4. In goldenem Licht

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"Wir fahren ins Ryokan! Wir fahren ins Ryokan!", Fumiko sang aufgeregt in ihrem Kindersitz von ihrer Liebe zu Badehäusern, obwohl Melodie sicher war, dass das kleine Mädchen noch nie eines besucht hatte.

Es störte sie nicht, genauso wenig wie Takeo oder Reiji. Im Auto herrschte eine fröhliche Aufbruchsstimmung. Als sie die Kinder von der Schule abgeholt hatten, war Takeo mit einem strahlenden Lächeln auf Melodie zugelaufen.

Der Stolz über seinen bestanden Test war deutlich in seinem Gesicht gestanden. Wie üblich hatte Takeo ihr alles über die Gefühlsachterbahn der Testsituation erzählt und erst im zweiten Satz begriffen, dass sein Vater knapp hinter Melodie im Schatten stand. Überrascht hatten sich die Kinder an Melodie gedrückt.

"Was ist denn los?", hatte Takeo besorgt gefragt. Reiji war schneller mit einer Antwort gewesen und hatte ohne Umschweife seinem Sohn zu seinem Erfolg gratuliert und die Kinder ins Auto geschoben. Ein Blick hinter sich hatte Melodie Reijis Hektik erklärt. Die Mütter der anderen Kinder waren ihnen bereits auf den Fersen gewesen. Lächelnd blickte sie zum Fahrersitz und betrachtete Reiji von der Seite. Sein starkes Kinn und die streng zusammengepressten Lippen gaben seinem Profil mehr Charakter. Konzentriert starrte er nach vorne, was er dachte, war unergründlich.

"Melodie, ich hab Hunger.", brummte Takeo und lehnte sich im Sitz nach vorne.

"Ich hab mir sowas schon gedacht.", antwortete sie und holte ein paar der Snacks aus ihrem Rucksack. Die Kinder fielen glücklich über die Süßigkeiten her und unterhielten sich zufrieden.

"Für dich habe ich auch was.", meinte Melodie und zog eine Packung von Reijis lieblingsschokolade hervor. Nach einem überraschten Seitenblick, sah er wieder nach vorne.

"Woher weißt du, dass ich die gerne hab?" "Ich habe in der Küche deine geheime Naschlade gefunden. Sehr clever die Schokolade bei dem Gemüse zu bunkern. Fumiko hätte dort sicherlich nie nachgesehen." Sie konnte ein kleines Lächeln über sein Gesicht huschen sehen.

"Aber dir konnte ich nichts vormachen."

"Genau, also versuch es erst gar nicht. Möchtest du nun ein Stück?"

"Ich fahre. Vielleicht später." Melodie schnaubte und brach ein Stück Schokolade ab.

"Es gibt immer eine Lösung." Grinsend hielt sie ihm die Schokolade vor den Mund. Nach kurzem Zögern ließ er sich tatsächlich von ihr füttern. Gelassen lehnte sie sich zurück und genoss das Beisammensein.

Es war das erste Mal, dass sie sich als Teil einer Familie sah, als wichtiger Bestandteil einer Einheit. Die Zeit bei den Kobayashis war wie ein Traum und das näher rückende Ende bescherte ihr große Bauchschmerzen. Wie würde sie diesen lieben Kindern auf Wiedersehen sagen können? Schlimmer noch war der Gedanke zurück in ihren langweiligen Bürojob zu gehen und einsam ihre Tage zu fristen.

Wien war wunderschön und sie würde diese Stadt mit all ihren Freunden immer als Heimat betrachten, doch wenn sie sie mit ihrem Leben bei Reiji und den Kindern verglich, schien Japan sie einfach glücklicher zu machen.

"Wir sollten rechtzeitig zum Abendessen dort ankommen. Wollen wir zuerst Essen und uns dann das Onsen ansehen?", fragte Reiji und riss sie aus ihren trübsinnigen Gedanken.

"Ja, das hört sich gut an. Dann werde ich die Kinder mal von dem Süßkram trennen." Dieser Abschied fiel ebenfalls nicht leicht. Besonders Fumiko weigerte sich strickt, doch mit dem Versprechen eines noch besseren Abendessens ließ sie sich schließlich umstimmen.

Mit der langsam untergehenden Sonne trafen sie in Nikko ein und fuhren dem Navi nach zu einem großen Gebäude, das direkt über einem Fluss lag. Es war eines der schöneren Ryokans und versprach nicht nur perfekten Service sondern auch den unglaublichen Blick auf einen tosenden Fluss. Sie parkten und beschlossen gleich ein Restaurant zu suchen.

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