30 | Wer vertraut, wird gefickt

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»Stress dich nicht, Bruder.« Er hielt mir die Glastür auf.

Ich warf ihm nur einen genervten Blick zu und trat vor ihm in den Laden, wo Aziz hinter dem Tresen stand und eben Kohle für eine Shisha erhitzte. Die lockigen, fast rabenschwarzen Haare hatte er sich im Nacken zu einem Dutt zusammengebunden, dazu trug er ein dunkelblaues Hemd mit goldenen Details.

Ich begnügte mich mit einem Nicken und lief durch das beinahe leere Café in Richtung des Hinterzimmers, während von Tarek ein herzliches »As-Salaamu-Alaikum« erklang.

»Wa-Alaikum-as-Salaam. Shu, kifak?«, erwiderte Aziz. Während die beiden ein paar schnelle Worte miteinander wechselten, spürte ich das Vibrieren meines Handys in der Hosentasche. Das Display zeigte mir eine unbekannte Nummer an. Wahrscheinlich nur einer meiner Kunden, die ich alle nicht eingespeichert hatte. Ich wischte den Anruf weg und wollte mein Handy gerade in der Hosentasche verstauen, da vibrierte das Scheißteil erneut.

»Ja?«, meldete ich mich genervt und fuhr fort, ehe mein Gegenüber reagieren konnte. »Meinst du Missgeburt eigentlich, ich häng den ganzen Tag am Handy und wart auf Anrufe? Schreib, wenn was ist, dann ruf ich zurück. Verstanden?«

Am anderen Ende der Leitung war ein Lachen zu hören. Es klang ein wenig wie das einer Hyäne und ließ mich misstrauisch die Augenbrauen zusammenziehen. Wer zum Fick war das? Eine dunkle Vorahnung braute sich in meinem Magen zusammen.

»Ja, guten Abend, mein Junge. Wie geht's dir?«

Mein Gesprächspartner brauchte seinen Namen nicht zu nennen, es war auch so klar, wer es war.

Kiral.

Einen Moment brachte ich kein Wort hervor. Der koreanische Popsong, der im Hintergrund lief, klang wie aus weiter Ferne zu mir, genau wie die arabischen Wortfetzen. Das Klirren von ein paar Gläsern.

»Fuck, Alter, woher hast du meine Handynummer?«, rutschte es mir raus, meine Stimme so gehetzt wie ich mich fühlte. Dabei war es tausendmal angebrachter, einfach ruhig zu bleiben. Wenn ich mir nicht anmerken ließ, dass er mich in Panik versetzen konnte, würde seine beschissene Strategie gar nicht funktionieren. Welche auch immer er hatte.

»Spielt das eine Rolle?«

Ich hasste seine Stimme, die immer ein wenig heimtückisch klang. Kombiniert mit dieser ekelhaften Scheinheiligkeit löste sie in mir das unstillbare Bedürfnis, ihm die Fresse einzuschlagen. Oder einfach aufzulegen und seine Existenz verdrängen.

»Wir wollten uns doch erst heute Abend treffen.«

»Mir wurde zugetragen, dass es Komplikationen gegeben hat«, sagte er und ich konnte mir gut vorstellen, wie er gerade die Zigarette zum Aschenbecher führte. Mit langsamer Geste die Asche abklopfte. Ich hasste seine verkackt gewollt elegante Art zu reden. Als wäre er mehr als ein Penner, der es nur alle paar Wochen schaffte, seine Haare zu waschen. Menschen, die sich um ihr Auftreten scherten und sich für mehr hielten, als sie eigentlich waren, waren doch die allererbärmlichsten Kreaturen von allen. Ganz ehrlich.

Ich schwieg, wartete ab, ob er dem noch etwas hinzuzusetzen hatte. Doch da kam nichts mehr. »Was, Alter?«, fuhr ich ihn schließlich an, ehe ich die drei Treppenstufen nach oben trat und durch den klirrenden Perlenvorhang ins Hinterzimmer. Es war Nachmittag. Noch lag der Raum beinahe verlassen da, nur ein alter Mann mit grauem Vollbart saß mit einer Shisha da.

»Mäßige dich.« Kiral lachte auf, bevor er abrupt wieder bitterernst wurde. Seine Worte so scharf als wären sie das Springmesser, das ich bei mir trug. »Pass auf dich auf, Jay. Nur ein gut gemeinter Ratschlag.«

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now