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Lunas Sicht
Dunkles Blut rinnt über meinen Oberarm und entlockt mir ein schmerzhaftes Zischen.
,,Miststück" lacht der ungebetene Besucher auf meinem Rücken und umfasst meine Hörner.

,,Runter!" Knurre ich und drehe mich einmal um die eigene Achse.
Sein Jaulen verratet mir das er auch Bekanntschaft mit der Wand gemacht hat.
Sein Griff löst sich und mein linker Flügel schafft es irgendwie mich in der Luft zu halten, wenn auch einwenig schräg.

Der Vampir krallt sich in die Wand und zum ersten mal sehe ich in die Augen meines Feindes.
Er scheint noch jung zu sein, vielleicht 20 und er funkelt mich mit hasserfüllten, braunen Augen an ,,wieso?" faucht er ,,wieso beschützt du diese niedrigen Wesen?" er schnaubt missmutig.

,,Weil sie es verdient haben!" gab ich zurück.
Das ziehen in meinem Rücken verratet mir das meine Heilung schon längst im Gang ist.
,,Abschaum!" zischt er zurück und springt erneut auf mich zu.
Ich weiche aus doch er erwischt mich noch am Fuß.
Das zusätzliche Gewicht lässt sich nur schwer tragen, da der andere Flügel noch immer nicht ganz leistungsfähig ist.

,,Verdammt" knurre ich auf.

Der Vampir zieht seine Krallen über meinen Rücken und hält sich mit der freien Hand am Gebäude fest.
Sein hämisches Grinsen dringt an mein Ohr.
Na warte dir zeig ichs!
Schnell stoße ich mich von der Wand ab und ziehe ihn auf meinem Rücken mit.
Im freien Fall drehe ich mich mehrfach um die eigene Achse, wobei der gesunde Flügel für das nötige Gleichgewicht sorgt.

,,Stopp!" brüllt er hinter mir, der Flug bekommt ihm wohl nicht gut.
Nach einer weiteren Drehung fällt er von meinem Rücken und seine Krallen ziehen sich endlich aus dem Fleisch.
Brüllend fällt der Braunhaarige zu Boden.
Mühefoll rappelt er sich wieder hoch und starrt mich verächtlich grinsend an ,,Ist das schon alles?" höhnt er.

Na warte!
Ich wirble einmal um die eigene Achse und die Sense fliegt auf ihn zu und bohrt sich tief in seine Brust.
Blutspuckend ging er zu boden und starrt ungläubig auf das Stück Metall in seiner Brust.
Grinsend Lande ich neben ihm und ziehe meine geliebte Waffe aus ihm heraus.
Wortlos sackt er in sich zusammen.
Das wohlig-warme Gefühl in einer Schulter zeigt mir wenigstens, das der Flügel wieder heilt.

Schnell Gewinne ich wieder an Höhe und zücke die Sense in meiner Hand.
Die versteckte Klinge fährt aus und zieht sich wie ein tötlicher Silberbogeb durch die Reihe der Feinde unter mir.

Im getümmel des Kampfes nehme ich kaum etwas wahr.

Stechen, schlagen, ducken, ausweichen und ausholen.
Immer und immer wieder.
Mal in der Luft, dann wieder am Boden.

Kurz glaube ich Lukas Fell neben mir zu erahnen oder Isabellas Kampfschrei zu hören, doch die Eindrücke verschwimmen mit den anderen.
An der Klinge der Sense läuft das Blut in strömen hinunter.
Keuchend halte ich einen Moment inne und schaue mich um.
Der Schulhof hat sich in ein Meer aus Blut und Gefallenen verwandelt.
Langsam sehe ich an mir runter.
Die Schüler und Krieger der Schule werden immer weiter zurückgedrängt. Mit jedem Feind der fällt, kommen sieben neue durch das Tor gestürmt.
Wie sollen wir das schaffen sie alle zu besiegen Zweifel nagen an mir.

,,Nein!" die Stimme eines Jungen holt mich zurück in die Realität.
Dieser baut sich mutig vor einem Trupp feindlicher Hexer auf, die ihn und seine Freunde an die wand der Schule gedrängt haben.
Einige tragen bereits schwere Verletzungen und stützen sich an dem Gebäude mühsam ab.
Gerade als ich mich in Bewegung zu setzen will, bekomme ich von hinten einen Stoß versetzt.

Eine junge Gestalltwandlerin kracht in mich rein beim Versuch ihren Feinden zu entkommen.
Mit angsterfülltem Augen schaut sie mich an ,,Tut mir leid" presst sie raus und humpelt dann schleimig weiter.
Bisswunden zieren die Beine der dunklen Kätzin und machen ihr vorankommen sichtlich schwer.
Fluchend wandert mein Blick weiter, doch überall zeichnet sich das gleiche Bild ab.
Wir sind hoffnungslos in der Unterzahl.

Selbst wenn ich so gut wie unsterblich bin und Isabella wohl auch keinen dieser Kreaturen zum Opfer fallen würde, gilt das noch lange nicht für die anderen Schüler.
Beim Gedanken sie alle sterben zu sehen, zieht sich mein Herz zusammen.
So weit darf es nicht kommen.
Vermutlich mehr wahnsinnig als clever schließe ich die Augen und konzentriere mich auf meine Atmung.
Auf die Kraft, welche durch meine Venen ströhmt, die Magie die meine Seele umschließt.
Den Krach der Schlacht verdränge ich an den Rand meines Bewusstseins.

Spürst du sie? Nicht ganz. Gib dir mehr Mühe. Deine Magie findest du in deiner Seele. Du hast recht!

Angestrengt horche ich in mich hinein lasse mich von meinen Gedanken leiten, bis ich es endlich finde.
Trotz meiner geschlossenen Augen sehe ich gedanklich alles um mich.
Die furchtlosen Krieger und Schüler, ihnen gegenüber die feindlichen Truppen und Isabellas anmutige Gestallt.

Einatmen ausatmen und wieder ausatmen.

Wärme rauscht durch meine Arme und ich schlage die Augen wieder auf.
Du hast es! Ja.

Goldener Nebel bildet sich um meine Fingerkuppen und breitet sich über das Schlachtfeld aus.
Wie ein Reflex weichen die meisten davor zurück, doch die die getroffen werden gehen schreiend zu Boden.
Wie ein Raubtier stürzt sich der goldene Nebel auf die Gegner, umschließt sie und bringt sie zu Fall.
Ungläubig treffen mich die Blicke der anderen.
Immer mehr Wärme umfängt meinen Körper und die ersten Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn.
Leicht fällt es mir anscheinend nicht meine Fähigkeiten heraufzubeschwören.
Nach einigen Schrecksekunden nutzen die Schüler endlich die Chance und fallen über die Gegner her.
Immer darauf bedacht den Nebel wieder fort zuziehen wo meine Verbündeten sich durch die verbliebenen Reihen schlagen, merke ich nicht wie sich etwa zehn Leute hinter mir vorbei in die Schule rennen.
Nach und nach gewinnen wir wieder Boden und schließlich flieht der letzte Eindringling zum Tor hinaus ,,Geschaft"
Der Nebel hat sich wieder in meine Handflächen zurückgezogen und ich schwanke leicht.


Prinzessin der FinsternisWhere stories live. Discover now