«Hey. Alles klar?» reißt mich die Stimme von Matteo aus meinen Gedanken. Besorgt legt er seine Hand auf meine Schulter und streicht auf und ab— wie immer. Nickend lehne ich ohne einen Grund und ohne darüber nachzudenken meinen Kopf auf seine Schulter. Ich kann mir seinen überraschten Gesichtsausdruck vorstellen, aber im Moment ist mir das egal.

Ich habe mit allem gerechnet. Sogar das er sauer wird, die nächste Haltestelle aussteigt und wir nie wieder außerhalb vom Unterricht sprechen würden. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass er wohlig seufzend seinen Arm um meine Schulter legt und überhaupt kein Problem damit hat, dass ich es mir auf seiner Schulter bequem mache. Er legt sogar seinen Kopf ganz leicht auf meinen.

«Wir dürfen das eigentlich nicht.» kommt es von mir nach einigen Minuten Stille. Er streicht mir die Haare, die in meine Stirn fallen zur Seite. Meine Augen werden schwerer und ich habe das Gefühl gleich einzuschlafen.

«Ja.. Eigentlich.» Seufzend legt er leicht sein Kinn auf meinem Kopf ab. «Aber darüber können wir auch später nachdenken, nicht wahr?»

«Oder wir denken niemals darüber nach, sondern tun es einfach.» Ich höre sein Lachen und schließe amüsiert meine Augen. «Auch wenn es total falsch ist?»

«Ja.. Auch wenn es total falsch ist.»

-

Sanft werde ich von einer großen warmen Hand, die meine Gesichtskonturen nachfährt, geweckt und blinzele ein paar Mal. Schnell bemerke ich, dass ich noch im Zug sitze und Matteo derjenige ist, der mich weckt. Lächelnd schaut er mich an.

«Endstation, Emery.» flüstert er so nahe an mein Ohr, dass seine Lippen meine Haut berühren. «Lass uns gehen.»

«Nein.. Ich will schlafen.» gebe ich lustlos von mir, aber setze mich trotzdem etwas auf, da ich noch auf seiner Schulter liege. «Wohin wollen wir denn überhaupt?»

«Ganz weit weg von hier.» Sein Gesicht kommt meinem immer näher. Ich halte die Luft an, als er seine Hand auf meine Wange platziert und atme erschrocken aus, während er mir einen kurzen Kuss auf meinen Mundwinkel drückt.

Was..? Das kann nicht echt sein!

Erschrocken wache ich auf und falle fast vom Sitz. Ich brauche einige Minuten um zu realisieren, dass ich nur geträumt habe und Matteo mich nicht geküsst hat. «Verdammte Scheiße.» fluche ich überfordert, wobei ich durch meine Locken gehe und sie mir aus der Stirn streiche.

Dieser Traum ist echt glaubhaft und intensiv gewesen. Wow.

Ich blicke Matteo an, der total verwirrt sitzt und mich fragend mustert. «A-Albtraum! Ja, ein fürchterlicher Albtraum.» sage ich stotternd und muss lachen. Auf seinem Gesicht bildet sich langsam ein Grinsen. Vermutlich findet er es amüsant, wie ich hier total überfordert sitze und versuche nicht an seine Lippen zu denken die beinahe meine berührt hätten!

«Brauchst du Wasser?» fragt er mich jedoch nach eins bis zwei Minuten. Ich nicke. Er holt eine Wasserflasche aus seinem Rucksack, den ich bisher noch gar nicht bemerkt habe, und reicht mir die Flasche. Dankend nehme ich diese an, bevor ich drei große Schlücke vom Wasser nehme. «Danke!» murmele ich verlegen. Warum bin ich denn jetzt verlegen?!

«Übrigens ist gleich Endstation. Noch immer keinen Plan wohin wir sollen?»

«Nein.. keine Ahnung.» Ich schaue in seine hellblauen, die wie immer wundervoll leuchten. Auch er schaut in meine langweiligen braunen Augen. Plötzlich, wie aus dem nichts, prusten wir beide los und können uns kaum noch vor lachen halten. Ich stütze mich an seiner Schulter ab und er an meiner.

Ohne jeglichen Kontext lachen wir, wie zwei planlose Teenager, im Zug und ernten dafür amüsierte Blicke von ein paar Rentnern.

«Das ist doch absurd!» lacht Matteo und lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter. Meine Hand landet unüberlegt in seinen Haaren.

«Ich weiß.» sage ich ebenfalls lachend. «Das ist total absurd.»

In dem Moment fühle ich mich das erste Mal seit Wochen wieder frei und lebendig. Naja, was heißt denn hier lebendig? Ich fühle mich sorglos, viel sorgloser als beim Trinken mit meinen Freunden obwohl es gar nicht so sein darf.

Ich darf mich nicht von meinem Lehrer angezogen fühlen. Ich darf auch nicht mit meinem Lehrer so vertraut sein und mit ihm Lachen, geschweige denn von ihm träumen. Ich darf mich nicht auf Mr. Coleman einlassen. Egal wie attraktiv er in meinen Augen ist, sei es charakterlich oder äußerlich... Ich darf es einfach nicht.

Und genau das versetzt mir einen Stich.

Wie findet ihr die kleinen Zuneigungen zwischen Emery und Matteo?

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