41 | So viel Hass

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Am nächsten Morgen wurde ich viel zu früh wach, weil das nervige Piepsen eines Weckers erklang. Alter. Jeder Hurensohn, der sich ernsthaft so ein Teil einstellte, gehörte doch umgebracht und das auf grausamste Weise.

Stöhnend drehte ich mich auf den Rücken. Noch kämpfte sich kein Funken Licht zu meinen Jalousien hindurch. Ich schmeckte das Pappmaul, das meinen Mund in Beschlag genommen hatte. Dann erst wurde mir bewusst, dass ich nicht alleine in meinem Bett lag – und neben mir nicht irgendeine Olle, sondern Fede. Fuck.

Ich wandte meinen Blick ein wenig zur Seite, wo er mit zerzausten Haaren lag. Er hatte sich ziemlich zusammengerollt, die Knie angezogen und sah viel zu süß dabei aus. Meine Fresse. Wenn es nur irgendeine Möglichkeit geben würde, Gedanken zu steuern und manche Sachen nicht mehr zu denken, würde ich sie direkt ergreifen.

»Mierda«, murmelte er und war offensichtlich genauso fertig wie ich. Erneut erklang der Wecker mit einem schrillen Geräusch, während er sich nur langsam aufrichtete. Sich mit einem Seufzen durchs Gesicht fuhr.

»Ich hasse dich«, stöhnte ich und schlug mit der Hand nach Fede. Meine Bewegung war zu fahrig, noch zu schläfrig, als dass ich ihm wirklich wehtun konnte. Er tastete nach seinem Handy, dann erstarb das Piepsen. »Wie kann man freiwillig so früh aufstehen. Hoffentlich wirst du von 'nem Bus überfahren.«

»Dafür, dass du so müde bist, steckst du echt viel Energie in deine Hasstirade.« Er lachte. Konnten sich diese ganzen degenerierten Politiker nicht endlich mal ein Gesetz einfallen lassen, dass Lachen so ekelhaft früh verbot? Oder am besten ganz.

»Halt einfach deine dumme Fresse.« Keine Ahnung, woher diese Aggressionen auf einmal kamen.

»Zum Glück lass ich mich nicht von dir verunsichern«, grinste er und es fiel mir nur für einen Sekundenbruchteil auf, doch irgendwie wirkte er losgelöster. Wieder besser drauf als gestern, nicht mehr so angestrengt. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare, die vom Schlafen ziemlich durcheinander waren. »Könnte ich denn bei euch duschen gehen?«

»Alter, was für'n Opfer bist du, wer fragt denn extra?«, fuhr ich ihn an. Meine Laune hatte echt einen neuen Tiefpunkt erreicht. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Fede ernsthaft in meinem Bett geschlafen hatte und wir nicht einmal gekuschelt hatten. Uns nicht ansatzweise berührt oder sonst was.

Verdammt, ich hatte so viel erhofft.

»Wo habt ihr Handtücher?«

»Such halt, meine Fresse.« Ich zog mir die Decke über den Kopf und atmete die stickige Luft ein, unter die sich auch der abgestandene Zigarettenrauch gemischt hatte, der in unserer Wohnung überall hing. Doch jetzt war da auch ein anderer dabei. Der von Fede, wenn das jetzt nicht vollkommen bescheuert war.

Während Fede mit seinen Klamotten in der Hand aus meinem Zimmer verschwand, brachte ich mich in eine sitzende Position und griff nach meinen Zigaretten. Inhalierte den Rauch tief, während die Müdigkeit wie ein schwerer Mantel auf meinen Schultern lag. Sie drückte mich nach unten und nahm mir das Gefühl, die ganze Scheiße zu schaffen, die heute anstand. Arbeit. Eine ausführliche Trainingseinheit im Fitnessstudio. Und nicht zuletzt das Gespräch mit Kiral.

Es dauerte nicht einmal die Länge einer Zigarette, bis Fede wieder ins Zimmer kam. Seine Haare waren noch nass, sodass sie beinahe glatt waren und ihn ganz anders wirken ließen. Ich mochte die Locken an ihm mehr.

Okay, alles oder nichts. Ich wollte mich nicht länger wie ein Versager fühlen, weil ich ihm nicht näherkam, auch wenn ich eigentlich schon einmal gemerkt hatte. Wollte nicht, dass es mich noch länger runterzog, weil ich es nicht mal versucht hatte.

»Also irgendwie find ich das unfair«, merkte ich an und wandte ihm meinen Blick zu, während er seine Zahnputzsachen in seinem Rucksack verstaute. Spürte die Anspannung, die sich augenblicklich in mir ausbreitete.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now