Kapitel 18

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Im Inneren des Schlosses fiel mir als Erstes der große Sessel am anderen Ende der absurd riesigen, mit Kunstwerken verzierten Halle auf. Der Sessel war, wie ich später feststellte, ein Thron. Man musste ungefähr zwanzig stufen erklimmen um dort Platz zu nehmen. Rot gepolstert mit einer Lehne, die am oberen Rand mit Gold verziert war. So viel Gold, wie ich bis zu diesem Zeitpunkt sah, konnten nur extrem reiche Menschen besitzen. Was für eine Königsfamilie vermutlich nicht der Rede war.  Die Decke war so hoch, dass keine Leiter der Welt reichen würde, um sie ein Mal berühren zu können. Sie war auch voller Malereien, fast wie in einer Kirche. Auf den Bildern waren Menschen abgebildet, die eher griechische, altertümliche Kleidung trugen. Ein Bild fand ich besonders interessant. Es sah frischer aus, als die anderen. Es war ein Mann darauf abgebildet, wie er mit einem Speer einen Wolf aufspießte.  Es schien, als wäre der Künstler voller Wut gewesen, als er dieses Bild gemalt hatte. Zumindest hatte es diesen Eindruck in mir erweckt.

Zu unserer linken Seite bestand die ganze lange und hohe Wand nur aus Fenstern, sodass die ganze Halle mit Tageslicht geflutet war. Vor dieser Fensterfront war ein Tisch gedeckt mit Fünfzehn Stühlen. Es roch fantastisch. Da bemerkte ich erst, dass ich so hungrig war, dass ich eine ganze Wassermelone verschlingen könnte. Da ich bereits seit ich denken konnte, mich von Fleisch abgewandt hatte, konnte ich mir als große Mahlzeit nur noch Obst oder Gemüse vorstellen. Jedoch auch Milch oder Käse fand ich sehr lecker. Vegan war ich also nicht.

Am anderen Ende des Saals schwang eine Tür auf und eine Dame in Dienstkleidung aus dem 18. Jahrhundert kam zum Vorschein. Sie hielt ein Mädchen an der Hand. Es war meine Schwester.

"Lana! Ich bin es Emelie!", schrie ich mit tränenden Augen und zitternder Stimme.

Lana ließ die Hand der Frau sofort los und rannte zu mir. Ich lief ihr entgegen und fiel, kurz bevor ich sie erreichte auf die Knie. Sie sprang mich an, ihre Arme umwickelten meinen Hals und sie vergrub ihr schluchzendes Gesicht in meiner Schulter. Ich war so erleichtert, sie endlich in meinen Armen halten zu können, dass ich ihr womöglich die Rippen mit meiner Umarmung gebrochen hätte, wenn sie mich vorher nicht losgelassen hätte.

"Ich wusste dass du kommst Em's", sagte sie nun mit einem Lächeln im Gesicht, aber immenroch mit tränenden Augen.

"Ich werde dich niemals im Stich lassen, und wenn ich dafür zu einem anderen Planeten reisen muss.", erwiderte ich. Lana lachte. Oh Herr Gott, wie ich dieses Lachen vermisst hatte! Ich umarmte sie noch einmal und auch wieder viel zu fest, bevor wir von einander abließen. Lana fing sofort an los zu quasseln. Sie versuche, innerhalb von wenigen Sekunden, ihre ganzen Erlebnisse und Eindrücke der letzten Stunden mir zu vermitteln, was aber dazu führte, dass ich kein Wort verstand.

"...Aber das wichtigste ist Em's, dass wir so lange hier bleiben können, wie wir wollen. Casterra hat gesagt, dass unsere Eltern und Oma es nicht bemerken werden, weil die Zeit auf diesem Planeten sehr viel langsamer verläuft, als bei uns. Oh nein Em's! Was ist mit Oma? Als diese Typen mich verschleppt haben, konnte ich nicht mehr sehen, was mit ihr passiert ist!"

"Ihr geht es gut, mach dir keine Sorgen. Sie hatte eine Verletzung, aber Daren hat sie geheilt.", ich zeigte auf den Vampir, der direkt hinter uns stand. "Sie wartet zuhause auf uns."


"Vielen Dank Daren." sagte Lana, sich an unseren Retter gewandt. "Aber Em's ich sagte doch, dass Oma noch nicht wartet, weil bei ihr erst eine Sekunde vergangen ist, wenn überhaupt. Richtig Casterra?"


"Das ist korrekt liebste Lana. Bitte setzt euch an den Tisch, ihr müsst ja am Verhungern sein. Lana erzählte uns, dass du, Emelie, Vegetarierin bist. Wir haben nur vegetarische Speisen heute zubereitet, bis auf die Mahlzeiten unserer geschätzten Vampire selbstverständlich." Die Prinzessin wies mit der rechten Hand zum Tisch, an welchem bereits, hinter jedem Stuhl, Frauen in der gleichen Dienstmädchen Kleidung standen, wie diejenige es anhatte, die Lana rein brachte. Alle Fünfzehn Frauen hielten ihre Stühle an der Rückenlehne, bereit sie weg zu ziehen. Ich fragte mich, was genau sie damit meine, dass es keine vegetarischen Speisen für die Vampire gäbe. Die würden doch nicht vor meiner Nase ganz geschmeidig Blut trinken, oder wie hätte ich das bitte verstehen sollen.

Retzia - Der Blutige PfadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt