Ich schlage meine schweren Augenlieder auf und als mein Blick auf die Uhr auf meinem Nachttisch gleitet, schrecke ich auf. Die Rede des Hutmachers hat gerade angefangen, verdammt. Ich springe auf und schmeiße meine Klamotten unordentlich auf mein Bett, bevor ich mir meine schwarze, kurze Sporthose von Nike und mein weißes Shirt überziehe. Ich lege mir ein Haargummi um mein Handgelenk und nehme meinen schwarzen Gummiball mit.
Im Eingangsbereich angekommen mische ich mich unter die Menge und stelle mich unauffällig neben Kuina und leicht versetzt hinter Chishiya unter die Empore. Ich fahre mir durch die Haare, um mich zu beruhigen und nicht noch wie im Halbschlaf zu wirken. Ich lächele schnell Kuina zu, welche mich mit ihrem Strohhalm im Mund angrinst und mir zur Begrüßung zuzwinkert. Sie trägt ihren blauen Bikini und darüber eine Jeans.
Chishiya dreht nur leicht den Kopf zu mir nach hinten, doch sein Blick ist starr nach vorne zum Eingang gerichtet. Er trägt nicht wie sonst seine weiße Weste, sondern einen schwarzen Kapuzenpulli.
"Wir spielen heute wieder zusammen"
"Ich sage es wird ein Kreuzspiel", flüstere ich und beuge mich ein Stück vor, damit nur er es mitbekommt. Ich höre ihn grinsend schnaufen und er wendet doch seinen Blich vom Eingang ab. Er dreht seinen Kopf noch ein wenig nach hinten, dass unsere Gesichter sich ganz nahe sind.
"Genau der gleiche Gedanke kam mir auch"
Ich lache leicht und lehne mich grinsend wieder zurück. Der Hutmacher beendet schon seine Motivationsrede was kein Wunder ist, da ich erst gegen Ende gekommen bin. Die meisten setzen sich in Bewegung und Kuina drückt mich kurz zum Abschied. Ich laufe langsam neben Chishiya her und sehe mich ein wenig um. Aguni steht an der Seite des Hutmachers und rührt sich nicht, was bedeutet das diese Beiden heute nicht spielen werden. Niragi und der Typ mit dem Schwert sitzen schon in einem schwarzen Jeep und fahren los, was bedeutet dass wir nicht in der selben Gruppe spielen.
Chishiya steuert eines der Fahrzeuge an und lehnt sich an, da wir die Ersten sind. Links neben dem Eingang zum Hotel erkenne ich Izumi und Yuudai, die sich miteinander unterhalten und sie sieht besorgt aus.
"Hat sie es dir schon erzählt?", mein Chishiya, als ich mich neben ihn an das Auto lehne.
"Nein, aber sie meinte, dass es zur Zeit da jemanden gibt. Und da sie den neuen Koch noch nicht angebaggert hat, muss es ernster zwischen den beiden geworden sein"
"Er spielt heute mit uns, zusammen mit zwei weiteren"
"Das heißt dann wohl ich kann es mir wieder in der Mitte der Rückbank gemütlich machen", bemerke ich und er bestätigt es mit einem grinsenden Nicken. Mein Blick fällt wieder auf Yuudai, welcher anscheinend versucht meine Freundin zu beruhigen.
"Die Beiden denken wirklich, dass das niemand mitbekommt", verzieht er leicht das Gesicht und ich nicke nur leicht zustimmend.
"Trotzdem finde ich sie irgendwie süß zusammen", erwidere ich und als Yuudai auf uns zu kommt steige ich in den Wagen. Yuudai setzt sich auf den Fahrersitz und im Rückspiegel kann ich erkennen, dass er nervös wirkt. Ich beschließe im Spiel ein wenig auf ihn aufzupassen, jedenfalls so gut ich kann. Schließlich haben wir schonmal ein hartes Spiel zusammen überstanden und ich habe das Gefühl, es auch für Izumi tun zu müssen.
Wir parken vor dem Eingang eines Sportstadiums und steigen aus. Über dem Eingang hängt eine riesige, weiße Reklametafel mit dem Hinweis, dass es dort zum Spieleingang geht. Ich mache es mir wieder auf der Motorhaube gemütlich, während die zwei mir fremden Beachmitglieder vorgehen. Chishiya lehnt sich neben mich an den Wagen und Yuudai scheint zu verstehen, dass er der Nächste ist. Ich fange an, meinen Ball auf den Boden hüpfen zu lassen, um nicht unruhig zu werden.
"Willst du als nächstes gehen Chishiya?"
"Wenn es dir nichts ausmacht"
Ich schüttele nur den Kopf und spiele weiter mit meinem Gummiball. Er dopst auf dem Boden auf und bevor ich ihn wieder fangen kann, streckt der Mann neben mir blitzschnell die Hand aus und fängt ihn ab. Er lacht leicht, weshalb ich ihn spaßeshalber auf die Schulter schlage. Er behält den Ball noch einen Moment bei sich und sieht dann wieder mit ernster Miene auf das Stadion.
"Wie geht es deiner Seite?"
Verstehe. Ein Sportstadion bedeutet höchst wahrscheinlich körperliche Anstrengung, vielleicht ein Pik Spiel.
"Es wird schon gehen"
Er nickt nur leicht und hebt mir mit einem leichten Grinsen den schwarzen, kleinen Ball unter die Nase. Ich greife danach, doch er zieht ihn wieder weg und mein Griff geht ins Leere. Ich zucke leicht zusammen, da meine verwundete Seite zu brennen beginnt. Chishiyas Grinsen verschwindet wieder und er nickt nur nachdenklich, bevor er mir den Ball reicht.
Er zieht sich die schwarze Kapuze über den Kopf und nickt mir nochmal zu, bevor er die Hände in die Taschen seines Pullis steckt und auf die Reklame zuläuft. Ich warte einige Minuten, bevor ich von der Motorhaube springe und zum Eingang laufe. Ich achte erst nicht auf die anderen und suche mir ein Handy mit einer weißen Hülle aus. Während ich die Gesichtserkennung laufen lasse, stelle ich mich zwischen Yuudai und eine Frau.
Hier stehen insgesamt zwölf Personen und die zwei gegenüber von mir tuscheln miteinander. Sonst sind alle anderen stumm, auch wir aus dem Beach reden nicht miteinander. Nach wenigen Minuten ertönt die mechanische Stimme und ich sehe runter auf mein Handy.
Die Registrierung ist abgeschlossen, das Spiel beginnt. Teilnehmeranzahl: 12. Schwierigkeitsgrad: Kreuz 7. Spiel: Gruppendynamik. Regeln: Bildet zwei Gruppen mit der gleichen Anzahl von Mitspielern. Die eine Gruppe stellt sich nach links, die andere nach rechts, damit die Handys gescannt werden können.
Wir sehen uns an und ich stelle mich zu Yuudai, Chishiya und einem der anderen aus dem Beach auf die linke Seite. Bevor der Letzte vom Beach zu und läuft, kommen ihn die beiden, welche eben getuschelt haben, zuvor. Er sieht uns einen Moment verloren an, doch dann stellt er sich auf die andere Seite. Unsere Handys laden einen Moment und auf jedem Display erscheint eine Spielerzahl.
Die Gruppen wurden festgelegt. Folgt nun den Lichtmarkierungen zum ersten Spiel.
Wir befolgen die Anweisung und folgen den leuchtenden Pfeilen einen dunklen Gang an den Umkleiden vorbei. Am letzten Pfeil angekommen laufen wir nach draußen auf das Spielfeld und stehen am Anfang der Tribüne.
Willkommen beim ersten Spiel. Die Teilnehmer bilden jeweils die Nummer eins. Auf der ersten Stufe befinden sich zwei Schüsseln. Trinkt die Flüssigkeit daraus.
Ich sehe wie Yuudai sich in Bewegung setzt und einer der Männer aus der anderen Gruppe. Beide trinken die Flüssigkeit bis auf den letzten Tropfen aus und verziehen das Gesicht.
In der obersten Reihe der Tribüne befindet sich das Gegenmittel, jedoch gibt es nur eine Dosis. Das Schnellere überlebt und der Andere stirbt. Brauchen beide zu lange, sterben beide. Viel Glück.
Auf all unseren Displays erscheint eine Zeitanzeige von drei Minuten. Ich sehe nach oben, die Tribüne muss über fünfzig Reihen besitzen, dass ist machbar. Yuudai muss einfach nur schneller sein, und ich kann nichts tun, um ihm zu helfen. Die beiden fangen an die Reihen hinaufzulaufen, doch immer wieder fallen sie auf die Knie oder torkeln. Was auch immer in dieser Schüssel war, es muss schon wirken. Nervös drehe ich den Gummiball in meiner Hand und wippe ein wenig mit dem Bein. Yuudai hatte zwei Reihen Vorsprung, bevor der andere nach seinem Bein griff und er gefallen ist. Sie liegen ziemlich Kopf an Kopf und ich sehe nur auf die Uhr. Auf der letzten Bank vor dem Pult mit der Spritze werfen sich dann die Beiden aufeinander und prügeln sich, so gut sie es in diesem Zustand auch können. Ich beruhige mich, sobald Yuudai nach der Spitze greift und sie in seinen Oberschenkel rammt.
Erleichtert atmet er auf und setzt sich für einen Moment, der andere Mann liegt immer noch auf dem Boden und zuckt unnatürlich mit seinen Armen und dem Kopf. Mein Handy gibt einen klingenden Ton von sich und der Zweikampf scheint vorbei zu sein. Yuudai taumelt wieder nach unten, doch ich laufe ihm entgegen, um ihm zu helfen. Als ich ihn unten bei den anderen auf die Bank setze, nickt er mir dankend zu.
Zum zweiten Spiel werden jeweils die Mitspieler 2 und 5 gemeinsam antreten. In der Mitte des Spielfeldes ist ein Parkour aufgebaut. Welche Gruppe als letztes die Zielgrade passiert, verliert.
Ich sehe auf mein Display und dann zu Chishiya, welcher unmerklich den Kopf schüttelt. Yuudai sagt, dass er noch einen Moment sitzen bleibt und wir vorgehen sollen. Der andere Mann aus dem Beach und einer der Fremden sind in dieser Disziplin dran. Sie stellen sich an die Startposition und als aus den Lautsprechern ein lautes Geräusch ertönt rennen sie, als wäre der Teufel persönlich hinter ihnen her. Sie sprinten, klettern über Hindernisse oder kriechen unter ihnen hindurch. Es gleicht schon fast einem Parkour beim Militär und nach vier Minuten ist das Spiel auch schon vorbei. Die beiden aus unserer Gruppe kommen nicht als erste ins Ziel und zwei Laser schießen von oben durch ihre Köpfe.
Einen Moment später leuchten neue Markierungen auf und wir folgen ihnen schweigend. Auch Yuudai kommt zu uns und der Weg führt uns wieder ins Innere des Gebäudes. Wir laufen wieder einen der dunklen Gänge entlang und kommen zu einem kleinen, wenig beleuchteten Raum. Auf dem Tisch neben der Tür befinden sich zwei metallene Halsbänder und in der Mitte des Raumes steht ein spielbereiter Billiard-Tisch.
Die Nummern Drei treten gegeneinander an. Bevor das Spiel beginnt, legt bitte das Halsband mit dem Sprengsatz um.
Chishiya geht ohne zu zögern zu dem Tisch und schließt sich das explosive Halsband wie selbstverständlich um seinen Hals. Ich tausche einen Blick mit Yuudai aus und ich drehe wieder den Gummiball in meiner Hand. Chishiya bekommt das hin, schließlich kann er so gut wie alles. Als er sich schon einen Billiard-Stock nimmt und sein Handy in der Pullover-Tasche, setzt sich auch der andere Spieler in Bewegung. Als er sich das Halsband umschließt, läuft ihm eine große Schweißperle herunter. An der Art, wie er seinen Stab hält erkenne ich, dass er vor Angst zittert. Das Spiel geht nicht sonderlich lange, denn durch das Zittern verfehlt er oft den Ball und Chishiya versenkt einen nach dem anderen.
Trotzdem, die Vorstellung wie Chishiyas Halsband explodieren könnte lässt mich zusammenzucken und nur nervöser werden, selbst als das Ergebnis schon feststeht. Und wie selbstverständlich er es umgelegt hat, das rote Licht scheint ihn nicht zu beunruhigen aber ich kann die Nervosität seines Gegners verstehen. Sobald Chishiya die schwarze 8 versenkt, senke ich unauffällig meinen Blick und als ich das laute Piepen höre, schließe ich meine Augen. Ich versuche das Geräusch der Explosion auszublenden und sehe statt zu der Leiche am Boden zu Chishiya. Sein Halsband leuchtet grün auf und als es sich öffnet, legt er es zurück auf seinen Platz neben der Tür.
Die neuen Markierungen leuchten auf und wir folgen ihnen bis zu einer kleinen Trainingshalle. In der Mitte liegen einige Matten und ich erkenne zwei gegenüberliegende Tische, auf dem jeweils etwas Glänzendes liegt.
Die Nummern vier treten im Gladiatorenwettkampf gegeneinander an. Der Kampf findet nur auf den Matten statt und keiner der anderen Spieler darf verletzt werden. Viel Glück.
Chishiya und Yuudai sehen zu mir, doch ich schüttele verneinend den Kopf. Die Spieler mit der Nummer vier stellen sich gegenüber einander auf und nehmen sich ein langes Schwert von den Tischen. Sie kämpfen nicht lange, denn der Mann aus unserer Gruppe scheint Hemmungen zu haben und zögert zu oft. Als der Andere seinen Arm durchtrennt, wende ich meinen Blick ab und schaue zur Seite auf Chishiyas Pulli. Auch Yuudai scheint seinen Blick abzuwenden, und würden die Schmerzensschreie des Mannes auf der Matte mir nicht in den Ohren hallen, wäre ich froh darum. Er ist zwar im Militärtrupp, aber er hat immer noch soetwas wie Mitgefühl.
Ich zucke unmerklich zusammen, als die Schreie abrupt enden. Sechs Teilnehmer je Gruppe und fünf haben ihre Spiele schon gespielt. Anscheinend bin ich wohl jetzt an der Reihe. Wir folgen den Lichtmarkierungen aus dem Raum und ich kann mich nicht davon abbringen, mich noch einmal umzudrehen. Ich erkenne viel Blut auf der Matte und den Kopf des Mannes, welcher etwas entfernt von seinem Körper liegt, bevor sich Chishiya davor stellt und mir die Sicht versperrt. Mein Blick gleitet zu seinen Augen und er mustert mich für einen Moment, aber ich drehe mich wieder nach vorne und laufe weiter.
Die Pfeile führen uns zu den Sportumkleiden und wir stehen im Halbkreis vor zwei Wannen. Sie sind bis zum Rand mit Wasser gefüllt und es schwimmt eine Menge Eis darin. Ich sehe zu der anderen Gruppe, die Einzige die noch nicht gespielt hat ist eine andere Frau.
"Was ist das?", flüstert Yuudai und sieht direkt zu mir.
"Footballspieler nehmen oft nach dem letzten Training vor einem großen Spiel so ein Eisbad", antworte ich, da ich so etwas schon einmal gesehen habe. Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe herum, bis die mechanische Stimme wieder ertönt.
Die letzte Aufgabe: Ihr müsst euren letzten verbliebenen Spieler im Eiswasser ertränken