22 | Leggings, Tanga und Arschdellen

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»Haha.« Ich verdrehte die Augen und sah auf meine Zigaretten, die sich keinen Millimeter bewegten. Irgendso'n Wichtigtuer im Anzug – meiner Meinung nach ein sehr zuverlässiges Kriterium, um festzustellen ob ein Mensch mit absoluter Sicherheit ein Hurensohn war oder nur eine Wahrscheinlichkeit darauf bestand – belaberte mittlerweile den Kassierer, weil er etwas umtauschen wollte.

»Was geht heute Abend? Ey, Bruder, is' ja nice.« Tareks Lachen erklang und erinnerte wie immer an das Wiehern eines Gauls, dem man ein paar Drogen zu viel unters Futter gemischt hatte. »Da steigt so ein Kerl an 'ner Ampel gerade einfach aus, nimmt entspannt was aus'm Kofferraum, auch wenn schon lange grün wird.«

»Hab' noch was zu erledigen«, antwortete ich knapp. Ich hatte ihm nichts davon erzählt, dass ich einen neuen Auftrag von Kiral entgegen genommen hatte. Das musste er auch nicht wissen. Der Nachtteil an Tarek war bloß, dass er selbst die unmöglichsten Dinge auf eine Art erfuhr, die ich mir nicht erklären konnte. Manchmal wusste er einfach alles und das war verfickt anstrengend.

»Komm nachher rum, wenn du mit deinen geheimnisvollen Sachen fertig bist.« Etwas Bestimmtes, für ihn ziemlich Ernstes lag in seiner Tonlage. Die legte er immer nur dann auf, wann es um etwas mit Wichtigkeit ging.

»Ja, Alter. Mach ich. Später irgendwann«, stimmte ich darum zu, ohne herumdiskutieren, auch wenn ich nicht so viel Bock hatte, noch was zu unternehmen.

Mittlerweile kassierte der Kerl in der Aldi-Uniform die Olle vor mir ab. »Meine Fresse, mach mal jetzt«, maulte ich sie an, als sie es nicht schnell genug schaffte, ihr Grünzeugs in ihre übergroße schwarze Handtasche zu stopfen. Konnte ja nicht so schwer sein, hier nicht den ganzen Laden aufzuhalten.

»Jaha«, seufzte sie genervt, während ich von Tarek ein »Sehr gut« vernahm.

»Zu fett dafür oder was?«, höhnte ich mit Blick auf die Frau.

An meinem Ohr hörte ich Tareks Lachen und wie er irgendetwas von wegen »Ich warte nur darauf, dass mal abgestochen wirst« laberte. »Auf jeden Fall möchte ich eine Rede auf deiner Beerdigung halten.«

»Asozialer Penner. Solche wie du sind wohl beim Wickeln zu oft runtergefallen«, keifte die Fette und schmiss sich den Träger ihrer Handtasche über die Schulter. An ihrem Dekolleté hatte sie ein paar hässliche Sterne tättowiert.

»Acht Euro Einundzwanzig«, forderte der Kassierer in diesem Moment und streckte mir seine Hand entgegen, während er ein Gähnen unterdrückte. In seinen Augen stand ein genervter Ausdruck.

Einhändig kramte ich mein Geld aus der Hosentasche, ließ dabei eine leere Kaugummiverpackung auf den Boden fallen und knallte ihm die Kohle hin.

»Absolut nichts können und sich dann super stark fühlen. Das braucht doch niemand!«, meckerte die Olle weiter und ich musste mir ein kurzes Grinsen verkneifen. Sie hatte ja keine Ahnung, wie stark ich wirklich war. Wie viel verfickte Macht die Waffe, die ich bei mir trug, mir verlieh.

Ich würde jetzt die Scheiße hinter mich bringen und dann hatte ich alle Zeit, das mit Fede irgendwie hinzukriegen. Klang doch ganz gut alles.

Ostberlin hatte eine unfassbar langweilige Ausstrahlung irgendwie. Genauso das Haus, in dem ich wohl Kirals sogenannten Freunde finden sollte. Ein kleiner Plattenbau, der verloren am Ende einer Seitenstraßen neben ein paar Bäumen, einer Baustelle am Bürgersteig und ein paar Altglascontainern. Davor ein kaputter Kinderwagen, der auf dem Boden lag. Im Gegensatz zu den Gebäuden in unserer Siedlung bröckelte hier der Putz nicht ab, sondern es wirkte schon fast frisch gestrichen. Zumindest war hier noch keine Weihnachtsbeleuchtung zu sehen.

Ich inhalierte den im Vergleich zur kalten Luft warmen Rauch meiner Kippe, während ich langsam auf den Block zuging. Wenigstens schneite es heute nicht, sondern war nur siffig und nass.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now