Kapitel 14.1

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Blake und ich waren gemeinsam ein leicht begehbares Stück den Lion Rock hinaufgestiegen, um uns an einer breiten Kante, die steil in Richtung des Meeres abfiel, an dem Platz mit der schönsten Aussicht niedergelassen. Die Sonne war schon lange untergegangen, doch ein goldenes Band am Horizont spendete dort, wo sie verschwunden war, noch ein ausreichendes Licht, das immer schummriger wurde und langsam von einem eindrucksvollen Panorama aus Sternen abgelöst wurde.

Aus seinem Rucksack zauberte Blake eine Decke, die dafür sorgte, dass wir nicht direkt auf dem kalten Stein sitzen mussten. Mit einem gespannten Blick in meine Richtung zog er eine Weinflasche hervor und überraschte mich, indem er außerdem zwei bunte Plastikbecher, wie ich sie noch aus dem Kindergarten kannte, zum Vorschein brachte.

„Richtige Gläser wären leider zu schwer zu transportieren gewesen", sagte er und zuckte unschlüssig mit den Schultern, als er meinen amüsierten Blick bemerkte. „Ich habe mir daher erlaubt, mal ein bisschen zu improvisieren."

Ein knackendes Geräusch durchbrach die Stille, als er den Schraubverschluss der Flasche öffnete und plätschernd etwas von der tiefroten Flüssigkeit in unsere Becher füllte.

Mit einem verlegenen Lächeln reichte er mir einen davon. Den anderen behielt er selbst.

„Ich finde es perfekt, wie es ist", sagte ich, hob meinen Becher in seine Richtung, um mit einem plastikartigen Tock gegen seinen zu stoßen. Ich hielt seinen Blick dabei ganz fest und erkannte eine tiefe Verbundenheit darin. Seit unserem Kuss war ein besonderer Glanz in Blakes Augen getreten, den ich vorher nicht dort hatte finden können. Sah so jemand aus, der dabei war, sich zu verlieben? Ob Blake das gleiche Funkeln auch in meinem Blick suchte?

Gleichzeitig hoben wir die Becher an unsere Lippen und ich nahm einen kleinen Schluck, der erst meine kribbelnde Zungenspitze benetzte, um dann samtig und schwer meine Kehle hinabzurinnen. Ein wohltuend warmes Gefühl breitete sich sogleich in mir aus, ließ mich für einen Moment die Augen schließen und die Ruhe der Stille genießen. Meine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln, das tief aus meinem Inneren kam, als ich an den Geschmack seiner Lippen auf meinen denken musste, der sich jetzt mit der würzigen Schärfe des Weins vermischte. Ich war berauscht vom Glück dieses Augenblicks. Durch meine Adern pulsierte ein reißender Strom, der mein Herz durcheinanderbrachte und meinen Kopf mit süßem Verlangen füllte.

Ich spürte das kribbelnde Gefühl eines Blickes auf meiner Haut und öffnete, den Kopf in Blakes Richtung drehend, die Augen. Ruhig und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen fixierte er mein Gesicht, fuhr zwischen meinen Augen umher bis hinab auf meine Lippen.

Einem Impuls folgend rückte ich etwas näher an ihn heran, spürte seine Wärme an meinem Rücken, als er mich von hinten mit seinen Armen umschloss. Er hauchte einen zarten Kuss auf meine Schläfe und strich mit kühlen Fingern durch mein Haar. Ein wohliges Schaudern überkam mich und ich drehte mein Gesicht seinem zu.

Unsere Lippen schwebten für einen Moment voreinander, trafen sich dann zu einem Kuss, der erst vorsichtig und dann drängender wurde. Im ersten Moment schmeckte er nach Wein, sonnig und schwer, doch darunter war er salzig und herb. Ein leises, zitterndes Seufzten fuhr zwischen meinen Lippen hindurch. Blake zog mich auf seinen Schoß, meine Fingerspitzen glitten über seine Schultern, bahnten sich ihren Weg zu seiner Brust unter der geöffneten Jacke hindurch, spürten die harten Muskeln unter dem weichen Stoff seines Hemdes, die sich bei meiner Berührung reflexartig anspannten. Sei Atem wurde schwerer, sein Kuss heftiger.

Wir fanden unseren eigenen Rhythmus, küssten uns, bis wir atemlos wurden und uns keuchend voneinander lösten.

„Was tust du bloß mit mir", flüsterte Blake, hauchte sanfte Worte in mein Ohr, die mich schwindeln ließen.

How to grow up abroadWhere stories live. Discover now