40. Erwischt... again

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Bevor sie sich zu mir umdrehte, schloss ich meine Zimmertür wieder und vergrub vor Scham den Kopf in einem Kissen. Karmas Werk pochte immer noch voller Interesse in meiner Hose und ließ mich frustriert aufseufzen. Blöde Hormone. Blöde Pupertät. Normalerweise hätte ich mich jetzt darum gekümmert.

Allerdings war meine Mutter nicht dumm. Wenn sie gemerkt hätte dass ich erregt geworden war, wüsste sie bestimmt was ich jetzt hier treiben würde. Und aus diesem Grund ließ ich die Finger von meinem Problem und wartete in stillen Qualen, dass das starke Gefühl der Erregung endlich von selbst abflaute.

Nach einiger Zeit tat es das auch. Unschlüssig lief ich in meinem Zimmer umher und schmiedete Pläne, wie ich meiner Mutter wieder ohne Schamgefühl gegenüberstehen könnte. Sie unterbrach mich dabei allerdings, als sie mich zum Abendessen rief.

Und jetzt saß ich hier. Versuchte normal zu wirken, obwohl klar war, dass mein Gesicht einer Tomate glich. Mutter sagte ebenfalls kein Wort und sah mich nur immer wieder an. Ab und zu öffnete sie den Mund um etwas zu sagen, aber was es auch war, sie entschied sich dagegen.

Als ich fertig war murmelte ich ein knappes ,,Danke fürs Essen", und stand auf.
,,Warte Nagisa", sagte sie.
,,Tut mir leid!", kam ich ihr zuvor. ,,Ich – ich habe gewusst dass du kommst, es aber total vergessen. Das passiert nicht nochmal, ehrlich!"

Sie seufzte. ,,Ich habe nachgedacht. Ich finde, dass du glücklicher aussiehst, seitdem du mit Karma zusammen bist. Deshalb werde ich auch nichts weiter dazu sagen. Es ist ja auch meine Schuld, weil ich so reingeplatzt bin. Schließ nächstes Mal doch einfach ab, dann weiß ich, dass ich nicht stören soll."

Ich wurde knallrot. ,,D-Du störst nicht! Vergiss es einfach, ja? Außerdem habe ich doch nicht mal einen Schlüssel..."
Mutter stand so abrupt auf, dass ich zurückzuckte. Aber in ihrem Blick lag keine Warnung.

Sie ging ruhig zur Kommode und öffnete genau die Schublade, an die ich noch nie rangehen durfte.
,,Hier", sagte sie und legte einen Schlüssel auf den Tisch. ,,Du bist jetzt alt genug, um ihn zu bekommen."

Ich starrte den Schlüssel aus großen Augen an. So ein Geschenk hatte ich noch nie von ihr bekommen... Privatsphäre...
,,Danke", hauchte ich und nahm ihn mir.

Verlegen schaute ich noch ein letztes Mal in ihre Richtung, aber scheinbar hatte sie alles gesagt. Deshalb ging ich zurück in mein Zimmer, schloss ab und ließ mich aufs Bett fallen. Mich durchströmte ein Gefühl, das ich so noch nie in meinem Zimmer gekannt hatte.

Privatsphäre!!!

Ich kuschelte mich glücklich in meine Decke. Karmas Geruch hing noch an ihr. Und wieder erinnerte ich mich an das Geschehene zurück.

Oh man. Dabei habe ich Karma gesagt, dass das keine gute Idee wäre und was tu ich dann? Lege mich knutschend auf ihn drauf und öffne sein Hemd! Mist! "Den Prinzipien treu bleiben" kennt mein Gehirn wohl nicht, wenn ich bei Karma bin...

Wenn man vom Teufel sprach, äh, dachte, klingelte im nächsten Moment mein Handy.
Ich nahm ab und rollte mich auf den Rücken. ,,Ja?"

,,Hey. Ich hab gerade schlechte Laune, kannst du mich aufmuntern?"
,,Klar, aber was ist überhaupt los?", fragte ich überrascht.
,,Ugh... Ich hatte auf dem ganzen Weg eine Latte und bin fast krepiert."

Ein Schweißtropfen trat an meine Stirn. ,,Das klingt nicht gut."
,,Jep. Vor allem nicht, als ich Zuhause war. Meine Mum hat sich totgelacht. Manchmal hasse ich sie über alles, echt..."

Seine Worte waren ein einzelner Seufzer.
,,Oh...", murmelte ich und spielte mit einem Haargummi an meinem Handgelenk. ,,Was macht sie denn jetzt?"
,,Keine Ahnung. Warum?"

,,Nur so. Ich kenne sie ja gar nicht. Wie sind sie denn so?"
Kurz herrschte Stille. ,,Man... kann das eigentlich nie so recht sagen", sagte er schließlich.

,,Willst du das wirklich wissen? Sie sind eh bald wieder weg, du musst jetzt nicht versuchen einen guten Eindruck zu machen oder so was. Da legen sie eh nicht so viel Wert drauf. Ich hätte viel mehr Lust auf Telefonsex."

Ich riss die Augen auf, als ich mir vorstellte, in den Hörer zu stöhnen. Sofort stieg Hitze in mir auf.
,,Hey hey, war nur Spaß. Wetten du bist jetzt rot?", lachte Karma. Ich seufzte und berührte meine heißen Wangen.

,,Das sieht dir ähnlich... Man weiß nie was Spaß ist und was nicht."
,,Hast recht. Vielleicht war es ja auch kein Spaß-"
,,Jetzt erzähl mir endlich mehr von deiner Familie."

,,Mmh", brummte er unwillig. ,,Oke..? Was willst du hören? Ich komme ganz gut mit ihnen klar, wahrscheinlich, weil ich sie nicht so oft sehe. Mein Vater ist eher ruhig und meine Mutter ist laut und nervig, also... Keine Ahnung, was sie von mir erwarten."

Er klang nachdenklicher als sonst. ,,Manchmal ist es sogar echt lustig zusammen... Aber das kippt immer, wenn wir zu persönlich werden und es im Streit endet. Ich hasse das."

Ich hob die Augenbrauen. Drei Akabanes, die sich stritten, das würde doch nicht einmal das Haus überleben...
,,Und weiter?", fragte ich belustigt. Er seufzte.

,,Uhh, meine Mutter hasst es zu verlieren. Deshalb drängt sie meinen Vater auch immer dazu, mit ihr Schach zu spielen, weil sie hasst, dass er öfter gewinnt als sie. Und ich würde ihr zutrauen, dass sie gerade an meiner Zimmertür lauscht", bemerkte er und lachte.

Ich schmunzelte, als mir auffiel, dass er sich in gewisser Weise selbst beschrieb. Oder vielleicht eher Nakamura.
,,Aber jetzt mal im Ernst. Warum interessiert dich das?", wollte er wissen.

,,Naja..." Ich zögerte und lachte verlegen. ,,Ich wollte einfach ein bisschen mehr über dich erfahren. Du erzählst mir ja nie viel über dein Zuhause."
Wieder herrschte kurz Stille.

,,Wie ist es mit deiner Mutter ausgegangen?", fragte er schließlich.
,,Oh, an sich ganz okay. Sie hat nicht viel dazu gesagt... Aber sie hat mir meinen Zimmerschlüssel gegeben..."

,,Gegeben? Du hattest noch keinen?", fragte er verwirrt.
,,Nein... Sie hat mir bis jetzt nie erlaubt, mein Zimmer abzuschließen, weil sie wissen will was ich mache. Ich freue mich gerade total", sagte ich verlegen.

,,Diese Frau ist so gruselig..."
,,Hahah, ja."
,,Wenigstens hast du jetzt einen, auch wenn es viel zu spät kommt. Muss die nicht sogar gesetzlich einen Schlüssel für dich haben?"
,,Uhm, ich weiß nicht..."

,,Naja, egal. Aber wir sollten deinen Schlüssel so bald wie möglich nachmachen lassen, für den Fall dass sie ihn dir nochmal wegnimmt. Wenn sie dein Schloss austauschen will, wohnst du bei mir. Okay?"

Das warme Gefühl von letztens kam zurück, als er mir seinen Schlüssel gegeben hatte. ,,Ja, okay. Danke Karma."
,,Wir haben ein Gästezimmer oben. Das kriegst du dann."

,,Uh-"
,,Ich wette, meine Eltern werden dich lieben. Also darfst du es wahrscheinlich für immer behalten. Im Fall der Fälle."
,,Aber-"
,,Wenn nicht, gibt es immer noch meins. So lange es dir nichts ausmacht, für immer mit mir in einem Bett zu schlafen."

Oh. Für immer. Das ist lang.

Ich wurde rot. Karma blühte mehr auf, als ich dachte. Langsam wurde mir klar dass er mich tatsächlich mochte. So, wie ich ihn. Seine Worte taten gut. Nicht unbedingt, mit ihm und seinen Eltern zusammenzuleben, sondern eher die Aussicht auf ein Leben zu zweit.

,,Lass uns nochmal darüber reden, wenn wir volljährig sind", lächelte ich.
,,Klar klar, ich weiß. Aber bis dahin kannst du eben-"
,,Ich weiß. Danke dir. Du bist lieb."
,,Haha, gerne..."

Den restlichen Abend wurden unsere Gespräche immer leiser. Karmas schlechte Laune war wie verpufft. Irgendwie machte mich auf lächerliche Art und Weise stolz, dass ich das geschafft hatte. 

How to love an Assassin ♡ KarmagisaWhere stories live. Discover now