Eine Zusammenkunft

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Mein Zimmer hatte etwas von einer Abstellkammer. Sicher war es nur das Gästezimmer und nicht Rhyas Gemach. Ich hätte ihn auch verprügelt, wenn er direkt verlangt hätte sich mit mir ein Zimmer zu teilen, inklusive dem Bett. Er war sich ja anfangs sehr sicher, dass ich den Wich unterschreiben würde. Jetzt hockte ich hier auf meinem Bett und warf einen Blick durch die schäbigen Fensterläden. Doch dann wurde diese drückende Stille durch ein leises Klopfen an meiner Zimmertüre unterbrochen. Die Sonne war bereits dabei unterzugehen, weswegen ich vermutete, dass Rhya mich zum Essen holen wollte. Seuftzend erhob ich mich. Da das Zimmer kein Bad hatte, war ich noch nicht dazu gekommen mich unzuziehen. Außerdem war ich ziemlich durstig. Elfen waren keine guten Gastgeber, stellte ich fest. Aber mal von seinem Diamantschmuck abgesehen, war der Elf auch eher leger gekleidet. Als Ich die Türe öffnete, stand der Schwarzhaarige davor: "Ich wollte dich zum Essen abholen.".
Rhya grinste lässig und hielt mir die Türe auf, damit ich aus meinem Zimmer kam. Das alles hatte eher was von Gefängnisaufenthalt, als eine Einladung zum gemeinsamen Abendessen. So verdreckt, wie ich nach der Anreise hier angekommen war, trat ich aus der Türe. Die beiden Koffer hatte ich auch noch nicht ausgepackt. Ich hatte auch nicht vor über Nacht zu bleiben. Die ganze Situation schmeckte mir nicht und ich wollte so weit weg wie nur möglich von diesem Ort. Rhya sah die Koffer zwar noch unausgepackt in dem Zimmer stehen, doch er äußerte sich nicht weiter dazu. Wortlos wurde ich durch die Korridore geführt und in einen ganz neuen Raum gebracht. Eine große Tafel erstreckte sich durch den Raum. An den Wänden hingen alte Gemälde, die irgendwelche Ritter im Kampf zeigten und sicher nicht den Elfen gehörten. Auf der Essenstafel standen allerlei Schälchen mit den unterschiedlichsten Früchten. Eine warme Mahlzeit suchte man hier vergebens. Die beiden üblichen Verdächtigen gaben sich die Ehre. Nur diesesmal hatten sie jemanden mitgebracht. Ein Elf saß mit an Tisch, die weißblonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und in weitaus schickere Gewänder gehült, als seine Kollegen trugen. Das musste dann wohl Patri sein. Sein Blick wirkte abweisend, doch in seinen Augen konnte ich unendliche Schuld und Trauer lesen. Doch etwas an ihm, an seinem Gesicht irritiere mich, ich wusste nur nicht was es war. Neben Patri saß... "William!!" freudig stürmte ich auf den Vernarbten zu und fiel ihm in die Arme. William lächelte und fing mich gewissermaßen auf. Ich konnte es gar nicht glauben, aber er war hier. Jetzt konnte nur alles gut werden. William würde mich mitnehmen, da war ich mir sicher. "Ich freue mich so, dass du hier bist. Du bist mein strahlender Ritter in Rüstung. Mein Held." lachte ich und gab dem Blond-weißhaarigen einen Kuss auf den Mund. Patri neben ihm zuckte daraufhin zusammen und nahm eine noch verkrampftere Haltung ein. Ich wusste den Grund für sein Verhalten nicht, aber es interessierte mich in dem Moment auch herzlich wenig.
"Es ist schön dich zu sehen. Scheinbar haben die Elfen dich leben lassen. Aber ich muss unbedingt mit dir reden..." gab William mir mit der sanften Stimme, die ich so sehr an ihm liebte, zu verstehen. Er wollte reden? Über was? Das klang nach den ersten Worten eines Beziehungsaus. Das Blut gefror mir augenblicklich in den Adern: "Was gibt es denn zu bereden? Wollten wir nicht heiraten und eine Familie gründen? Du willst mich doch nicht bei den Elfen lassen, oder William?"
"Lass uns kurz in einen anderen Raum gehen. Ich denke, das sollten wir erstmal unter uns besprechen." mit diesen Worten wurde ich auch schon von William gepackt und aus dem Raum gezerrt. Die kalte Abendluft schlug mir entgegen, als wir die Elfen verließen und auf den Balkon traten, welcher sich an den Essenssaal anschloss. Meinen Blick hatte ich an William gehaftet.
Dieser seuftzte nur und wandte seinen Blick melancholisch in die Ferne: "Du hast Recht, wir wollten heiraten. Ich war, bin sehr glücklich mit dir, aber... Ich hatte immer das Gefühl irgendwas fehlt mir. Und dann habe ich Patri wiedergetroffen... Ich weiß nicht, wie sehr du dich mit der Geschichte des kalten Auges der weißen Nacht auskennst, aber ich habe mir mein ganzes Leben lang mit Patri einen Körper geteilt und plötzlich war das nicht mehr so."
"Soll ich euch aneinandernähen? Dann seid ihr für immer zusammen." witzelte ich in einem eher sarkastischen Tonfall. Es hätte lustig sein können, wenn man mir nicht angemerkt hätte wie wütend ich gerade war. William lächelte schwach: "Nein, bitte tu das nicht. Aber... Er war, von allen geliebten Menschen, meinem Herzen am nächsten."
"Von allen geliebten Menschen sicherlich. Du hast ihn ja nicht ohne Grund den König der Magier, deinen Freund, töten lassen. Ich habe mich...durchaus informiert, William." entgegnete ich ihm schroff, die Arme vor der Brust überkreuzend.
Auf meine Worte hin zuckte William zusammen und presste die Lippen aufeinander: "Sie hatten beide ihre Ziele und ich habe das Schicksal entscheiden lassen. Ich fühle mich deswegen immer noch schuldig."
"Nein. Du hast dich eindeutig für ihm entschieden. Du hättest ihn aufhalten können. Hast du aber nicht und ihm stattdessen deinen Körper für seine Schandtaten zur Verfügung gestellt. Das Clover jetzt so geschwächt ist, ist alleine deine Schuld." mit diesen Worten wandte ich mich ab und öffnete die Balkontür.
"Wo willst du hin?" rief mir William noch nach.
"Wieder rein zu den Elfen. Es ist doch schon alles gesagt."
"Gene-..."
Der Wortfetzen von dem was William mir noch sagen wollte, erstarb, da ich mit einem Knall die Türe geschlossen hatte. Wutschnaubend setzte ich mich wieder an den Tisch neben Rhya, der mir ein wissendes Lächeln schenkte. Daraufhin schnappte ich mir den Elfen und zog ihm einmal an der Wange: "Was gibt es da zu grinsen, Rhya? Mach dir mal keine Hoffnungen. Ich unterschreib den Wich trotzdem nicht."
Aus den Augenwinkeln heraus konnte ich beobachten, wie Patri aufstand und seinen Platz verließ. So wie es aussah wollte er zu William nach draußen. Das war mir jetzt auch egal.
Der Schmerz des Verlustes brannte heiß in meiner Kehle, aber irgendwo zwitscherte mir ein kleiner Vogel, dass ich es bereits geahnt hatte. Seit wir uns kannten, wirkte William stets distanziert und melancholisch. So, als wäre er mit seinen Gedanken woanders. Scheinbar war er mit seinen Gedanken dann immer bei Patri gewesen. Erneute Wut stieg in mir hoch. Zumal ich mich jetzt als minderwertig betrachtete, weil ich mit dem Elfen nicht konkurrieren konnte. Wenn er eigentlich immer Patri wollte, warum war er denn mit mir zusammen? Vielleicht auch, um seinen Ruf in der Gesellschaft wiederherzustellen? Nun fühlte ich mich komplett ausgenutzt. Rhya riss mich aus meinen trüben Gedanken, indem er sagte: "Tut mir leid, Prinzessin. Das war keine Absicht. Schließlich wart ihr ja lange zusammen und wolltet heiraten."
"Lange ist gut. Eigentlich seit dem Angriff der Elfen. Das ist nicht lang und scheinbar wollte er wohl lieber mit Patri zusammen sein... Nur...ich war im heiratsfähigem Alter und meine Eltern haben mir ziemlich viel Druck gemacht, weswegen ich für William ziemlich Dankbar war. Endlich ein Mann, der mich nicht als Haushaltssklave und Bettmatratze gesehen hat. Deswegen hing ich sehr an ihm und wollte ihn auch direkt heiraten, ehe meine Eltern mir einen anderen Mann unterjubeln konnten. Tja. Falsch gedacht." erzählte ich dem Elfen und stützte dabei meinen Kopf auf meine Hand.
"Du bist absolut nicht mein Typ, aber was nicht ist, könnte man passend machen und wir hätten beide was davon."
"Denkst du? Ob arm oder reich, so wirklich glücklich ist in Clover niemand. Ich möchte das ändern. Lange genug war ich der Sklave meiner Eltern und des Königs."
"Und wie willst du das machen? Planst du einen Umsturz?" wollte Rhya wissen und wandte sich mir interessiert zu.
"Nein. Gewalt ist keine Lösung. Ich werde auf die Straße gehen und gegen den König klagen. Anonym natürlich. Ihr könntet mir dabei ja helfen."
"Wenn irgendjemand herausfindet, dass wir da mitgemacht haben..."
"Dann was? Wird euer Ruf noch beschissenerß Zumindest müsst ihr euch dann nicht mehr abmühen und irgendwelche fremden Weiber heiraten. >hüstel> Außerdem gibt es noch mehr Königreiche als Clover. Einer Umsiedelung steht also nichts im Wege."
Rhya brach daraufhin in schallendes Gelächter aus: "Du bist wirklich grausam, weißt du das?"
"Wieso? Ich muss dann doch mit euch umziehen, so wie >Bis der Tod uns scheidet>. Mit gehangen, mit gefangen. Ich bin dann doch auch ein Straftäter." entgegnete ich ihm mit einem smüsierten grinsen auf den Lippen.
"Ich glaube, bei dir werden sie nochmal eine Ausnahme machen. Du bist Von Adel und hast auch keine Vorgeschichte."
"Sofern ich in einem Monat noch zum <Adel> gehöre. Außerdem,...nicht mit diesen Ohren." seuftzend schob ich mein Haar zur Seite, um Rhya meine spitzen Ohren zu zeigen. Dieser war auch recht erstaunt: "Du bist eine Elfe?"
"Eine Halbelfe vielleicht? Meine Mutter ist ein Mensch. Das würde aber auch meinen sehr hohes Mana erklären. Adelige sind mit sehr viel Mana gesegnet, aber von euch Elfen habe ich auch schon gehört, das ihr unnatürliches Mana habt."
"Ja, das stimmt. Unser Mana ist weitaus größer als das von Menschen."
"Wenn die meine Ohren sehen, werden sie mich als Elfe und Mittäter klassifizieren. Adel hin, Adel her. Der nützt mir dann auch nichts mehr."
Während ich mich mit Rhya unterhielt, hatten William und Patri den Raum betreten, Händchen haltend. Doch dann beugte Patri sich vor, um William einen Kuss zu geben. Rhya musste meinen verletzten Blick bemerkt haben, denn er stoppte seine Erzählung augenblicklich und wandte sich nun auch zu dem ungleichen Paar.
"Könntet ihr das draußen machen. Ach ja. Ich habe euch übrigens als Rebellen eingeplant." stoppte ich die Beiden in ihrem Tun. Erschrockten schauten sie mich an und Patri entgegnete: "Rebellen...gegen was genau?"
"Gegen den König. Ihr Elfen prangert die Diskrimierung von uns Menschen untereinander an? Lasst uns das ändern. Wir gehen auf die Straßen und demonstrieren gegen die Ungleichkeiten zwischen Volk und Adel." verkündete ich lautstark.
"Jemand vom Adel will gegen den Adel demonstrieren gehen." Patri warf mir einen skeptischen Blick zu.
"Ja, das möchte ich. William macht mit und ihr Elflein auch."
William schien von meinem Plan nicht sonderlich begeistert zu sein, doch er zog es vor lieber zu schweigen. Wahrscheinlich wollte er mich nicht noch mehr verärgert.
Fana und Vetto, die Rhya und mir bis eben zugehört hatten, nickten nur. Scheinbar waren sie mit meinem Plan einverstanden.
"Es kommt aber niemand zu Schaden." wollte William sich vergewissern.
"Eine Demonstartion ist immer friedlich. Sofern der König uns nicht Mundtot machen will."
Rhya seuftze: "Zumindest sollten wir uns nicht erwischen lassen."
"Du willst da wirklich mitmachen, Rhya?" Patri warf seinem Freund einen entsetzen Blick zu.
"Wir sagen doch nur was uns nicht passt. Was soll daran falsch sein?" entgegnete der Schwarzhaarige achselzuckend.
"Dann ist es beschlossen. Einer für alle und alle für einen."

*~Golden Eyes~*Where stories live. Discover now