- Kapitel 1 -

Começar do início
                                    

„Sag mal, du scheinst bereits auf einer sehr tiefen Ebene mit deinem Artefakt verbunden zu sein, da du bereits reelle Zauber ausführen kannst und dein Artefakt auf deine Befehle hört..wie hast du das angestellt?" fragte er mit Neugier im Tonfall. „Naja..immer wieder spürte ich seltsame Impulse, die scheinbar von meinem Artefakt ausgingen. Sie waren nur ganz schwach und kaum spürbar. Anfangs wunderte ich mich und schob es auf meine wilde Fantasie oder tat es einfach als Einbildung ab, doch etwas an dieser Sache ließ mich einfach nicht los. Es waren seltsame Rhythmen, beinahe Intervallmäßig. Irgendwann probierte ich, diese Schwingungen nachzuahmen. Ich tippte also immer wieder auf den Bügel meiner Brille im gleichen Rhythmus, wie ich die Schwingungen wahrnahm. Plötzlich stoppten die Impulse und ein helles Licht blendete mich. Es war der strahlende Sonnenschein, der durch mein Zimmerfenster hineinfiel..", erklärte ich und hörte ihn wissend murmeln.
„Dein Artefakt scheint sehr clever zu sein. Es hat mit dir auf eine Art und Weise kommuniziert, die du bereits seit Jahren anwendest und verstehst", erklärte er lächelnd, das konnte ich an seiner Tonlage ausmachen.
„Machen das nicht alle Artefakte so?", fragte ich neugierig und hörte ihn leise auflachen.
„Nein, die Art zu kommunizieren ist genau so individuell, wie die Artefakte selbst", erläuterte er. „Weißt du, die Artefakte helfen seinem Träger dabei seine Geheimnisse zu ergründen. Gegenseitiges Verständnis und das richtige Deuten der Zeichen kann allerdings erst stattfinden, wenn es eine tiefergehende Verbindung zwischen Träger und Artefakt gibt. Normalerweise dauert dies einige Monate, doch du und dein Artefakt scheint beide auf einer Wellenlänge zu sein. Sagtest du nicht dein Artefakt hätte dir selbst mitgeteilt, wie sein Name lautet? Viele Magier brauchen Jahre um diese Verbindungsebene zu erreichen", meinte er und schmunzelte erneut.
„Das ist einfach unglaublich..die Schwingungen von Agira waren so schwach. Hätte ich nicht schon jahrelang trainiert, durch Schwingungen und Impulse zu sehen, hätte ich seine Kommunikationsversuche wahrscheinlich nicht einmal wahrgenommen!", entkam es mir verblüfft, während ich mir durch die Haare fuhr und Agira aus seinem Versteck hervorholte. Ich setzte mir die Brille wieder auf die Nase und sprach leise den Zauberspruch, der es mir ermöglicht die Welt in allen Farben zu sehen.

Meister Tarik schmunzelte und hatte die Augen dabei geschlossen. „Es freut mich sehr, dass du nun endlich zu der Einsicht kommst, dass meine Unterrichtseinheiten schon immer einen Sinn verfolgten", meinte er schnippisch woraufhin ich verlegen zur Seite sah.
„Das habe ich doch auch nie abgestritten", nörgelte ich und hörte ihn lachen.
„Das musstest du auch nicht. Dein Gesicht sprach Bände", zog er mich auf und grinste noch breiter. „Weißt du, du bist wirklich ein offenes Buch. Deine Empfindungen und Gedanken sind sehr leicht herauszulesen. Vielleicht sollten wir in Zukunft neben dem Training deiner Kräfte deiner Magierklasse auch daran arbeiten..wer weiß, schaden kann es nicht", meinte er nachdenklich und fasste sich wieder einmal grübelnd ans Kinn. „Doch, wie mir scheint beginnt nun erst einmal die nächste Phase deines visuellen Trainings", klatschte er motiviert in die Hände woraufhin ich verwirrt die Brauen hob.
„Nächste Phase?", wiederholte ich fragend. „Natürlich! Jetzt wo du auch mit den Augen sehen kannst müssen wir ab sofort daran arbeiten deine beiden Sehquellen zu vereinen. Du musst lernen, das was die Schwingungen deiner Umgebung dir sagen mit dem abzugleichen, was deine Augen dir zeigen. Somit kannst du in Zukunft bei Tag, sowie auch bei Nacht, als auch mit oder ohne Artefakt immer sehen, was um dich herum geschieht. Das zu erlernen wird allerdings etwas Zeit in Anspruch nehmen, also mach dich auf ein hartes körperliches Training gefasst", erklärte er und setzte sein zufriedenes Grinsen auf.
Schon oft hatte ich den Eindruck, als würde es ihm spürbar Spaß machen mich zu quälen. Und nun, da ich Agira an meiner Seite hatte, war dieser Eindruck nicht länger nur spürbar sondern auch sichtbar.

Meister Tarik war auch was diese Angelegenheit anging, der Einzige, der Bescheid wusste. Meine Eltern bemitleideten mich, da sie Agira für einen nutzlosen Gegenstand hielten und auch Eliana war recht schadenfroh, dass ich lediglich eine Brille aufzuweisen hatte wohingegen sie ein stattliches Zepter ihr Eigen nennen durfte. Einige Leute und auch das Dienstpersonal hielten das für ein Zeichen. Das Zepter repräsentierte angeblich die zukünftige Führungsposition, die Eliana später als Oberhaupt des Hauses einnehmen würde. Natürlich würde niemand damit rechnen, dass das blinde Mädchen zur Erbin des Titels auserkoren werden würde. Auch ich erwartete nichts anderes, doch anders als man denken könnte, war es mir sogar recht. Ich wollte mein Leben genießen und endlich frei sein! Nicht gebunden an dieses Anwesen und die formalen Pflichten des Adels. Ich wollte den Familiennamen nicht repräsentieren, weshalb ich ganz zufrieden damit war, dass Eliana scheinbar sogar vom Schicksal dazu auserkoren war, die Familie zukünftig zu vertreten. Meine Gedanken diesbezüglich behielt ich allerdings auch für mich. Es war mir wesentlich lieber unterschätzt zu werden. Es begann sogar mir wirklich Spaß zu machen so belächelt zu werden.

Der Tag, an dem ich allen zeigen werde, was das blinde Mädchen wirklich alles zu bieten hat, wird schon bald kommen und dann werde ich es sein, die belächelnd auf alle herabschauen wird.

Blind FireOnde histórias criam vida. Descubra agora