51. Ein Schluck zu viel

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,,Ich bin müde", log ich, schlüpfte aus dem Bett und taumelte ins Bad, wo ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und in die Boxershort spritzte. Schlimmstes Gefühl der Welt, aber zumindest half es. Irgendwie.

Wehe, knurrte ich meinem Spiegelbild in Gedanken entgegen. Reiß dich zusammen.

Nagisa saß auf dem Bett und starrte leer zu Boden, als ich wiederkam. Jetzt aber nur noch in Boxershorts, da ihm wohl zu warm geworden war.

,,Du magst mich gar nicht mehr, oder? Du findest mich unattraktiv."
Er sprach undeutlich, aber sein Ton machte mir Gänsehaut. ,,Bin ich dir jetzt wieder zu langweilig?"
,,Wah- nein, Nagisa, was?! Was redest du da?"

Er warf mir einen feurigen Blick zu. ,,Weich nicht aus. Du willst nicht mit mir Sex haben, weil ich hässlich bin."
,,Hör auf damit!"
Ich nahm seine Wangen zwischen die Hände und küsste ihn auf die Stirn.

,,Du weißt, dass das nicht wahr ist. Ich will gerade nichts anderes als ich. Aber du bist jetzt nicht du. Deshalb will ich nicht. Verstehst du das?"
Er zog einen wütenden Schmollmund, nickte aber widerstrebend und ich konnte ihn wieder loslassen.

Bemüht wendete ich meinen Blick von seinem nackten Körper ab, zog mir schnell (gar nicht schnell (zu meiner Verteidigung: mit Alkohol fühlt man sich wie Sonic)) einen Pyjamas an und kletterte ins Bett unter die Decke. ,,Komm her."

Nagisa ließ sich träge an der Hand führen und legte sich neben mich.
Ich lehnte mich zur Seite, um die Lampe an meinem Nachttisch auszumachen, als ich mittendrin inne hielt. ,,Nagisa."
,,Hmm?"
,,Nimm die Hand aus meiner Hose."

Er zog seinen Arm zurück und verschränkte die Arme. ,,Wann können wir wieder Sex haben?"

Woah.

Was war mit meinem unschuldigen Nagi passiert? Er war wirklich anders, wenn er dicht war. Viel selbstbewusster und direkter. War ich auch anders?

,,Morgen. Wenn du nicht mehr so bist. Was würde Koro-Sensei von mir denken?", antwortete ich endlich und streichelte gedankenverloren seinen Rücken. Ab da blieb er für eine lange Zeit still. So lange, dass ich kurz annahm, er wäre eingeschlafen.

War er nicht. ,,Ich hab ihn getötet."
Sein Flüstern war wie ein Schlag in den Magen. Und das obwohl ich wusste, dass er es früher oder später ansprechen würde.

Er hatte ohnehin seltsam lange gebraucht, um über letzte Nacht zu sprechen. Aber natürlich, jetzt hatte er durch den Alkohol endlich den Mut, seine Schuldgefühle rauszulassen.

,,Nein", sagte ich matt. ,,Wir haben ihn alle getötet. Zusammen. Du bist nicht alleine... Schuld, wir haben uns alle dafür entschieden."
Er hörte mir gar nicht richtig zu. ,,Ich hab sein Herz schlagen hören. Bevor ich ihn getötet hab. Es hat ihm so wehgetan und er hat trotzdem gelächelt."

Ich verzog das Gesicht. Das war tatsächlich das schlimmste daran gewesen.
,,Er war glücklich", hauchte er unbarmherzig weiter.
,,Nagisa", jammerte ich.

,,Er wollte lieber getötet werden, von uns, weil er sonst für den Rest seines Lebens gejagt geworden wäre", ignorierte er mich. ,,Warum sind Menschen so grausam? Sie haben ihn immer nur gejagt."

Er schnaufte wütend und traurig aus und umklammerte meinen Hals. Ich spürte, wie ich selbst bebte. Ich würde alles dafür tun, jetzt von Koro-Sensei fotografiert und zum Affen gemacht zu werden. Wer hätte gedacht, dass ich so etwas mal sagen würde.

,,Er ist jetzt an einem besseren Ort", versuchte ich ihn runterzubringen. ,,Bei Aguri. Er würde nicht wollen, dass wir unsere Zeit mit Trauern verschwenden."

How to love an Assassin ♡ KarmagisaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt