5. Dialog bei Eis

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Nach kurzer Zeit hatten wir einen kleinen Spielplatz erreicht und voller Freude war der kleine Mann, nachdem er die Zustimmung seiner Mutter bekommen hatte, darauf zugerast.

Caroline und ich, beide noch immer mit einem Eis in der Hand, setzte uns auf eine der freien Bänke und beobachteten schweigend unser Eis essend den kleinen Paul beim spielen.

"Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich so um Ihn kümmern. Das würde nicht jeder machen." Ein dankbares Lächeln erschien auf Carolines Lippen.

"Selbstverständlich.", antwortete ich einsilbig. Eigentlich war ich nicht sonderlich gewillt ein Gespräch mit ihr zu führen.

"Ich finde es nicht selbstverständlich." Sie zögerte kurz. "Ich weiß, dass er John extrem ähnlich sieht und an Ihren Reaktionen kann man sehen, wie schwer es Ihnen oft fällt, aber dennoch sind Sie so lieb zu ihm, dass mein Mutterherz Sprünge macht."
Skeptisch sah ich sie kurz an. Was wollte sie mit diesem Gespräch bezwecken?

"Paul mag Sie wirklich sehr.", fügte sie dann noch an. "Ich mag ihn auch sehr."

"Wann–", kurz zögerte ich, ob ich überhaupt nachfragen wollte, "Wann ist es so weit?" Ohne genauer darauf einzugehen, wusste Caroline wovon ich sprach und fuhr sich liebevoll über den dicken Bauch. Mit meinen Augen folgte ich den Bewegungen ihrer Hand. "Noch drei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin." Ihr war mein Blick anscheinend aufgefallen, denn lächelnd wand sie sich wieder zu mir. "Möchten Sie ihn mal berühren? Es macht mir nichts."

Wollte ich ihren Babybauch berühren? Wollte ich Johns ungeborenes Kind spüren? Noch nie hatte ich einen Babybauch in einem so fortgeschrittenen Stadium berührt. Eigentlich hatte ich genau einmal einen Bauch berührt und das war der von Tina im vierten Monat. Der war jedoch nicht einmal ansatzweise mit Carolines Kugel zu vergleichen. Zögerlich nickte ich.

Meine Hand zitterte leicht als ich sie auf den glatten Stoff über ihrem Bauch legte. Es fühlte sich an wie ein prall gefüllter Bauch und wüsste ich nicht, dass sich darin ein Baby befindet, könnte ich auch sagen, dass es sich wie ein normaler Bauch anfühlte.

Vorsicht begann ich darüber zu streichen. Plötzlich spürte ich einen kleinen aber bestimmten Druck an meine Handinnenfläche. Überrascht sah ich zu Caroline auf. "Oh", lachte sie, "es hat getreten. Haben Sie es gespürt?" Wie hypnotisiert starrte ich auf ihren Babybauch und nickte andächtig.

"Wissen Sie das Geschlecht schon?", fragte ich neugierig nach und konnte es mir nicht nehmen weiterhin über das gutbehütete Baby zu streichen. "Nein, ich wollte mich überraschen lassen."

"Haben Sie sich schon für einen Namen entschieden?", fragte ich ungeniert weiter. Zu sehr war ich fasziniert davon, dass Caroline bald einen kleinen neuen Menschen auf die Welt bringen würde.

"Wenn es ein Junge wird Nicklas und wenn es ein Mädchen wird–" "Emerenz.", unterbrach ich sie unhöflich und zog meine Hand wieder von ihrem Bauch als hätte ich mich verbrannt.
Wie zuvor nahm ich meine ablehnende Haltung ihr gegenüber wieder ein und beobachtete mit harten Blick Paul, der gerade die Kletterburg nach oben kletterte.

"Ja. Woher wissen Sie das?", fragte sie überrascht. Um die Wut und Enttäuschung zu unterdrücken biss ich meine Zähne fest aufeinander. Mein Kiefer spannte sich unangenehm an und ich wusste, wenn ich ihr jetzt antworten würde, würde es keinesfalls freundlich von statten gehen.

"John hat die Namen gleich zu Beginn der Schwangerschaft ausgesucht.", erklärte sie mir noch immer verwirrt.

"Nein hat er nicht. Genauso wenig wie Paulus." Meine Stimme war leise und an Carolines Reaktion, die ich im Augenwinkel erkennen konnte, wohl furchteinflößend, denn die zierliche Damen setzte sich etwas aufrechter hin, zuckte jedoch auch etwas zurück und beobachtete mich angespannt.
Sie wollte etwas sagen oder vielmehr fragen. Doch schloss ihren Mund ohne einem Ton wieder.

unmoralisch ✓Where stories live. Discover now