Der erste Flug

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»Verdammt, ernsthaft?« Ich knurrte und schüttelte das Eiskalte Wasser von meinem Arm, dass Malachai versehentlich über mich geschüttet hatte. Ein Lachen entfloh ihm, dann entschuldigte er sich und ließ die hölzerne Flasche mit einem schnipsen verschwinden. Zurück blieb weißer, sich verflüchtigender Rauch.

»Wohin gehen wir überhaupt?«, fragte ich und drückte einen tiefhängenden Ast beiseite. Malachai lief vor mir, schlug sich durch das hohe Laub und bückte sich unter Bäumen hindurch. Zwischen den Blättern drückten wenige Sonnenstrahlen durch, die hin und wieder von vereinzelten Wolken verdeckt wurden. Bevor wir in den Wald gelaufen waren, hatte ich weit hinten im Osten eine dunkle Wolkendecke entdeckt. Der Anfang eines kommenden Sturmes, der über das Land herziehen würde.

»Wirst du früh genug erfahren.«

Wir waren von der Ruine aus rechts am Wald vorbeigelaufen, hinter dem sich bald die riesigen Berge in den Himmel emporstreckten. Ich glaubte nirgends auf der Erde existierten derartige Berge, so hoch, prächtig und über eine Weite erstreckt, fast so groß wie die Schweiz. Die Spitzen der Bergen zeigten weißen Schnee, der trotz des Hochsommers niemals verschwand.

Ich zuckte zusammen, als ich ein Grölendes und ohrenbetäubendes Geräusch in der Ferne hörte. Erst im Glauben, dass das ein lauter Donner gewesen sein könnte, merkte ich schnell, dass ein Gewitter ganz anders klang. Es ertönte ein zweites Mal, dann spürte ich den Boden unter meinen Füßen erzittern. Ich zischte erschrocken auf, als ein Ast in mein Gesicht klatschte, der Malachai in jenem Moment losließ. »Autsch«, knurrte ich und rieb mir die schmerzende Stelle auf der Nase, die nun ein roter Riemen zierte.

»Was bleibst du auch stehen?« Er nahm den Ast erneut zur Seite und wartete mit einem breiten Grinsen, bis ich an ihm vorbeigelief. Der merkwürdige Klang zuvor hatte ich längst vergessen und konzentrierte mich darauf, meine Ausdauer nicht zu verlieren und mich unverletzt durch den Wald zu schlagen. Abgesehen der Dutzenden Dornen, die über meine Haut an den Beinen kratzte und dem kleinen Striemen auf der Nase blieb ich unverletzt. Die Kratzer brannten schwach, sie zwickten, jedoch war ich mir schlimmeren Schmerz gewöhnt und ignorierte diesen gekonnt.

Allerdings... ich hielt kurz inne, lief dann jedoch weiter. Jetzt, wo ich weder die Kopfschmerzen spürte noch die Übelkeit in meinem Bauch und ich nicht mal das Gefühl von Fieber in mir spürte, schienen die Kratzer plötzlich wie der schlimmste Schmerz zu erscheinen. Auf eine makabre Art, die mir beinahe krank vorkam, gefiel mir dieser Schmerz sogar. Denn es war ein anderer Schmerz, keiner aus gewohnten Gründen und den ich tagtäglich spüren musste.

Ein kurzes Lächeln schlich auf meine Lippen.

Dann erzitterte die Erde erneut. Der kleine Waldabschnitt war fast zu Ende und am Ende der Dutzenden Bäume sah ich eine grüne, wildbewachsene Wiese mit Blumen überwuchert. Die Büsche und das Laub verschwanden, meine Schritte wurden schneller und heilfroh stellte ich fest, endlich aus dem Kampf mit der Natur herausgekommen zu sein. Vor mir erstreckte sich eine Wiese, inmitten dieser glitzerte ein kleiner Teich in einem wunderschönen Blau. Kleine Wellen fluteten über ihn, spiegelten das Licht der Sonne wider und stimmten die Luft angenehm in eine schöne Idylle. Links vorbei am Teich nahm der Wald weiter seinen Lauf, der dann in der Weite verlief, wobei rechts die Wiese bis in den Horizont hinaus verschwand. Am Waldrand entlang schwirrte der bläulich glimmernde Schimmer in der Luft, der Argos noch magischer erschienen ließ, als es schon war.

Plötzlich bildete sich ein dunkler Schatten über mir. Ich zuckte zusammen. Sah hoch – und stolperte geradewegs zurück in den Wald. Ich knallte gegen Malachais Bauch, der mich festhielt und zurück sicher auf die Beine schob. Ich spürte seine Brust zittern, als er lachte. Ein Lachen, dass ich nicht hörte, weil die Flügelschläge des riesigen Biestes jeden Ton, jedes Vogelzwitschern und selbst meine eigene Stimme übertönten. Der Wind bließ mir entgegen, Staub und Dreck zwangen mich die Augen zuzukneifen, während das Biest wenige Dutzend Meter vor uns auf dem Boden landete.

Es besass riesige Flügel, gute acht Meter breit, die wunderschön geschwungen neben ihm auf dem Boden lagen. Die helle, strahlendweiße Farbe des Drachens blendete beinahe in meinen Augen. Seine Schuppen glänzten seidenmatt im Sonnenlicht und seine babyblauen Augen blitzen mir mit Respekt entgegen. Die Augen waren mit blauem Pelz Umschwungen und wie Wimpern endeten sie zur Seite aus und ließen die sonst schon großen Augen noch größer wirken. Seine gesamte Körperform war weich, ohne Kanten und schön geschwungen.

»Das...«, sagte Malachai und lief an mir vorbei zu dem Geschöpf. »...Ist Taovi, ein Caelux-Drache. Ein wunderschönes Geschöpf, nicht?«

Taovi legte seinen Kopf tief in den Rasen, dass sein flacher Kopf beinahe im hohen Gras unterging. Malachai trat neben ihn hin und erst da bemerkte ich, dass der Drache ihn nur knapp überragen würde, streckte er den Kopf hoch hinaus.

»Gehört er dir?«, fragte ich vorsichtig und wagte einen Schritt nach vorne. Jedoch war er so klein, dass ich kaum Vorwärts kam. Malachai legte Taovi die Hand auf den Kopf, worauf das Biest sich wieder erhob, jedoch noch in seiner verneigten Haltung blieb. Malachai ignorierte meine Fragen, sah mir ledliglich mit einem abwartenden Blick entgegen.

LalalalaWhere stories live. Discover now