How to love an Assassin ♡ Karmagisa

43. Erinnerungen

Schon der erste Satz hatte mir das Lächeln aus dem Gesicht gefetzt. Sexuelle Belästigung. Nagisa war mit zwölf ernshaft belästigt worden. Wer zur Hölle war das gewesen?

Hektisch suchte ich die nächsten Abschnitte ab, nach Hinweisen über den Typen oder neuen Erzählungen, aber Nagisa erwähnte ihn nicht mehr. Ich war nicht so froh darüber, wie ich vielleicht sollte. Ich wollte dieses Arschloch finden.

Wieder blieb ich an meinem Namen hängen.

Seit vorgestern läuft der neue Sonic Ninja Film im Kino. Ich war heute im Comicladen und hab Zeitschriften dazu gesehen, und dann hat mich auf einmal Akabane angesprochen. Er will ihn sich mit mir zusammen ansehen, weil er Superheldenfilme auch mag. Wir haben uns verabredet um ihn zusammen zu schauen.
Ich finde es echt cool, dass er mich angesprochen hat. Er findet es nicht schlimm, dass ich lange Haare habe und er ist wirklich nett. Ich verstehe nicht, warum ihn alle gruselig finden.

Stimmt. Das erste Mal, dass ich mit ihm geredet hatte. Dabei war er mir schon am ersten Tag direkt aufgefallen. Irgendwas an ihm faszinierte mich so viel mehr, als alle Gleichaltrigen, die ich bis jetzt getroffen hatte.

Wie klein wir da noch waren... Ich kicherte in mich hinein.

Der Film war total cool. Karma-Kun und ich nennen uns jetzt immer beim Vornamen. Er hat mich eingeladen und ich habe die Snacks gekauft. Danach sind wir zu ihm nach Hause gegangen und haben die ganze Zeit geredet. Ich glaube seine Familie ist reich. Sein Haus ist riesig. Und sein Zimmer ist echt cool. Er hat einen eigenen Fernseher und sein Bett ist doppelt so groß wie meins. Seine Eltern waren auch nicht da. Ich würde sie gern mal kennenlernen.

Oh ja, daran erinnerte ich mich zu gut. Es war das erste Mal gewesen, dass ich mich richtig zu ihm hingezogen gefühlt hatte. Im Kino. Mein Popcorn war ausgegangen und er hatte mir seins angeboten. Mit einem Lächeln, das mich sprachlos gemacht hatte. Seine Augen hatten im flackernden Licht wunderschön ausgesehen.

Und dabei war das nicht einmal das schlimmste. Als er mir sein Popcorn gegeben hatte, hatten sich unsere Hände berührt. Mehrmals. Es hatte mich so fertig gemacht, dass ich hart geworden war.

Ich war selbst schockiert gewesen, okay? Aber in dieser Zeit war ich auch erst richtig in die Pupertät gekommen. Und da macht einen alles an.

Seufzend rieb ich mir die Schläfe, als würde ich diese schreckliche Zeit damit verdrängen können, und musterte dabei die gekritzelten Buchstaben. Niedlich, wie viele Rechtschreibfehler er mit zwölf gemacht hatte.

Heute hat Karma-Kun zwei Schüler verprügelt. Sie waren viel älter als wir, aber er war stärker und schneller. Er kann richtig gut kämpfen. Ich hätte ihn nicht für einen Schlägertypen gehalten, er sieht überhaupt nicht so aus.

Daran erinnerte ich mich auch nicht mehr. War aber gut möglich.

Ich habe Angst in die Endklasse zu kommen. Meine Noten werden immer schlechter. Ich habe endlich einen Freund gefunden, ich will nicht in eine andere Klasse. Sonst geht das alles wieder los mit dem Mobbing. Bei Karma-Kun ärgert mich keiner. Sie haben Angst vor ihm. Aber ich nicht. Er ist der einzige, bei dem ich es okay finde, wenn er mich anfasst... Er hat sogar gesagt, er findet meine Haare schön. Das war ganz anders als bei dem Jungen im Zug. Ich fühle mich wohl, wenn ich bei ihm bin.

Da war er wieder. Ich musste wissen, wer dieser verdammte Typ war.

Ansonsten... woah...

Mama schreit mich die ganze Zeit an. Wegen meinen verdammten Noten. Ich werde immer schlechter, der Schulstoff ist viel zu schwer. Sie flippt bei allem aus. Wenn ich mir abends einen Zopf mache oder nicht dieses blöde blaue Kleid anziehen will. Ich hasse das! Ich bin kein Mädchen! Bald schneide ich meine Haare ab. Mir egal, ob sie mich dann umbringt oder nicht. Vielleicht mag sie mich ja überhaupt nicht. Aber ich kann doch nichts dafür, wie ich geboren bin! Und ich will kein Mädchen sein! Ich bin es nicht und ich will es nicht sein!
Ganz ehrlich. Mir egal, wenn sie es wirklich macht. Langsam habe ich keine Lust mehr auf mein Leben. Ich will einfach nicht mehr. Ich verstehe nicht, warum ich überhaupt hier bin, wenn sie mich hasst. Sie hätte mich nicht bekommen sollen. Oder mein Vater hätte mich mitnehmen sollen, als sie sich getrennt haben. Warum will mich keiner so, wie ich bin??