Die Rage-Familie

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Es war schon immer so gewesen, dass im Königreich Clover Diskriminierung geherrscht hatte. Ein in drei Klassen unterteiltes Land, in dem die Adeligen über das einfache Volk herrschten. An der Spitze standen die Kiras. Dann folgten alte Adelshäuser wie die Silvas und die Vermillions. Und irgendwo, an der Grenze zur Mittelschicht, befand sich das Adelshaus der Rages. Alfie Rage war das Oberhaupt der Familie. Seine Frau, Magan Rage, geborene Acqua, hatte ein Kind aus erster Ehe mitgebracht. Das war ich, Genevieve Acqua. Zusammen mir Alfie bekam sie einen Sohn, Taylor Rage. Er sollte das nächste Familienoberhaupt und Erbe des Ragevermögens werden. Doch es stand nicht gut um die Familie. Alfie hatte ein paar Fehlinvestitionen getätigt und das Geld schwand von Mal zu Mal. Man sah ihm an, dass er mit der Situation überfordert war. Das Adelshaus Rage drohte in die Mittelschicht abzurutschen. Alfie und Magan verloren ihre Freunde und anderen sozialen Kontakte, da diese sich schon von ihnen abwandten. Doch dann hatte Alfie den rettenden Einfall...

"Ich habe schon mit ihm gesprochen. Morgen wirst du die Papiere unterschreiben, die euch zu Eheleuten macht. Rhya Fanalis ist der einzige Mann, der sich von deiner dämlichen Stärke-Magie nicht abschrecken lässt. Da er in der Lage ist Diamanten zu produzieren, wird sein Unternehmen auch in Zukunft gewinnbringend sein. Auf diese Weise können wir unsere Familie vor dem Absturz in die Unterschicht bewahren." erklärte mir mein Stiefvater erneut.
Aber auch diesesmal wollte die Information einfach nicht zu mir vordringen. Ich wurde Zwangsverheiratet? An einen Elfen? Ganz Clover wusste wer die Elfen waren. Rhya. Vetto, Fana und Patri gehörten zu einer Organisation, die sich "Das kalte Auge der weißen Nacht" genannt hatte. Ihnen war es zu verdanken, dass das Königreich jetzt so geschwächt war. Ich kannte diese Wesen nur als die, die Menschen hassten. Und zu denen wollte mein Stiefvater mich jetzt schicken? "Aber ich bin doch schon William versprochen. Wieso soll ich jetzt jemanden heiraten, den ich nicht kenne?" versuchte ich einzulenken. Mein Verlobter würde über Vaters fixe Idee sicher nicht glücklich sein. Vor allem... Was hatte er davon mich zu jemanden zu schicken, der mich mit Sicherheit hassen würde und von der Bevölkerung gemieden wurde? Sicher würde eine Heirat mit Rhya kein gutes Licht auf die Familie Rage werfen. Da würde auch aller Reichtum nichts nützen. Er sollte es so akzeptieren wie es war. Er allein hatte seine Familie in den Ruin getrieben und es war auch seine Schuld, dass sie bald aus der Adelsschicht verbannt wurden. Sicher war das eine große Schuld, die er zu tragen hatte. Aber meine Mutter hatte ihn nicht des Geldes wegen geheiratet. Sicher musste diese Familie sich jetzt auf vieles neu einstellen, aber ich sah darin kein Problem.
"William Vengeance ist zwar ein Adelsmann, aber keiner der unsere Familie unterstützen kann. Zumindest nicht dauerhaft. Eine Heirat mit ihm käme nur dir zu Gute, eine Hochzeit mit Rhya uns allen." erwiederte Alfie mit einem leicht aggressiven Unterton. Ihm passte es nicht, dass seine Tochter sich gegen die Hochzeit mit Rhya sträubte.
"Lass mich das mal zusammenfassen. Zu setzt das Familienvermögen in den Sand und willst mich das jetzt ausbaden lassen? Ich bin schon lange mit William verlobt und ich liebe ihn. Verheirate deinen Sohn doch an Fana Fanalis. Damit wäre das Problem ebenso gelöst." gab ich ihm nicht weniger agressiv zur Antwort. Den Teufel würde ich tun und einfach einen fremden Mann heiraten. William war alles für mich.
"Ich weiß, dass du William liebst. Aber wenn du Rhya nicht heiratest, werden wir in der Unterschicht enden. Dein Vater hat alles gegeben, um das Geld wieder zurück zu bekommen. Leider ohne Erfolg. Dein Bruder ist noch ein bisschen zu Jung, um zu heiraten. Zumal Rhya an dir interessiert ist und nicht an Taylor." pflichtete ihm seine Frau und meine Mutter bei.

Dass sie sich lieber für ihn einsetzte als für mich, frustrierte mich noch zusätzlich. Hatte sie sich ein paar Tage zuvor nicht noch für mich gefreut? Das ich einen Mann heiraten würde, der mich gut behandelte und der mich liebte? Und sicher war es meinem Vater nicht gelungen das Geld wieder aufzutreiben. Der Mann besaß die Inteligenz einer Erdnuss. Doch ich hatte nicht vor nur ein Stück nachzugeben. Die Vorstellung, dass ich mit einem Massenmörder und Menschenhasser wohlmöglich das Bett teilen musste, ließ mich erschaudern. Mich wunderte, dass dieser Typ überhaupt Interesse an mir hatte. Vielleicht lag es an meinen Spitzen Ohren, die ich schon von Geburt an hatte. Es war ein Geburtsfehler. Zwar kannte ich meinen Erzeuger nicht, aber meine Mutter hatte mir versichert, dass er kein Elf gewesen war. Normalereise verbarg ich meine Ohren immer hinter meinem dichten blonden Haar. Es war aber gut möglich, dass mene Eltern mich bei ihm angepriesen und dabei ein besonderes Merkmal auf meine Ohren gelegt hatten. Seltsam war aber auch, dass ihn meine Magie nicht zu stören schien. Viele potenzielle Bewerber waren schon aus dem Hause Rage geflüchtet, weil sie mit meiner Stärle-Magie konfrontiert wurden. Meine Stärkemagie verstärkte die körpereigenen Funktionen. Ich bekam ennorme Muskelkraft, Schnelligkeit und Geschicklichkeit. Eine aufbrausende Frau, die einem mit einem Fausthieb den Schädel einschlagen konnte, wünschten sich wohl die wenigsten Männer. Vielmehr waren diese an devoten Frauen interessiert. Doch Devot gab es in meinem Wortschatz nicht. So schaffte ich es alle meine Verehrer zu vergraulen, bis auf einen und das war William. Und William war weniger an meinem kindlichen Aussehen interessiert, als an meinem Charakter. Er hielt mich für eine Inteligent nd charismatische junge Frau. Im Gegensatz zu den anderen Männern war William Höflich, freundlich und sogar ein wenig romatisch. Bei ihm fühlte ich mich wie etwas besonderes und dieses Gefühl vermittelten mir nicht viele. Deshalb war dieser Mann für mich unersetzlich.

"Das ist mir Pfurtsegal. Ich werde diesen Ehevertrag mit Rhya nicht unterschreiben. Ich heirate William und keinen anderen. Warum soll ich unter der Dummheit Vaters leiden und das mein Leben lang? Das sehe ich gar nicht ein." trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. Dann hörte ich es nur noch klatschen und ein heißer Schmerz breitete sich auf meiner Wange aus. alfie hatte mich geschlagen.
"Du wirst auf jeden Fall zu Rhya ziehen, egal ob du den Vertrag unterschrieben hast oder nicht. Ich sehe nicht ein, dass du dir ein schönes Leben auf meine Kosten macht und dich dann mit diesem William amüsierst, während wir in der Unterschicht vergammeln. So ist wenigstens ein Maul weniger zu stopfen und vielleicht wirst du ja klug und überlegst es dir nochmal." brüllte mein lieber Herr Vater schon fast, die Hand zum erneuten Schlag erhoben. Ihm passte meine Antwort nicht. Ihm passte meine Anwesenheit in seinem Hause allgemein nicht. Ich ließ mich nicht unterbuttern und oft genug gerieten wir mit den Köpfen aneinander. Ja, man konnte sagen, er und ich mochten uns nicht wirklich leiden.
"Mittelschickt ist keine Unterschicht." zischte ich und blickte ihm trotzig, mit vor Wut funkelnden Augen entgegen. Sollte er doch zuschlagen, ich würde das trotzdem nicht mit mir machen lassen. Da konnte er mich wohin schicken, wo er wollte.
"Ich würde auch sagen, dass du zu ihm ziehst und ihn erstmal kennen lernst. Vielleicht findest du ihn ja netter als William." versuchte meine Mutter die Situation zu beschwichtigen, ehe sie noch weiter ausarten konnte. Nur leider stieß sie bei mir auf taube Ohren. Wieso unterstützte sie ihn wieder? Sollte es nicht mein Recht sein, den zu wählen, den ich liebte? Wieso stimmte sie ihm zu, mich zu einem völlig Fremden zu schicken? Der konnte doch wer weiß was mit mir anstellen. War ihr das nicht bewusst oder einfach nur egal, solange sie reich bleiben konnte?
"Ihr meint, dass Rhya meine Meinung ändern wird? Egal auf welche Art und Weise? Ich denke nicht. Steckt mich doch ruhig zu den Elfen. William wird mich finden und retten. Da bin ich mir ziemlich sicher. Er lässt seine Braut nicht im Stich." mit diesen Worten drehte ich mich herum und ging in mein Zimmer.

Am nächsten Tag kehrte ich von einem Waldspaziergang zurück und fand meine Sachen gepackt vor meinem Zimmer wieder. Mein Vater wollte seinen Plan anscheinend wirklich durchziehen und mich zu Rhya schicken. Dienstmädchen nahmen mich im Empfang und wollten mich für die Reise herrichten. Doch ich ließ sie nicht. Rhya sollte mich so kennen lernen, wie ich immer aussah. In Kampfmonitur und mit blonden zerzausten Haaren, die ich zu zwei Zöpfen gebunden hatte. Hellblaue Augen blickten meinen Eltern angriffslustig entgegen, als diese sich von mir verabschieden wollten. Ich spuckte ihnen zum Abschied so respektlos wie möglich vor die Füße, ehe ich in die Kutsche stieg und Ragevillage für immer verließ.

*~Golden Eyes~*Where stories live. Discover now