Epilog

4.5K 246 86
                                    

Charles

"Charles, das Meeting morgen Nachmittag ist wirklich wichtig." Francis stand abwartend in meiner Bürotür und sah mir leicht genervt entgegen. Er sprach es aus als wäre mir das selber nicht bewusst.
In der letzten Zeit lief das Unternehmen weniger gut, weshalb spätestens jetzt alles perfekt laufen musste, wodurch dieses Meeting tatsächlich wichtig war. Wir durften uns keinen Fauxpas mehr leisten.

Die letzten fünf Jahre waren unglaublich schnell vergangen und während vor allem die Beziehung zu meinem Vater von Tag zu Tag besser wurde, hatte die Firma sehr gelitten. Die Kooperation mit Troys Firma war momentan so ziemlich das Einzige, was uns etwas auf den Beinen hielt. Ich war Troy für seine Unterstützung wirklich dankbar. Nicht nur im geschäftlichen Sinn.
Durch den andauernden geschäftlichen Kontakt, war meine Beziehung zu Troy besser geworden und mittlerweile konnte ich ihn tatsächlich zu meinen engsten Freunden zählen. Er hatte sich in den schwierigen Zeiten meines Lebens als wahrer Freund bewiesen.

Und in den schwierigen Zeiten der Firma als wahrer Geschäftspartner.

Die schlechten Zahlen unserer Firma lagen vor allem auch daran, dass Zachary nicht mehr hier war.

Seit drei Jahren war er nur noch ein stiller Teilhaber und daher nur ein seltenes Gesicht in unseren Geschäftsräumen. Niemand hätte gedacht, dass seine Abwesenheit ein derartiges Loch in das Unternehmen reißen würde - ich lehne mich dabei sogar so weit aus dem Fenster und behaupte, dass selbst Johns Tod keine derartigen Auswirkungen hatte. Zachary hatte eine so grundverschiedene Blickweise auf die Abläufe unserer Firma, die sich nach und nach immer mehr profiliert hatte und stetig mehr Nuller hinter unsere schwarzen Zahlen brachte.
Ohne ihm und seiner speziellen Arbeitsart, waren die Zahlen weniger schwarz.

Ja, seine Abwesenheit war wirklich schlimm.

"Ich weiß, Dad. Ich gehe vorher noch mit Max Mittagessen.", informierte ich meinen Vater und drehte ihm demonstrativ den Rücken zu. Bevor ich beruhigt Mittagessen gehen konnte oder auch nur mit guten Gewissen in den Feierabend, musste ich erst noch einiges an Arbeit erledigen.

"Richte Maxwell doch bitte liebe Grüße aus." Ein zartes Lächeln erschien auf den Lippen meines Vater und ich konnte nur ebenfalls lächelnd nicken. Dad mochte Maxwell von Anfang an, als der Blondschopf vor drei Jahren in mein Leben getreten war und ich war mir sicher, dass Max meinen Vater wahrscheinlich beinahe lieber hatte als mich. Die zwei waren ein Herz und eine Seele.

"Ach übrigens." Dad hatte sich schon wieder zum Gehen abgewendet, als ihm offenbar noch ein Gedanke kam. Ich seufzte genervt, starrte ich abwartend genervt entgegen und erntete dafür nur ein Augenrollen. "Ihr kommt doch zu Paulus Geburtstag am Wochenende?"

Paulus, der kleine Racker, wurde am Sonntag bereits neun Jahre alt. Mit jedem Tag sah er seinem Vater ähnlicher und selbst in seinen Charakterzügen konnte ich eindeutig meinen kleinen Bruder erkennen, obwohl er nur eine kurze Zeit seines Lebens mit seinem Vater verbracht hatte. Der aufgeweckte Junge brachte immer frischen Wind in das Leben seiner Mutter und seiner kleinen Schwester Melanie. Melli kam im Gegensatz zu ihrem Bruder extrem nach ihrer Mutter und war mit ihrem bereits fünf Jahren ein wunderschönes Mädchen, welchem früher oder später die Männer - oder die Frauen - in Scharren hinterher laufen werden. Ganz zum Leidwesen ihres Opas.
Die Gedanken an meinen Neffen und meine Nichte ließen mich zufrieden lächeln. Die beiden waren wirklich ein Segen.
"Selbstverständlich, Dad."

"Gut, dann lass ich dich mal arbeiten." Frech zwinkerte er mir zu, ehe er mein Büro verließ und die Tür hinter sich zu zog.

unmoralisch ✓Kde žijí příběhy. Začni objevovat