11 | Echte Männer brauchen keinen Trost

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Irgendetwas davon, dass ich ihn vermissen würde. Alter. Ich verkniff mir ein genervtes Aufstöhnen und ballte meine Faust.

Aber egal, war jetzt schon passiert. Mich darüber abzufucken, brachte nun auch nichts mehr.

Als ich mit nassen Haaren und in meinen alten Klamotten ins Zimmer zurückkehrte, saß Fede im Schneidersitz auf seinem Bett und hielt sein Handy zwischen den Fingern. Er bewegte seinen Finger scrollend über das Display, hob aber seinen Blick, als ich die Tür hinter mir ins Schloss zog. Mittlerweile war es hell in dem Zimmer.

»Hey«, grinste er mit gedämpfter Stimme. Ich nickte ihm zu und ließ meinen Blick durchs Zimmer gleiten. Leonardo schlief noch, genau wie ich war er in seiner Jeans und seinem Pulli eingepennt. Kurz zögerte ich. Keine Ahnung, eigentlich sollte ich mich direkt verpissen, war doch sinnlos, hier rumzuhängen. Nüchtern fühlte sich diese ganze Sache nicht ansatzweise so genial an wie letzte Nacht. Naja, egal. Jetzt war ich schon hier und konnte versuchen, das Beste draus zu machen. Ich steuerte auf den ausgesessenen Schreibtischstuhl zu und ließ mich darauf nieder.

»Was machst du?«, fragte ich Fede und senkte ebenfalls die Lautstärke. Von Leonardo war ein leises Grummeln zu hören. Boah, das hatte mir echt noch gefehlt, wenn er jetzt aufwachen würde.

»Ich hab' gerade so einen unnötigen Scheiß auf BuzzFeed gelesen. Fünfzehn Katzen, die entweder einen Mord oder die Übernahme der Weltherrschaft planen.« Er schüttelte grinsend den Kopf und sperrte dann sein Handy, ehe er es auf sein Kissen schmiss. Es handelte sich um irgendein No-Name-Modell, das schon älter zu sein schien.

»Warum bist du überhaupt schon wach?«, fragte ich ihn und nahm meine Kippen aus der Hosentasche, auch wenn ich gar keine rauchen wollte. Die Schachtel war ein wenig zerdrückt, weil ich sie heute Nacht zum Pennen natürlich nicht rausgenommen hatte.

»Bahar kommt gleich noch vorbei, weil wir zusammen auf Englisch nächste Woche lernen wollten«, erklärte er. »Das gehört nämlich irgendwie echt nicht zu meinen Talenten und muss jetzt nicht sein, so kurz vor'm Abi total zu verkacken.«

»Streber«, sagte ich und verzog die Lippen zu einem Grinsen.

Er ebenso, dann blieb für einen Moment sein Blick an meinem hängen. »Wenn ich mich nicht wie'n Streber verhalte, ist's auch nicht gut. Entscheid dich mal, Jay. Das ist nämlich echt kompliziert.«

Irgendwie war's das letzte Nacht echt wert gewesen. Dafür, dass ich jetzt hier mit Fede saß und wir miteinander quatschten, als hätte sich nichts verändert. Als wären wir noch immer vierzehnjährige Pisser, die auf dem Supermarktparkplatz gefrorene Torte aßen.

»Nee, Mann. Ich find's gut, dass du so'n Streber bist. Mit Zielen und sowas.« Ich musste echt noch Restalkohol intus haben. Viel zu viel davon. Nüchtern würde ich so einen Scheiß garantiert nicht sagen.

»Danke.« Er sah überrascht aus, wirkte aber nicht belustigt. Konnte froh sein, der Wichser. Das wäre nämlich mindestens ein Grund gewesen, ihm auf die Fresse zu hauen.

»Alter, das war kein Kompliment. Sowas mach' ich nicht, halt mal nicht so viel auf dich«, stellte ich schnell klar.

»Halten wir also fest: Der große Jay macht absolut niemals Komplimente«, lachte Fede, um seine Mundwinkel herum lag der so typische spöttische Zug. War doch klar, dass sich dieser Trottel mal wieder für besonders lustig hielt, obwohl er es absolut nicht war. Ich verdrehte die Augen und warf meine Zigarettenschachtel einmal in die Luft, ehe ich sie wieder in die Hosentasche zurückschob.

Irgendwie spürte ich, wie er mich fragend ansah. »Hast du Hunger? Willst du was frühstücken?«

»Okay, ja«, stimmte ich zu und erhob mich, während er ein wenig grinste und vom Bett rutschte. Er trug ein dunkelgrünes Langarmshirt, das er an den Ärmeln hochgeschoben hatte, und dazu eine schwarze Jogginghose, die an den Waden etwas enger war als oben. Keine Ahnung, warum ich die an ihm so toll fand. Vielleicht weil ich ihn bisher nur in Jeans gesehen hatte und es irgendwie gar nicht so zu ihm passte, Jogginghosen zu tragen. Aber Alter, es war ja auch Samstagmorgen, warum sollte er keine anziehen.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt