[11]

161 4 0
                                    

»I just want to be the girl you like«

»Ich hole mir auch etwas zu trinken.«, sagt Luis irgendwann und steht von dem Sofa auf. Nick, Luis und ich haben uns einige Zeit unterhalten und ich habe etwas mehr über die beiden erfahren. Natürlich habe ich versucht mir möglichst alles ganz genau zu merken, was Luis über sich erzählt hat. So habe ich erfahren, dass er neben Fußball gerne Basketball spielt und sein Vater aus den USA kommt. Allerdings ist er gestorben, als Luis noch klein war und jetzt hat seine Mutter irgendeinen neuen, den er überhaupt nicht leiden kann. Nach der Schule möchte er gerne mindestens ein halbes Jahr in die USA und seine Verwandtschaft dort besuchen. Nick überlegt, ob er ihn begleitet, wenn er nicht seinen Wunschstudienplatz bekommt.

Jedenfalls springe ich auch auf und lege eine Hand auf Luis Arm. »Warte ich komme mit. Ich könnte mir auch mal etwas holen.«, erkläre ich ihm, als er mich verwundert ansieht. Luis nickt bloß und geht mit mir im Schlepptau in die Küche. Ich sehe noch einmal kurz zu Nick zurück, welcher uns beiden hinterher sieht und zeige ihm mit Gesten, dass wir gleich wieder kommen. Ich lasse ihn nur ungerne einfach da sitzen, allerdings muss ich meine Chance direkt nutzen, sonst schaffe ich das heute Abend nie.

»Was möchtest du denn trinken?«, fragt Luis mich, als wir beide in der Küche ankommen. Außer uns beiden ist keiner zu sehen und ich stelle mich direkt neben ihn an die Küchenzeile. Mit einer flüchtigen Handbewegung zeigt er auf die verschiedenen Getränke und sieht mich abwartend an. Ich versuche irgendwas zu erkennen, dass mir bekannt vorkommt und zeige schließlich einfach auf eine Flache. Wird schon nicht so schlimm sein.

Anscheinend ist meine Wahl gar nicht so schlecht, da Luis nickend die Flasche nimmt und mir irgendwas zusammen mixt. Anschließend drückt er mir den Becher in die Hand und macht sich selbst etwas. Als er auch damit fertig ist, prostet er mir zu und trinkt einen großen Schluck. Ich tue es ihm gleich und muss sagen, dass es verdammt lecker schmeckt. Nur sollte ich nicht zu viel davon trinken, weil ich echt nicht sagen kann, wie viel Alkohol darin ist. Ich beobachte Luis genau dabei, wie seine schöne, große Hand um den Becher legt und er sich mit seiner Zunge einmal über die Lippen leckt. Er sieht einfach nur sexy aus.

»Weißt du was ich immer noch nicht verstehe? Mark hat nie erwähnt, dass er eine Schwester hat. Ich meine du bist echt hübsch, witzig, verdammt schlau und einfach echt süß, dass muss er ja nicht verstecken. Generell erzählt er nie etwas über eure Familie.«, sagt Luis und lässt mich aus meiner Traumwelt hochschrecken. Ich überlege, was ich darauf jetzt antworten soll. Ich würde ihm so gerne einfach mein Herz ausschütten, über Mark, meinen Vater und vor allem meine bescheuerte Mutter. Allerdings weiß ich auch, dass es nicht geht. Ich kann mit niemandem darüber reden. Außerdem hatte ich nicht vor, vor ihm zu heulen und das würde ich bestimmt, wenn wir über meine Familie reden.

Dann fallen mir seine Worte wieder ein und ich muss mir wirklich ein Grinsen verkneifen. Er findet mich hübsch und witzig. Das ich schlau und süß bin, wurde mir schon mal gesagt, aber die anderen beiden Wörter würde ich nicht mit mir verbinden. Das ist wirklich süß von ihm und dabei zeigt er noch dieses verdammte Grübchen lächeln, dass mich immer Schwach werden lässt.

»Mark redet halt nicht so gerne über seine Familie und da gehöre ich halt zu.«, antworte ich bloß und versuche ihn fröhlich anzulächeln.

Luis greift nach einer meiner Haarsträhnen und streicht sie mit einer federleichten Berührung aus meinem Gesicht. »Kann ich absolut nicht verstehen.«, murmelt er und legt seine Hand an meine Wange. Mich durchzuckt ein kleiner Stromschlag und mein Herz fängt wieder an zu rasen. Ich sehe Luis in seine blauen Augen und lehne mich ihm ein Stück näher.

Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, stelle ich mich leicht auf meine Zehnspitzen und lege meine Lippen ganz leicht auf seine. Seine Lippen fühlen sich weich und erfrischend kühl an. Dagegen scheint meine Haut in Flammen zu stehen und die Schmetterlinge in meinem Bauch, fahren gerade wieder eine Runde Achterbahn. Ich schließe die Augen und gab mich ihm hin, der Berührung unserer Lippen hin.

Plötzlich schiebt Luis seine Hand von meiner Wange zu meinem Hinterkopf und fängt an seine Lippen gegen meine zu bewegen. Ich folge seinen Bewegungen und ohne mein bewusstes zutun, schlingen sich meine Arme um seinen Hals und ich presse mich an ihn. Luis schlingt einen seiner starken Arme um meinen Körper ich verliere mich ganz in dem berauschendem Gefühl seiner Lippen auf meiner. Noch nie hatte ich so etwas empfunden wie in genau diesem Augenblick. Seine kühlen Lippen, die irgendwie nach Kirsche schmecken, lassen ein sanftes Gefühl des Glücks durch meinen Körper fließen. Ich spüre wie seine Hand von meinem Hinterkopf wieder sanft zu meiner Wange zurück streicht. Dann lösen sich seine Lippen ganz vorsichtig von meinen und auch ich lasse meine Hände von seiner Schulter über seine Arme streichen, bis sie nur noch locker neben mir hängen.

Ich sehe in Luis schönen blauen Augen und versuche seinen Blick zu deuten. Dieser Kuss war so schön und jetzt sieht er mich einfach nur an. Allerdings nicht besonders verliebt, wie ich es mir eigentlich wünsche, sondern eher traurig oder mitleidig. »Es tut mir so leid, Jasmin. Wir hätten das nicht tun sollen. Ich hätte das nicht machen dürfen.«, flüstert Luis gegen meine Wange und verpasst mir eine weitere Gänsehaut. Nur ist es dieses Mal nicht besonders schön, eher besonders schrecklich. Sowas kann er doch nicht sagen. Nicht nach dem, was gerade war. Er muss das doch auch gefühlt haben, dies Wärme und dieses Glück.

Ich stehe einfach da und sehe ihm in die Augen. »Es tut mir leid.«, murmelt er nochmal und drückt sich dann an mir vorbei. Wieso verschwindet er jetzt einfach? So habe ich mir meinen ersten Kuss sicher nicht vorgestellt. Also den Kuss schon, dass danach nicht.

Ich stehe einfach da und starre vor mich hin. Was habe ich wohl falsch gemacht? Es war zwar mein erster Kuss, aber was sich so gut angefühlt hat, kann ich nicht falsch gemacht haben.

»Jasmin, da bist du ja. Hier findet man wirklich niemanden wieder. Ben hat viel zu viele Leute eingeladen.« Samantha taucht plötzlich von der Seite auf und lächelt mich mit einem extremen strahlen an. Ich versuche mich irgendwie aus meiner Starre zu befreien und einen neutralen Ausdruck auf mein Gesicht zu zaubern.

Ich drehe mich ganz zu ihr um und sehe jetzt auch Simon, der neben ihr steht und Samanthas Hand hält. Beide sehen mich an und sehen so verdammt glücklich aus. Wenigstens haben zwei von uns dreien einen guten Abend gehabt. Ich möchte nämlich, trotz der glücklichsten Minuten meines Tages, gerne einfach nur weinen.

BreathlessWhere stories live. Discover now