Prolog

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Ivette krachte mit ihrem Rücken gegen einige Mülltonnen. Es polterte und klirrte als sich der Inhalt auf den Boden der Gasse ergoss. Augenblicklich verbreitete sich der Gestank von Käsefüßen.

»Scheiße«, zischte sie. Allein ihren tierischen Reflexen war es zu verdanken, dass sie sich fangen konnte, bevor auch sie fiel. »Der saß«, fügte sie an und wischte sich den Mundwinkel trocken. Und schon wieder hatte sie sich eine Jacke versaut, dabei hatte sie sich diese erst neu gekauft.

»So, willst du deine Antwort nun nochmal überdenken?«

Eine zwielichtige Gestalt in dunkler Kleidung und fast schneeweiser Haut baute sich vor ihr auf. Eine dieser Schlägertypen, die Massen für den Boss arbeiteten und von denen jeder gleich aussah.

»Ich wusste ja« brachte Ivette hervor, »dass ihr dämlich seid, aber taub?« Sie spuckte Blut vor die Füße ihrer Gegenüber und grinste sie dann schelmisch an. »Ich habe echt mehr von euch erw-« Die Faust traf ihr Gesicht zu überraschend als dass sie noch hätte reagieren können. Schmerz explodierte in ihrem Kopf als sie nach hinten taumelte und mit dem Rücken gegen die steinerne Hauswand knallte. Für einen Wimpernschlag wurde alles schwarz und sie sackte zu Boden.

»Der Boss wird über deine Worte nicht glücklich sein.« Die Stimme des Mannes kratzte in ihren Ohren wie Fingernägel auf einer Tafel.

Der Boss kann mich mal, schoss es ihr durch den Kopf. Und zu gern hätte sie diese Worte auch laut ausgesprochen. Aber selbst sie wusste, wann man besser die Klappe halten sollte.

»Der Boss gibt dir noch zwei Tage«, meinte Kratzestimme. »Solltest du es bis dahin nicht haben ... « Er schwieg, aber Ivette konnte sich auch so bildlich vorstellen, was man mit ihr machen würde. Bis ans Ende der Welt jagen und in so kleine Teile schreddern, bis man keine Pore mehr von ihr fand, war noch die sanfteste Art, die ihr einfiel.

»Wie großzügig«, kommentierte sie lediglich und lehnte ihren Kopf zurück an die Wand.

Für wenige Sekunden starrten sich die drei Gestalten wortlos an, dann wandten sich die Dunkelgekleideten ab und verließen die Gasse. Sie ließen Ivette blutend zurück und stiegen in den hässlichsten Rolls-Royce in einem Klischeeschwarz, den die Frau jemals gesehen hatte. Ein Phantom war die beste Möglichkeit sich auffällig unauffällig durch eine reiche Großstadt zu bewegen.

»Bonzen.«

Ivette seufzte. Sie fühlte sich wie der Müll, in dem sie saß. Wie sollte sie etwas finden, das seit über einem Jahrhundert niemand mehr gesehen hatte? Und das in zwei Tagen? Eher quetschte ein Höhlentroll durchs Nadelöhr.

Angepisst wischte sie sich erneut das Blut aus dem Gesicht. Nur um sich anschließend darüber zu ärgern, dass sie den verschmierten Fleck an ihrem Ärmel damit nur vergrößert hatte.

»Verdammte Scheiße, ich mochte diese Jacke.«

Ein hysterisches Lachen verließ ihre Kehle, als sie sich erhob und denDreck von ihrem Hosenboden klopfte. Was spielte das noch für eine Rolle? In wenigenStunden wäre sie sowieso eine tote Frau. Da konnte sie ihre restliche Zeit aufErden auch mit ihrer Lieblingsbeschäftigung verbringen: dem Trinken. 

FarbenspielWhere stories live. Discover now