Brennende Feuer - Dunkle Scha...

Da MagdalenaEfrt

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Alles beginnt mit einer außerkörperlichen Erfahrung für Dalerana. Dann steigt die junge Frau hinab in das Rei... Altro

+ Vorwort +
1) An einem dunklen Ort
2) Späte Reue
3) Antworten, die keine sind
4) Das Tor zur Unterwelt
5) Der Fürst der Finsternis
6) Die Macht der Zerstörung
7) Bilder aus der Hölle
8) Namenlose Schatten
9) Moderne Medien
10) Nomen et Omen
11) Hell's Gate
12) Vorstellungen von der Hölle
13) Lux Eterna
14) Palast der Wünsche
15) Geteiltes Leid
16) Zuflucht
17) Bettgeflüster
18)Gottes Werk - Teufels Beitrag
19) Eine weitere Begegnung
20) Totengericht
21) Über Umwege
22) Das Lichtland
23) Das Gefilde der Binsen
24) Eine Warnung
25) Offenbarungen
26) Konfrontation
27) Fragen und Antworten
28) Nephilim
29) Am Ufer des Styx
30) Zischende Flammen
31) Türsteher
32) An der Weggabelung
33) Die Göttin vieler Dinge
34) Schwarze Schnecken
35) Traumreise
36) Tanz der Toten
37) Kopie und Fälschung
38) Alte Weisheit
39) Der göttliche Plan
40) Rückkehr
41) Die Jagd
42) Die weißen Räume
43) Uneins
44) Die Quelle des Bösen
45) Über die goldene Brücke
46) Unter dem Weltenbaum
47) Gegensätze
48) Der Leichenstrand
49) Abschied und Anfang
50) Nahende Rettung
51) Worte sind Waffen
52) Bruderkampf
53) Der Anfang vom Ende
54) Nemesis
55) Zwei Seiten einer Münze
56) Göttergericht
57) Daleranas Aufgabe
58) Das Buch des Lebens
60) Die vier letzten Dinge
61) Erleuchtung
62) Die neue Welt
63) Heimkehr

59) Eine Handvoll Angst

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Da MagdalenaEfrt


Vor uns liegt wüstes Land unter einer sengenden Sonne. Roter Sand, trockene Steine, tote Gerippe von Bäumen und kein Tropfen Wasser.

"Wo sind wir hier?"

"In meiner persönlichen Hölle?"

"In der Wüste?"

"Lass uns einen Spaziergang machen und ich zeige dir alles. Außerdem gibt es einiges, das wir noch besprechen sollten."

Ich nicke schweigend. Aljan hakt sich bei mir unter und führt mich durch den Sand.

"Ich wollte es mir nicht zu gemütlich machen, nur weil ich es könnte. Ich wollte nicht vergessen, wer ich bin. Ich will nicht aufhören, dankbar und demütig zu sein."

"Und das hier hilft?" Ungläubig schweift mein Blick über die karge Landschaft, die toten Bäume, die so ganz das Gegenteil zu Andens wildem Wald sind.

"Ich hoffe es", sagt Aljan. "Das hier ist aus einem meiner Lieblingsgedichte. Komm in den Schatten unter dem roten Fels, und ich werde Dir etwas zeigen. Ich zeige Dir Angst in einer Handvoll Staub."

"Klingt ja einladend." Ich folge ihm trotzdem, wie ich ihm schon immer gefolgt bin. Von Anfang an. Ich scheine gar keine andere Wahl zu haben.

Unter einem großen Felsen finden wir tatsächlich ein wenig Schutz vor der Sonne. Ich sinke neben Aljan in den Boden. Er greift sich eine Ladung Sand und lässt sie durch seine Finger rieseln.

"Tod kann Leben bedeuten", sinniert er. "Denk an deinen Schöpfer, ehe das Leben zu Ende geht – so wie eine silberne Schnur zerreißt oder eine goldene Schale zerspringt, so wie ein Krug bei der Quelle zerbricht oder das Schöpfrad in den Brunnen fällt und zerschellt. Dann kehrt der Leib zur Erde zurück, aus der er genommen wurde; und der Lebensgeist geht wieder zu dem, der ihn gegeben hat. Ja, alles ist vergänglich und vergeblich."

Ich mustere ihn scharf, aber er scheint weit weg in Gedanken zu sein.

"Vergeblich?", hallt meine Stimme wie ein vom Wind getragenes Echo.

Er schaut ruckartig auf.

"Ich war in Gedanken. In letzter Zeit kreist alles um das eine. Leben. Sterben. Ende. Anfang. Und mit der Zeremonie wird auch für uns ein neues Kapitel beginnen."

Jetzt mustert er mich gründlich. "Bist du sicher, dass du dazu bereit bist?"

Meine Kehle ist mit einem Mal genauso trocken wie unsere Umgebung. Ich schlucke schwer. "Ich glaube schon, aber es lässt sich so oder so nicht ändern. Werde ich es bereuen?"

Aljan kommt nicht mehr dazu, mir eine Antwort zu geben, denn wie aus dem Nichts steht eine Frau vor uns. Direkt vor unseren Füßen bleibt sie stehen, fuchtelt mit den Händen, dass die Goldkettchen an ihren Gelenken klimpern und sich einige dunkle Haarsträhnen aus ihrem Kopftuch befreien und ihr ins Gesicht fallen. Sie ist nicht mehr die Jüngste, aber ihr genaues Alter lässt sich mit dem Rouge auf ihren Wangen, den roten Lippen und den schwarzen Augen nicht beziffern.

"Zieh eine Karte", zischt sie und hält mir etwas vor die Nase. Ein Kartendeck fächert sich auf. Abgegriffene Karten, deren dunkelblauer Rücken mit goldenen Sternbildern, Sonnen und Monden gemustert ist.

"Aljan?", frage ich unsicher.

"Madame Sosostris." Er nickt knapp. "Zieh eine Karte. Sie sagt dir die Zukunft."

Zaghaft betaste ich die dargebotenen Karten, als wäre eine davon für mich bestimmt und ich könnte es fühlen. Aber wie immer, wenn ich vor einer Wahl stehe, spüre ich nichts. Sie fühlen sich alle gleich an. Also seufze ich und gebe mir einen Ruck. Jede wird so gut wie die andere sein.

"Die Liebenden", bekundet die Madame und schwenkt die Karte vor meinem Gesicht. Die Zeichnung zweier Liebenden in enger Umarmung verschlungen.

"Du ahnst es nicht und kannst nicht wissen, du siehst doch nur einen Haufen zerbrochener Bilder." Sie macht eine wegwerfende Handbewegung, nimmt die Karte und mischt sie wieder zu den anderen.

"Und jetzt du! Zieh eine Karte!"

Aljan zögert nicht lange und tippt auf eine Karte in der Mitte.

"Das Rad des Schicksals", flötet die Alte. Dann ergreift sie ein heftiger Hustenanfall. Ihr ganzer Körper wird geschüttelt. Es dauert eine ganze Weile bis sie wieder zu Luft kommt.

"Fürchte den Tod durch Wasser", krächzt sie mit erstickter Stimme.

Aljan schmunzelt unbeeindruckt von ihren Worten. "Danke Madam Sosotris."

Sie mischt auch seine Karte wieder zu den anderen.

"Das klingt nicht gut", bemerke ich.

Aljan winkt ab. "Ich lasse sie Verse aus dem Gedicht zitieren. Es hat nicht zu bedeuten."

"Ich sehe Menschenmengen, die geh'n im Kreis", röchelt die Alte und wird von einem weiteren Hustenanfall geschüttelt.

Aljan beachtet sie nicht weiter. "Komm mit", sagt er und steht auf.

Madame Sosotris scheint wirklich jemanden gesehen zu haben. Zwei Personen kommen uns entgegen. Ein alter Mann mit einem langen, weißen Bart in einer schmutziggrauen Kutte und einem langen Wanderstab in der Hand wird von einer Frau gestützt. Dem Alter nach könnte sie seine Tochter sein. Ihre langen brünetten Haare fallen ihr über die Schultern. Sie trägt ein einfaches Kleid aus gefärbter Baumwolle und ein Buch in der freien Hand.

"Schau, der blinde Prophet Tiresias", dringt Aljans Stimme an mein Ohr, "der auch nach seinem Tod in der Unterwelt sein Bewusstsein behalten durfte und Sybille, die Seherin."

Sybille führt Tiresias über den sengend heißen Sand in unsere Richtung. Aber sie laufen an uns vorbei, ohne uns zu beachten.

Es ist Madame Sosostris, die sie grüßt.

"Sybille, zieh eine Karte. Sybille, was willst du?" Ihre Frage geht in einen bellenden Husten über. Erst als sie sich auf die Brust klopft und das Röcheln verstummt, antwortet die Seherin.

"Sterben will ich!"

Interessiert beobachte ich, wie Sybille eine Karte zieht.

"Der Gehängte", murmelt die Hellseherin. "Das hätten wir, bin froh, dass es vorbei." Sie steckt die Karte mit vielsagender Geste zurück in ihr Deck.

"Ich wäre auch froh", gesteht Sybille und seufzt. "Einen Wunsch hatte ich frei. Nur einen. So viele Lebensjahre, wie Staubkörner in einem Häufchen Sand. So lange leben. Aber ich vergaß, mir ebenfalls andauernde Jugendlichkeit zu wünschen. Ich werde älter und älter. Von Alter gezeichnet. Schon siebenhundert Jahr. Ich werde unkenntlich. Werde nur noch eine Stimme sein."

Wie eine Fata Morgana zerfällt ihre Jugendlichkeit vor unseren Augen. Die Farbe weicht aus ihren Haaren, ihre Haut wird bleich und faltig und das Leben fließt aus ihrem Blick. Teresias legt ihr eine Hand auf die Schulter, um sie zu stützen.

"Zieh eine Karte, Teresias", fordert Madame Sosostris auch ihn auf und er gehorcht. Er streckt seine Finger aus, bis sie eine der Karte berühren.

"Der Eremit", verkündet die Hellseherin.

Ich habe genug gesehen und schaue Aljan fragend an.

"Da es deine Welt ist, kannst du mir das sicher erklären."

Während mir weitergehen, erzählt mir Aljan die Legende, wie Sybille auf Apollo traf und sich etwas wünschen durfte.

"Aber sie vergaß, sich zu einem langen Leben auch die Jugendlichkeit zu wünschen und so muss sie altern und verstehen, was es bedeutet, ewig zu leben." Aljan macht eine Geste über die uns umgebende Wüste. "Tod kann auch Erlösung sein. Etwas, das man herbeisehnt, damit etwas Neues werden kann. Ein Bestandteil des Lebens. Etwas, das sein muss. Das will ich nie vergessen."

Inzwischen ist ein leichter Windhauch aufgekommen, der angenehm über die Haut streicht.

Gestrüpp ohne Blätter, nur mit Astwerk wie leere Gerippe wachsen aus dem roten Sand hervor. Eine kalte Böe lässt mich schaudern.

Dann stoße ich einen Schrei aus, als vor uns eine Ratte aus einem der Büsche huscht und irgendwo in der Landschaft verschwindet. Unsere Umgebung verändert sich. Der Sand weicht zunehmend felsigem Untergrund, die struppigen Büsche der Vegetation werden größer und dichter. Am Horizont erhebt sich ein Gebirge und auf der anderen Seite hinter waberndem Nebeldunst die Silhouetten einer Stadt.

"Die unwirkliche Stadt", erklärt Aljan, "vibrierend zwischen zwei Leben, Sünde und Untergang. Dort lebe ich."

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