Noch nie fand ich mich in solchen Situationen vor. General Kalen bringt mich wahrlich an meine Grenzen. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich damit umgehen soll, was ich darauf entgegnen soll, wie ich mich verhalten soll. Verärgert schiebe ich meine Brauen zusammen und presse meine Lippen aufeinander. Ich war der festen Überzeugung, dass ich mich nicht weiter verrückt machen lassen würde. Ich dachte, ich hätte mir einen ausreichenden Überblick verschafft, doch immer wieder erwischt er mich kalt und überrumpelt mich mit seiner Direktheit.

„Ich verabschiede mich nun. Schließlich muss ich die Nervensäge noch abladen..Ich wünsche eine gute Nacht", reißt Arryn mich aus meinen Gedanken und nickt uns zum Abschied zu.
„Dein Engagement in allen Ehren mein Lieber. Ich wünsche ebenfalls eine gute Nacht", entgegnet Kalen schmunzelnd.
„Sieh zu, dass du dich gut ausruhst. Wir sehen uns dann morgen", verabschiede auch ich mich, ehe sich unsere Wege trennen und nur noch Kalen und ich übrig sind. Wir schreiten weiter den Korridor entlang, vorbei an etlichen Zimmertüren, die aneinandergereiht sind.
„Bist du aufgeregt?", fragt er aus dem Nichts heraus woraufhin ich zu ihm schiele.
„Bezüglich der morgigen Etappe?", stelle ich die Gegenfrage und ernte stummes Nicken seinerseits. „Noch nicht. Ich denke, die Aufregung wird sich erst morgen, kurz vor Beginn bemerkbar machen", erkläre ich nachdenklich und werde wieder an den Ernst der Lage erinnert. Daran, dass ich nicht zum Vergnügen hier bin, sondern um das Duell zu gewinnen. Ich muss allerdings zugeben, dass der heutige Abend tatsächlich Spaß gemacht hat. Ich glaube ich habe mich noch nie so unbeschwert gefühlt, wie heute neben General Kalen.
„Ich bin froh, dass du so gelassen bist. Dennoch..unterschätze den morgigen Tag nicht", meint er so ernst, wie bislang noch nie. Verwirrt sehe ich zu ihm auf, doch er richtet seinen Blick weiterhin geradeaus.
„Keine Sorge, ich werde sicherlich nicht leichtfertig antreten", entgegne ich versichernd und entlocke ihm ein kleines Lächeln.
„Dessen bin ich mir bewusst..das ist es auch nicht, was mir Sorgen bereitet..", murmelt er leise und fasst sich dabei ans Kinn.

Vor meiner Zimmertür angekommen löse ich meinen Griff um seinen Unterarm und falte meine Hände vor mir, während er die seinen hinter seinem Rücken verschränkt.
„Vielen Dank für den heutigen Abend, Sir. Ich habe ihn sehr genossen", meine ich und beginne damit meine Verabschiedung. Er wirft mir einen zufriedenen Blick zu und schließt dabei die Augen. „Sehr gern, den Dank kann ich nur erwidern", entgegnet er mir woraufhin ich bereits zur Klinke meiner Tür greife. „Bevor du gehst habe ich noch etwas für dich", sagt er und greift dabei nach meinem Oberarm. Neugierig wende ich mich ihm zu und sehe ihm wartend entgegen. „Streck deine Hände für einen Moment aus", weist er mich an woraufhin ich tue, wie mir gesagt wurde.
Kalen murmelt einen Zauberspruch und umfasst meine Hände dabei. Kleine schwarze Nebelschwaden entweichen seinen Fingern und schmiegen sich an meine Haut. Nur wenige Sekunden später ist nichts mehr von meinen Händen zu sehen, sie sind völlig umgeben von schwarzen Schwaden. Mit einem Mal pustet Kalen den Nebel weg und enthüllt somit meine Handflächen, die mittlerweile nicht mehr leer sind. Erstaunt starre ich auf den kleinen runden Gegenstand in meinen Händen und verziehe verwirrt mein Gesicht. Zufrieden betrachtet er sein Werk und hat ein teuflisches Grinsen aufgelegt.
„In Ordnung..", murmelt er leise zu sich selbst, ehe er sich erneut aufrichtet und sich räuspert. „Ich möchte dich darum bitten diesen Ring von nun an immer bei dir zu tragen. Ganz besonders morgen", erklärt er während ich noch immer dabei bin den schwarzen Ring zu beäugen.
„Sie haben mir..einen Ring geschenkt?", frage ich perplex und umfahre die Ringschiene.
„Sei unbesorgt, das ist kein Heiratsantrag", scherzt er lachend wobei seine Zähne hervorblitzen. „Es sei denn du möchtest, dass es einer ist", fügt er provokant hinzu und beugt sich schelmisch grinsend zu mir. Augenblicklich schießt mir die Röte ins Gesicht während ich beschämt die Brauen zusammenziehe.
„Können sie auch nur einmal ernst sein?", knirsche ich mürrisch und ernte herzhaftes Lachen seinerseits.
„Bitte verzeih, mir war nicht klar, dass du tatsächlich gern einen Antrag meinerseits wünschst", triezt er weiterhin und hebt dabei eine Braue, während ich wütend und unbeholfen mein Gesicht verziehe. „Wer weiß, vielleicht erfülle ich dir diesen Wunsch ja noch in Zukunft..doch zunächst einmal soll dieser Ring lediglich dazu dienen dich zu schützen", erklärt er mit einem mehr als zufriedenen Lächeln auf den Lippen während ich fragend die Stirn runzle.
„Mich schützen?", wiederhole ich fragend und sehe ihn nicken.
„Ganz recht. Dieser Ring ist mit einem Mondstein bestückt, dessen magische Kräfte seinem Träger Schutz bieten. Die schwarze Ringschiene besteht aus materialisierter Dunkelheit und ermöglicht es dir einen kleinen Teil meiner Kräfte zu nutzen. Er ist also zu gleichen Teilen ein Verteidigungs- sowie auch ein Angriffsmittel", führt er seine Erklärung weiter aus während er nach dem Ring in meiner Handfläche greift. „Es ist mir nicht erlaubt aktiv ins Geschehen einzugreifen, doch ich darf meine Zauberkraft dafür verwenden dich zu schützen. Tu mir also den Gefallen und trage den Ring immer an deinem Finger", fährt er fort und steckt den Ring an meinen Ringfinger. Mit erröteten Wangen lasse ich es zu und wende den Blick ab.
„Er steht dir im Übrigen hervorragend", meint er während er meine Hand sachte umfasst und sie langsam hin und her wiegt. Der Stein funkelt einige Male und schimmert immer wieder bläulich. Je nachdem wie das Licht hineinfällt ist sogar eine violette Färbung zu erkennen. Staunend starre auch ich auf den Edelstein und ertappe mich dabei, wie ich tatsächlich gefallen an diesem Geschenk finde.

„Es freut mich, dass er dir zu gefallen scheint", meint er lächelnd und beugt sich nah zu mir herab. „Ich hoffe meine Wahl des Verlobungsrings wird dein Herz ebenfalls höher schlagen lassen..", flüstert er verheißungsvoll und löst seinen Griff um meine Hand. Ein schelmisches Grinsen umspielt seine Lippen, als er meinen völlig schockierten Gesichtsausdruck bemerkt.

Blind FireWhere stories live. Discover now