Alice in Borderland

By buisnessstories

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Arakida Sayuuri wacht in Tokyo auf und kann keine Menschenseele entdecken. Sie begreift schnell die Spielrege... More

Kapitel 1 - Das Borderland
Kapitel 2 - Nadel im Heuhaufen
Kapitel 3 - Zuhause
Kapitel 4 - Rennen
Kapitel 5 - Viva Las Vegas
Kapitel 6 - All in
Kapitel 7 - Das Beach
Kapitel 8 - Erster Abend
Kapitel 9 - Das Dach
Kapitel 10 - Izumi
Kapitel 11 - College Geheimzimmer Party
Kapitel 12 - Rückweg
Kapitel 13 - Rehabilitation
Kapitel 14 - Abendessen
Kapitel 15 - Ein Drink mit dem Hutmacher
Kapitel 16 - Das Diamantspiel
Kapitel 17 - Ein fröhlicher Abend
Kapitel 18 - Wollen wir wetten?
Kapitel 19 - Escape
Kapitel 20 - Zimmerbesichtigung
Kapitel 21 - Schachrunde
Kapitel 22 - Abendessen
Kapitel 23 - Überleben
Kapitel 24 - Das blutüberströmte Mädchen
Kapitel 25 - Morphium
Kapitel 26 - Platzregen
Kapitel 27 - Mensch ärgere dich nicht
Kapitel 28 - Überraschung
Kapitel 29 - Alte Freunde
Kapitel 30 - Neues Spiel, neues Glück
Kapitel 31 - Kombination
Kapitel 32 - Konferenzsaal
Kapitel 33 - Wetteinsatz
Kapitel 34 - Ein letztes Gespräch
Kapitel 35 - Irische Totenwache
Kapitel 36 - Guten Morgen
Kapitel 37 - Das Krankenhaus
Kapitel 38 - Ein langweiliger Tag im Beach
Kapitel 39 - Versorgungstour
Kapitel 40 - Teamwork
Kapitel 41 - Ertrinken
Kapitel 42 - Kalt
Kapitel 43 - Unruhiger Schlaf
Kapitel 44 - Gemütlicher Morgen
Kapitel 45 - Sangria Sonntag
Kapitel 46 - Hennessy mit dem Hutmacher
Kapitel 47 - Die Lichter
Kapitel 48 - Chishiyas Worte
Kapitel 49 - Strandtag
Kapitel 50 - Das Spiel der Nummer zwei
Kapitel 51 - Mitternachtsdusche
Kapitel 52 - Neue und alte Gesichter
Kapitel 53 - Ohnmacht
Kapitel 54 - Unsichtbare Mauer
Kapitel 55 - Meeresausblick
Kapitel 56 - Waffeln am Morgen
Kapitel 57 - Warum kein Pik-Spiel?
Kapitel 58 - Basketballplatz
Kapitel 59 - Verzweiflung
Kapitel 60 - Wie betäubt
Kapitel 61 - Ohne Schmerzmittel
Kapitel 62 - Kaboom
Kapitel 63 - Vollidiot
Kapitel 64 - Ablaufendes Visum
Kapitel 65 - Zerbrochene Glasscheibe
Kapitel 66 - Völlig von der Rolle
Kapitel 67 - Grauenhafte Konstellation
Kapitel 68 - Wendigo
Kapitel 69 - Durst
Kapitel 70 - Goldregen
Kapitel 71 - Ein Korb voll Süßigkeiten
Kapitel 72 - Neues Spiel
Kapitel 73 - Aufgabenkarten
Kapitel 74 - Familienmitglieder
Kapitel 75 - Frühstück
Kapitel 76 - Regenbogen
Kapitel 77 - Erleichterung
Kapitel 78 - Hochroter Kopf
Kapitel 79 - Tinte
Kapitel 80 - Frontscheibe
Kapitel 81 - Besprechung
Kapitel 82 - Fingerknochen
Kapitel 83 - Kuina!
Kapitel 84 - Medizinnachhilfe
Kapitel 85 - Das Versteck
Kapitel 86 - Unter Wasser
Kapitel 87 - Heiße Dusche
(*)
Kapitel 88 - Museum (Teil 1)
Kapitel 89 - Museum (Teil 2)
Kapitel 90 - Museum (Teil 3)
Kapitel 91 - Kannst du nicht einfach hier bleiben?
Kapitel 92 - Französische Zwiebelsuppe
Kapitel 93 - Fragestunde
Kapitel 94 - Viererrunde
Kapitel 95 - Aufwachen!
Kapitel 96 -
Kapitel 97 - Ablenkung
Kapitel 98 - Unsicherheit
Kapitel 99 - Das Date
Kapitel 100 - Wer zu nah an die Sonne fliegt ...
Kapitel 101 - Tayuya
Kapitel 102 - Untergetaucht
Kapitel 103 - Chishiyas Hartnäckigkeit
Kapitel 104 - Jiro und Hiroshi
Kapitel 105 - Mutiger sein
Kapitel 106 - Schlaflose Nebenwirkungen
Kapitel 107 - Wohliges Gefühl
Kapitel 108 - Andeutungen einer Erinnerung
Kapitel 109 - Ungutes Gefühl
Kapitel 110 - Versorgungstour in der Mall
Kapitel 111 - Strafakte
Kapitel 112 - "5-23er" (Beginn Serie)
Kapitel 113 - Tik-Tak-Toe (Arisu 1)
Kapitel 114 (Arisu 2)
Kapitel 115 - Wieder "zu Hause"
Kapitel 116 - Junggesellinnenabschied
Kapitel 117 - Auf ins nächste Spiel
Kapitel 118 - Seelische Altlasten
Kapitel 119 - Die böse Saht
Kapitel 120 - Neuankömmlinge
Kapitel 121 - Stimmungsschwankungen
Kapitel 122 - Usagi's und Arisu's erster Abend im Beach
Kapitel 123 - (Update)
Kapitel 124 - Vorahnungen
Kapitel 125 - maskierter Killer
Kapitel 126 - Acht Stunden vor der Hochzeit
Kapitel 127 - Eine Hochzeit im Borderland
Kapitel 128 - Sieben
Kapitel 129 - Ewig währendes Leid
Kapitel 131 - Wie die Könige fallen II
Kapitel 132 - Der letzte Nachmittag Sayuuri's
Kapitel 133 - Morpheus ewiger Schlaf (Einführung)
Kapitel 134 - Morpheus
Kapitel 135 - Morpheus Totenreich
Kapitel 136 - Ungewohnte Behutsamkeit
Kapitel 137 - Die neue Situation im Beach
Kapitel 138 - Aufbruchsstimmung
Kapitel 139 - Wortlose Kommunikation
Kapitel 140 - Mörderisches Dreieck
Kapitel 141 - Mörderisches Dreieck II
Kapitel 142 - Die Fügung des Schicksals
Kapitel 143 - Der Henker und sein Richter

Kapitel 130 - Wie die Könige fallen

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By buisnessstories

Die sanften Lichteinfälle der Morgensonne, welche noch vor einer halben Stunde das Zimmer angenehm beleuchtet haben, weichen den hellen und kräftigen Strahlen der Mittagssonne ihrem Höchststand immer näherrückend. Die gedämpften Laute dröhnender Musik gelangen in meine Ohren, bestätigend dass es mindestens später Vormittag sein muss. Still und darauf bedacht keine ruckartigen Bewegungen zu machen, senke ich meinen müden Blick nach unten und sehe traurig zu dem schwarzen Haarschopf. Behutsam fahre ich ihm immer wieder beruhigend über durch die Haare, obwohl er glücklicherweise seit einer Stunde in einen tieferen Schlaf gesunken ist.

Nachdem keine einzige seiner Tränen mehr entweichen wollte, war sein Körper wie betäubt und seine Augen leer. Yuudai's Kopf liegt auf meinem Schoß und ich achte darauf flach zu atmen, um ihn nicht aus seinem kurzen Moment der Ruhe zu erwecken. Ich war noch niemals gut darin, trauernden Menschen die richtigen Worte entgegenzubringen und besonders nicht in diesem Fall. Welche Worte könnten einen derartigen Verlust schon mildern? Dennoch, ihn alleine zurückzulassen, während er in dieser Starre verweilte fühlte sich nicht richtig an. Und sogleich diese vertraute Geste ihm auch nur einen geringen Trost spenden mag, trocknen mir die unausgesprochenen Worte dennoch die Kehle aus. Möglicherweise hätte ich ihm erzählen sollen was vorgefallen ist, aber es hätte ihm nichts genützt. Yuudai ist nicht der Mensch, der in diesem Augenblick nach Antworten sucht. Seine Gedanken kreisen noch nicht darum wie Izumi gestorben ist, denn sein Herz fühlt einzig und alleine den Schmerz ihres Verlustes. Ich möchte mir nicht einmal ausmalen, was das für ein Gefühl sein muss.

Er hat gestern Nacht eine Wodkaflasche aus seiner Hausbar entnommen, gewillt diese Schmerzen in seiner Brust zu ertränken und seinen Körper zu betäuben. Doch zwischen den herzzerreißenden Schlurzern und den unterdrückten Schreien hat er keinen einzigen Schluck herunterbekommen. Irgendwann habe ich die Flasche dann eine Armlänge von uns weggestellt, damit er es nicht mehr verzweifelt in seiner Trauer versucht. Aber wenn er die Flasche erneut verlangen würde, wie könnte ich es ihm dann versagen?

Sein Verhalten bereitet mir langsam Sorgen, diese Starre in die er zwischenzeitlich verfallen ist war beängstigend. Er wirkte schon fast kathatonisch, hat weder auf meine Stimme noch andere reizauslösende Sinneswahrnehmungen reagiert. Er sollte noch ein paar Visa-Tage überhaben, möglicherweise kann ich mit dem Hutmacher reden, dass er vorerst nicht an einem Spiel teilnimmt. Oder besser noch ich wende mich gleich an Ann. Die Art und Weise wie der Hutmacher gestern auf mich gewirkt hat lässt mich daran zweifeln, dass er auf Yuudai Rücksicht nimmt wenn auch nur die Chance besteht, dass dieser eine neue Karte erlangen könnte. Ich glaube Ann könnte mit ihm reden und ihn überzeugen, dass es besser wäre Yuudai eine Auszeit nehmen zu lassen. Denn ich glaube in seiner derzeitigen Verfassung würde er nicht lange überleben und könnte gleichzeitig einen Nachteil für die anderen Teilnehmer bringen.

Seufzend lehne ich mich an die Wand hinter mir zurück und sehe nach oben an die Zimmerdecke. Was ist, wenn Yuudai in ein Spiel geht und nur an Izumi denken kann? Es muss nicht sein aktueller Zustand sein, welcher gefährlich für ihn werden kann. Vielleicht sabotiert er sich selbst und zielt darauf, sein nächstes Spiel nicht zu überleben. Menschen trauern auf eine unterschiedliche Weise und diese Spiele bieten nicht geringe Möglichkeiten, diese Trauer zu beenden.

Ruckartig öffnet sich die Zimmertür und aus meinen Gedanken gerissen, schnellt mein Kopf in die Richtung der eintretenden Schritte. Ich sehe zu einem gehetzten jungen Mann, welcher sich leicht an den Türrahmen lehnt um durchzuatmen. Mit strengen Gesichtsausdruck hebe ich den Zeigefinger an meine Lippen um ihm zu deuten, dass er leise sein soll. Nachdem sein Blick auf Yuudai' s schlafenden Körper neben mir fällt, scheint er zu verstehen und setzt ein entschuldigendes Lächeln auf. Stumm deutet er mir, dass ich in den Flur kommen soll und meine Augenbrauen ziehen sich misstrauisch zusammen. Ich nicke leicht und zeige auf eines der Sesselkissen, welches der Mann mir reicht und behutsam hebe ich Yuudai's Kopf an, um das Kissen darunterzuschreiben. Kurz bleibe ich in der Hocke sitzen um mich zu vergewissern, dass er weiterschläft und als seine Brust sich weiterhin gleichmäßig hebt und senkt, richte ich mich auf und folge dem Mann mit der Basecap in den Flur. Nachdem ich die Hoteltür geräuschlos ins Schloss fallen lasse, sehe ich neugierig zu dem Mann und stelle fest, dass er mir irgendwoher bekannt vorkommt. Er scheint mittlerweile ein wenig verschnauft zu haben und nach einem traurigen Blick zu der geschlossenen Tür, entgegnet er meinen Blick. Die Sensibilität, welche er zeigt lässt mich vermuten, dass er Yuudai kennt und mit einem prüfenden Blick an ihn herunter stelle ich fest, dass er keine Waffe mit sich führt. Also niemand aus dem Militärtrupp.

„Du solltest später wiederkommen, wenn du was von Yuudai brauchst", entgegne ich und verschränke die Arme vor meiner Brust, um meinen Standpunkt klar zu machen. Mit offenem Mund dreht er sich mit dem Kopf Richtung geschlossener Tür und scheint etwas sagen zu möchten, doch ich runzele nur meine Augenbrauen und komme ihm verwundert zuvor. „Du bist nicht wegen ihm hier, oder?"

„N- nein. Du sollst zum Konferenzsaal kommen, sofort."

„Sofort, was ist passiert....?", frage ich stumm nach seinem Namen und lege meinen Kopf leicht neugierig schief. Diese gebotene Eile kommt nicht von dem gehetzten jungen Mann, er wirkt zu schüchtern und nervös, selbst diese Worte zu bestimmen und herauszubringen.

„Tatta", antwortet er perplex und sieht den Flur entlang zu den Treppen, „Ich muss Ann finden, hast du eine Ahnung wo sie sein könnte?"

„Ich schätze wenn sie weder bei der Führungsriege, noch in ihrer Suite ist sollte sie im Keller an ihren Nachforschungen arbeiten", informiere ich ihn und nachdem er bei dem Gedanken angeekelt das Gesicht verzieht, nickt er wild und setzt sich wieder in Bewegung. Ich jedoch bleibe an Ort und Stelle stehen und knabbere sanft an der Haut seitlich meines Fingernagels. Gestern schien schon etwas nicht zu stimmen, es macht mich unruhig zur Führungsriege zitiert zu werden. Ich gebe mir einen Ruck und schlendere den Gang entlang, versuche durch meine langsamen Schritte was auch immer kommen mag hinauszuzögern. Doch unweigerlich gelange ich zu meinem Ziel und stelle schon von weiter weg fest, dass mehr bewaffnete Soldaten die Eingangspforte zum Konferenzsaal bewachen. Vorsichtig drossele ich meine Geschwindigkeit noch ein wenig und nähere mich ihnen.

„Hey-hey, stopp!", bemerkt mich einer der Gorillas und läuft mit ausgestrecktem Arm auf mich zu, damit ich mich nicht nähere. Ein netter Willkommensgruß, aber ich dachte ich werde erwartet? Behutsam bleibe ich mit einem gesunden Abstand zu dem Mann stehen und runzele die Augenbrauen.

„Lasst sie durch", höre ich eine gelangweilte Stimme und sehe über die Schulter des Soldaten vom Militärtrupp zu Niragi, welcher spielerisch sein Scharfschützengewehr geschultert hat. Er kommt zu uns gelaufen und sieht leicht auf den anderen bewaffneten Mann herunter. „Befehl von Aguni."

Mit einem halben Schritt zur Seite gewährt er den Zutritt hinter die menschliche Barrikade und während ich den fremden Mann mit der Pistole nicht aus den Augen lasse, passiere ich den freigegebenen Zugang und laufe zu Niragi. Zusammen schlendern wir auf die Eingangstür zu und ich halte meinen Blick auf der Türklinge, während ich meinen Kopf leicht zur Seite drehe.

„Was ist überhaupt los?", senke ich meine Lautstärke, dass das Gespräch unter uns beiden bleibt. Mit einem seltsamen Gefühl bleibe ich vor der geschlossenen Tür stehen und drehe mich zu Niragi. Verwirrt mustere ich seinen Gesichtsausdruck und entgegengesetzt dem Normalfall kann ich mich nicht ganz entspannen. Irgendetwas glitzert mörderisch in seinen Augen auf und allgemein wirkt seine Körperhaltung verändert. Für gewöhnlich ist es eine Mischung aus Belustigung und Selbstsicherheit, die jede Sekunde umspringen kann zu seinem aggressiven Auftreten. Doch das hier ist anders. Es wirkt irgendwie... spielerisch brutal. Herrisch. Impulsiv.

„Ah, geh rein und schaue es dir an", kommt er mit seinem Gesicht näher und reißt die Augen auf. Ich mache keinen Schritt zurück, was er zu bemerken scheint und nachdem er sich bei meiner Musterung über die Lippen leckt, sieht er auffordernd zur Tür. Ich nicke verstehend und ohne ein weiteres Wort laufe ich auf die rechte Flügeltür zu. Die kalte Klinger herunterdrückend laufe ich in den Konferenzsaal und höre an leisen Schritten, dass Niragi mir auf den Schritt folgt. Mein Blick schweift über die Anwesenden, welche nur mit wenig Beteiligung zu mir sehen. Die meisten Beach-Mitglieder haben einen starren Blick auf die Raummitte fixiert und ich folge diesem, während sich die Geräusche um mich herum ausblenden.

Auf dem Besprechungstisch wurde ein weißes Laken gespannt, eine Leiche mit ausgestreckten Gliedern darauf gebettet. Meine Augen schnellen zu Aguni, welcher am Kopfende seine Stellung bezogen hat und mit verschränkten Armen auf das Gesicht des Toten hinabsieht. Ich brauche nicht näher treten, um den leblosen Körper als den des Hutmachers zu identifizieren. Ein beklemmendes Gefühl macht sich in mir breit und ich bleibe nahe des Eingangs stehen. Ich stand dem Hutmacher nicht sonderlich nahe, doch ihn gleich nach Izumi zu verlieren fühlt sich falsch an. Die ganze Ordnung, die ich im Borderland gekannt zu haben dachte geht den Bach herunter und ich bin nicht fähig dagegen etwas zu tun. Doch die im Moment wichtigste frage ist, wie geht es mit dem Beach-Hotel weiter?

Ich sehe von dem toten Hutmacher weg und meine Augen streifen die von Mira mir gegenüber. Sie hat ihren Kopf noch immer leicht gesenkt, dennoch schenkt sie mir ein kurzes aufmunterndes Lächeln. Schweigend traue ich mich nicht ein Wort zu sagen und bleibe wie die anderen ruhig in der demütigen Stimmung. Mein Blick streift durch den Raum und ich entgegne bekannten, schwarzen Augen welche mich mustern. Schwer schluckend halte ich dem kalten Schwarz stand und mein Kiefer spannt sich an, als ich meinen Onkel entdecke. Ich bin nicht die einzig neugeladene Person in diesem Saal. Dennoch werde ich aufmerksam und meine Ohren Zucken leicht, als sich Niragi wieder entfernt und vor dem Konferenzsaal mit jemandem zu sprechen scheint.

"Es scheint wichtige Neuigkeiten zu geben, „erklingen die ersten klaren Worte und ich kann diese Stimme sofort zuordnen, „Gehen wir rein."

Die beidseitige Doppeltür öffnet sich mit einem bescheidenen Schwung und sowohl der Mann mit der weißen Weste, als auch der Neuling treten hintereinander beide ein. Meine Augen bleiben an Chishiya hängen und ich bemühen mich keine Reaktion für die Umstehenden zu zeigen. Ebenso scheint er nach einem Blick auf das Geschehen auf mich aufmerksam zu werden und anhand seiner Gesichtszüge erkenne ich, dass er mich stumm fragt was ich hier tue. Unmerklich zucke ich mit den Achseln und während er sich an das Fußende des Tisches stellt, positioniert sich Arisu zwischen uns. Er lächelt mir nervös zu und ich erwidere es ebenso auffällig, da es ihm nicht wichtig scheint es geheim zu halten.

Erneut schwingen die Türen auf und Ann stürmt herein, sie achtet nicht auf die Anwesenden und steuert gezielt den Haupttisch mit dem Hutmacher an. Tatta, welcher ebenfalls der Bote meiner Nachricht gewesen ist, tritt hinter ihr herein und die schweren Türen fallen mit einem lauten Geräusch in der Stille wieder zu.

„Er hat das Spiel wohl nicht lösen können, unser Wartungsteam hat ihn durch Zufall in Shinjuku gefunden. Beim Treibstoff nachfüllen", sagt Tatta und scheint die umstehenden Personen auszublenden. Ann nähert sich mit ausgestreckter Hand dem Hutmacher und scheint die Pulsader seines Halses anzusteuern, doch bevor sie ihn berühren kann, schaltet sich Niragi ein.

„Hey-hey-hey. Lässt du bitte die Finger von ihm, du Leichenschänderin", entgegnet er abwertend und die Forensikerin hält in der Bewegung inne. Ihre Augen gleiten hinunter und scheinen etwas na der Brust des Hutmachers zu fixieren.

„Hier ist eine Schusswunde. Sind im Spiel Waffen involviert gewesen?", bemerkt sie und ich werde aufmerksam. Der Hutmacher brüstete sich damit, jedes Spiel einer jeden Kategorie lösen zu können. Ein übersteigertes Selbstbewusstsein ist nicht unüblich, aber ein sauberer Schuss auf Herzhöhe? Das scheint mir nicht ganz zu passen.

„Wahrscheinlich. Ein paar Leute aus der Nähe haben gemeint, sie hätten Schüsse gehört", führt Tatta weiter aus und meine Augen senken sich, bevor sie zu Chishiya hinübergleiten. Er sieht auf den Boden, den Kopf leicht zu Arisu gelegt und schüttelt unmerklich den Kopf. Arisu, welcher auf eine Reaktion gewartet zu haben scheint, wendet seinen Blick ab und öffnet leicht verstehend den Mund. Die beiden sind zusammen gekommen und scheinen sich stumm zu verständigen.

„Oh man. Wieso hat er denn nicht ein paar Soldaten mitgenommen?", mein Niragi gespielt seufzend und gesellt sich innerhalb des Kreises.

„Was passiert jetzt mit unserem Beach?", meldet sich ein oberkörperfreier Mann schwer schluckend zu Wort. Er hat weder ausreichend Kleidung, noch führt er eine Waffe bei sich um vom Militärtrupp zu sein.

„Ich schlage vor, das niemandem zu verraten. Es würde sie zu sehr erschrecken", meldet sich Mira zu Wort und als ich zu ihr sehe, entgegnet sie erneut meinem Blick. Ich verstehe ihre Aussage leider nur zu gut, der Hutmacher hat diesen Zufluchtsort für uns Bewohner geschaffen. Er hat das Gleichgewicht zwischen den herkömmlichen Spielern und dem Militärtrupp aufrecht erhalten. Dieses Gleichgewicht ist nun vergangen.

„Als die Nummer zwei bin ich dann jetzt der Anführer", schaltet sich die Nummer zwei ein und drückt seine schwarze Brille zurecht, spielend sich der Verantwortung bewusst. Ich schüttele leicht den Kopf und widerstehe dem Drang, einen Schritt zurückzustolpern. Wenn er die Führung übernimmt, werde ich nicht lange überleben. Mein Onkel straff seine Schultern unmerklich in dem maßgeschneiderten Anzug und scheint sich seiner Rolle als neue Nummer zwei bewusst.

Wie würde es mit Takeo Arakida nahe der Spitze der Führungsreihe wohl weitergehen?

„Moment mal, sollte uns nicht lieber der Stärkste von uns anführen?", tätigt der Scharfschütze einen bedeutenden Seitenblick zu Aguni, welcher immer noch seine Augen auf den Hutmacher gerichtet hat. „Wir waren diejenigen, die es fertig gekriegt haben uns von den Verrätern zu befreien. Trotzdem wurden wir behandelt als wären wir nicht da. Diese Ungerechtigkeit beenden wir heute."

Automatisch sehe ich zu der Nummer zwei, nur um seinen gesenkten Blick wahrzunehmen. „Wenn die Nummer 1 stirbt, rückt die Nummer 2 nach. Das haben wir ausgemacht."

„Den eitlen Diktator hat es diesmal erwischt, die Macht hat sich verlagert oder? Wieso sind wir nicht demokratisch und lassen die Mehrheit entscheiden?", sagt Niragi und stimmt einen mir unbekannten Ton an. Er bewegt sich  mit spielernden Schritten vorwärts an der Nummer zwei vorbei und die Fensterfront in ihrem Rücken beleuchtet nur um so mehr die Szenerie. „Wer ist dafür, dass Aguni unser neuer Anführer wird?"

Aguni der Anführer? Ich sehe zu dem Angesprochenen, doch noch immer verharrt er in seiner Position. Die Arme verschränkt hinabblickend zum toten Hutmacher. Von Anfang an habe ich beobachtet, welches besondere Band die beiden verbindet. Er scheint aufrichtig zu trauern, dennoch wirkt er stark und ... nachdenklich. Hat er überhaupt einen Plan, wie es weitergehen soll? Ich betrachte sie anderen Anwesenden und stelle fest, dass niemand sich rührt. Ich höre hinter mir ein metallenes schleifen und brauche mich nicht umzudrehen um festzustellen, dass Last Boss sich aufrichtet und das geschärfte Schwert aus seiner Scheide zieht.

„Was für eine müde Reaktion", seufzt Niragi mit einem kranken Unterton, welcher Enttäuschung widerspiegeln soll. Er nickt dem Mann  hinter mir zu und zwinkert mit einem bestimmten Gesichtsausdruck. Ich drehe meinen Kopf seitlich und bemerke die Klingenspitze, welche sich auf Anns Bauch richtet. Ich möchte erst bissig erwidern, dass er den Zahnstocher von Ann wegnehmen soll, doch die Konsequenzen dieser Bemerkung möchte ich nicht verantworten, weswegen kein Wort meine Lippen verlässt. Langsam fährt die Schwertspitze Anns Bauchbereich hoch und ich spanne meinen Kiefer an, um den Drang zu widerstehen dazwischen zu gehen. Als die metallene tödliche Spitze ihren Hals erreicht, legt die Forensikerin ihren Kopf leicht in den Nacken und funkelt den Mann nur gleichgültig an. Was für eine Selbstbeherrschung diese Frau an den Tag legt ist beeindruckend.

„Ich frag jetzt noch einmal, wer ist jetzt für Aguni?", wirft Niragi belustigt in den Raum und ein Gefühl kommt in mir auf, dass ich noch niemals soviel Respekt vor Ann hatte wie in diesem Moment. Denn obwohl eine messerscharfe Klinge ihren Hals berührt, verdreht sie nur gelangweilt sie Augen und hebt nachgiebig ihre Hand. Niragi senkt daraufhin sie unterschätzend den Kopf und eine dünne schwarze Strähne hängt ihm im Gesicht. 

„Das hier wird nicht demokraitsch entschieden", äußert sich Mira und ich erkenne trotz ihrer selbstbewussten Haltung einen gesenkten Blick.

„Oh, aber ich glaube da irrst du dich", nähert sich Niragi der Sprecherin und nimmt die Waffe von seiner Schulter. Den Lauf der Waffe richtet er auf Miras Kopf, während er sich nach nächstem Satz breit über die Unterlippe leckt. „Du hast jetzt die Chance zu wählen."

Miras Ausdruck bleibt stark, bis sie tief einatmet, schluck und ihre Hand hebt. Es scheint, dass der Lauf einer Waffe im Notfall auch den Lauf der Geschichte ändern kann. Niragi's Blick gleitet an meiner letztlich Verbündeten vorbei und fixiert eine neue Person, bei der es mir gleichgültig ist ob sie stirbt.

„Was ist mit der führenden Nummer 2 da drüben? Wie sieht es aus?", nähert er sich wie ein Raubtier dem hochnäsigen Mann und belustigt beobachte ich zum ersten Mal eine demütige Haltung bei dem Verbündeten meines Onkels. Ein Seitenblick zu Niragi zeigt mir, dass selbst die Herzspezialistin ihre Hand nachgebend hebt, wobei sie nicht glücklich darüber scheint. Niragi scheint den Nächsten zu fixieren und er sieht an der schwarzhaarigen starken Persönlichkeit zu einem shirtlosen Fremden, welcher ebenso die Hand hebt. Der Scharfschütze scheint schon ein neues Ziel ins Visier zu nehmen und steuert diesen an. Doch während er immer sein Scharfschützengewehr mit einer Hand drohend gehalten hat, legt er nun beide an die Waffe und bewegt sich spielerisch auf Chishiya zu.

„Und was ist mit dir?"

Chishiya sieht unbeeindruckt mit hochgezogenen Augenbrauen zu Niragi auf. Ich befürchte dieser Moment ist unpassend, aber ich entspanne mich bei seinem typischen überlegenen Ausdruck und kann mir ein kurzes Lächeln nicht verkneifen. Obwohl der Lauf einer Waffe auf ihn gerichtet ist, wirkt er unbeeindruckt und desinteressiert.

„Chishiya. Du blickst doch etwa nicht auf uns herab, oder?"

„So bescheuert wie ihr seit."

Ich drehe meinen Kopf leicht nach hinten, um mein Auflachen zu verschleiern und da die ganze Aufmerksamkeit auf den beiden liegt, bemerkt nur Ann meine Belustigung. Es tut mir leid, aber ein Gewehr ist auf Chishiyas Kopf gerichtet und er beleidigt Niragi auch noch, verdammt ich liebe diese Selbstsicherheit. Niragi nähert sich ihm noch mehr und der Griff zum seine Waffe wird stärker, aggressiver.

„Dein Blick kotzt mich echt an, hast du kapiert?", bringst Niragi hervor und richtet den Lauf seiner Waffe direkt auf Chishiyas Kinnpartie. Doch was macht sein gegenüber? Er legt nur leicht den Kopf in den Nacken und ich kann mir ein stolzes Grinsen nicht verkneifen. Meine Augen streifen durch den Raum und als ich bemerke, wie mein Onkel mich mustert, erstickt mein Grinsen im Keim. Er ist der einzige, welcher es mitbekommen hat und quittiert es mit einem stummen Nicken. Ich schlucke einen schweren Kloß herunter und wende mich wieder dem Geschehen zu. „Du hast so einher Art, einen herablassend anzusehen."

Chishiya zuckt mit den Augenbrauen, ein spielerisches Lächeln zeichnet sich auf seinen Lippen ab und er hebt die Hände amüsiert nach oben, wie um sich zu ergeben. Einen kurzen Augenblick schwenken seine Augen zu mir und ich beiße mir leicht auf die Unterlippe, um nicht wie ein Idiot zu grinsen.

„Ich wähle Aguni zum Anführer", sieht er Niragi von unten bis oben abfällig analysierend an, „Kommst du damit klar, dass ich nicht dich gewählt habe?"

„Ich hoffe mal, dass du darüber nachdenkst wie du dich in Zukunft verhältst", verzieht Niragi seinen Mund und sein Kopf dreht sich zu mir. Während er an Arisu vorbei auf mich zuläuft, spüre ich etwas in meinem Rücken und versteife mich leicht. Scheint wohl so, als wäre das Schwert nun auf mich gerichtet. Ich riskiere es einen flüchtigen Blick zu Chishiya zu werfen und wage stelle ist fest, dass seine amüsierte, entspannte Haltung bröckelt. Niragi sieht hinter mich und schnalzt mit der Zunge, wobei er leicht mit seinem rechten Auge zwinkert. Ich spüre einen Luftzug nahe meiner Wirbelsäule und lege meinen Kopf zur Seite, um peripher festzustellen, dass Last Boss sich zurückzieht und sein Schwert von mir nimmt.

„Sayuuri", nähert sich Niragi mit seinem Gesicht. Niragi hat Last Boss angewiesen, mich nicht mit seiner Klinge zu bedrohen, weswegen ein kleiner Druck von mir abfällt. „Kann ich auf deine Stimme vertrauen?"

„Ich bin nicht einmal in der Führungsriege", flüstere ich zu Niragi, damit niemand anderes uns unnötig versteht. „Warum solltest du wert auf meine Meinung legen?"

„Das ist der nächste Tagesordnungspunkt. Vertrau mir einfach, also..."

„Habe ich dir jemals widersprochen?", lächele ich zuckersüß. Niragi legt den Kopf schief und kneift seine Augen mehr zusammen, während er sich mit dem letzten Schritt nähert. Möglicherweise habe ich ihm ab und zu widersprochen, weswegen ich über meine Aussage noch breiter Lächeln muss. „Wie könnte ich Aguni bei diesem Lächeln nicht wählen?"

Ich hebe meine linke Hand, um meine Stimme abzugeben und als ich ein leichtes Lachen recht von mir vernehme, drehe ich überrascht meinen Kopf zu Arisu.

„Hey, wo bist du denn mit deinen Gedanken?", nähert sich Niragi mit einer gefährlichen Aura dem Neuling, den Lauf seines Gewehrs auf den Hals gerichtet. Arisu legt sich erschrocken weit zurück und sein Gesichtsausdruck spiegelt reinen Respekt vor der geladenen Waffe wieder. „Habe ich nicht gesagt, ich warte auf eure Antwort. Auf wessen Seite stehst du Kleiner?"

Last Boss springt schnell einen Ausfallschritt nach vorne auf Arisu zu und dieser zuckt erschrocken zusammen. Niragi fängt an laut belustigt den Neuling auszulachen, während sich Arisu vorerst nur auf die scharfe Klinge zu konzentrieren scheint.

„Du hast dich gerade richtig erschreckt, was? Haha ist das witzig, alles klar", hallt die Lache des Scharfschützen in dem ganzen Konferenzsaal wieder und Arisu hebt zögernd die Hand. Niragi scheint sich seiner Macht gegenüber uns sicher und lacht laut, nachdem er mit seinem Gewehr noch einmal nachdrücklich Richtung Arisu deutet, setzt er seine Runde fort. Nacheinander heben die Leute ihre Hände, widerwillig aber demütig gegenüber der Feuerkraft dieser monströsen Waffe.

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