(44) Der Exfreund [2/4]

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(Jackys PoV)

Ich konnte Francos schemenhafte Gestalt durch die Mattglasscheibe erkennen.
Einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet.
Er starrte mich einen Moment lang einfach nur an und ihm wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht.

"Ach du scheiße", entfuhr es ihm. Sachte zog er mich rein und schloss die Tür hinter mir.
"Jacky, was ist passiert?", fragte er geschockt, die Stirn in tausend Sorgenfalten gelegt und umschloss meine Hände mit seinen.
Seine Haut war so warm, dass die Berührung auf meiner eigenen fast schon brannte.
Ich begann wieder zu zittern.
Ich wollte diese Frage nicht beantworten.
Und konnte es auch nicht.
Nicht jetzt.

Franco schien es zu merken und zog mich einfach in seine Arme.
Er gab mir damit Halt und es erinnerte mich gleichzeitig an die Umarmungen meines Exfreundes von früher. Ich spürte wieder Tränen aufsteigen.
"Komm mal mit", sagte Franco leise und schob mich leicht in sein Wohnzimmer, ohne mich loszulassen.
Phil, der anscheinend bis dato auf einem Sessel saß, sprang erschrocken auf, als er uns sah. Dass er da war, war keine Überraschung für mich, obwohl ich nicht damit gerechnet hatte.

Ich hatte sowieso den Eindruck, dass ich gerade nur sehr wenige Dinge fühlen konnte. Verzweiflung. Panik. Angst.
Alles schöne in meinem Leben war gerade so weit entfernt, es war fast, als würde es nur noch die Erinnerungen an heute Abend geben.
Ich sah wieder vor mir, wie mein Ex plötzlich vor meiner Tür stand. Wie ich ihm öffnete. Wie er so boshaft grinste.

Zitternd ließ ich mich von Franco auf die Couch drücken grub mich in die Decke ein, die er mir gab.
"Jacky, kannst du uns sagen was passiert ist?", fragte nun auch Phil besorgt und setzte sich neben mich.
Einen Moment schwieg ich und versuchte mich zu orientieren, dann holte ich tief Luft.

"Mein Ex", begann ich mit brechender Stimme und unisono verhärteten sich Phils und Francos Gesichtszüge.
"Er... war auf einmal bei meiner Wohnung", erzählte ich stockend weiter, "und-" Ich verstummte. Phil griff bestärkend nach meiner Hand.
"Er wollte, dass ich wieder mit ihm zusammenkomme", flüsterte ich. "Ich habe mich geweigert, er hat auf mich eingeschlagen und ich bin weggerannt."
Meine Stimme ist fast nur noch ein Hauch.
"Und er hat schon wieder getrunken", setzte ich hinzu und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

Franco umarmte mich einfach schweigend.
"Und du bist hierher gerannt?", fragte er leise, "Das sind fast acht Kilometer von dir aus."
Ich zuckte leicht mit den Schultern.
"Ich wollte einfach nur weg", murmelte ich, "Eine Weile lang wusste ich nicht, wo ich war. Dann habe ich bemerkt, dass du nicht weit weg wohnst."

"Du kannst immer zu mir kommen, wenn was ist, das weißt du, ja?", sagte er ernst. "Und jeden von uns immer anrufen. Egal wann."
Ich nickte. Ich war ihm unglaublich dankbar.
Ihm, Phil und allen anderen, auf die ich mich immer verlassen konnte.
Tränen standen mir immernoch in den Augen und ich fühlte mich einfach nur wie ein Häufchen Elend.
Franco hockte sich vor mich und strich mir eine regennasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Hand war warm auf meiner kühlen Wange. Er sah mir direkt in die Augen.

"Weißt du eigentlich, wie stark du bist?", sagte er mit rauer Stimme. Etwas überrascht sah ich ihn an.
"Du bist immer die Erste, die sich für etwas einsetzt; du sorgst dich so viel mehr um andere, als um dich selbst und du bist für alle da, wenn sie dich brauchen, ganz egal, wie es dir geht. So wie du sind nur ganz wenige. Du bist etwas ganz besonderes."

Mir wurde es ganz warm ums Herz. Ein kleines, ehrliches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
Franco erwiderte es. "Weißt du, jedes mal, wenn ich dich irgendwie zurechtweise, wenn du fahrlässig warst, dann nur, weil ich mir Sorgen mache."

"Weil du uns wichtig bist", ergänzte Phil leise.
Ich konnte nicht in Worte fassen, was ich in diesem Moment sagen wollte. Wie viel mir diese Worte bedeuteten.

"Danke", hauchte ich.



Macht noch etwas aus dem Tag <3

ᴀsᴅs - sʜᴏʀᴛ sᴛᴏʀɪᴇs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt