Kapitel 23: Die Transplantation

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- Sehr kreativer Titel. Yeah. -

„Wie fühlen Sie sich, Herr Tjarks?“ „Bin nervös...“ „Beschwerden?“ Taddl nickte. „Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl,...“, nuschelte er. Der Arzt notierte stirnrunzelnd alles, was Taddl ihm mitteilte. „Also in Ordnung... Oder nun ja, nicht wirklich in Ordnung. Gut gehen tut's Ihnen ja auch nicht gerade...“ „Ich darf doch trotzdem operiert werden, oder?“ „Das werden wir jetzt besprechen... Dafür müssten Sie mir vorher aber noch einmal folgen. Ich weiß, ich weiß, das wurde alles gestern schon gemacht, aber um ganz sicher zu gehen, müssen wir Ihre Blutwerte erneut untersuchen. Denn Sie wissen ja vermutlich, dass es fatal wäre, wenn Sie zu viele Antikörper im Blut hätten...“ Taddl nickte. Er wankte dem Arzt ein wenig unbeholfen nach und unterzog sich tapfer der Untersuchung. Danach musste er noch eine knappe Stunde warten, ehe es neun Uhr schlug. Der eigentliche Termin für die OP war um viertel vor neun gewesen, es musste folglich Komplikationen geben... Frau Brinkmann kam in den Raum und stellte sich neben Taddls Bett. „Ihre Werte sind okay.“ „Wirklich..?“ Ein mattes Lächeln huschte über seine Lippen. „Wirklich. Es besteht keine Gefahr für Herrn Büttinger.“ „Gut... Dann kann es doch theoretisch losgehen, nicht?“ Frau Brinkmann blickte nervös zur Seite. „Na ja... Äh... Hören Sie, wir wissen im Moment noch nicht, ob wir von ihrer Seite aus ein okay geben können...“ „Wie ''von Ihrer Seite aus''?“ „Ihre Werte sind ideal für die Transplantation. Aber alarmierend, was Ihren Gesundheitszustand anbelangt...“ Taddls Blick verfinsterte sich kurz. „Aha. Also war alles umsonst? Wie oft muss ich Ihnen denn noch erklären, wie wichtig das für mich ist?!“ „... Es ist auch nicht so, als hätten wir wirklich die Wahl“, gab sie ein wenig niedergeschlagen zu. „Sie sind gerade die einzige Chance, die wir haben. Jetzt oder nie...“ „Jetzt.“ „Das war eine rhetorische Frage, Herr Tjarks...“ „Ich habe mich trotzdem dazu verpflichtet gefühlt, sie zu beantworten.“ Frau Brinkmann seufzte leicht. „Sie fühlen sich also dafür bereit..?“ Nein. Tat er nicht. Er war nervös. Und er hatte Angst. Angst davor, dass etwas schief ging, dass er am Ende doch nicht als Spender geeignet war, dass irgendwas Anderes, Ungewolltes passierte... Einfach Angst vor dem Ungewissen. „Ja...“

Lügner, beschimpfte ihn sein Kopf. Gerechter, segnete ihn sein Verstand. Verblendeter Idiot, tadelte ihn seine Vernunft. Und die Liebe lobte ihn mit einem „Gut gemacht!“.

Frau Brinkmann gab Taddl eine Tablette, die ihn vorerst schonmal beruhigen sollte. Er schluckte sie ohne groß zu zögern runter. „Dann... Werden wir Sie mal in die Vorbereitung schieben...“ Taddl nickte, dann jedoch stockte er. Er sah Frau Brinkmann mit einem undefinierbaren Blick aus gemischten Empfindungen an. „Was haben Sie denn..?“, fragte sie. „Ich habe mich die ganze Zeit nicht getraut... Aber ich weiß nicht, wie das hier ausgehen wird...“ Er schob langsam die weiße Decke von sich und hievte sich ein wenig gequält aus dem Bett. Mit wackligen Beinen bestritt er die paar Meter Distanz zwischen ihm und Manuel. Er stützte sich auf dessen Bett ab und sah ihn längere Zeit über wortlos an. Mehrere Gefühle keimten in ihm auf. Angst, Sorge, Bedauern, Trauer, Wut, Hoffnung, der Wille, alles wieder gut zu machen und letztlich die Erwartung, der Grund dafür zu sein, dass Manu wieder aufwachte. Auch wenn er ihn dann hasste. Auch wenn er dann von ihm dachte, er sei ein arroganter, selbstsüchtiger Mensch, dem er egal war. Taddl schluckte schwer, bevor er die Atemmaske, die Manuels Gesicht umrahmte sorgsam abnahm. Frau Brinkmann wollte einen empörten Ausruf von sich geben, doch dann blieb sie nur schweigend stehen und wurde mehr von dem Anblick, der sich ihr bot getroffen, als sie erwartet hatte. Über Taddls Gesicht lief eine Träne, die von seiner Wange aus auf Manus tropfte. Er senkte den Kopf ein wenig weiter nach unten und streifte Manus Lippen mit seinen. Aus der schüchternen Berührung wurde ein fast schon verzweifeltes Verlangen nach mehr und weitere Tränen. Er drückte seine Lippen fester auf Manus. Und er wünschte, sie wären nicht so kalt... Sie waren zart und weich wie immer, mehr, als man sich wünschen konnte. Sie schienen die seinen zu ergänzen, als würden sie dort hin gehören und nirgendwo anders. Eine Schande, dass diese Lippen womöglich gar nicht mehr für ihn bestimmt waren. Er war sich des Egoismus' seiner Tat durchaus bewusst, doch bei dem Gedanken daran, dass es das letzte mal sein könnte, dass er Manuel sah, schien ihm keine andere Wahl zu bleiben. Er wollte das Kribbeln nicht loswerden, er wollte sich nie wieder in irgendeiner Form von Manuel lösen. Er spielte kurz mit dem Gedanken, seine Zunge in seinen Mund gleiten zu lassen, verwarf ihn aber wieder, es kam ihm unangemessen vor und langsam aber sicher verließ ihn die Kraft auch schon. Er zitterte stark, mehr Tränen flossen über sein Gesicht und er bewegte seine Lippen ein letztes mal zaghaft auf Manuels. Er öffnete seine Augen wieder und warf Manu einen liebevollen und dennoch bedauernden, besorgten Blick zu, dann streifte er ihm die Atemmaske wieder übers Gesicht und streichelte ihm ein wenig durch die Haare. „Ich mache es wieder gut... Versprochen, Manu... Ich...liebe dich...“ „Wir müssen Sie leider jetzt schon für die OP vorbereiten, Herrn Tjarks...“ Er sah auf. Mehrere Krankenschwestern waren in den Raum gekommen und standen um sein Bett herum. Er nickte leicht, sah Manuel ein letztes mal an, legte sich dann hin und wurde von den Schwestern aus dem Raum geschoben. Frau Brinkmann stand noch betroffen im Raum. Emotionale Situationen waren ihr schon sehr viele unter die Nase gekommen, berührende Freundschaftsgeschichten, Familienkonflikte und Versöhnungen und natürlich auch teils dramatische Aufopferungen zwischen Liebenden. Aber das war ihr neu, das beschäftigte sie auf ganz andere Art und Weise. Es war, als würde man alle Verzweiflung und Hoffnung, die Taddls Gedanken ihm durch den Kopf trugen nach außen hin strahlen sehen und als würde man nichts dagegen tun können, einfach nur davon mitgerissen werden. Als seine Chirurgin musste sie sich jetzt auch in den OP Saal begeben. Vorher starrte sie aber noch eine Weile zu Manuel, der (natürlich) unverändert da lag. Doch sie meinte eine Veränderung zu bemerken, da, an dem kleinen Gerät, dass seinen Puls maß. Er war höher als sonst. Vielleicht lag es am kurzzeitigen Sauerstoffentzug. Vielleicht hatte er aber auch... Taddl bei sich gespürt? Nein, das war absurd. Frau Brinkmann schüttelte leicht seufzend den Kopf und verließ den Raum.

Taddl x GLPWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu