte kurz und lief dann auf den Hippogreif zu, um ihn zu streicheln. Zufrieden schloss er die Augen und ein Geräusch der Glückseligkeit entkam seinem Schnabel. Erst nach einigen Minuten wandte sich das Tier von ihr ab und sie lief wieder zu Severus und Albus, die anscheinend eine kleine Diskussion gestartet hatten. Sie bemerkte auch, dass Hagrid in der Nähe war, wahrscheinlich war er aus dem Wald gekommen. „
Kommt heute Abend in mein Büro, um elf und ihr werdet euch nicht beklagen können, dass ich kein Vertrauen in euch habe.(38)", sagte Albus gerade als sie wieder zu den beiden stieß. Amina seufzte. Sie hatte bereits geahnt, dass Severus Albus auf das Thema vertrauen ansprechen würde. Er hatte es in den letzten Wochen immer wieder thematisiert, dass er nicht glaubte, dass Albus ihnen beiden vertrauen würde. Ihr Urgroßonkel verabschiedete sich von ihnen und sie setzten ihren Weg fort. „Du hast ihn darauf angesprochen?", fragte Amina nach einigen Minuten. „Ja. Er sagte, er müsse dem Jungen Informationen geben, die er uns nicht geben kann." „Also sein übliches Vorgehen.", stellte Amina fest, die bereits mehr als einmal von der Geheimniskrämerei ihres Urgroßonkels genervt war. „Genau. Umso interessanter wird es wohl sein, was er uns heute Abend erzählen will." Bestätigend nickte Amina.
Den restlichen Tag verbrachten die beiden zum Großteil mit Lesen. Amina hatte es sich mit ihrem Kopf auf Severus' Schoß bequem gemacht, während er seine Beine auf seinem Hocker hochgelegt hatte. Geistesabwesend strich er über ihre Haare, was sie dazu brachte irgendwann das Buch beiseitezulegen und genießerisch die Augen zu schließen. Sie drehte sich auf die Seite, so dass ihr Gesicht zu ihm zeigte und er mit seiner Hand besser an ihren Hinterkopf kam. „Du machst mich wahnsinnig, wenn du so da liegst.", brummte Severus und sah ihr dabei in ihr braunes Auge. „Vielleicht ist das ja mein Hintergedanke.", antwortete sie ihm ungerührt. Er legte sein Buch weg und zeichnete mit einem Daumen ihre Gesichtszüge nach. Amina setzte sich auf und gab ihm einen langen Kuss. Er stöhnte und zog sie auf seinen Schoß. Seine rechte Hand verschwand zwischen ihren Beinen, was wiederum sie zum Stöhnen brachte.
Am Abend machten sie sich gemeinsam auf den Weg zu Albus, der sie bereits in seinem Büro erwartete. Amina begrüßte ihn kurz und lief dann zu Fawkes, um den Phönix ebenfalls zu begrüßen. Er erwiderte ihren Gruß, indem er seinen Kopf in ihre Handfläche drückte. Severus stellte sich zu Albus ans Fenster und dieser fing unvermittelt an zu reden. „Ich habe noch einen letzten Auftrag für den Jungen, den du ihm mitteilen musst, Severus. Amina, du wirst es tun müssen, sollte es Severus nicht können." Er fing an um Severus herum zu laufen. „Harry darf es nicht erfahren, erst im letzten Moment, erst, wenn es notwendig ist, wie könnte er sonst die Kraft haben, zu tun, was getan werden muss?(37)" „Aber was muss er tun?(37)", fragte Severus ungeduldig. „Das ist eine Sache zwischen Harry und mir. Nun, hört beide gut zu, Severus, Amina. Es wird eine Zeit kommen – nach meinem Tod.(38)"
Severus öffnete den Mund, doch Albus unterbrach ihn direkt: „Unterbrich mich nicht. Es wird eine Zeit kommen, da Lord Voldemort offensichtlich um das Leben seiner Schlange fürchten wird.(38)" „Um Nagini?(37)", fragte Severus überrascht. Auch Amina sah überrascht zu Albus. Was hatte ihre Großmutter mit Potter zu tun? „Genau. Wenn eine Zeit kommt, da Lord Voldemort diese Schlange nicht mehr hinausschickt, um seine Befehle auszuführen, sondern sie sicher an seiner Seite hält, unter magischem Schutz, dann, denke ich, wird es angeraten sein, es Harry zu sagen.(37)" „Was genau sollen wir ihm sagen? Was hat Nagini damit zu tun?", fragte Amina neugierig. Auch Severus schien diese Frage im Gesicht zu stehen. Albus atmete einmal tief durch und erklärte ihnen, dass wohl durch das, dass Lily Potter sich für den Jungen geopfert hatte, der Todesfluch zu Voldemort zurückprallte. Dadurch habe sich ein Teil seiner Seele gelöst und sich in dem jungen Potter eingenistet.
„Deshalb kann er Parsel.", unterbrach ihn Amina als sie die Erkenntnis, wie ein Schockzauber, traf. „Deshalb kommt mir sein Geist so seltsam vor. Als wäre er nicht allein.", führte sie ihre Erkenntnis weiter aus. „Weil er es tatsächlich nicht ist." Albus nickte. „So ist es. Und solange dieses Seelenbruchstück, das von Voldemort nicht vermisst wird, mit Harry verknüpft ist und von ihm geschützt wird, kann Lord Voldemort nicht sterben.(38)" Geschockt sahen die beiden ihn an. Amina konnte nicht fassen, was er ihnen gerade zu erklären versuchte.
„Also muss der Junge ... muss der Junge sterben?(37)", fragte Snape mit einer Stimme, die Amina einen Schader über den Rücken jagte. Der Schulleiter nickte traurig. „Ja, er muss sterben und Voldemort selbst muss es tun, das ist entscheidend.(37)" „Hat er eine Chance zu überleben?", fragte Amina mit ausdrucksloser Stimme. Überrascht sahen die beiden Männer sie an. „Er muss sterben, wie soll er das bitte überleben?", fragte Severus zynisch. „Nein, nicht er muss sterben. Nur das Seelenstück in ihm, Severus. Wenn der Dunkle Lord versucht den Jungen zu töten, dann läge es in dem Bereich des Möglichen, dass er nur seine eigene Seele auslöscht und nicht das Leben von Mr. Potter.", antwortete sie ihm entschieden. „Es ist möglich aber macht euch, und vor allem Harry, keine zu große Hoffnungen. Es gab noch nie eine vergleichbare Situation.", bestätigte Albus ihre Theorie.
„Ich dachte ... all diese Jahre ... dass wir ihn für sie beschützen. Für Lily.(37)", flüsterte Severus nach einigen Sekunden. „Wir haben ihn beschützt, weil es notwendig war, ihn zu unterrichten, ihn zu erziehen, ihn seine Stärken erproben zu lassen.(37)", antwortete Albus. „Um seine Chancen zu steigend.", stellte Amina mit Bitterkeit in der Stimme fest. Ihr Urgroßonkel nickte resigniert und erklärte, dass Potter wohl in der Lage sein würde, trotz der ständig wachsenden Verbindung zwischen ihm und dem Dunklen Lord, sich seinem eigenen Tod damit auch dem, des Dunklen Lords entgegenzustellen.
Amina konnte es nicht fassen. Genauso wenig, wie es Severus fassen konnte. All die Jahre in denen Sie dem Jungen das Leben mehrfach gerettet hatten. Ihn beschützt hatten, nur damit er in einem letzten Kampf getötet werden konnte. „Du hast ihn am Leben erhalten, damit er im richtigen Moment sterben kann? Du hast ihn wie ein Schwein zum Schlachten aufgezogen?(37)", fasste Severus ihre Gedanken in zwei Frage zusammen. „Jetzt sagt mir nicht, dass ihr euch angefangen habt, um ihn zu sorgen.", antwortete Albus mit ruhiger, aber ernster Stimme. Amina sah zu Severus. Sie wusste warum er sich verraten vorkam. Wusste für wen er all das machte. Es versetzte ihr einen kleinen Stich, denn sie tat es nur für ihn. Mit Fürsorge gegenüber Potter hatte das Ganze nichts zu tun.
„Für ihn?(38)", rief Severus aufgebracht. „Expecto patronum!(38)" Aus seinem Zauberstab schoss eine helle Gestalt. Amina konnte sie erst nicht richtig erkennen, doch dann erkannte sie zu ihrem großen Überraschen einen Phönix. Mindestens so groß, wie ihr eigener. Albus sah ihn ebenso überrascht an. Damit hatte keiner von beiden gerechnet. In Severus Augen hatten sich Tränen gesammelt. „Ich dachte...", fing ihr Urgroßonkel an. „Ich konnte Lily nicht beschützen ... habe sie selbst zum Tode verdammt. Also beschützte ich den Jungen. In der Hoffnung, dass er es sein würde, der uns den Frieden bringt. Damit...damit sie in Sicherheit ist."
Severus sah zu Amina, der ebenfalls Tränen in ihr sehendes Auge gestiegen waren. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er irgendwann damit aufgehört hatte, das ganze nur für Lily zu tun. An welchem Punkt hatten sich seine Gefühle gewandelt? Bei ihrer Verlobung konnte es nicht gewesen sein, sonst wären auf dem Ring und dem Metallion zwei Phönixe und nicht ein Phönix und eine Hirschkuh. „Severus.", sprach sie mit so viel Zärtlichkeit in der Stimme, dass sie selbst vor ihren Gefühlen erschreckte. „Es tut mir leid." Auch Albus kämpfte mit den Tränen.
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(37) Freies Zitat aus J.K. Rowlings Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
(38) Rowling J. K., 2005. Harry Potter und der Halbblutprinz. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. Harry Potter. 6. S. 694 ff. ISBN 978-3-551-56666-6