Kapitel 9

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Ich wurde von einer stummen Wache durch den Palast zu einem Raum geführt, aus dem lautes Gekicher ertönte. Als ich durch die Türe lugte konnte ich auch erkennen wieso. Einige der anderen Mädchen hatten sich bereits hier versammelt und bewunderten sich gegenseitig. Auch Octavia fand ich unter Ihnen. Ihre Haare waren dunkler als zuvor, und elegant hochgesteckt. Auch sie war wunderschön geschminkt und steckte in einem Traum von einem Kleid das sich um ihren Körper schmiegte und in allerlei blauen Nuancen schimmerte.

Ich Schritt auf sie zu und legte ihr sanft eine Hand auf den Oberarm. „Du siehst wundervoll aus!", hauchte ich. Sie drehte sich zu mir um. Ihre Augen strahlten vor Freude. „Oh Nova, du auch!", überschwänglich zog sie mich in ihre Arme. Ein kichern entwich mir. „Du bist ja übermutig!" lachte ich und entwand mich aus ihrer Umklammerung. „Wieso bist du so gut drauf?!"

„Ähm schau dich doch mal um. Wir sind im Palast?! Ich glaube mein Hirn realisiert erst jetzt dass das alles wahr ist!", lachend drehte sie sich im Kreis. „Ist das nicht wunderbar?" Ihr Lachen war ansteckend, und ich konnte nicht anders als den Kopf in den Nacken zu legen und laut aufzulachen. Dabei blieb mein Blick an einer Gestalt in einer der Ecken hängen. Grüne Augen starrten mich durchdringend an, ehe er seinen Blick wieder abwand und unbeteiligt drein blickte. Also war er doch Soldat dieser ungehobelte Kerl? Aber seine Uniform sah etwas anders aus als die der anderen Wachen im Palast. Und irgendwie strahlte er eine gewisse Autorität aus, die die anderen Wachen nicht an den Tag legten. Schnell wand ich den Blick ab.
„Wie geht es jetzt denn weiter?", ich schnappte mir eine Traube aus einer der Obstschalen die im Raum verteilt herum standen und lies sie in meinem Mund verschwinden. „Wir warten bis alle Mädchen da sind. Dann werden wir zum Essen geleitet." Erklärte Octavia und ich trat mit ihr an eines der riesigen Fenster die auf den Garten hinaus zeigten. Unsere Kleider umspielten dabei unsere Beine im Takt unserer Schritte.

„Den Prinzen treffen wir ja erst morgen, aber ich glaube er beobachtet uns bestimmt schon, oder denkst du nicht?", kicherte sie leise weiter. „Ich mein... vielleicht wird eine von uns seine Frau. Ich an seiner Stelle würde mich in ein dunkles Eck verkriechen und alle gaaaanz genau beobachten!" Sie strich sich mit den langen, schmalen Fingern vorsichtig über die Haare während ihre Augen aufgeregt hin und her wanderten. Als würde sie etwas, oder jemanden, suchen. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. Dabei löste sich nicht eine einzige Strähne aus meiner Frisur. Gustav und seine Team hatten ganze Arbeit geleistet.

„Ich bin mir ziemlich sicher dass ein Prinz besseres zu tun hat als eine Horde Mädchen dabei zu beobachten wie sie sich immer weiter aufspielen in der Hoffnung seine Aufmerksamkeit zu erregen."

„Ist dem so, Lady Novalee? Sie klingen nicht wie jemand der darauf erpicht ist des Prinzen... Aufmerksamkeit zu erregen. Weshalb sind Sie denn dann hier?" Seine Schneidende Stimme jagte einen Schauer über meinen Rücken und ein Kribbeln durch meinen Magen. Ich wusste sofort zu welchen Augen diese Stimme gehörte, dafür musste ich mich nicht einmal umdrehen. Dennoch tat ich es, nachdem Octavia erschrocken herumgefahren war. Ich schaute in seine undurchdringlich grünen Augen, neigte den Kopf und deutete einen höflichen aber distanzierten Knicks an. Octavia tat es mir gleich.

„Ich wusste nicht das wir belauscht werden ....?!", ich legte den Kopf leicht auf die Seite um zu signalisieren das ich nicht die leiseste Ahnung hatte wie ich ihn ansprechen sollte. Und scheinbar funktionierte es.

„Sir Cassiel. Engster Vertrauter des Prinzen und nebenbei sein Bester Freund.... Und nun beantworten sie bitte meine Frage Lady Novalee, die Antwort würde mich doch sehr interessieren." Seine Augen brannten sich in mein innerstes, und nicht einmal Octavias panisches Kopfschütteln brachte mich dazu den Blick von ihm zu lösen. Ich wusste dass ich nun besser schweigen sollte, und versuchen sollte die Situation zu retten bevor er das ganze Missverstand. Doch ganz konnte ich meinen Mund nicht unter Kontrolle halten. Irgendwas an diesem Kerl fesselte mich.

„Nun, Sir Cassiel... Man hört meist das was man hören möchte. Alles was ich damit sagen wollte ist: Entweder der Prinz nicht mich um meinetwillen wahr, oder er tut es nicht. Mich zu profilieren und die anderen Damen auszustechen erachte ich nicht als nötig. Denn wenn mich nicht alles täuscht sind wir um der Liebe willen hier, und ist es nicht so das die Liebe einen findet, egal ob man im Scheinwerferlicht steht oder im Schatten?" , ich blickte ihn herausfordernd an, doch ich konnte keine Regung in seinem Gesicht erkennen. Nur in seinen Augen tobte ein Sturm der mich mit sich Riss.

„Haben Sie denn viel Ahnung mit der Liebe Lady Novalee?", stichelte er weiter. Octavia verfolgte unseren Schlagabtausch Stumm, und mit großen Augen.

„Ich wüsste nicht was Sie das etwas angeht?!", ich neigte den Kopf leicht nach hinten und funkelte ihn wütend an. Was bildete dieser Kerl sich eigentlich ein?

„Oh, das geht mich sehr viel an Lady Novalee. Daher Frage ich sie noch einmal, und wirklich mit großem Interesse: Was wissen Sie denn von der Liebe?", er war mir bedenklich nahe gekommen, und in seiner Stimme war ein knurrender Unterton. Ich merkte es nicht einmal dass ich meine Hände zu Fäusten ballte, während mein Herz wie wild pumpte. Woher sollte er auch wissen das er meinen wunden Punkt getroffen hatte? Was wusste ich schon von der Liebe... Meine Mutter war tot, mein Vater nie zuhause. Die einzige Person für die ich je etwas wie Geschwisterliche Liebe empfunden hatte war Talia.

Scheinbar deutet er mein Schweigen falsch, den er kam noch näher: „Haben sie bereits einmal ihr Herz verschenkt Lady Novalee? Oder hängt es gar noch in ihrer Heimat an einem Burschen den sie vergessen möchten?"

Mein Blut rauschte laut durch meine Ohren. Ich wusste dass ich mich beherrschen musste. Wenn ich nicht gleich wieder gehen wollte musste ich mich zusammen nehmen. Ich griff nach Octavias Hand und deutete einen Knicks an. „Einen schönen Abend noch, Sir Cassiel!", zischte ihn, ohne ihm eine Antwort zu geben und zog Octavia davon. 

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