04. Lasst die Spiele beginnen

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Das Klopfen an ihrer Zimmertür ließ die junge Washington schließlich aus ihrem Schlaf hochschrecken. Mit ihrer Hand wischte sie sich die Spucke vom Kinn und tastete dann nach ihrem Wecker, der aus irgendeinem Grund nicht mehr auf dem kleinen Nachttisch stand. Verschlafen blickte sich Emerald in ihrem Zimmer um und sah den silbernen Metallwecker, der an der gegenüberliegenden Wand auf dem Boden in seine Einzelteile zersplittert da lag und sie verspottete. Hatte sie den Wecker gegen die Wand geworfen? Musste wohl so sein...
Das Klopfen ertönte erneut.

"Emy, ich fahre jetzt zu Johnny, soll ich dich mitnehmen und an der Schule rauslassen?", rief Zayn von der anderen Seite.

Herrje wie früh war es denn bitte? Er wollte bei Johnny doch nicht vor dem Frühstück auftauchen. Johnny würde ihn lynchen, wenn ihr Bruder da wäre, bevor er drei Tassen Kaffee intus hatte. Wollte Zayn wirklich sein Todesurteil unterschreiben?

"Emy, bist du wach? Es ist halb 8."

So ein Blödsinn, dachte Emerald, ihr Wecker hätte doch sonst schon längst... ihr Blick glitt zurück auf den kleinen Haufen Metall.
"Oh scheiße!", fluchte sie und strampelte die Decke von ihren Füßen.

Der ganze gestrige Abend war eine reine Katastrophe gewesen, sie hatte nach dem Gespräch mit ihrem Vater einfach keinen Appetit gehabt und war stattdessen direkt in ihr Zimmer gegangen, weswegen ihre Mutter völlig ausgeflippt war. Es konnte ja nicht angehen, dass die Familie einen Abend mal nicht zusammen aß. Offensichtlich hatte Mrs. Washington all die Abende vergessen, an denen Zayn Bandprobe hatte oder Mr. Washington auf Geschäftsreise gewesen war. Mrs. Washington und Emerald hatten sich durch die verschlossene Tür hindurch angeschrien, bis Emerald schließlich nachgegeben und sich schmollend am Esstisch niedergelassen hatte.
Sie hatte die ganze Nacht nicht schlafen können und war erst am frühen Morgen vor Erschöpfung eingenickt.

"Ich komme gleich, Zayn! Warte bitte!"

Zügig kramte sie in ihrem Schrank nach einer Hose, einem Pullover und frischer Unterwäsche. Die Dusche dürfte heute morgen wohl ausfallen. Emerald sprintete an ihrem Bruder vorbei ins Bad und versuchte in weniger als fünf Minuten so anständig wie möglich auszusehen. Sie band ihre roten Haare in einen Zopf, man musste ja nicht gleich sehen, dass sie nicht dazu gekommen war, sie zu waschen und spritzte sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht.
Außer Atem trat sie aus dem Bad, ihre grünen Augen suchten das Stockwerk nach Zayn ab, erspähten ihn aber schon am unteren Ende der Treppe, wo er ungeduldig mit dem Fuß auf der Stelle tippte und alle zwei Sekunden auf die Uhr sah.

Er hob den Blick und sagte verärgert: "Du kannst froh sein, einen so tollen Bruder zu haben, der extra auf dich wartet, du Schlafmütze."

"Jaja, du bist ganz toll", murrte Emerald sarkastisch. "Jetzt los!"

Zayn verschränkte die Arme und streckte ihr die Zunge entgegen, er verhielt sich wieder wie der zehnjährige Junge, der seiner kleinen Schwester immer an den Haaren gezogen und sie durch das ganze Haus gejagt hatte, während sie schreiend und lachend zugleich weggelaufen war, auf der Suche nach einem geeigneten Versteck.

"Hattest du es eben nicht noch furchtbar eilig? Schnell, ich darf nicht zu spät in die Schule kommen!"

Emerald griff um ihren Bruder herum, stieß die Tür auf und ihn hindurch. Wenn er sich nicht von alleine bewegte, musste sie eben nachhelfen.
Sie stiegen ins Auto und bretterten los.

"Danke!", rief Emerald, ehe sie die Autotür zuschlug und in das alte Gebäude hineinstürmte.

Die Uhr zeigte zwei Minuten vor acht an. Mit viel Glück wäre sie rechtzeitig da und tatsächlich flitzte sie genau in dem Moment in das Klassenzimmer als Mr. Hale die Tür schließen wollte.

|𝐄𝐦𝐞𝐫𝐚𝐥𝐝 𝐂𝐡𝐫𝐨𝐧𝐢𝐤𝐞𝐧¹ || Small Steps Where stories live. Discover now