XV

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Es war wie in einem Traum. Einem Albtraum, um genau zu sein. Ich folgte den Anweisungen der Direktorin, packte genau wie Amy, Trish und Leela meine Koffer und konnte nicht glauben, dass das wirklich passierte. Wir wurden nach Hause geschickt, weil es hier nicht mehr sicher war! Das hatte ich mich nie zu träumen gewagt. Andererseits war es auch schräg, dass die Schule diese Entscheidung nicht bereits nach dem Mord an Sam getroffen hatte, aber vielleicht war nun klargeworden, dass der Mord keine einmalige Sache sein würde.

Als ich gerade die letzte Hose in den Koffer stopfte, klopfte es an der Zimmertür. Sofort schreckten wir alle zusammen und sahen uns angsterfüllt an, dann schlich ich zur Tür und öffnete sie langsam. Es waren Mrs. Walsh und Mrs. Jones, die davor standen und mich sanft anlächelten. Ich entdeckte auch einige andere Lehrerinnen, die an den Räumen neben uns geklopft hatten. Im Flur stand ebenfalls ein silberner Servierwagen, der über und über mit kleinen Jutebeuteln und Plastiktüten bedeckt war.

„Hallo Faye", begrüßte Mrs. Walsh mich, „wir sind nur gekommen, um euch noch einmal genau zu informieren, wie es jetzt weitergehen soll."

Ich nickte und öffnete die Tür etwas weiter, damit auch die anderen im Zimmer die Unterhaltung mitbekamen.

Mrs. Walsh trat einen Schritt näher und lächelte uns alle beruhigend an, doch ihre Augen lächelten dabei nicht, sondern blieben ernst und besorgt.

„Wir haben alle Eltern verständigt, die sich sofort auf den Weg machen, um euch abzuholen", erklärte Mrs. Walsh, „trotzdem kann es noch einige Stunden dauern, je nachdem, wie weit der Weg ist. Wir können allerdings momentan keine größeren Ansammlungen von Schülern erlauben, deswegen wird es bis zur Abholung sämtlicher Schüler auch keine Mahlzeiten mehr in der Kantine geben. Trinken könnt ihr das Wasser aus der Leitung, ihr solltet ja Zahnputzbecher haben, die ihr nutzen könnt – das ist nicht optimal, aber leider nicht anders möglich. Damit ihr nicht hungern müsst, bekommt jedes Zimmer einen Beutel mit ein paar Müsliriegeln und etwas Obst, ihr hattet ja noch kein Abendessen."

Mrs. Jones nahm einen der Jutebeutel von dem Servierwagen und reichte ihn mir, ich nahm den Beutel mit einem leisen ‚Danke' an.

„Außerdem dürft ihr eure Zimmer nicht verlassen", fuhr Mrs. Walsh fort, „wenn eure Eltern da sind, wird euch eine Lehrkraft hier abholen.. Ach, und Faye: ich habe deine Eltern gefragt, ob sie womöglich noch zwei andere Schüler aufnehmen können. Jays Eltern schaffen den weiten Weg aus Kanada nicht schnell genug, um vor morgen Abend hier anzukommen und Leela, deine Oma kann dich ebenfalls nicht abholen. Deshalb werden du und Jay mit zu Faye fahren."

Leela nickte beklommen und senkte dann den Blick, Amy zog sie in eine sanfte Umarmung.

„Ihr könnt gerne noch versuchen, etwas Schlaf zu bekommen, aber seid bitte jeden Moment bereit", bat die Direktorin uns, „die Evakuierung des Gebäudes soll möglichst schnell vorübergehen. Gute Nacht."

„Nacht", murmelten wir alle, dann schloss ich die Tür, schloss ab und drehte mich zu meinen Freundinnen.

„Was passiert denn jetzt?", schluchzte Leela und sah mit tränengefüllten Augen zu mir, „was ist, wenn wir nie wieder hierher zurückdürfen? Wohin sollen wir denn dann?"

„Das wird nicht passieren", beruhigte Amy die Jüngere, „sie werden den Mörder schnappen und nach den Osterferien können wir alle zurückkommen, du wirst schon sehen."

Als sich Amys und mein Blick trafen, war mir klar, dass wir wohl beide nicht daran glaubten. Leela schniefte leise und in diesem Moment wurde mir wieder einmal bewusst, wie viel jünger als wir anderen sie eigentlich war. Leela war erst 14 während andere von uns bereits 17 waren und auch ich würde in den Osterferien meinen 17. Geburtstag feiern. Aber Leela war, obwohl sie unglaublich viel Grips hatte, doch noch ein wenig mehr Kind als wir anderen. Ich durchquerte den Raum und gesellte mich zu der Umarmung dazu, strich Leela die Haare aus dem verweinten Gesicht.

FeuerkampfWhere stories live. Discover now