Vier Tage vor Schulbeginn reisten Severus und Amina nach Hogwarts. Beide hatten noch einiges für ihren Unterricht vorzubereiten. Außerdem wollte Amina noch ein ernstes Gespräch mit Albus führen, den sie seit ihrer Abreise am Anfang der Sommerferien aus Hogwarts nicht mehr gesprochen hatte. Bevor sie das Anwesen verließen, setzten sie allerdings noch Pettigrew vor die Tür, der schon Hoffnungen hatte in dem Anwesen bleiben zu können.
In Hogwarts galten die höchsten Sicherheitsvorkehrungen. So wurden die beiden am Schlosstor von Nymphadora und dem Auror, den Amina schon vor ein paar Jahren bei der Anzeige von Daniel gegen sie kennenlernen durfte, empfangen. Sie hatte nie seinen Namen erfahren, wie ihr gerade auffiel. „Tag auch.", begrüßte die momentan braunhaarige sie. Anscheinend hatte sie sich gut von ihren Verletzungen, die sie sich bei dem Kampf in der Mysteriumsabteilung zugezogen hatte, erholt. „Nymphadora.", sagte Amina und nickte ihr kühl zu. Sie spürte, dass es der Aurorin nicht gut ging. Anscheinend hatte sie Liebeskummer von der übleren Sorte. Das erklärte vermutlich auch die Haarfarbe. Hoffentlich würde Amina ihr nicht zu oft begegnen. Das Gefühlschaos der Teenager reichte ihr in der Regel, da brauchte sie es nicht auch noch von Erwachsenen.
„Sie beide müsstet sich identifizieren.", erklärte der Auror, dessen Name Amina nicht kannte. Severus und sie hoben gleichzeitig je eine Augenbraue. „Das ist ein Standardverfahren im Moment. Wir müssen jeden überprüfen der ankommt. Auch die Lehrkräfte.", erklärte Nymphadora ihnen. „Na gut. Sie haben Hunger und beschäftigen sich in ihren Gedanken intensiv damit, was sie zum Abend essen wollen. Ihr aktueller Entschluss ist Haggis." Amina zeigte bei ihrer Erklärung auf den Auror, der erstaunt nickte. „Und du scheinst mit deinen Gefühlen und Gedanken bei einer bestimmten Person zu sein. Ich könnte dir jetzt noch genau sagen wer, aber das will bestimmt keiner so genau wissen. Kleine Tipp: Dieser Person trägt dieselbe Haarfarbe, wie du gerade." Nymphadoras Blick verfinsterte sich bei Aminas abfälliger Bemerkung. „Du kannst nur das Original sein.", stelle sie dann unfreundlich fest. „Ihr könnt durch.", sagte sie dann noch und winkte beide vorbei. Ihr Kollege wollte protestieren, doch die braunhaarige hielt ihn mit erhobener Hand davon ab.
„An wen denkt sie denn?", fragte Severus neugierig, als sie außer Hörweite waren. „Remus.", antwortete Amina knapp und Severus schnaubte verächtlich.
Noch am selben Abend führe Amina ein langes Gespräch mit Albus, der ihr seinen Entschluss nochmals genau beschrieb. Sie war immernoch nicht glücklich darüber und würde es wohl auch nie sein. Trotzdem verstand sie den Plan und musste zugeben, dass er sehr gut war. Albus erzählte außerdem, dass Horace Slughorn, der neue alte Meister der Zaubertränke, erst zusammen mit der Schülerschaft anreisen würde. Er wollte einige offenbar schon bei der Fahrt kennenlernen. Amina hatte schon während ihrer Schulzeit den Slug-Club verabscheut. Sie hatte nicht verstehen können, warum Beziehungen einem die Noten verbessern sollten, und konnte es noch immer nicht.
„Ich werde mindestens einmal in der Woche Draco Malfoy Zusatzunterricht geben.", erzählte sie auf Albus' Frage hin, was sie dieses Schuljahr so vorhabe. „Ich dachte immer Draco sein ein guter Schüler. Du willst ihn doch nicht etwa im Auge behalten?", fragte Albus ruhig. „Das tue ich auch ohne Zusatzunterricht. Nein, ich möchte ihn als Erben für die Echohallen ausbilden und dafür brauchen wir Zeit. Dieses Schuljahr scheint sich perfekt dafür anzubieten.", erklärte Amina und Albus nickte. „Ich denke du hast mit ihm eine gute Wahl getroffen. Er ist ein guter Junge." „Er versucht dich zu töten.", stellte Amina trocken fest.
„Aber aus Angst um seine Familie, nicht aus Bösartigkeit." Amina nickte nachdenklich. „Ich werde an einigen Wochenenden einige Zeit nicht anwesend sein. Ich bin gerade dabei die Häuser von Nicolas und Perenelle aufzuräumen und mit Schutzzaubern auszustatten, falls wir sie mal brauchen.", wechselte sie das Thema. „Eine gute Idee. Ich bin mir sicher du findest in den Häusern noch das ein oder andere interessante Stück.", lächelte Albus. „Das habe ich bereits im Sommer. Es fehlen nur noch die in Groß Britannien und Irland. Zu denen kann ich apparieren." „Wie waren deine Vorträge?", fragte Albus interessiert. „Gut. Es war eine schöne Abwechslung zu dem ganzen Chaos. Außerdem hören die meisten Menschen, die meine Vorträge besuchen, mir sogar zu. Im Gegensatz zu den Lernenden."
Ihr Urgroßonkel lächelte. „Und trotzdem magst du es zu unterrichten.", stellte er fest. Amina nickte. „Ja, das tue ich tatsächlich. Das liegt aber nicht an den Lernenden.", stimmte sie zu. „Ich habe erfahren, dass der Vorstand dich gerne befördern will.", wechselte ihr Urgroßonkel das Thema. Sie nickte. „Ich weiß allerdings noch nicht in welche Position. Anscheinend habe ich sie mit irgendetwas beeindruckt." „Du bist sehr gut für dein Alter. Ich bin mir sicher, wir können noch einiges von dir erwarten." „Ich hatte sehr gute Lehrkräfte.", spielte sie ihre Leistungen herunter. „Das macht deine Forschungen nicht weniger wertvoll, meine Liebe."
Die restlichen Tage bis zum Schulanfang vergingen schnell. Amina hatte auf Albus' Bitte hin seine Schutzzauber nochmals verstärkt und weiter an ihren Projekten arbeiten können. Am ersten September saß sie nach ihrem Frühsport mit den Mitgliedern des Kollegiums beim Frühstück an dem runden Tisch, als die Post ankam. Amina hatte wider Erwarten zu ihrer Zeitschrift dem Alchemisten auch einen offiziell aussehenden Brief bekommen. Interessiert öffnete sie ihn nach dem Frühstück und verschluckte sich prompt an ihrem Tee. Hustend japste sie nach Luft, wobei Severus nach wenigen Sekunden kurzerhand seinen Zauberstab nahm und sie von ihrem Leid befreite. „Danke.", sagte Amina und setzte sich wieder richtig hin, bevor sie den Brief erneut las.
Sie reichte ihn wortlos an Severus weiter, welcher ihn mit ausdrucksloser Miene anfing zu lesen. Während des Lesens wanderte, eine seiner Augenbrauen immer weiter nach oben. Als er fertig war, wandte er Amina seinen Blick zu und auf seinen Lippen erschien ein süffisantes Grinsen. „Muss ich dich jetzt mit Frau Schulrätin anreden?", fragte er mit sarkastischem Unterton. „Es wäre eine Option.", antwortete sie trocken. „Schulrätin? Amina was steht denn in dem Brief?", fragte Albus neugierig und auch die anderen Anwesenden sahen sie abwartend an. „Ich wurde offiziell in den Schulrat der Beauxbatons Akademie für Zauberei gewählt.", erklärte Amina, die bis zu dem Brief noch nicht mal wusste, dass sie für den Posten in Frage kam. „Eine Hogwarts-Professorin als Schulrätin einer anderen Schule? Ist das überhaupt erlaubt?", fragte Minerva zweifelnd.
„Aber natürlich. Warum auch nicht, meine Liebe? Solange Amina ihre Pflichten hier nicht vernachlässigt, sehe ich keinerlei Probleme.", lächelte Albus und Amina spürte seinen Stolz. „Glückwunsch Amina.", strahlte Hagrid als erster und die übrigen Lehrkräfte stimmten mit ein. Amina bedankte sich und sah nochmal auf dem Brief. Was sich Olympe dabei wohl gedacht hatte? In dem Brief stand, dass sie es war, die Amina vorgeschlagen hatte. Amina würde der Schulleiterin noch einen Brief schreiben. Annehmen würde sie den Posten in jedem Fall. Eine solche Chance würde sich bestimmt nicht so schnell wieder auftun. Außerdem wusste Amina auch nicht, wie lange sie noch leben würde, warum also bei solch einem Angebot zögern?
Am Nachmittag hatte Amina Bess bereits mit einer Antwort an die Schule geschickt. Hibou, die Amina ebenfalls geerbt hatte, war im Moment mit einem Brief an Newt unterwegs. „Willst du noch ein wenig an den Spiegeln weitermachen?", flüsterte Severus ihr ins Ohr. Er war von ihrer Wohnung in das Büro gekommen und küsste sie gerade am Hals. „Wenn du mich so fragst, kann ich gar nicht anders als ja sagen.", stellte sie fest und legte ihren Kopf schräg damit er besser rankam. „Das werde ich mir merkte.", sagte er gegen ihren Hals, küsste diesen nochmal und ließ dann von ihr ab, um an die Tür zu treten.
Gemeinsam liefen sie durch die Gänge, wobei Amina immer wieder anhielt, um einige Worte mit den Gemälden zu wechseln. „Wenn ich gewusst hätte, wie lange wir hier runter brachen, hätte ich vorgeschlagen, dass wir den Kamin benutzen.", sagte Severus genervt, als Amina die Tür ihres Labors geschlossen hatte. „Ja, der Weg wäre um einiges schneller.", stimmte Amina zu. „Aber weißt du was noch schneller wäre?", fragte sie und verschränkte dabei ihre Hände in seinem Nacken. „Die Spiegel?", fragte er, die Antwort schon kennend. Amina nickte, gab ihn einen Kuss. Sie lösten sich voneinander und fingen mit der Forschung an.
Erst kurz vor dem Abendessen hörten sie damit wieder auf. Die Schülerschaft würde in Kürze eintreffen und Amina wollte noch einen Test mit dem Todesbrecher starten. Mit den Spiegeln waren sie in den letzten Tagen um einiges weitergekommen. Inzwischen konnten sie ohne Probleme Gegenstände von dem einen in den anderen befördern, doch mit einem dritten funktionierte es nur ungenügend. Das Objekt kam zwar in einem der anderen Spiegel an, doch war es Zufall, welcher von beiden es war. Ein Problem, dass unbedingt noch behoben werden sollte.
Amina und Severus kamen pünktlich eine Minute bevor die Lernenden ankamen. Überprüfend weitete Amina ihre Legilimentik aus, um die Anzahl der Ankommenden abschätzen zu können und (natürlich) um Potter und seine Freunde ausfindig zu machen. Sie würde, wie immer ein Auge auf ihn haben, obwohl er dies, ihrer Meinung nach, nicht verdient hatte. Doch wenige Augenblicke später stöhnte sie genervt aus. „Potter ist nicht unter den Lernenden.", flüsterte sie Severus zu, der neben ihr saß. Von ihm war ebenfalls ein genervtes Schnauben zu hören. Zusammen standen sie auf und liefen aus der Halle. Amina hatte Albus auf dessen fragenden Blick hin ein beruhigendes Zeichen gegeben. Sie wussten, dass Potter in London in den Zug gestiegen ist. Sein Pate hatte ihn persönlich dorthin begleitet und auch sein Zugticket wurde nach der Abfahrt des Zugs magisch registriert. Er konnte also nicht weit sein.
Tatsächlich spürte Amina ihn wenige Minuten später. „Er ist im Zug. Hat Schmerzen und scheint sich nicht bewegen zu können.", informierte Amina. „Ich hole ihn. Geh du zurück zum Fest.", sagte Severus genervt und lief bereits los. Amina nickte und nahm ihren Platz in der Großen Halle wieder ein. „Wo ist Severus?", fragte Albus sie über Minervas Kopf hinweg. Das Essen hatte bereits begonnen. „Potter holen. Er ist nicht aus dem Zug gestiegen.", erklärte Amina. Severus kam erst beim Nachtisch wieder und sah unzufrieden auf seinen Teller. Er mochte im Gegensatz zu Amina zwar Süßigkeiten, doch zog er ein herzhaftes Essen dem vor. „Wir können nachher einen Hauself rufen.", schlug sie nach weiteren fünf Sekunden der Unbeweglichkeit vor. Severus nickte langsam. „Das machen wir.", stimmte er zu.
Albus Rede war ernst und die Schülerschaft schien zu merken, wie bedrohlich die Lage war. Außerdem stelle er Slughorn vor und gab gekannt, dass Severus ab sofort Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten würde. Amina stellte fest, wie die Laune der Lernenden noch weiter sank. „Außerdem darf ich noch mit Freuden verkünden, dass Frau Professor Tahnea nun auch eine Stelle als Schulrätin der Beauxbatons Akademie für Zauberei in Frankreich innehält. Der Unterricht wird dadurch jedoch nicht beeinflusst, aber vielleicht gib es ja ein kleines bisschen weniger Hausaufgaben." Albus zwinkerte seinen Schützlingen verschwörerisch zu. Diese Applaudierten kurz, was Amina nicht weiter kommentierte. Das mit den Hausaufgaben konnten sie vergessen.
Nach dem Fest liefen Severus und sie wieder ins Labor, um noch einige Stunden weiterzuarbeiten. Auf dem Weg gaben die einem der Hauselfen den Auftrag etwas zu Essen in das Labor zu bringen. Während Severus aß, wollte Amina die Zeit nutzen und ihren Versuch zum Todesbrecher auswerten. Doch als die beiden in das Labor kamen, stand das Modell noch. Überrascht lief Amina zu der Zeitscheibe und sah erstaunt auf die Ringe. „Severus.", flüsterte sie ehrfürchtig. „Siehst du das auch?" Amina sah mit fragendem Blick auf ihren Mann. Dieser starrte, wie gebannt, auf die Ringe und nickte langsam.
Auf Aminas Gesicht breitete sich ein Lächeln aus - ein ehrliches und seltenes. „Ich habe es geschafft.", stellte sie fest. Wieder nickte Severus sprachlos, um dann wenige Sekunden später, Amina fest in die Arme zu schließen. „Du bist die beste Alchemistin, die ich kenne.", sagte er in ihr Haar hinein. „Das war Nicolas.", widersprach sie ihm. Severus schnaubte genervt, antwortete aber nicht, sondern zog sie noch näher an sich, wenn dies überhaupt noch möglich wäre. Amina blickte wieder zu der Zeitscheibe mit dem Versuchtskörper. Die Ringe zeigten ihr, dass ihr Testobjekt bereits seit über dreihundert Jahren lebte. Länger als jeder gewöhnliche Zauberer. Sie hatte es geschafft, der Todesbrecher würd bis weit nach dem Tod des Tragenden vor dem Fluch schützen.