Ein ernstes Gespräch

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Das Anwesen der Elfen war ziemlich schlicht gehalten und erinnerte an die grieschichen Bauten. Erwartet hatte mich scheinbar niemand. Weder der Hausherr, noch irgendein Bediensteter waren zu sehen. Meine Koffer hatte mir der Kutscher vorhin einfach vor die Nase gestellt und sich dann wieder auf den Rückweg gemacht. Wenn der Gastgeber einem schon nicht in Empfang nahm, dann sollten doch wenigstens die eigenen Bediensteten den Anstand haben, das Gepäck ihrer Herrin zu tragen und sei es nur bis vor die Haustüre. Nicht, dass ich die Koffer nicht hochwuchten konnte, aber ärgerlich war es schon. Aber vielleicht bot sich mir gerade die Chance das Weite zu suchen. Ich könnte versuchen William ausfindig zu machen und dann bei ihm leben. Auch, wenn ich gerade keine Ahnung hatte wo ich mich befand oder wo William seinen Wohnsitz hatte. Alles war besser, als bei Rhya leben zu müssen. Doch dann öffnete sich doch die Eingangstüre und ein junger Mann trat aus dieser. Er hatte spitz zulaufende Ohren, schwarze Haare mit einer weißen Strähne und weite Gewänder an. Um seinen Hals hingen die Diamanten, die er scheinbar herstellen konnte. Wie er das anstellte, blieb ein gut behütetes Geheimnis der Elfen. Ich kannte die ehemaligen Mitglieder des Kalten Auges nur vom Namen her, deswegen konnte ich nur raten, ob der Mann vor mir tatsächlich Rhya war.
"I-ich wollte gerade gehen."
"Das weiß ich. Deswegen bin ich zu dir herausgekommen. Du musst Genova Rage sein, komm rein." bat der Schwarzhaarige mich mit einem Lächeln in das Haus. Sein müder Blick und das Schmunzeln um seine Lipen ließ ihn freundlich wirken, aber ich konnte auch die Ablehnung in seinem Blick erkennen.
"Mein Name ist Genevieve Acqua. Da liegt wohl eine Verwechslung vor. Ich sollte besser gehen." versuchte ich mich erneut herauszureden, doch Rhya schien das zu durchschauen.
"Aber du bist sicher die Tochter von Alfie Rage. Also müsstest du die Richtige sein. Komm rein."
Da mir nichts anderes mehr übrig blieb, folgte ich Rhya in das Haus. Dieses war zwar groß, aber auch nur sehr spährlich eingerichtet. So, als ob die Besitzer nur auf der Durchreise wären. Auffallend war auch, dass es hier keine Bediensteten zu geben schien. Dieser Ort wirkte traurig und verlassen. Rhya führte mich zu einer Couchecke, auf der sich noch zwei weitere Personen befanden. Ein männlicher blondhaariger Hühne trohnte auf der Couch. Als ich mit Rhya auf ihn zukam, schenkte er mir ein Haifischgrinsen. Neben ihm saß eine rothaarige Person, deren Blick leicht verstört wirkte. Im Gegensatz zu dem Blondhaarigen war sie beinahe winzig. Rhya setzte sich auf den Sessel gegenüber der Couch. Zwischen den beiden Sesseln und der Couch bestand sich ein kleiner Galstisch, auf dem irgendwelche Papiere lagen. Mein Magen drehte sich um. Das wird doch nicht der Hochzeitsvertrag sein? Mit einem mulmigen Gefühl ließ ich mich auf den noch einzig freien Platz nieder.
"Genevieve. Das sind Vetto und Fana. Wir teilen uns das Unternehmen. Ansonsten ist auch noch Patri hier, aber der ist momentan auf Reisen. Unterschreib das hier bitte, damit wir fortfahren können." mit diesen Worten drückte der Schwarzhaarige mir einen Stift in die Hand. Als ich einen Blick auf die Papiere warf, die mir zugeschoben wurden, wurde meine Vermutung bestätigt. Es war der Ehevertrag.
"Tut mir leid, aber ich muss das Angebot leider ablehnen. Ich bin schon mit William Vengeance glücklich verlobt und möchte ihn gerne heiraten."
"William Vengeance? Doch nicht der William, mit dem Patri sich..." Rhya brach den Satz ab und seuftze tief: "William ist ein guter Mann und ich klaue nur ungerne seine Braut. Aber ich habe leider keine andere Option. Unterschreib das bitte, Genevieve."
"Warum? Und warum ausgerechnet ich? Ich meine, du wusstest ja noch nicht mal genau wie ich heiße, geschweige denn, dass wir uns kennen. Mister Genova-Lover."
"Du warst die Einzige deren Familie verzweifelt genug war dich uns anzubieten. Durch die Sünden, die wir als "Kaltes Auge der weißen Nacht" gegangen haben, ist unser Ansehen bei den Menschen auf Null gesunken. Durch die Kristalle, die wir verkaufen, sind wir beim König gerne gesehen. Aber lange wird das nicht so bleiben. Es gibt genügend Menschen, die gegen Elfen hetzen."
"Und eine Hochzeit mit einer menschlichen Adeligen soll das ändern?"
"Ja. Eine Hochzeit mir dir wird unser Ansehen steigern. Wenn wir uns integrativ zeigen, werden die Vorurteile vielleicht weniger. Uns ist geholfen und deiner Familie ebenso."
"Euch ist damit geholfen, aber mir zwerstört ihr damit die Zukunft. Ich liebe nunmal William und ich möchte ein glückliches Leben mit ihm verbringen. Bist du wirklich so egoistisch mir das zu zerstören? Und kannst du William noch unter die Augen treten, wenn du dein Ziel erreicht hast?"
"Wir möchten Niemanden schaden. Aber unsere Existenz steht auf dem Spiel." mischte sich jetzt Vetto ein. Fana blickte weiterhin wortlos in die Runde. Wahrscheinlich wusste sie auch nicht, was sie zu diesem Thema beitragen sollte.
"Ich verstehe euch nicht, wirklich nicht. Weder meinen Vater, noch euch. Ihr versucht eure Existenz-Insel mit allen Mitteln vor dem Untergehen zu retten, anstatt das unausweichliche zu akzeptieren. Was ist so schlimm an der Mittelschicht? Warum akzeptiert ihr nicht, dass manche Menschen euch nicht leiden können und steht zu dem, was ihr seid?"
"Es ist leicht zu sagen, akzeptiert es doch, wenn man zur akzeptierten Bevölkerungsgruppe gehört. Zumindest im Groben. Darin andere zu diskrimieren, seid ihr Menschen ja schon immer gut gewesen." man konnte Hass und Abscheu in Vettos Augen blitzen sehen.
"Ich weiß ja nicht, wie alt du bist. Du musst ja so alt wie die Menschheit selbst sein, wenn du bezeugen kannst, dass Menschen schon immer diskriminiert haben. Aber in dem Fall bist du schon akzeptiert, besonders unter den Reichen. Schließlich diskrimierst du ja auch. Und zwar die Menschen." auf meine Worte hin, klatschte ich zur Untermahlung einmal Beifall.
Von Rhya kam ein glucksendes Lachen, während Vetto sich knurrend auf der Couch zurücklehnte: "Und was schlägst du vor, Prinzessin?"
"Wodurch entsteht eigentlich Diskriminierung?" antwortete ich mit einer Frage.
"Durch Angst und Unkenntnis." gab mir Rhya zur Antwort.
"Und durch Gruppenzwang und Neid. Die Angst und die Unkenntnis könntet ihr den Menschen nehmen, indem ihr euch öffnet und zeigt. Das wird wohl nicht so das Problem sein. Warum die Menschen euch angreifen, ist doch klar. Weil ihr etwas habt, was sie nicht haben. Die Fähigkeit Diamanten zu erstellen."
"Wir wir das Rezept teilen, dann würden wir nicht mehr in der Gunst des Königs stehen und wären erst Recht angreifbar."
"Und dann kommt der Gruppenzwang ins Spiel. Der König sagt, nur alle die reich sind, sind etwas wert. Also versucht ihr reich zu sein, damit ihr einen Wert in der Bevölkerung habt. Ihr seid also abhängig von euren Wert. Wie heißt das Sprichwort? Macht hat nur derjenige, dem ihr Macht über euch eingeräumt habt. Und wenn ihr abhängig seid, seid ihr manipulierbar. Wenn der König jetz sagt, ihr sollt alle armen scheiße behandeln, dann tut ihr das auch. Ihr wollt ja schließlich euren Wert behalten. Ihr tut also das, was ihr bei uns Menschen so sehr anprangert."
Auf meine Worte hin, sah Rhya ziemlich nachdenklich aus.
Seuftzend fügte ich hinzu: "Mir ist es egal ob ich Arm oder reich bin. Hauptsache ich bin mit den Personen zusammen, die ich liebe. Mehr will ich nicht."
"Wir werden darüber nachdenken. Ich zeige dir erstmal dein Zimmer. Deine Sachen musst du selbst einräumen. Wir haben keine Bediensteten." mit diesen Worten stand der schwarzhaarige Elf auf. Die beiden anderen blieben auf der Couch sitzen und machten keine Anstalten sich zu verababschieden. Mit den schweren Koffern in je einer Hand, folgte ich Rhya diverse Korridore entlang, bis er vor einem Zimmer stehen blieb.
"Danke für das aufschlussreiche Gespräch. Ruh dich erstmal aus. Spätr hole ich dich dann zum Essen ab." der Elf schien mir nicht mehr ganz so abgeneigt zu sein, wie am Anfang und sein Lächeln war diesesmal ehrlich.
Mit einem kurzen Nicken schob ich mich mit den Koffern vorbei in das kleine Gästezimmer.

*~Golden Eyes~*Where stories live. Discover now