2: Lyrrokh und die Dracer

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»Drachen?«, wiederholte Lyrrokh noch einmal nun mehr als ungläubig. Er sah zu Tara. Diese war kreidebleich geworden.

»Die Dracer ...«, hörte er sie flüstern.

Lyrrokh erstarrte. Für einen Moment fühlte es sich für ihn so an, als ob die Zeit stehen bleiben würde. »Dracer?«, fragte er sie und musste sich stark zusammenreißen, damit seine Stimme nicht zitterte.

Tara nickte langsam. »Vorhin. Der Sturm. Das waren drei Dracer. Ich habe sie gesehen«, ihre Stimme glich immer noch einem Flüstern.

Trotzdem verstand Lyrrokh sie. Dennoch konnte er kaum glauben, was sie da zu ihm gesagt hatte. War geradezu fassungslos. Er war also doch auf der richtigen Spur gewesen. Aber wieso überflogen die Dracer das Dorf erst und kehrten dann zurück um... Ein Poltern riss ihn aus seinen Gedanken. Geistesgegenwärtig fasste er, nicht gerade sanft, Tara am Handgelenk. »Wir müssen hier raus! Schnell!«, rief er ihr zu. Er wartete ihre Antwort nicht ab. Stattdessen zog er sie einfach hinter sich her, während er die Gaststube verließ. Bei seinem Pferd angekommen ließ er sie los, jedoch nur um aufzusteigen und sie dann vor sich in den Sattel zu ziehen.

»Lasst mich sofort runter! Meine Eltern! Ich muss zu ihnen!«, rief Tara empört, während sie vergeblich versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien.

»Auf keinen Fall! Wir müssen hier weg und danach wirst du mir erst einmal einiges erklären«, stellte Lyrrokh entschieden klar.

»Aber ...« Tara wollte widersprechen, doch er schnitt ihr das Wort ab.

»Nein. Es sei denn du hast Lust zu sterben. Ich habe jedenfalls keine Lust dazu! Manchmal muss man eben Opfer bringen und glaub bloß nicht, dass du da die einzige bist!«, Lyrrokh wusste, dass es nicht gerade gerecht war so etwas zu sagen, doch etwas anderes fiel ihm jetzt nicht ein. Später würde er ihr alles erklären. Würde es müssen und vielleicht würde sie ihn dann besser verstehen. Was ihn jedoch am allermeisten störte, war nicht, dass sie sich gegen ihn auflehnte. Das war etwas, was er sehr gut nachvollziehen konnte. Mehr als ihm lieb war. Sondern, dass er die Zeichen falsch gedeutet hatte. Mit einem Dracer, vielleicht sogar mit zwei, wäre er klar gekommen doch drei waren definitiv zu viel für ihn. Selbst nach den ganzen Jahren, in denen sich seine Erfahrung und Kräfte stetig weiter entwickelt hatten. Ein ohrenbetäubendes Brüllen durchschnitt die Luft. Es war so laut, wie Lyrrokh es zuletzt bei dem Tod seines Vaters gehört hatte. Dann roch es nach Asche und Qualm. Beinahe so sehr als ob ein Vulkan ausgebrochen wäre. Lyrrokh seufzte leise. »Leg deine Arme um mich«, bat er sie so freundlich wie möglich.

»Hab ich denn eine Wahl?«, wollte sie wissen.

Lyrrokh schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er und fühlte im selben Augenblick, wie sie tat worum er sie gebeten hatte. Dann murmelte er kaum vernehmbar einen Zauber in der alten Sprache der Drachen vor sich hin.


»Danke«, sagte Lyrrokh später, nachdem sie eine kleine Pause einlegten.

»Wofür?«, wollte Tara wissen.

»Dass du mit mir mitgekommen bist«, antwortete Lyrrokh.

»Mir blieb ja keine Wahl. Schließlich hast du mich quasi dazu gezwungen«, entgegnete Tara.

Lyrrokh schluckte hart. Der Vorwurf du hast mich meine Eltern nicht retten lassen, hing in der Luft. »Ich weiß, wie du dich fühlst«, begann er vorsichtig. »Mir ist nämlich etwas ganz Ähnliches passiert. Ich konnte damals meinem Vater auch nicht helfen. Meinem ganzen Volk nicht.« Lyrrokh stocherte im Feuer herum, um dafür zu sorgen, dass es nicht ausging. Doch eigentlich tat er es eher, um sich von seinen düsteren Gedanken abzulenken. Die sich ihm immer aufdrängten, sobald er an früher dachte.

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⏰ Last updated: Jan 12, 2020 ⏰

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Der Herr der DrachenWhere stories live. Discover now