Der Sonnenaufgang

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Ich seufzte nur und setzte mich auf einen der kleineren Steine.

Die Zwerge richteten sich hinter mir ihr Nachtlager, die Pferde wurden abgesattelt und jemand machte ein Feuer.

„Bombur, du machst etwas zu essen," befahl Thorin. Seine Stimme hallte durch die einbrechende Nacht und jagte mir eine Gänsehaut über den Körper.

„Willst du auch etwas?", fragte mich jemand und ich sah auf. Es war Balin, es schien als hätte er sich mit meiner Anwesenheit abgefunden. „Nein, nein, danke," wisperte ich leise und lächelte schwach. Er konnte es natürlich nicht sehen, weil meine Kapuze den Großteil meines Gesichtes verdeckte, aber der Wille zählte. Ich starrte weiter in die Ferne, ließ meine Gedanken wandern und verlor mich in dieser nicht existenten Welt. Plötzlich ertönte ein Räuspern und ich fuhr heftig zusammen.

„Dein Essen," sagte Kili munter und setzte sich neben mich. Ich erstarrte und hielt unsicher die Schüssel in meinen Händen. „Danke, aber ich will nichts essen," erwiderte ich bemüht freundlich. „Du solltest aber essen," sagte eine andere Stimme und Fili ließ sich neben mir nieder. Ein wenig verwirrt sah ich zwischen den beiden hin und her. „Gandalf meinte du hast ein paar interessante Geschichten zu erzählen," sagte Kili dann, während die beiden begannen zu essen. „Hat er das gesagt," murre ich kühl und warf dem verschmitzt grinsenden Zauberer einen bösen Blick zu. „Ja, er meinte du bist viel mit ihm gewandert. Wie ist es so mit einem Zauberer zu reisen?", hakte Fili nach und sah mich dabei erwartungsvoll an. Ich schnaubte leise und stocherte in der Schüssel herum. „Interessant," sagte ich schließlich, doch den zwei war das natürlich nicht genug. „Was wollt ihr denn von mir hören?", murrte ich leise. Ich war wirklich niemand, der gerne Geschichten erzählte. „Warst du schon einmal in den blauen Bergen?", fragte Kili dann. Ihnen schienen wohl nie die Fragen auszugehen. Ich seufzte ergeben. „Ja, ja dort war ich schon oft. Alles was vor dem Nebelgebirge liegt kenne ich in und auswendig," murrte ich leise. Als Waldläuferin war ich in den Gebieten oft unterwegs. Manche nannten es Wildnis, für mich war es fast ein Zuhause. „Und was ist mit hinter den Nebelbergen?", hakte Fili nach. Wieso um alles in der Welt interessierte die das denn? „Sagen wir ich habe dort alles schon einmal gesehen," antwortete ich wage.

„Auch das...dunkle Land?", hauchte Kili und ein Schauer ging dabei durch seinen Körper.

„Ich habe es gesehen...von einem sicheren Abstand aus," erwiderte ich ergeben. „Ich bin viel rumgekommen," fügte ich hinzu.

„Und Moria?", fragte er dann und mein Körper versteifte sich. Meine Hände begannen zu zittern und ich konnte fast den Schmerz spüren, der sich quälend langsam in mir ausbreitete. „Ja, ja auch Moria habe ich besucht," wisperte ich leise und schloss meine Augen, um die Bilder aus meinem Kopf zu bekommen. „Aber ich rede nicht gerne darüber," murrte ich eilig, bevor die zwei noch mehr Erinnerungen in mir auslösten. 

Und so begannen sie zu erzählen, wo sie schon überall waren, was sie in den Blauen Bergen machten und wie sie sich den Erebor vorstellten. Erst war ich ehrlich gesagt ein bisschen genervt, doch mit der Zeit brachten mich die beiden sogar zum Schmunzeln. Sie ließen ein wenig Wärme in meinen ausgekühlten Körper zurückkehren, steckten mich an mit ihrer Unbeschwertheit und durchdrangen für wenige Augenblicke meine Mauer, die ich vor langer Zeit errichtet hatte.

„Bist du nicht sehr einsam, als Waldläuferin?", fragte Kili dann. Erst wollte ich nicht antworten, doch dann sah ich seufzend in die Dunkelheit, die sich um uns gelegt hatte wie ein schwarzes Tuch. „Manchmal," hauchte ich leise. „Aber das vergeht. Ich bin so viel herum gekommen, dass ich viele...besondere Menschen kennen lernen durfte, Menschen, die zu Freunden wurden. Und selbst, wenn man tatsächlich allein ist dann...", ich hielt inne, zögerte und sah dann zwischen den beiden hin und her, „...dann hat man wenigstens Zeit sich auf die kleinen Dinge zu konzentrieren. Ich habe schon so viele unbeschreiblich schöne Sonnenaufgänge gesehen in meinem Leben. Einmal war ich ganz allein in den Nebelbergen. Ich war leicht verwundet, weil mich ein paar Orks überfallen hatten und dann...ging die Sonne auf. Sie glitzerte auf dem Schnee und...tauchte den Horizont in ein ganz zartes rot. Es sah so märchenhaft aus, so unwirklich, dass ich es bis heute kaum glauben kann," wisperte ich leise und mein Blick verschwamm in der Ferne. „Einmal war ich auf den Weg zu den blauen Bergen und ich habe das Meer gesehen," wisperte ich leise und mein Tattoo glühte sanft auf, kaum merkbar. „Ich hatte es zuvor noch nie gesehen und war einfach beeindruckt, wie das Wasser bis zum Horizont reichte. Ich kletterte an einer Bergwand hoch und als ich einen kleinen Unterschlupf fand in der Höhe, da habe ich ihn gesehen. Den schönsten Sonnenuntergang. Der gesamte Himmel war rosa und rot und die Sonne hat sich im Meer gespiegelt."

Der Hobbit - die Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt