Abendessen mit Hindernissen Pt2

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Nachdem Quinns liebenswürdiger Vater ihn von dem fremdem Angreifer gezerrt hat, weil Quinn ihn sonst wohl nicht gehen gelassen hätte, haben die beiden mich zu ihrem Haus geführt. Tausend Fragen kreisen in meinem Kopf umher. Wo ist der Junge jetzt? Was wollte er von mir? Wird er abermals versuchen, mich zu entführen?

Ich kann meine Angst immer noch nicht verstecken. Die Situation vorhin war für mich schrecklich und ich hatte zuvor noch nie so viel Angst wie zu diesem Zeitpunkt. Fremde Menschen wollten mich nicht gehen lassen und es sind Dinge geschehen, die ich nicht aussprechen möchte. Das alles kann nicht passiert sein.

Quinn öffnet mir die Haustür und sieht mich mitleidig an. Ich betrete das Haus und versuche, nicht allzu verstört auszusehen. Wir beide haben auf dem Weg kaum ein Wort ausgewechselt.

Das Haus von Quinns Familie gleicht einem älteren, sehr großen Landhaus mit vielen Fenstern. In einem der Zimmer im oberen Stockwerk konnte ich durch das Fenster eine blaue Wandfarbe erkennen und vermute, dass das das Zimmer von Quinn sein muss. Ich finde das Haus ziemlich schön und bewundere es, dass Quinns Familie noch tiefer in der Natur wohnt als ich es bereits tue. Kurz erhasche ich einen Blick auf die Klingel und kann dort den Namen Rønning lesen. Quinn Rønning also. Interessant.

Eine Frau mittleren Alters mit sehr liebenswürdigen Augen kommt mir entgegen. Sie hat ebenso braune Haare wie Quinn, die sie in einen Dutt zusammengesteckt hat.

,,Hallo Lia, schön, dass du da bist! Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen! Ich bin Vera, Quinns Mutter." Freudig drückt sie mich an sich und ich erwidere diese Umarmung überrascht. Sie ist mir wirklich sympathisch. Doch dann zuckt sie zurück.

,,Du zitterst ja! Ist alles okay?", fragt sie und mustert mich besorgt.

Ich schlucke. Natürlich ist nicht alles okay. Bevor ich antworten kann, ergreift jedoch Quinn das Wort.

,,Mama, fremde Energetics haben sie abgepasst. Wie konnte das passieren?" Die beiden blicken sich ernst an und ich fühle mich abermals dumm und außen vor gelassen, weil ich nicht mitreden kann. Ich bin vollkommen überfragt und schaue wie ein kleines Kind abwechselnd von Quinn zu seiner Mutter.
Dann unterbricht ein fröhlicher Kinderschrei die Stille.

Ich sehe mich um und blicke in die Augen von einem kleinen, blauäuigen Mädchen mit unglaublich niedlichen Zöpfen. Sie muss ungefähr drei Jahre alt sein und grinst mich an. ,,Wow, die ist ja zum Anbeißen süß!", jauchze ich und knie mich zu ihr hin. Das kleine Mädchen quiekt und läuft auf mich zu, um dann an meinen Haaren herumzuspielen.

,,Du hast aber tolle Haare!", sagt sie begeistert und ich kann nicht anders, als warm zu lächeln.

,,Du aber auch!", erwidere ich und streiche ihr über das hellbraune Haar.

Quinn setzt sich ebenfalls neben mich und sieht zu uns.

,,Das ist meine kleine Schwester Sophie. Sie ist das süßeste Kind, das ich jemals gesehen habe.", sagt er und ich kann in seiner Stimme hören, wie wichtig Quinn seine Schwester ist.

Ich beginne, ein wenig mit Sophie zu spielen und Quinn hilft ein wenig dabei, die ganzen Tierfiguren für ihren Bauernhof zu suchen. Als ich versuche, wie ein Schweinchen zu grunzen, fängt Sophie lauthals an zu lachen, wobei ihre Zöpfe unglaublich niedlich wackeln. Ich lache ebenfalls und bemerke von der Seite, wie Quinn mich ansieht. Als ich zu ihm sehe, sieht er mich nur weiter an und lächelt.

,,ABENDESSEN!", ruft Quinns Vater in dem Moment und Quinn zuckt zusammen. ,,Nein, ich will noch nicht, Quinns Freundin ist total toll und ich will mit ihr spielen!", ruft Sophie trotzig und hält mich mit ihren kleinen Patschehändchen fest.

Hat sie gerade "Quinns Freundin" gesagt?

,,Ich heiße übrigens Lia.", sage ich schnell, damit Sophie beim nächsten Mal besser weiß, wie sie mich bezeichnen soll. Dann sehe ich auf ihre kleinen Hände herab und mein Herz schmilzt förmlich, weil sie so niedlich ist.

,,Ich sollte wohl aufpassen, dass du sie heute nicht mitnimmst!", neckt mich Quinn, als er sie hochnimmt. Bei dem Gedanken an den Weg nach Hause wird mir allerdings erneut übel. Werden die Männer abermals auftauchen? Würden sie sich das noch ein zweites Mal trauen? Unsicher sehe ich zu Quinn, der mich genau beobachtet. Ich will gerade etwas sagen, als Quinn schneller ist als ich.

,,Du denkst jetzt aber nicht ernsthaft, dass du alleine nach Hause gehen musst, oder?", fragt er mich und sieht mich ernst an. Erleichterung macht sich in mir breit. Solange ich nicht alleine nach Hause gehen werde, muss ich mir keine Sorgen machen.

,,Dass du ernsthaft denkst, ich wäre so schlimm und lasse dich jetzt alleine... Tzz.", murmelt Quinn gespielt empört.

Zusammen gehen wir ins Essenszimmer, wo Quinns Eltern bereits auf uns warten. Ich staune nicht schlecht, als ich den gedeckten Tisch sehe. Er ist vollgestellt mit den verschiedensten Gerichten, angefangen mit Sushirollen und Kräuterbaquette bis zu Käsefondue und Lasagne.

,,Wow, ihr hättet euch nicht so eine Mühe machen müssen... Ich meine, ihr kanntet mich bis vor Kurzem noch nicht einmal...", stammele ich.

Quinns Vater zieht nur amüsiert die Augenbrauen hoch.

,,Im Ofen ist auch noch Tiefkühlpizza! Quinn hatte da so etwas erwähnt.", sagt Vera und stellt dabei einen rießigen Obstteller auf den Tisch. Ich drehe mich zu ihm um, um ihn böse anzufunkeln. Als ob sich seine Mutter wegen mir noch mehr Mühe geben musste?! Doch Quinn lacht nur, so als hätte er damit bereits gerechnet.

Ich setze mich neben ihn und Sophie und sehe mich um. Das Zimmer ist wirklich schön eingerichtet, ungefähr so wie ein klassisches Zimmer aus Pinterest. In den Fenstern sieht man viele grüne Tannen und in der Ecke befindet sich ein Kamin, was das Zimmer unglaublich gemütlich macht.

Wir beginnen zu essen und in meinem Magen macht sich ein flaues Gefühl breit. Es herrscht kurzzeitig eine unangenehme Stille im Raum, weil jeder weiß, dass ich aus einem bestimmten Grund hier bin. Ich bin nicht nur zum Abendessen eingeladen. Quinns Eltern möchten mit mir reden und ich hoffe sehr, dass sie mir erklären können, wieso gerade mein ganzes Leben einem merkwürdigen Traum gleicht...

Erwartend sehe ich zu Quinns Eltern, die etwas zu konzentriert in ihrem Essen herumstochern. Nur Sophie patscht fröhlich in ihrem Kartoffelbrei herum.

,,Lia, es tut uns leid, dass du eben von diesen Männer bedrängt wurdest.", beginnt Quinns Mutter zögerlich.

,,Ich denke, du hast gemerkt, dass sie Dinge tun konnten, die nicht normal waren. Und auch du hast Dinge getan, die gewöhnliche Menschen nicht tun können. Die Funken kamen von dir! Und jetzt willst du natürlich wissen, wieso du dazu im Stande bist, oder?", fragt sie mich weiterhin zögerlich.

Ich schlucke. Am liebsten würde ich vom Tisch aufstehen und weglaufen. Aber Vera hat Recht. Ich muss wissen, wieso ich all das kann. Quinn schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln und ich nicke seiner Mutter daraufhin zu.

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