28 | Aufgeschmissen

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Ich zog die weiche Decke etwas höher und auch wenn tief in mir diese Leere war, die alles zu vereinnahmen schien, war sie auf einmal gar nicht so schlimm. Hier fühlte ich mich wohl. Sicher. Der Gestank von Alkohol und kaltem Rauch, der an meinen Klamotten hing, stieg mir in die Nase und doch war darunter noch ein leichterer Geruch, viel weniger bemerkbarer, den ich irgendwie mochte. Herb und auch angenehm.

Fedes Geruch.

So war es leicht, mir vorzustellen, dass er ganz nah bei mir war.

Verdammt.

Das war Bullshit, er lag nicht neben mir. Stattdessen war da nur diese eine Erinnerung, die sich langsam verklarte. Daran, wie ich die Waffe in der Hand hielt und mein Finger auf dem Abzug lag. Ich musste.

Doch ich hatte es nicht geschafft.

Und jetzt waren da ein Haufen Probleme. Tarek, den ich im Stich gelassen hatte. Die Kohle, die ich den Junkies nicht hatte abknöpfen können. Die Waffe, die ich nicht mehr hatte. Und Kiral, der das garantiert nicht auf sich sitzen lassen würde.

Ich presste meine Zähne aufeinander, fühlte den Druck, der sich in meinem Gesicht ausbreitete und immer stärker würde, so als würde ich gleich von innen heraus explodieren. Fast hektisch riss ich meine Augen auf. Spürte, dass ich meine Finger in den Stoff des Spannbetttuchs verkrampfte. Es kostete mich viel Kraft, sie wieder zu lockern, während ich nach und nach den Raum erkannte, in dem ich mich befand.

Ein wenig Licht fiel durch die nur halb zugezogenen Vorhänge herein. Möbelumrisse, an der gegenüberliegenden Wand das Poster einer halbnackten Ollen in Spitzenunterwäsche.

In dem anderen Bett entdeckte ich die Silhouette von Leonardo, auf dem Boden Federicos dunklen Lockenschopf. Er lag mit dem Rücken zu mir und der Schein seines Handys verriet mir, dass er bereits wach sein musste. Kurz blieb mein Blick an seinem Hintern hängen, der nur teils von der dünnen Wolldecke bedeckt wurde. Sein Shirt war ein wenig hochgerutscht und offenbarte ein Stück seines Rückens. Sonnengebräunte Haut mit ein paar Muttermalen, die sich von der rotblau karierten Boxershorts abhob.

Okay, ich sollte ihn echt nicht so offensichtlich anstarren. Ich biss mit meinem Eckzahn auf die Unterlippe und konnte es doch nicht lassen. Er hatte halt schon einen geilen Arsch, ehrlich gesagt.

Es kam Bewegung in ihn, ein Rascheln war zu hören, als er sich zu mir umwandte. Schnell sah ich wieder weg und hörte ihn dann fragen: »Du bist wach?«

»Hey«, murmelte ich dann, meine Stimme so schleppend wie ich mich fühlte. »Has' du jetzt extra aufm Boden gepennt?«

»Siehst du doch.« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Fede sein Handy weglegte und sich in den Schneidersitz brachte. Entweder hatte er echt nicht gemerkt, wie ich ihn angeguckt hatte oder er ließ sich nichts anmerken. Wie auch immer, war besser so.

»Hättest du nicht müssen.« Ich räusperte mich und schmeckte den säuerlichen Geschmack von viel zu viel Alk in meinem Mund.

»Du hast mir doch keine andere Wahl gelassen.« Er lachte leise, während er sich auf seine Beine brachte und die Wolldecke ans Fußende seines Bettes schmiss. »So hart wie du dich breit gemacht hast.«

»Ähm ... ja.« Ich sah ihm dabei zu, wie er sich durch seine Klamotten im Schrank wühlte und ein paar davon auf seine Arme legte. Auf einmal wurde mir ziemlich übel und ich drehte mich stöhnend auf den Bauch, zog mir die Decke über den Rücken. Aber viel brachte das auch nicht.

Während ich noch abwog, ob es die Mühe wert war, aufs Klo zu gehen und meine drückende Blase zu erleichtern, vielleicht auch zu kotzen war zu hören, wie die Tür ins Schloss gezogen wurde. Die nächste Zeit verstrich schleppend, während ich mich immer wieder umdrehte, was aber auch nicht für Besserung bezüglich meines Magens sorgte. Der hatte sich dafür entschieden, ein absoluter Hurensohn sein zu wollen.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt