Mercedes

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Die Autofahrt nach Mannheim kam mir ewig lang vor.
Ich nutzte die Fahrt um zu sehen was sich verändert hatte als ich nicht da war und stellte fest das, auch wenn alles gleich war wie früher, die Landschaft und Gebäude wie in ein anderes Licht getaucht waren.
Als ich das letzte Mal durch diese Strassen fuhr schien alles grau und öde, Heute war alles Hell und heiter.
Zeit heilt alle Wunden sagt man, ich glaube, man lernt einfach nur besser mit dem Schmerz zu leben.

"Da wären wir." meinte Mama und hielt vor unserem Stadthaus in der Mannheimer Oststadt.
"Emilia, Alexander kommt Heute zum Abendessen ich würde mich freuen wenn ihr euch kennenlernt." Mama sah mich an und ich nickte nur.
Wie konnte ich ihr Glück nicht unterstützen? Sie hatte es mehr verdient als jeder andere Mensch den ich kenne.
"Danke." sie küsste meine Stirn und gemeinsam schleppten wir meine Koffer die Treppen hoch.

Nachdem ich alles direkt in die Waschküche gebracht und erstmal liegen gelassen habe stieg ich zu meinem Zimmer in den 3. Stock.
Es war alles noch genau so wie früher, die dunklen Möbel, die hellgrauen Wände und ein Großteil meiner Pflanzen hatte auch überlebt, sie waren nur bedeutend größer als ich sie das letzte Mal sah.
Ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen und starrte eine Zeit lang nur an die Decke.
Ich sollte einen Spaziergang machen, bisschen frische Luft wird mir gut tun.

Schnell zog ich mir eine Leggins, Pullover und meine Daunenjacke an und schlüpfte in ein paar Sneaker.
Solange kein Schnee liegt zieh ich auch keine Winterschuhe an und basta.
"Mama ich geh mir ein wenig die Beine vertreten, bin bald zurück!" rief ich durchs Haus und schloss die Tür hinter mir.
Gemütlich schlenderte ich durch die Strassen und sog alles in mir auf was ich sah.
Es war schön wieder hier zu sein, auch wenn es bedeutete das ich mich mit meinen Gefühlen auseinandersetzen musste.

Es war Freitag kurz vor 12 Uhr und die Leute waren alle auf dem Weg zum Mittagessen oder nach Hause.
Ich beschloss kurzerhand zur Konrad- Adenauer Brücke zu gehen und mich im Schlossgarten an den Rhein zu setzen.
Um diese Jahreszeit waren dort nie viele Menschen und so konnte ich in Ruhe das Wasser beobachten und den Gedanken freien Lauf lassen.
Ich saß eine Weile nur da und blickte ins nichts, es war unglaublich friedlich. Arschkalt, aber friedlich.

Es gab mir Zeit über meine Zukunft nachzudenken, was würde ich jetzt bitte machen?
Wieder bei Starbucks arbeiten wie in LA?
Die Zusicherung eine Stelle zu kriegen hatte ich ja, aber irgendwie wollte ich etwas anderes machen.
Trotzdem war es wohl die beste Möglichkeit in den Alltag reinzukommen und erstmal zu sehen wo ich hinwollte.

Ich war so in Gedanken versunken gewesen das ich gar nicht bemerkt hatte wie dunkel der Himmel geworden war.
Schnell sprang ich auf und machte mich auf den Rückweg, jetzt noch im Regen zu stehen war gar nicht worauf ich Lust hatte.
Es ging aber nicht lange und es begann wie aus Kübeln zu schütten.
Die Kapuze hochgezogen und die Arme tief in der Jacke vergraben lief ich so schnell wie möglich richtung Innenstadt.

Von hinten hörte ich den Motor eines wohl sehr protzigen Autos und rollte mit den Augen.
Warum kauft man sich so einen Wagen?
Ich drehte den Kopf etwas zur Seite um zu sehen was es war, durch den dichten Regen konnte ich allerdings kaum etwas erkennen.
In dieser Sekunde raste ein weisses Auto an mir vorbei und, wie konnte es auch anders sein, fuhr direkt neben mir durch eine riesige Pfütze.
Eine gefühlt Meterhohe Welle kam mir entgegen und durchnässte nun auch noch den Rest meiner Sachen komplett.

"Du scheiss Wixxer!" schrie ich dem Sportwagen hinterher und hob den Mittelfinger.
Ich wusste das er wohl nichts dafür konnte aber scheisse nochmal hätte dieses Arschloch nicht langsamer fahren können?
Genervt stapfte ich weiter durch den Regen und als ich an der nächsten Ecke ankam sah ich das Auto dort stehen.
Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, na warte nur.

Mit schnellen Schritten ging ich auf den Mercedes zu und klopfte wie wild an das Fenstes der Fahrertür.
Ein Typ mit Sonnenbrille auf der Nase schnellte zu mir herum und zog die Augenbrauen hoch.
Er ließ das Fenster ein Stück runter, "Was?" schnauzte er mich an und presste die Lippen zusammen.
"Du hast schon gemerkt das du mich mit deiner Scheisskarre komplett voll gespritzt hast oder?" fuhr ich ihn an und verschrenkte die Arme.

Belustigt musterte es mich und blickte dann auf die Strasse vor sich.
"Wo musst du denn hin Kleines, ich fahr dich." er grinste und ich verzog angeekelt das Gesicht.
"Nein danke, lieber ertrinke ich auf dem Heimweg." mit einem letzten bösen Blick drehte ich mich um, nur um in der gleichen Sekunde von einer weiteren Welle überflutet zu werden.
Ein Lastwagen war an mir vorbei gefahren und hinter mir hörte ich ein tiefes Lachen.

Ich wirbelte herum doch bevor ich etwas sagen konnte öffnete er die Tür und stieg aus.
Er überragte mich um fast zwei Köpfe und blickte auf mich herab.
Ohne ein Wort ging er zum Kofferraum und öffnete diesen nur um sich gleich darauf nach mir umzudrehen.
Er drückte mir eine schwarze Lederjacke in die Hände und deutete auf den Wagen.
"Willst du vielleicht jetzt mitfahren?" stumm nickte ich und rannte zur Beifahrertür.
Seufzend liess ich mich auf den Sitz fallen und sog mir seine Jacke über die Schultern bevor ich mich anschnallte.

Er setzte sich neben mich und startete den Motor, fuhr aber nicht direkt los.
Fragend sah ich ihn an. "Gib ihm eine Sekunde." antwortete er auf meine stumme Frage und kurz darauf verstand ich was er meinte denn die Sitzheizung setzte ein.
Ich schloss die Augen und lehnte mich zurück um die wohltuende Wärme aufzusaugen, ich zitterte am ganzen Körper.

In der stille des Autos hörte ich einen kurzen Lacher.
"Na was denn? Mir ist Sau kalt Mann." gab ich zurück ohne die Augen zu öffnen.
"Bist dir kaltes Wetter nicht so gewohnt wa? Weil so schlimm ist es nun auch wieder nicht." er drehte das Radio auf und irgend ein Deutscher Song war zu hören.
"Doch schon, von früher. Aber war nicht darauf vorbereitet das es regnet als hätte Noah wieder ne scheiss Arche gebaut." sagte ich genervt und fing langsam wieder an meine Körperteile zu spüren.

Ein schallendes Lachen durchfuhr ihn und nun sah ich ihn doch an.
Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und fuhr sich mit der Hand durch die Haare die, zu meinem Erstaunen, fast so lang waren wie meine.
Nach einigen Sekunden blicke er zu mir herüber und streckte mir die Hand entgegen.
"Nur so nebenbei, ich bin Volkan." ich nahm seine Hand entgegen und schüttelte sie kurz.
"Emilia, freut mich."

White Eagle - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt