Kapitel 3

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Sobald er die Tür des spartanisch eingerichteten Restaurants geöffnet hatte, stieß ihr eine Wolke aus Curry, Chili und etwas, von dem sie lieber nicht wissen wollte, was es war, entgegen.
Die Wände waren schlicht gehalten: weiß mit einem roten Streifenmuster. Von der Decke baumelten helle Papierlampen und beleuchteten einige aus dunklem Holz gefertigte Tische, ebenfalls mit einer rot-weiß-gestreiften Tischdecke verziert. Die beiden äußeren Wände waren fast komplett verglast, weshalb das goldene Licht der langsam untergehenden Sonne der ganzen Szenerie noch einen gewissen Touch gab.
Tom führte sie zu einem Tisch neben einem der großen Fenster. Galant bot er ihr einen der beiden Stühle an, verneigte sich sogar kurz und als sie sich setzten wollte, schob er ihr den Stuhl heran.
"Ein Gentleman, ganz nach der feinen britischen Art", scherzte sie und lächelte ihm zu. Tom sprang sofort darauf an, griff nach ihrer Hand und deutete einen Kuss an.
"Für die Dame, mit dem süßen Akzent doch immer." Er zwinkerte, ließ ihre Hand los und ließ sich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen. "Darf ich fragen, um was für einen Akzent es sich handelt?"
"Schwedisch."
"Oho! Na so was! Hätte mir auch gleich auffallen können. Bei den blonden Haaren!“
"Jetzt packst du aber ganz alte Klischees aus."
Ihre Finger spielten mit dem Tischtuch. Und da war sie wieder, ihre Schwester. Sie saß einen Tisch weiter und sah kopfschüttelnd zu ihr hinüber. Schnell wandte Lissy den Blick ab und sah stattdessen aus dem Fenster. Tom hatte anscheinend nichts gemerkt, denn er redete weiter.
“Trägst du auch Holz Schuhe?“ Sie brach in Gelächter aus.
“Natürlich, die sind super bequem!“ Ihre Stimme troff nur so vor Ironie.
Bevor er noch etwas antworten konnte, stand ein Kellner neben ihr. “Tommy Tom Tom“, begrüßte dieser den Braunhaarigen überschwänglich. Tom stand auf und die beiden vollführten einen kompliziert aussehenden Handschlag. “Was kann ich heute Gutes für dich tun? Und wie geht's der Familie. Oh, wer ist denn diese holde Schönheit hier?“ Er redete wie ein Wasserfall, hatte aber die ganze Zeit ein breites Grinsen im Gesicht. Er war ihr sofort sympathisch.
“Der Familie geht's gut“, antwortete Tom, stellte sich zwischen den Kellner und sie, legte jedem eine Hand auf die Schulter und wandte zuerst den Kopf zu ihm. “Scooby, dass ist Lissy, sie ist noch nicht so lange in London und ich konnte sie dazu überreden, sich von mir die Stadt zeigen zu lassen.“
Tom drehte sich ihr zu, doch Scooby war schneller. Er streckte die Hand aus, welche sie freudig überrascht ergriff. “Überredet, ja klar. Ich wette viel geredet hat er nicht. Oder? Er hat nur sein Prinz-Charming-Lächeln aufgesetzt und dann- ja, genau das hier!“ Scooby brach ab und deutete, auf Toms Gesicht, der die beiden breit angrinste. „Also da braucht es ja nun wirklich keine Worte mehr! Dem Lächeln verfällt man auf Anhieb!“
“Okay, Scooby, wir hätten gern die Karte“
"Die Karte, die Karte. Natürlich, was auch sonst. Wo du doch so überhaupt gar nicht jedes Wochenende herkommst und die Karte bereits in und auswendig kannst." Scooby zwinkerte ihr übertrieben auffällig zu, dann beugte er sich zu ihr hinunter und legte ihr einen Arm um die Schulter. Etwas leiser fuhr er fort: "Du musst wissen, unser lieber Tommy hier, der steht auf unsere indischen Spezialitäten. Um genau zu sein auf's Chili. Er verträgt's nicht, aber er steht drauf! Also wenn du ihn mal so richtig heulen sehen willst, dann musst du ihm nur-"
"Scooby!" Tom sah ihn gespielt genervt an und verschränkte seine Arme vor der Brust. "Die Karte."
"Ist ja gut, ich höre ja schon auf so unwiderstehlich zu sein!"
"Unausstehlich trifft's besser."
"Das ist dann wohl eine Frage der Perspektive." Noch einmal zwinkerte Scooby ihr zu, dann richtete er sich auf, organisierte zwei Karten von einem kleinen Tisch in der Nähe des Eingangs und legte sie feierlich vor den beiden auf den Tisch.
"Vel kam! Da habt ihr eure heiß begehrten Karten." Er zückte einen Notizblock und einen rot-glitzernden Kuli aus seiner Schürze und sah die beiden an. "Was darf euch der Scooby denn zu trinken bringen?"
"Zwei 'Golden Milk', bitte", sagte Tom und sah sie an. "Eine für mich und eine für meine Begleitung." Er zwinkerte und sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
"Alles klar. Dann bin ich sofort wieder da! Und denkt dran: Kein wildes Rumgeknutsche in meinem Laden!" Damit war er durch eine Tür verschwunden.
"Ja, also, das war Scooby.", es klang fast so, als wäre Tom ein wenig peinlich berührt.
Grinsend schlug sie die Karte auf. "Scheint nett zu sein."
"Ja nett ist er allemal, nur manchmal etwas..." Er suchte nach dem richtigen Wort
"Vorlaut?", half sie ihm weiter.
"Beschämend war das Wort, das ich gesucht habe, aber vorlaut klingt besser." Er zwinkerte ihr zu, bevor auch er die Karte aufschlug.
“Weißt du was?“ Sie schloss die Karte wieder. “Wenn du sowie so andauernd hier isst, kennst du dich ja am besten aus. Such du was für mich aus, ich lass mich überraschen.“
Er zog eine Augenbraue hoch. “Du stehst wohl auf Überraschungen.“
“Ach eigentlich ja nicht, aber wenn schon Mystery-Night, dann auch richtig.“
“Okay.“ Er zog das Wort in die Länge. Und dann kam Scooby schon mit ihren Getränken. “Also was kann ich euch Gutes tun?“ Fragend sah er die beiden an.
Tom antwortete: “Für mich die Nummer 18 und für sie die 23.“ Er zwinkerte ihr zu.
“Kommt sofort!“ Und dann verschwand Scooby wieder.
“Hört hört, du kannst ja sogar schon die Nummern!“ Sie bis sich auf die Lippe und lächelte ihn an. Kurz ließ er den Blick auf ihren Lippen ruhen, dann sah er ihr wieder in die Augen.
Es war entspannt mit ihm zu reden. Er war locker, lustig und das Curry, das er für sie ausgesucht hatte, schmeckte vorzüglich, auch wenn sie es selbst nie gewählt hätte. Tom war ein richtiger Familien Mensch, war aber nicht so oft zu Hause, weshalb sagte er nicht. Er mochte Filme, konnte so richtig schön faul sein, ging aber auch gern mal abends weg.
Sie mochte ihn, sehr sogar und jedes Mal, wenn er lächelte, verfiel sie ihm noch ein bisschen mehr. Als sie fertig waren und eine kleine Gesprächspause entstand, erlaubte sie sich die Frage “Und? Wo geht's als nächstes hin?“
Er legte den Kopf leicht schräg und musterte sie. “Magst du tanzen?“
“Ja, ähm.. Ja, ich mag tanzen.“
“Was war das für ein kleines Stocken?“ Er lächelte offen.
“Na ja... Ich mag es, aber ich kann es nicht wirklich“, gab sie zu, den Blick auf ihre gefalteten Hände auf dem Tisch gerichtet.
“Ach quatsch, jeder kann Tanzen und meistens kommt es doch nur auf gute Führung an“, tat Tom ihren Einwand ab und lächelte sie an. Seine Art hatte so etwas an sich, das sie sich ermutigt fühlte. 
“Dann hatte ich die bis jetzt wohl nicht.“ Sie fuhr sich durchs Haar.
“Na dann wird es höchste Zeit!“ Seine Augen funkelten.

A Night In London | Tom Holland ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt