Der Junge, der überlebt (mich umgerannt) hat

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Ich war wie erstarrt. In diesem Moment war mir leider nicht bewusst, wie bescheuert ich aussehen musste, als ich ihn mit offenen Mund anstarrte. Mir war bewusst, dass ich ihn irgendwann sehen würde, aber schon so bald und in dieser Situation, machte mich einfach nur sprachlos. Er sah mich fragend an: "Und du bist...?" Ich schüttelte leicht den Kopf um meine Gedanken wieder zu sammeln. "Entschuldige, Sidney, Sidney Sheppert.", sagte ich. Allmählich gewann ich meine Fassung wieder. Er grinste mich an. "Freut mich. Naja...ich muss wieder los, Zaubertränke hat schon längst angefangen. Tut mir nochmal Leid.", sagte er und deutete auf meine Tasche, in der sich Dank ihm wieder alle meine Bücher befanden. "Ähm, kein Problem, kann passieren.", meinte ich. Er warf mir noch einmal einen freundlichen Blick zu und ging in die Richtung seines Klassenzimmers. Auch ich drehte mich um und machte mich mit hoch rotem und eingezogenen Kopf auf den Weg. Was war nur los mit mir? Sonst habe ich mich noch nie so angestellt bei anderen Leuten. Er musste denken, ich sei bescheuert. "Ach, und Sidney?" Jäh zuckte ich von dem Klang seiner Stimme zusammen und drehte mich erneut um. "Es freut mich, dass ich dich umgerannt habe, und niemand anderes." Er zwinkerte mir zu und ging eiligen Schrittes vor. Jetzt, ganz sicher vollkommen und ausnahmslos bescheuert schauend, stand ich verloren im Gang da.

Harry's Sicht: So schnell ich konnte, drehte ich mich wieder um und ging, oder schon fast lief weiter. "Es freut mich, dass ich dich umgerannt habe." War ich vollkommen blöd?! Sidney, so hieß das Mädchen, war nun ganz sicher der Meinung. Ich hatte mich benommen, wie ein rießen Trottel. So war ich gar nicht. Ich hatte keine Ahnung, was plötzlich mit mir los war. Keine Frage, ein Experte was Mädchen betraf war ich noch nie. Aber meistens stotterte ich irgendein wirres Zeug, anstatt so überheblich zu werden. Aber als ich in diese Augen sah...ich konnte nicht verstehen, was plötzlich passierte. Bestimmt war ich einfach nur durcheinander von der langen Quidditch Rede, die uns Angelina Johanson vorhin bereitet hat. Ob Sidney wohl Quidditch-Spieler mochte? Ich schüttelte den Kopf. Worüber machte ich mir hier eigentlich Gedanken? "Schön, dass Sie uns auch noch beehren, Mr Potter!", quiekte Flitwicks Stimme mir entgegen. Entnervt lies ich meine Schultasche neben meinen Platz fallen und nahm mein Lehrbuch für Zauberkunst heraus.

Sidney: Ich werde mich mein Leben lang fragen wie, aber irgendwie hatte ich es geschafft, mein Klassenzimmer für Geschichte der Zauberei zu finden. In dieser Stunde stellte ich fest, dass das Fach den absolut falschen Namen dafür trug. Schlafen leicht gemacht oder Schluss mit den Schlafstörungen hätten es besser ausgedrückt. Professor Binns redete und redete, und ich wette er wusste nach geraumer Zeit selbst nicht mehr, was er da eigentlich von sich gab. Die Schulglocke läutete und riss mich aus meinem angenehmen Dämmerschlaf. Ich packte meine Sachen zusammen und ging aus dem Raum hinaus, Professor Binns lies sich davon nicht beirren und fuhr unentwegt fort zu reden. Ohne, dass ich es verhindern konnte, breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus, als ich Hermine und Ron vor meinem Klassenzimmer stehen sah. Und zu meiner Überraschung auch... "Harry! Das ist Sidney, das Mädchen, von dem wir dir erzählt hatten.", sagte Hermine und deutete auf mich. Harry schaute perplex drein, und ich war heidenfroh, dass ich diesmal meine Fassung bewahrte. "Wir kennen uns schon, wir sind uns heute...flüchtlig begegnet.", erklärte ich Hermine und war stolz auf meinen kleinen Wortwitz. "Na dann gehen wir, ich hab einen Bären Hunger!", sagte Ron. Hermine und Harry lachten. "Wann hast du den nicht?", fragte ihn Harry. Ron warf ihm einen freundschaftlich vernichtenden Blick zu und wir machten uns auf den Weg in die große Halle, wo uns köstliche Düfte bereits entgegen wehten. "Also, erzähl, Sidney. Wie war dein erster Schultag? Habt ihr schon gezaubert? Ein tolles Gefühl, oder? Ich weiß noch ganz genau, als ich damals das erste Mal..." "Ganz ruhig, Hermine. Lass sie doch erstmal schlucken.", meinte Ron und ich warf ihm mit vollem Mund einen dankbaren Blick zu. Ich kaute schnell und sagte dann: "Es war irgendwie...seltsam." Ich sah, wie Harry sich mir gegenüber kaummerklich aufrichtete. "Wir sollten in Verwandlung Streichhölzer in Nadeln verwandeln..." "Ohh..!", warf Hermine ein, um etwas dazu anzumerken, doch Ron brachte sie mit einem "Shh!" zum Schweigen. "Jedenfalls hat es bei mir geklappt. Als McGonegall mir einen größeren Gegenstand hat das auch geklappt." Ron stieß einen leisen Pfiff aus und Hermines Augen wurden ganz groß. Harrys Miene konnte ich nicht deuten. "Beim...beim allerersten Versuch?", fragte mich Hermine erstaunt. Ich nickte. "Hast du den Zauber schonmal ausgeführt?", wollte sie, wie heute Morgen auch McGonegall schon, wissen. "Nein, noch nie. Mich hat es selbst sehr erstaunt. Muss wohl Anfängerglück gewesen sein." "Quatsch, von wegen Anfänger Glück!", meinte Ron und biss von seinem Hühnchenflügel ab. "Du bist einfach sehr gut, das hat der sprechende Hut auch schon gesagt. Hab ihn noch nie sowas sagen hören.", meinte er. Ich zuckte mit den Schultern. "Jedenfalls soll ich heute Abend in ihr Büro kommen. Keine Ahnung, was ich davon halten soll." Hermine sagte begeistert: "Bestimmt will sie dir extra Punkte für Gryffindor geben!" Der Gedanke gefiel mir. "Ich bring dich heute Abend dorthin. Ihr Büro ist nicht leicht zu finden.", sagte Ron, was ich sehr nett von ihm fand. Dankbar lächelte ich ihn an. "Nicht nötig, Ron.", meldete sich zum ersten Mal Harry zu Wort. "Ich wurde auch zu ihr bestellt. Wir können zusammen gehen.", meinte er. Seine grünen Augen blickten mich mit undurchschaubarem Blick an. "Also, wenn du willst...", fügte er unsicher hinzu. Ich fand meine Stimme wieder. "Ähm, doch, klar, das wäre super. Dann müsstest du dir auch keine Umstände machen, Ron.", sagte ich dankbar zu ihm. Ron biss wieder von seinem Hühnchenflügel ab und murmelte etwas von "...keine Umstände..." Lag eine Spur von Frustration darin? Bestimmt hatte ich mich verhört. Um kurz vor sieben Uhr kämmte ich mir die Haare, schlüpfte aus dem Portraitloch und wartete. Kurze Zeit später kam Harry um die Ecke. "Hey.", sagte er und schenkte mir ein verkrampftes Lächeln. "Hi.", meinte auch ich und spürte, dass dies ein Gang voll unangenehmen Schweigen werden würde. Um die Stille zu brechen, sagte ich: "Wieso musst du eigentlich zu McGonegall? Doch nicht, weil du heute zu spät warst, oder?" Harry lachte zu meiner Überraschung verhalten: "Nein, deswegen nicht. Wenn es um Quidditch geht, ist McGonegall ziemlich tollerant." Nun kniff er die Augenbrauen leicht zusammen. "Ich weiß es selbst nicht genau. In dem Brief stand nur, dass wir etwas zu besprechen haben." "Oh.", meinte ich nur. Nach ein paar weiteren Metern sagte er: "Ich glaube, Ron hat sich ganz schön geärgert, dass er dich nicht zu McGonnegal bringen durfte." Er schaute mich an um meine Reaktion zu prüfen. Ich lachte leise. "Das glaube ich nicht. Ich will euch allen gar nicht so große Umstände machen, es ist so nett von euch, was ihr für mich tut. Danke auch an dich, Harry.", sagte ich und schaute ihm in die Augen. Er starrte auf die Wand, der wir uns näherten. Wich er meinem Blick aus? "Ich wäre ja eh zu ihr gegangen, keine große Sache.", meinte er. Woher kam diese Kälte aufeinmal? Wollte er mich gar nicht begleiten? Aber wieso hat er es dann angeboten? "Da wären wir.", meinte er und hielt vor eine dunklen Eichentür. Bevor wir klopfen konnten, ging die Tür schon auf. McGonnegal schaute uns erst etwas verwirrt an, dann sagte sie. "Aha, zwei auf einen Streich. Wenn Sie hier warten würden, Miss Sheppert, es wird nicht lange dauern." Harry warf mir noch einen Blick zu und verschwand dann mit ihr im Raum. Fünf Minuten später kam er wieder heraus und hatte einen Hauch von einem Grinsen auf seinem Gesicht. "Miss Sheppert.", meinte McGonegall und gebot mir einzutreten. Ihr Büro war aus kräftigem Eichenholz. Die Wände verkleideten hohe Bücherregale und hinter ihrem Schreibtisch war ein kleines Fenster. Auf einem Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand, gebot sie mir Platz zu nehmen, ehe sie selbst hinter ihren üppigen Tisch Platz nahm. Sie blickte mir tief und durchdringend in die Augen, ehe sie sagte. "Nun, Miss Sheppert, lassen Sie uns über Ihre Versetzung in eine andere Jahrgangsstufe sprechen."

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt