18. Hoffnung in der Oxford

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„Ich bin hier. Leider", kam es aus der Dunkelheit und ein Schniefen folgte den gesprochenen Worten.

„Es hat nicht geklappt?"

„Nein. Niall hatte wohl Recht mit dem Gewitter...", sagte Harry mit erstickter Stimme und Louis tastete sich zu ihm vor. „Ich will doch nur wieder nach Hause. Hier kann und will ich nicht bleiben...", stammelte der junge Soldat und klang dabei so verzweifelt, dass Louis ihn in den Arm nahm, als er ihn endlich gefunden hatte. Es war erst das zweite Mal, dass sie sich umarmten, doch dieses Mal unterbrach Harry den Kontakt nicht, sondern fiel ihm um den Hals und schluchzte weiter.

„Wir finden einen Weg, da bin ich mir ganz sicher...du bist hergekommen, dann muss es auch eine Möglichkeit geben, dich zurück zu kriegen." Vorsichtig strich er Harry durch die dunklen Haare und drückte ihn fest an sich.

„Aber welche?", schniefte Harry, die Stimme dumpf, weil er das Gesicht in Louis' Jacke verbarg.

„Naja, das mit dem Gewitter. Das habe ich zwar nicht verstanden, aber Niall klang da doch sehr optimistisch. Komm schon, Harry. Wir beobachten in den nächsten Tagen den Wetterbericht und sobald sich Regen ankündigt, fahren wir hierher. Zayn und ich haben überlegt, morgen ins Schwimmbad zu gehen und dann könnten wir doch Niall einladen und der kann uns sicherlich einiges erklären, was er herausfinden konnte." Beruhigend strich er Harry über den Kopf und drückte ihn an sich. „Das kriegen wir hin. Wir schaffen es, dass du wieder nach Hause kommst, das verspreche ich dir."

„Danke Louis...für alles..." Seine Stimme klang stockend und er löste sich vorsichtig wieder von ihm. Obwohl sie einander nicht sehen konnten, war Louis sicher, dass Harry ihn dankbar ansah. „Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte."

„Vermutlich wärst du hier liegen geblieben und dann hätte man dich in eine Klinik eingewiesen. Die Medien hätten davon Wind bekommen und du wärst jetzt eine nationale Berühmtheit."

„Das wäre möglich. Da ist mir die Begegnung mit dir, Zayn und Liam aber deutlich lieber."

„Das hoffe ich doch", sagte Louis mild, legte ihm nochmal den Arm um die Schulter und meinte: „Hör zu, ich muss meine Runde weitermachen. Willst du hier oben bleiben und ich hole dich später wieder ab?"

Harry nickte. „Ich bleibe hier. Vielleicht funktioniert es ja doch noch." Er legte die Hände auf den steifen Stoff der Liege und strich über das alte Material. „Wenn ich die Augen zumache, fühle ich mich schon wieder, wie Zuhause."

Louis konnte das verstehen und ließ ihn dort, bis er kurz vor seinem Feierabend stand. Erst dann stieg er nochmal die Stufen hinauf und fand Harry schlafend vor.

Die gewohnte Umgebung hatte ihn ruhig gemacht und so entspannt, dass er tief und fest schlief. Louis blieb vor der Liege stehen und musterte ihn. Er sah friedlich, aber unglaublich erschöpft aus. Louis streckte eine Hand aus und zögerte. Sein Impuls wäre gewesen, ihm übers Gesicht zu streichen. Aber er was sich unsicher, ob das okay war. Deswegen legte er die Finger auf Harrys Hand. Sie war ganz kalt und er drückte sie sachte. „Harry...aufstehen..." Harry nuschelte etwas im Schlaf und Louis musste ihn mehrfach anstupsen, bis er ihn wach bekam und schlaftrunken folgte Harry ihm auf den Hof.

Wie schon bei ihrem ersten Treffen, ließ Louis ihn frühzeitig vom Gelände. Sie trafen sich an der Ampel am Ausgang, nahmen dann den Bus und fuhren zum Bahnhof und dann zurück nach Cambridge.

Die ganze Fahrt über war Harry schweigsam und sah aus dem Fenster. Weil heute Samstag war, war in der Bahn wenig los und sie hatten ihre Ruhe. Louis war froh darüber, denn Harry trug nach wie vor seine Uniform und hätte so sicherlich Aufsehen erregt. Eine ältere Dame starrte ihn am Bahnhof ziemlich irritiert an, sagte aber nichts und Louis schob Harry eilig durch das Drehkreuz, damit sie sich nicht unangenehmen Fragen stellen mussten.

Zuhause zog er die Vorhänge zu und drehte sich zu Harry um, der im Bett lag und betrübt an die Decke starrte. „Mach dir keine Sorgen. Wir schaffen das. Wir kriegen dich nach Hause. Ich war mir ehrlich gesagt ziemlich sicher, dass es heute nicht klappt, denn wenn wir Niall glauben, dann brauchen wir ein Gewitter. Ich rufe ihn später mal an, vielleicht hat er Lust, mit ins Schwimmbad zu kommen und dann können wir in aller Ruhe besprechen, wie wir vorgehen wollen. Was meinst du?"

Er sah Harry an und lächelte und tatsächlich erwiderte der Soldat das Lächeln matt und nickte: „Okay, lass es uns so machen. Danke, Louis."

Louis drehte sich auf den Rücken und sah an die Decke. Es musste eine Lösung geben. Wenn Harry es geschafft hatte, herzukommen, dann gab es doch auch einen Weg zurück. Durch Türen konnte man ja auch in zwei verschiedene Richtungen gehen. Man musste den Weg nur finden und hatte die Mail von Niall nicht optimistisch geklungen?

Er kramte sein Handy hervor und öffnete die Nachricht nochmal.

„Louis, es gibt eine Möglichkeit. Die kam mir gerade beim Fernsehen. Ich muss einige Dinge besorgen und dann müssen wir einen Tag freinehmen, um ein bisschen was zu basteln. Sag Harry, das wird schon. Ich bin optimistisch! Gruß Niall"

Wenn das nicht gut klang, dann wusste Louis auch nicht weiter. Er schrieb Niall eine Antwort.

„Hey, wollen wir uns heute im Schwimmbad treffen? Das Wetter soll schön werden und wir könnten uns über deinen Plan unterhalten. Harry ist gerade etwas deprimiert, weil es so lange dauert und ich bin natürlich gespannt darauf, was du für eine Lösung gefunden hast. Liebe Grüße Louis"

Die misslungene Rückreise würde Harry sicherlich auch morgen noch beschäftigen und vielleicht war es ganz gut, wenn sie sich einfach im Schwimmbad ablenkten. Wenn dann Niall noch dazukam und sie die Gelegenheit hätten, einen Plan zu schmieden, wäre Harry zumindest für eine gewisse Zeit abgelenkt. Außerdem sagte der Wetterbericht 35 Grad für den nächsten Tag voraus und wo ließ es sich dabei besser entspannen, als in einem Freibad?

.-.-.-.

Es hat nicht geklappt. Der arme Harry. Er hatte so gehofft, dass er wieder nach Hause kommt.

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