Alice in Borderland

By buisnessstories

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Arakida Sayuuri wacht in Tokyo auf und kann keine Menschenseele entdecken. Sie begreift schnell die Spielrege... More

Kapitel 1 - Das Borderland
Kapitel 2 - Nadel im Heuhaufen
Kapitel 3 - Zuhause
Kapitel 4 - Rennen
Kapitel 5 - Viva Las Vegas
Kapitel 6 - All in
Kapitel 7 - Das Beach
Kapitel 8 - Erster Abend
Kapitel 9 - Das Dach
Kapitel 10 - Izumi
Kapitel 11 - College Geheimzimmer Party
Kapitel 12 - Rückweg
Kapitel 13 - Rehabilitation
Kapitel 14 - Abendessen
Kapitel 15 - Ein Drink mit dem Hutmacher
Kapitel 16 - Das Diamantspiel
Kapitel 17 - Ein fröhlicher Abend
Kapitel 18 - Wollen wir wetten?
Kapitel 19 - Escape
Kapitel 20 - Zimmerbesichtigung
Kapitel 21 - Schachrunde
Kapitel 22 - Abendessen
Kapitel 23 - Überleben
Kapitel 24 - Das blutüberströmte Mädchen
Kapitel 25 - Morphium
Kapitel 26 - Platzregen
Kapitel 27 - Mensch ärgere dich nicht
Kapitel 28 - Überraschung
Kapitel 29 - Alte Freunde
Kapitel 30 - Neues Spiel, neues Glück
Kapitel 31 - Kombination
Kapitel 32 - Konferenzsaal
Kapitel 33 - Wetteinsatz
Kapitel 34 - Ein letztes Gespräch
Kapitel 35 - Irische Totenwache
Kapitel 36 - Guten Morgen
Kapitel 37 - Das Krankenhaus
Kapitel 38 - Ein langweiliger Tag im Beach
Kapitel 39 - Versorgungstour
Kapitel 40 - Teamwork
Kapitel 41 - Ertrinken
Kapitel 42 - Kalt
Kapitel 43 - Unruhiger Schlaf
Kapitel 44 - Gemütlicher Morgen
Kapitel 45 - Sangria Sonntag
Kapitel 46 - Hennessy mit dem Hutmacher
Kapitel 47 - Die Lichter
Kapitel 48 - Chishiyas Worte
Kapitel 49 - Strandtag
Kapitel 50 - Das Spiel der Nummer zwei
Kapitel 51 - Mitternachtsdusche
Kapitel 52 - Neue und alte Gesichter
Kapitel 53 - Ohnmacht
Kapitel 54 - Unsichtbare Mauer
Kapitel 55 - Meeresausblick
Kapitel 56 - Waffeln am Morgen
Kapitel 57 - Warum kein Pik-Spiel?
Kapitel 58 - Basketballplatz
Kapitel 59 - Verzweiflung
Kapitel 60 - Wie betäubt
Kapitel 61 - Ohne Schmerzmittel
Kapitel 62 - Kaboom
Kapitel 63 - Vollidiot
Kapitel 64 - Ablaufendes Visum
Kapitel 65 - Zerbrochene Glasscheibe
Kapitel 66 - Völlig von der Rolle
Kapitel 67 - Grauenhafte Konstellation
Kapitel 68 - Wendigo
Kapitel 69 - Durst
Kapitel 70 - Goldregen
Kapitel 71 - Ein Korb voll Süßigkeiten
Kapitel 72 - Neues Spiel
Kapitel 73 - Aufgabenkarten
Kapitel 74 - Familienmitglieder
Kapitel 75 - Frühstück
Kapitel 76 - Regenbogen
Kapitel 77 - Erleichterung
Kapitel 78 - Hochroter Kopf
Kapitel 79 - Tinte
Kapitel 80 - Frontscheibe
Kapitel 81 - Besprechung
Kapitel 82 - Fingerknochen
Kapitel 83 - Kuina!
Kapitel 84 - Medizinnachhilfe
Kapitel 85 - Das Versteck
Kapitel 86 - Unter Wasser
Kapitel 87 - Heiße Dusche
(*)
Kapitel 88 - Museum (Teil 1)
Kapitel 89 - Museum (Teil 2)
Kapitel 90 - Museum (Teil 3)
Kapitel 91 - Kannst du nicht einfach hier bleiben?
Kapitel 92 - Französische Zwiebelsuppe
Kapitel 93 - Fragestunde
Kapitel 94 - Viererrunde
Kapitel 95 - Aufwachen!
Kapitel 96 -
Kapitel 97 - Ablenkung
Kapitel 98 - Unsicherheit
Kapitel 99 - Das Date
Kapitel 100 - Wer zu nah an die Sonne fliegt ...
Kapitel 101 - Tayuya
Kapitel 102 - Untergetaucht
Kapitel 103 - Chishiyas Hartnäckigkeit
Kapitel 104 - Jiro und Hiroshi
Kapitel 105 - Mutiger sein
Kapitel 106 - Schlaflose Nebenwirkungen
Kapitel 107 - Wohliges Gefühl
Kapitel 108 - Andeutungen einer Erinnerung
Kapitel 109 - Ungutes Gefühl
Kapitel 110 - Versorgungstour in der Mall
Kapitel 111 - Strafakte
Kapitel 112 - "5-23er" (Beginn Serie)
Kapitel 113 - Tik-Tak-Toe (Arisu 1)
Kapitel 114 (Arisu 2)
Kapitel 115 - Wieder "zu Hause"
Kapitel 116 - Junggesellinnenabschied
Kapitel 117 - Auf ins nächste Spiel
Kapitel 118 - Seelische Altlasten
Kapitel 120 - Neuankömmlinge
Kapitel 121 - Stimmungsschwankungen
Kapitel 122 - Usagi's und Arisu's erster Abend im Beach
Kapitel 123 - (Update)
Kapitel 124 - Vorahnungen
Kapitel 125 - maskierter Killer
Kapitel 126 - Acht Stunden vor der Hochzeit
Kapitel 127 - Eine Hochzeit im Borderland
Kapitel 128 - Sieben
Kapitel 129 - Ewig währendes Leid
Kapitel 130 - Wie die Könige fallen
Kapitel 131 - Wie die Könige fallen II
Kapitel 132 - Der letzte Nachmittag Sayuuri's
Kapitel 133 - Morpheus ewiger Schlaf (Einführung)
Kapitel 134 - Morpheus
Kapitel 135 - Morpheus Totenreich
Kapitel 136 - Ungewohnte Behutsamkeit
Kapitel 137 - Die neue Situation im Beach
Kapitel 138 - Aufbruchsstimmung
Kapitel 139 - Wortlose Kommunikation
Kapitel 140 - Mörderisches Dreieck
Kapitel 141 - Mörderisches Dreieck II
Kapitel 142 - Die Fügung des Schicksals
Kapitel 143 - Der Henker und sein Richter

Kapitel 119 - Die böse Saht

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By buisnessstories

Drei Sekunden, länger braucht es nicht um etwas zum kompletten Gegenteil zu wenden. In der ersten Sekunde erwidere ich Aguni's schon fast krampfhafte Umarmung und bin einfach nur erleichtert, weswegen sich meine Gedanken abschalten und ich nichts hinterfrage. Schon zu lange habe ich zu verdrängen versucht was damals geschehen ist und sobald jemand auch nur das Thema angeschnitten hat bin ich in den Verteidigungsmodus gewechselt und habe abgeblockt. Aber dieses grässliche Grinsen heute Abend zu sehen hat mich wieder an alles erinnert.

In der nächsten Sekunde spüre ich etwas kaltes an meinem Handgelenk und löse mich verwirrt aus der Umarmung. Immer noch in Gedanken sehe ich nach unten und brauche einen Moment um zu begreifen, was der metallene Ring um meinem Arm zu bedeuten hat. Er hat mich an das Auto mit Handschellen gekettet? Das ist jetzt ein schlechter Witz oder?

"Was soll das?", bringe ich hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich merke wie sich mein Unterkiefer anspannt, dennoch bin ich vorsichtig bei Aguni. Wenn ich ihn verärgere tötet er mich einfach. 

"Du bist zu naiv"

"Mach mich los!"

"In dem Moment als du den Mann im Eingangsbereich eine Waffe vorgehalten hast ist er eine Bedrohung für uns alle geworden", sagt er seelenruhig und mustert mich von oben bis unten. Normalerweise würde ich meine Arme vor der Brust verschränken oder mit einem Spruch kontern, aber das kann ich mir in dieser Situation wohl kaum erlauben.

"Also bin ich was, dein Köder?!" 

"Sei froh dass Plan A ist dich am Leben zu lassen. Wenn der Typ hier her kommt um sich zu rächen verschaffe ich so Niragi und Chishiya Zeit ungestört und ohne Komplikationen die Schlüssel zu suchen"

"Ich bin also eine Komplikation? Hat sich nicht so angefühlt als ich dich damals vom Grund des Sees aufgefischt habe", fahre ich ihn an und wechsele in Gedanken in den Spielmodus. Mit einem Zaubertrick die Handschellen aufzubekommen fällt nicht in meinen Talentbereich, also brauche ich die Schlüssel, welche verlockend in seiner breitgeschnittenen Hosentasche verschwunden sind. 

"Vielleicht hättest du mich damals einfach ertrinken lassen sollen", sagt er ein wenig wehleidig, jedenfalls für seine Verhältnisse. Er wendet seinen Blick zur Seite und ich male mir meine Chancen aus, doch er ist zu weit entfernt. Mit seinen antrainierten Militär-Reflexen könnte er meinen Arm mit Leichtigkeit abfangen. Er muss also näher kommen.

"Heul nicht so rum und sei ein Mann. Du bist der Chef des Militärtrupps aber du benimmst dich gerade wie ein Kleinkind", sage ich mit leicht verachtendem Unterton und verdrehe gelangweilt sowie unbeeindruckt die Augen. Nicht zu viel, sodass er mir gleich eine Kugel in den Kopf schießt aber soviel, dass seine Halsader sich leicht anspannt. Er verschränkt die Arme vor der Brust und schnaubt leicht angefressen aus. Noch ein kleines Stück näher...

"Niragi hatte recht, du hättest diesen Kerl einfach erschießen sollen. Aber du bist nach all deiner Zeit hier im Borderland immer noch zu weich. Bei unserem Herzspiel warst du am Ende komplett neben der Spur, und das bei einem Stufe drei Spiel."

Ich bin mir nicht sicher ob er nahe genug ist, aber bald durchschaut er was ich vorhabe und dann ist es zu spät. Ich bezweifele, dass er näher kommen wird. Ich greife so schnell ich kann nach vorne und kann an meinen Fingerspitzen schon den Saum seiner Militärhose ertasten, als er mein Handgelenkt packt und es schmerzhaft verdreht. Ich unterdrücke einen Aufschrei und sacke leicht in die Knie, weshalb er meine Hand in die ursprüngliche Position dreht, aber seine Kraft nicht mindert.

"Glaubtest du wirklich das funktioniert? Ich dachte du wärst cleverer. Es ist effektiver jemanden den Schlüssel heimlich abzunehmen als schnell danach zu greifen. Selbst wenn du drangekommen wärst, hätte ich dich leicht überwältigen können", sagt er emotionslos und ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien. 

"Ist das so eine kranke Jedi-Lektion? Falscher Zeitpunkt Aguni!", erhebe ich meine Stimme. Langsam kommt mir der Gedanke, was geschieht wenn Agunis Plan aufgeht? Wenn der Mann wirklich kommt und ich hier in Handschellen an das Auto gekettet bin. Auch wenn ich beide Hände frei hätte wäre ich ihm körperlich unterlegen und ich denke nicht, dass Aguni in einer schwierigen Situation hierbleiben und mir helfen wird. 

Einen Moment überlege ich nach Chishiya und Niragi zu rufen, halte dann aber inne. Niragi würde seinem Boss niemals widersprechen und was sollte Chishiya dann noch ausrichten können. Wenn er mich überhaupt verstehen würde, ich meine ich war leichtsinnig und unachtsam, es ist meine Schuld also muss ich es auch wieder ausbaden. Und zugleich sind wir noch in einem Spiel, wenn die beiden herkommen und noch nicht alle Schlüssel haben gefährde ich mit dieser Aktion alle. 

"Ich habe es dir gesagt, hier ist es jedem egal wer am Ende stirbt. Hauptsache man ist es nicht selbst"

Ich möchte ihm Beschimpfungen entgegenbrüllen, doch meine Stimme versagt als ich ein widerliches Geräusch wahrnehme und in eine Schockstarre verfalle. Aguni verdreht krankhaft die Augen bis nur noch das weiße zu sehen ist und seine ganze Körperspannung verschwindet in der Sekunde, als sein Körper erschlafft und zu Boden fällt. Mein Blick fällt auf seinen Hinterkopf, eine klaffende Wunde aus der langsam kleine Tropfen Blut fließen. Ich sehe langsam auf und erkenne den Mann hinter ihm, es musste ja so kommen. Er sieht genüsslich auf den bewusstlosen Mann vor ihm und dreht spielerisch die Metallstange in seiner Hand. Dann sieht er zu mir. Überraschenderweise sieht er mich nicht so finster an und statt auf mich loszugehen, lässt er die Stange vorsichtig sinken und geht langsam auf mich zu.

"Weißt du, mein Bruder hatte Probleme. Schon unsere Mutter hat ihn immer den Hintern mit einem Kochlöffel versohlt, weil er immer Dreck gemacht hat aber es nie weggeräumt hat. Und als sie starb war es an mir hinter ihm aufzuräumen. Manchmal verlor er einfach die Kontrolle über sich und experimentierte, besonders bei Frauen. Schon fast zwanghaft ritze er ihnen mit dem alten Jagdmesser unseres Versagervaters etwas in die Haut. Doch er brachte es nie über das Herz seine Kunstwerke zu töten, deswegen musste ich immer hinter ihm herräumen. Ich meine selbst mit dreiundvierzig Jahren hat er immer noch nicht gelernt, seinen Dreck zu beseitigen"

Mein Atmen geht automatisch schwerer und ich muss mich dazu zwingen die Luft anzuhalten, um keine Panikattacke zu bekommen. Der Mann, den ich im Pik 10 Spiel kennengelernt habe war also nicht ansatzweise so schlimm wie sein Zwilling mir gegenüber. Er hat nicht damals gedacht ich wäre tot, er hat mich zu seinem Kunstwerk gemacht und konnte mich nicht töten. Ich habe mich schon so oft gefragt weshalb er mich ohne sich zu versichern, dass ich tot bin dort liegen gelassen hat. 

Als er einen Schritt auf mich zumacht weiche ich automatisch einen Schritt zurück, spüre aber sofort die kalte Autotür an meinem Rücken. Ich verstecke meine angekettete Hand hinter meinem Rücken in der Hoffnung, dass er meine aussichtslose Situation noch nicht bemerkt hat und rüttele leicht daran. Aguni es wird Zeit, dass du aufwachst. Er scheint schon längst bemerkt zu haben, dass ich nicht fliehen kann und kommt mir gefährlich nahe. Ich drehe mein Gesicht weg und spüre nur seinen Atem auf meiner Haut, bevor er eine meiner Haarsträhnen nimmt und hinter mein Ohr streicht. Leicht streicht er den Kragen meines Oberteils über meine Schulter und lugt in Richtung meines Rückens. Er weiß genau, wo sich das .... Kunstwerk seines Bruders befindet.

"Was steht dort?", zieht er meine Aufmerksamkeit auf sich und ich erkenne ein neugieriges Funkeln in seinen Augen. Ich schnaufe nur herausfordernd und begegne seinem Blick ohne zu blinzeln. Er nickt nur leicht und kaut leicht auf seiner Unterlippe herum bevor er endlich wieder Abstand nimmt. 

Er holt mit der Metallstange aus und ich kann mich gerade so ducken, als das Ende auf die Kante des Autodachs knallt und einen dumpfen Ton von sich gibt. Ich sehe verzweifelt zu Aguni und obwohl er wieder seine Augen öffnet sieht er nicht so aus als könnte er so schnell aufstehen, geschweige denn kämpfen. Ich habe keine Wahl wenn ich nicht als Pinata enden möchte. 

"CHISHIYA, NIRAGI!", schreie ich lauter als jemals zuvor, sodass meine Stimme am Ende schrill abbricht. Der Mann sieht mich nun wütend und nicht mehr spielerisch an, denn er weiß wenn er keinen Ärger will muss er mich schnell töten. Als er wieder ausholt drehe ich mich zur Seite und will meinen Arm schützend hochhalten, doch der metallene Ring um meinen Arm hindert mich daran. Sobald das Metall die Windschutzscheibe berührt zerspringt diese in tausend Einzelteile die klirrend in alle Richtungen zu Boden fallen. Gerade als ich mich aufrichte um erneut auszuweichen trifft mich die Stange mit voller Wucht in die Seite und trotz dass ich meine Zähne zusammenbeiße entfährt mir ein Schrei und ich sacke zu Boden.

Ein fürchterlicher Schmerz durchfährt meinen ganzen Körper und sofort schießen mir Tränen in die Augen. Aber im Gegensatz zu meine Schrei kann ich sie unterdrücken und ich verziehe nur mein Gesicht. Mein Atem stockt und in mir zieht sich alles zusammen. 

"Die Handschellen sehen unbequem aus, keine Sorge. Sobald ich dir die Hand zertrümmert habe bist du sie los", schreit er verrückt lachend und holt aus. Im nächsten Moment sehe ich nur etwas schwarzes im Augenwinkel und keine Sekunde später wird der Mann mit der grässlichen Grimasse umgeworfen. Erleichtert lasse ich meinen Kopf nach hinten fallen und schließe meine Augen, um die Schmerzen auszublenden. Ich kann nur noch die wütende Lache von Niragi hören, bevor ein hoher Piepton in meinen Ohren einsetzt. 

Das einzige was ich noch höre ist mein schwerer Atem und das unterdrückte Stöhnen. Bis etwas meinen kleinen Finger berührt und mich in die Realität zurückbringt. Ich zucke zusammen und sehe erschrocken in rabenschwarze Augen, doch als ich Chishiya's Gesicht und die weißen Strähnen wahrnehme beruhige ich mich ein wenig und nicke um verstehen zu geben, dass ich wieder alles mitbekomme. Er sieht nach hinten und ich folge dem Blick über seine Schulter und sehe, wie Niragi auf den Mann einprügelt und seine Schläge immer fester werden, je öfters er zu Aguni schaut. 

Während ich noch wie gebannt auf das Blut sehe, welches das ganze Gesicht des Fremden verdeckt, sieht Chishiya wieder zu mir und ich brauche eine Sekunde um mich von dem Anblick loszureißen. Ich versuche mich auf den Mann vor mir zu konzentrieren und und er nickt leicht, als er dies bemerkt. Dann sieht er zu meinem Arm, welcher wegen den Handschellen auf halber Höhe des Autos baumelt. 

"Wo sind die Schlüssel?", fragt er ernst und ich schlucke kräftig, damit meine Stimme bei den nächsten Worten versagt.

"Aguni's Hosentasche"

Im selben Moment scheint er die gesamte Situation zu verstehen und was hier geschehen ist. Er läuft mit seinen Händen in den Westentaschen zu Aguni und sein Gesichtsausdruck signalisiert, dass er es nicht eilig hat. Dennoch bemerke ich, wie er einen Schritt schneller als sonst läuft. Er hilft leicht grob Aguni sich aufsetzen, bevor er den Schlüssel nimmt und irgendetwas hochnäsig zu dem Chef des Militärtrupps sagt, bevor er wieder zu mir kommt. Niragi hat mittlerweile die Metallstange entdeckt und es scheint ihm nichts auszumachen, dass in diesem Spiel keine Waffen erlaubt sind. Er scheint an dem Rohr seinen Gefallen gefunden zu haben und prügelt weiter auf den Mann ein, der seinen Chef zusammengeschlagen hat. 

Chishiya schließt schnell das Schloss an meinem Arm auf und ich ziehe ihn sofort zu mir, um die Schmerzen ein wenig zu verlagern. Ich spüre seine Hand plötzlich an meiner Seite unter dem Pullover und bin für einen Moment so überrascht, dass meine Wangen ein wenig beginnen zu brennen. Doch sein Blick ist fokussiert und als er die Hand wegnimmt reibt er seine roten Fingerspitzen leicht aneinander. Blut. Meine Wunde ist schon wieder aufgerissen, fantastisch. Er scheint meinen Gedanken zu erraten und nickt zur Bestätigung, bevor er mich unter dem Arm greift um mir aufzuhelfen. 

Niragi's Gesicht ist mit unzähligen Blutspritzern versehen und als ich die alten, goldenen Schlüssel um seinen Hals erkenne entspanne ich mich ein wenig, da das Spiel somit gewonnen ist. Wir geben Niragi noch zwei Minuten Zeit um sich abzureagieren, denn ich glaube niemand würde freiwillig dazwischen gehen, auch wenn er mittlerweile nur noch auf eine Leiche einprügelt. Ich begegne Aguni's Blick nur mit Feindseligkeit, als Niragi ihn stützt und wir schweigend zum Ausgang des Spiels laufen. Chishiya hält ein wenig Abstand zu mir, doch auch nur so viel um im Notfall gleich bei mir zu sein. Auch wenn ich nur humpele halte ich ganz gut mit der Geschwindigkeit des Militärregimes mit. 

Ich bekomme nur schleierhaft mit, wie die mechanische Frauenstimme das Spiel für beendet erklärt und steige auf die Rückbank unseres Wagens. Glücklicherweise setzt Niragi seinen Boss auf dem Beifahrersitz ab und Chishiya klettert rechts von mir auf die Rückbank. 

Während der Fahrt gehe ich den restlichen Abend in Gedanken durch und sehe kaum hörbar seufzend aus dem Fenster. Ich versuche mich wahrscheinlich abzulenken, um keinen Nervenzusammenbruch vor den anderen zu bekommen. 

Niragi parkt den Wagen direkt vor dem Haupteingang und wirft den Schlüssel einem Mann von Militär ins Gesicht, damit er später den Wagen richtig parkt. Ich trotte hinter den anderen her und wie erwartet steuern sie gleich den Konferenzsaal an. Doch kurz vor den Stufen bleibt Chishiya stehen und schaut sich kurz um, bevor er wieder nach vorne sieht. 

"Du kannst in mein Zimmer gehen, dort habe ich ein Erste-Hilfe-Set. Ich komm dann später nach, jedenfalls wenn du das willst", sagt er leise und selbst von hier kann ich seine hochgezogenen Augenbrauen erkennen. Ohne meine Antwort abzuwarten läuft er weiter und ich bleibe noch einen Moment stehen, um mich umzusehen. Niemand beobachtet mich, also nutze ich die Gelegenheit und während die Führungsrege sich zu einer Besprechung zurückzieht, laufe ich zu Chishiyas Zimmer und schlüpfe unauffällig hinein. 

Ich stehe eine Weile einfach nur im Raum herum, hänge in Gedanken. Irgendwann ringe ich mich dazu durch mich in Bewegung zu setzen und ins Badezimmer zu gehen. Ich spritze mir ein wenig Wasser ins Gesicht und mit einem Blick in den Spiegel ziehe ich mein Oberteil aus und lege es auf die Waschbeckenablage. Ich brauche ein wenig um das kleine rote Täschchen zu finden und krame eine Salbe heraus. Ich lese schnell die Anleitung und den Nutzen auf der Rückseite durch und reibe sie mir vorsichtig auf meine Seite. Nach ungefähr dreißig Sekunden setzt die kühlende Wirkung ein und ausatmend stütze ich mich auf die Marmorplatte.

"Alles in Ordnung?", höre ich Chishiyas Stimme, die nun da wir alleine sind sanfter klingt. Verwirrt drehe ich mich um, da ich dachte ich hätte noch etwas Zeit für mich. Er sieht an mir herunter und sein Blick wird wieder fachmännisch, als er an meiner Wunde hängen bleibt. "Wir sollten dass wieder nähen, aber ich glaube zwei Stiche genügen. Warte hier"

Er läuft in das Hauptzimmer und kommt mit einem Plastikbecher zurück. Er reicht mir die klare Flüssigkeit und an dem Geruch erkenne ich, dass es Vodka ist. 

"Wirklich, du gibst mir das freiwillig?", lache ich schwach über die Situation, während er sich ein Bild über die Verletzung macht. 

"Ich habe keine Spritze hier. Hast du mit der Salbe aufgepasst, dass sie nicht in die Wunde kommt?"

"Ja", antworte ich wahrheitsgemäß während er sich Einweghandschuhe anzieht und eine Nadel bereitmacht. Er schüttet über dem Waschbecken Desinfektionsmittel darüber und drückt mich leicht an der Schulter nach hinten, damit ich mich an der Ablage abstützen kann. Während er die Naht setzt beiße ich die Zähn zusammen und um nicht wieder zu schreien, boxe ich ihn aus Reflex auf den Oberarm. Doch er zuckt nicht mal zusammen und arbeitet so schnell wie er kann. Er desinfiziert noch schnell die Wunde mit einem dünnen Tuch und klebt dann einen sterilen Verband auf die Stelle. Erleichtert atme ich aus und stelle mich wieder gerade hin.

"Hier", sagt er und zieht seine Weste aus. Bis jetzt hat er sie mir nur einmal gereicht, weshalb ich ihn verwundert ansehe und sie nur zögernd entgegennehme. "Dein Pullover hat ein wenig Benzin abbekommen"

Nickend streife ich mir die Weste über und sobald ich den Reißverschluss schließe scheint sich mein ganzer Körper zu entspannen. 

"Danke" 

"Das heute im Spiel darf sich nicht noch einmal wiederholen", ermahnt er mich und ich weiche seinem Blick aus. 

"Ich weiß, dass es dumm und leichtfertig war, okay?", sage ich verteidigend und verschränke trotz Schmerzen die Arme vor der Brust. 

"Ich weiß, wie du gesagt hast. Ich habe deine Emotionalität damals mit eingerechnet und trotzdem bin ich hier. Aber ich will nicht, dass du durch so ein unnötiges Risiko noch einmal verletzt wirst"

"Mhm", murmele ich und lasse meine defensive Haltung wieder ein wenig fallen. 

"Ich verstehe immer noch nicht, warum du mir nicht erzählt hast was bei deinem Pik 10 Spiel vorgefallen ist. Aber ich denke die Sache ist für dich jetzt abgeschlossen"

Abgeschlossen, was meint er? Wie kann sowas jemals abgeschlossen sein?

"Warum denkst du das?"

"Ich wette damals hast du ihn nicht sterben sehen. Aguni meinte er wäre einfach gegangen und hat dich liegen gelassen", beginnt er und ich kneife die Zähne zusammen. Aguni hat es also der Führungsrege erzählt. "Deswegen hattest du Zweifel als du seinen Zwillingsbruder gesehen hast. Aber den hat Niragi vor unseren Augen getötet, also ist es ein für alle mal beendet"

Hat er etwa recht? Ich meine ja, ich dachte wirklich er wäre es obwohl ich die einzige Überlebende bei dem 10er Spiel war. Ist das etwa der Abschluss den ich gebraucht habe, ihn sterben zu sehen?

"Vielleicht hast du recht"

Einen Moment beobachtet er jede meiner Reaktionen, bis ich ein müdes lächeln zustande bringe und ins Hauptzimmer laufe. An seinen Schritten höre ich, dass er mir folgt und ich sehe unsicher auf das Bett. Ich habe schon lange nicht mehr hier geschlafen, war das etwa seine Absicht als er meinte ich könnte in sein Zimmer kommen?

"Achja, ich habe hier etwas", meint er und unschlüssig drehe ich mich wieder zu ihm um. Er hält eine silberne Kette mit einem Schlüssel nach oben und seine Augen betrachten ihn aufmerksam, wie er hin und her schwingt. 

"Für was ist er?"

"Für den Videoraum. Ich habe ihn in den letzten Tagen bei der Versorgungstour selbst nachgemacht und möchte, dass du ihn hast"

"Wieso?", frage ich verwundert während er mir die Kette behutsam über den Kopf legt. Ich nehme ihn in meine Hand und drehe ihn leicht spielerisch mit meinen Fingern. 

"Tja, ich vertraue dir. Wenn er in guten Händen ist, dann bei dir", grinst er leicht und ein wohliges Gefühl macht sich in mir breit. Wieso sollte er mir diesen Schlüssel extra anfertigen, wenn er nur mit mir spielt. 

"Pass auf Chishiya, du wirst noch sentimental", lache ich leicht und er nimmt mir den Anhänger sanft aus der Hand, weswegen ich einen Schritt näher an ihn heran trete. 

"Erzähl es niemanden, ich will doch nicht meinen guten Ruf verlieren", grinst er frech und kann nicht anders als ihn kurz zu küssen. Verdammt habe ich das vermisst. Als ich mich wieder löse legt er seine Hand an meine Wange, wahrscheinlich um mich nicht an meiner Hüfte zu verletzen. "Dann ist wieder alles normal zwischen uns?"

"Ich habe schon lange nicht mehr hier geschlafen", bemerke ich eher als eine Antwort zu geben.

"Ich habe versucht dir deinen Freiraum zu geben", fängt er an zu erklären, doch wie ich ihn kenne verstrickt er sich bald in wissenschaftlichen oder logische Fakten, weshalb ich ihn gleich unterbreche.

"Das war denke ich auch richtig in der Situation"

"Und jetzt?"

"Jetzt will ich nur noch ins Bett", grinse ich schwach und er lacht leicht, bevor er zu seinem Doppelbett läuft und ich ihm folge. Ich lege mich als Erste auf eine der Seiten und auch wenn Chishiya vorsichtig zu sein scheint, lege ich mich näher zu ihm. Er sieht leicht zu mir runter und zieht mir die Kapuze ins Gesicht, weshalb ich nur ein entspanntes Geräusch von mir gebe und mich mittlerweile kraftlos an ihn kuschele.  


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