Was Spricht Dafür, Was Dagegen?

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Der Staub wirbelt durch die Luft und vertrübt die Sicht. Sonnenstrahlen tanzen durch die Staubwolke und Bahnen sich ihren Weg hindurch in das Zelt.
Eine seltsame Ruhe keht ein, jetzt da der Besucher weg ist. Dr. Grant stützt sich mit den Ellenbogen auf den Tisch und massiert seine Schläfen. "Das war ja ein Auftritt.", er lehnt sich zurück und steht auf, "Ich muss mal an die frische Luft und ein wenig die Gedanken ordnen".
Sobald der Professor das Zelt verlassen hat, dreht sich Billy zu mir und streckt mir die Hand entgegen: "Billy, wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin dafür, dass wir uns Duzen". Dankend nehme ich die Hand an: "Janie, freut mich, Dich endlich persönlich kennenzulernen."
"Freut mich auch, Alan hat mir schon viel von Dir erzählt."
"Hat er das?", frage ich erstaunt.
"Ja, von der nervigsten Studentin die er je unterrichtet hat.", er lacht auf: "Er selbst würde nie zugeben dass er von Dir beeindruckt ist, aber aus seinen ganzen Beschwerden konnte man die Bewunderung herauslesen. Du erinnerst ihn an sich selbst, bevor er den ersten Park besuchte. Der Ehrgeiz, die Neugier, die Abenteuerlust und vor allem die große Liebe zu den Dinosauriern."
Ein breites Grinsen legt sich auf mein Gesicht. Das heißt also, dass ich von der Person bewundert werde, die ich seit Kindheitstagen selbst bewundere. Aber skeptisch bleibe ich trotzdem, vielleicht hat Billy ja auch etwas falsch verstanden.
"Wie wirst Du Dich entscheiden?", fragt mich Billy.
"Gute Frage.", antworte ich. "Ich weiß es selbst noch nicht. Und wie wirst Du Dich entscheiden?"
"Ich weiß es auch nicht."
Ein langes Schweigen entsteht.
"Es war schon immer mein Traum. Als der Park eröffnet wurde letztes Jahr, konnte ich an nichts anderes mehr denken. Bis zu dem heutigen Tag konnte ich es mir nie vorstellen über so ein Angebot überhaupt nachzudenken." Ich lasse meinen Blick durch das Zelt schweifen. Mein Blick gleitet weiter, bis ich durch die Öffnung des Zeltes auf die Ausgrabungsstätte blicke. Alan Grant steht, mit den Unterarmen auf den Zaun, welcher die einzelnen Grabungen voneinander trennt, gestützt und blickt in die Ferne. Mit starrem Blick betrachtet er das in der Ferne gelegene Gebirge. Die Rocky Mountains. In ihnen war ich schon oft mit meiner Familie wandern. Jedoch nur auf den kleinen Bergen, die größeren haben wir uns für die Semesterferien aufgehoben. Inzwischen waren alle Kinder bei meinen Eltern ausgezogen. Naja, ich eher nur temporär. In den Semesterferien wohne ich bei meinen Eltern, denn mir fehlt das Geld um in eine eigene Wohnung zu ziehen. Während ich die Vorlesungen in der Uni besuche wohne ich in einem kleinen Wohnheim direkt neben der Universität. In einem Einzelzimmer, da das keiner wollte. Es ist zudem das günstigste, was es für mich ebenfalls interessant machte.
"Was sind denn Deine Zweifel?", fragt Billy und führt das Gespräch fort.
Ich lasse meinen Blick von dem Gebirge zurück ins Zelt zu meinem Gesprächspartner gleiten.
"Naja", antworte ich, "Dieser Vic Hoskins hat mich ziemlich verwirrt. Und auch die Skepsis von Dr. Grant. Ich habe das Gefühl dass es dort auf der Insel - den Inseln - nicht mit den rechten Dingen zugeht. Ich habe immer noch nicht ganz verstanden was mit 'Training' und 'Aussortieren' gemeint ist, worin InGen ihre Finger überall im Spiel haben und was genau diese Leute von mir wollen. Ich habe mir alles immer so schön ausgemalt, aber es scheint alles anders zu sein als ich es mir vorgestellt habe."
Meine Stimme fängt an zu Beben während ich weiterspreche: "Was ist wenn alles ganz anders kommt? Was wenn mein Traumjob eine Lüge ist? Was wenn alles umsonst war? Das ganze Studium, die ganze Mühe?"
Tränen schießen mir in die Augen und schnell versuche ich sie unauffällig mit dem Handrücken wegzuwischen. Ich kenne doch Billy noch gar nicht lange, was ist das denn für ein Eindruck wenn ich jetzt gleich vor ihm anfange zu weinen? Ich drehe meinen Kopf von Billy weg und blinzle die Tränen weg.
"Ach, ich sollte wohl einfach aufhören mich wie ein Kind zu benehmen. Ich sollte aufhören rumzuträumen und Illusionen hinterherzujagen. Mich endlich mal erwachsen verhalten."
Ich schaue wieder zu Billy: "Es tut mir leid, dass ich mich immer so schrecklich verhalte. Du musst mich bestimmt für verrückt halten.", ich lache kurz auf.
"Nein, überhaupt nicht.", antwortet er. "Ich stehe selbst vor einem großen Konflikt mit mir selbst und weiß nicht wie ich mich entscheiden soll. Ich war ja bereits auf Isla Sorna, damals mit Dr. Grant und den Kirbys. Ich weiß wie gefährlich diese Lebewesen sind. Ich weiß was für eine Gefahr sie darstellen können, sollte in dem Park nicht alles nach Plan laufen."
Er schüttelt den Kopf, als wolle er die traumatischen Erlebnisse aus seinem Gedächtnis rütteln. Billy Brennan löst sich aus seiner entspannten Haltung, welche er zuvor das gesamte Gespräch gehalten hatte und lehnt sich nach vorn. Wie Dr. Grant es wenige Momente zuvor getan hatte, stützt sich Billy auf seinen Ellenbogen auf dem Tisch ab und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Langsam fährt er mit gespreizten Fingern durch seine Haare und seufzt laut. "Ich weiß aber auch wie wunderschön diese Tiere sind und welche besondere Magie sie umspielt."
Eine Weile sitzen Billy und ich einfach nur da und zerbrechen uns die Köpfe über diese Entscheidung.
Welche Vorteile hätte dieses Job-Angebot? Und welche Nachteile? Was spricht für Jurassic World? Und was dagegen?
"Ich möchte aber auch nicht Alan enttäuschen, wenn ich mich für den Job in Jurassic World entscheide. Wo er doch so eine große Abneigung gegenüber dem Park hat. Ihn nach all den Jahren gemeinsamer Arbeit in Montana zurück lassen und die Freundschaft aufgeben. Nein, das möchte ich nicht.", sagt Billie. "Und gleichzeitig möchte ich meine eigenen Ziele erreichen und Träume verwirklichen. Es ist wirklich ein Teufelskreis."
Ähnliche Bedenken schwirren auch mir durch den Kopf. Das Studium muss natürlich vorher beendet werden. Und auch ich fühle eine gewisse Verantwortung gegenüber Dr. Grant. Seit Beginn des Studiums ist er mein Professor und, zumindest sehe ich das so, auch Mentor. Er ist ein Vorbild für mich. Wer möchte schon sein Vorbild enttäuschen? Ich ganz bestimmt nicht. Zudem plagt mich die Angst, dass ich mir den Park in meinem Kopf schöner ausmale, als er in Wirklichkeit ist, später meine Entscheidung bereuen werde. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Das zumindest sagt das Sprichwort. Aber wer nicht wagt, kann auch nicht verlieren, oder?
Alan Grant wendet seinen Blick von den Bergen, dreht sich um und blickt in die Richtung des Zeltes. Dann dreht er sich um zu den Ausgrabungen und stemmt die Hände auf die Hüfte. Ein leichter Wind streift über das kahle Land und lässt die Wände der kleineren Zelte, welche an dem Rand des Lagers aufgestellt sind, erzittern. Am Horizont ziehen Wolken auf und vermutlich wird es noch später am Abend regnen. Grant schüttelt kurz den Kopf, dreht sich um und macht sich auf den Weg zu dem Zelt.

Ein Job in JURASSIC WORLDWhere stories live. Discover now