42 | Nichts als Verlierer

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Kiral saß in seinem schwarzen Sessel, auf seinem Schoß die Olle, die auch neulich schon dabei gewesen war. Rauchschwaden hingen in der Luft, verschluckten das Innenleben des Raumes.

»Du hast es auch noch geschafft. Unglaublich«, lachte Kiral und fokussierte mich mit seinem Blick. Ich konnte nicht so recht deuten, worauf er hinaus wollte. Er wirkte genauso uneinsehbar wie immer. Nicht wütend. Das war gut, schätzte ich.

Oder auch nicht. Er hatte bestimmt auch eben noch gelacht, als er dem Kerl eine reingeschlagen hatte.

»Was willst du?«, fragte ich ihn. Bereit, diese Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen und dann etwas Entspanntes tun.

Die Schwarzhaarige nickte mir knapp zu und fixierte mich einen Moment lang mit ihrem Blick. Blaue Augen, mit dünnen Kajallinien umrandet. Ihre Miene ausdruckslos, so dass ich sie unmöglich deuten konnte. Allgemein fiel es mir schwer, sie und die Rolle, die sie hier hatte, einzuschätzen. Sie war definitiv mehr als eine Schlampe, die von Kiral gefickt wurde, das war an ihrer sämtlichen Ausstrahlung zu spüren.

»Ich habe ein Angebot für dich«, sagte Kiral und lehnte sich zurück, während er seine Hand auf dem Oberschenkel der Frau ruhen ließ. Auch heute trug sie hautenge Jeans und ein T-Shirt mit Ausschnitt, der so tief war, dass man gar nicht anders konnte, als auf ihre tätowierten Titten zu gucken. Konnte mir keiner erzählen.

In diesem Moment griff sie nach Kirals Hand und schob diese bestimmt von ihrem Schenkel. Sie erhob sich mit einer grazilen Bewegung. »Setz dich doch hin«, trug sie mir auf. Ihre Stimme war rau, als hätte sie in ihrem Leben schon ein paar Zigaretten zu viel geraucht, ein paar Whisky zu viel gesoffen. So sah sie auch aus, wenn man ihr Gesicht näher betrachtete, was sich nur unauffällig unter der vielen Schminke abzeichnete.

Ich warf ihr einen abgefuckten Blick zu, der klarmachte, dass ich garantiert keiner war, der sich von so einer Fotze herumkommandieren ließ. Und doch ließ ich mich auf dem Sessel mit dem blankgewischten Leder nieder, während sie sich gegen die Wand lehnte und mit verschränkten Armen alles im Blick behielt. Manchmal war es schlichtweg besser, keine unnötige Konfrontation zu riskieren.

»Eine kleine Geste zur Versöhnung quasi«, begann Kiral zu erklären. »Ich möchte doch, dass wir Freunde bleiben, trotz allem, was passiert ist.«

»Was soll das?«, fragte ich misstrauisch. Es gab keinen Grund, warum er mir das anbieten sollte. Trotz allem, das geschehen war.

»Es ist ein absolut fairer Deal. So wie ich dich kenne, schätze ich dich als einen hungrigen Jungen ein. Einer, der nie genug bekommen kann und der nach ganz oben will. So bist du doch, oder etwas nicht?« Er faltete seine Hände vor seinem Bauch.

»Hau raus. Ich weiß ja nicht, wie's dir geht, aber für mich ist Zeit verfickt knapp.« Ich warf ihm einen ungeduldigen Blick zu. Aggressivität lag in der Luft, ich spürte sie deutlich inmitten all des Rauchs. In der Anspannung meiner Muskeln und dem musternden Blick der Frau, die mir irgendwie nicht geheuer war.

Warum genau, wusste ich nicht, doch ich schaffte es nicht, sie einzuschätzen. Das stresste mich. Warum sie sich nicht einfach verpisste. Aus welchem Grund sie unser Gespräch überhaupt interessierte.

Kiral zog die dunklen Augenbrauen zusammen und fokussierte seinen Blick auf etwas, das dort auf dem Teppichboden lag. Mit einer langsamen Bewegung bückte er sich danach und als er sich aufrichtete, erkannte ich auch, was es war, das er dort in seinen Fingern hielt. Ein blutiger Zahn.

Vor meinem Auge flackerte wieder der Kerl auf, der sich eben die Hand vor den Mund gepresst hatte. Das Blut auf den Boden gespuckt.

Mein Magen zog sich zusammen.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt